Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 26.06.2019; Aktenzeichen 29 C 1496/17.E) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2019 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 12 479,15 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
Rz. 2
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Nichtzulassungsbeschwerde bereits deshalb unzulässig ist, weil die Frist des § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO schuldhaft versäumt wurde und ob in dieser Hinsicht antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO zu gewähren ist. Denn die Beschwerde ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil sie nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise darlegt, dass ein Revisionszulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 VwGO gegeben ist.
Rz. 3
1. Das gilt zunächst für die von ihr behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Rz. 4
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 12. Januar 2017 - 5 B 75.16 - juris Rn. 4 m.w.N.). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde nicht.
Rz. 5
a) Das gilt zunächst, soweit sie unter Bezugnahme auf den bei dem Verwaltungsgerichtshof gestellten Antrag des Klägers, ihm gemäß § 102a VwGO die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz einzuräumen, zur Begründung der von ihr angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache geltend (Beschwerdebegründung S. 5 f.) macht, der Bundesgesetzgeber habe bereits "2013 mit der Neufassung des § 128a ZPO verdeutlicht, dass er eine stärkere Nutzung der Möglichkeiten wünscht, die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen per Videotechnik zu ermöglichen." Der Verwaltungsgerichtshof habe es in einer die Grundrechte des Klägers auf rechtliches Gehör und effektiven Rechtsschutz verletzenden Weise unterlassen, "in der nach dem Gesetz gebotenen Weise von Amts wegen die Voraussetzungen für Videokonferenzen zu schaffen" und den Antrag des Klägers, ihm die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung zu gestatten, zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, die erforderliche Technik sei bei dem Verwaltungsgerichtshof selbst nicht verfügbar und die Verfügbarkeit bei anderen Gerichten mit Sitz in Kassel sei unerheblich; dies gelte "[u]mso mehr [...] gemäß Art. 13 EMRK zu den Verfahren gemäß § 198 ff. GVG generell, für die ohnehin viel zu hohe, unverhältnismäßige Anforderungen und Kostenrisiken bei einem grob unangemessenen Chance-/Risiko-Verhältnis" bestünden. "Gemäß Art. 13 EMRK [müsse] ein einfacherer Rechtsbehelf geschaffen werden, der u.a. auch ermöglicht, dass ohne Erfordernisse einer anwaltlichen Vertretung und ohne großen Reiseaufwand eine Prüfung mit richterlicher Unabhängigkeit beantragt und hierzu rechtliches Gehör erlangt werden" könne. Zu diesem rechtlichen Gesichtspunkt habe die Sache auch ersichtlich grundlegende Bedeutung.
Rz. 6
Mit diesen und weiteren Ausführungen genügt die Beschwerde schon deshalb nicht den Anforderungen an die Darlegung der Grundsatzbedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sie mit ihrem Vorbringen keine fallübergreifende (abstrakte) Rechtsfrage formuliert, die einer allgemeinverbindlichen Klärung in einem Revisionsverfahren zugänglich wäre. Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich im Wesentlichen auf die Rüge einer unzutreffenden Anwendung des § 102a VwGO im vorliegenden Fall. Mit einer solchen Kritik der vorinstanzlichen Entscheidung lässt sich die grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht aufzeigen.
Rz. 7
b) Auch soweit die Beschwerde weiter geltend macht (Beschwerdebegründung S. 8), "in Bezug auf die §§ 198 ff GVG und die Übergangsregelung habe die Rechtssache allerdings gleichwohl grundsätzliche Bedeutung, da eindeutige Rechtsprechung gerade zur Übergangsregelung bisher" fehle, wird damit die Grundsatzbedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargelegt. Mit diesem und weiteren Vorbringen wird weder eine vom konkreten Fall losgelöste Rechtsfrage zu einer bestimmten Rechtsnorm formuliert, die das Bundesverwaltungsgericht einer allgemeinverbindlichen Klärung in einem Revisionsverfahren zuführen könnte, noch wird hinreichend aufgezeigt, dass eine solche Frage von fallübergreifender Bedeutung wäre und sich zugleich im Revisionsverfahren als entscheidungserheblich darstellen würde.
Rz. 8
c) Soweit die Beschwerde schließlich (Beschwerdebegründung S. 9) geltend macht, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, weil insgesamt "durch die Anforderungen an den Kläger ein wirksamer Rechtsschutz gemäß Art. 13 EMRK nicht gewährt" werde, fehlt es ebenfalls bereits an der Formulierung einer für klärungsbedürftig gehaltenen und klärungsfähigen Rechtsfrage von fallübergreifender Bedeutung.
Rz. 9
2. Die Beschwerde legt auch eine die Zulassung der Revision begründende Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht in genügender Weise dar.
Rz. 10
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz liegt nur vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Die Beschwerdebegründung muss im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. September 2018 - 5 B 20.18 D - juris Rn. 3 und vom 29. März 2019 - 5 BN 1.18 - juris Rn. 2 jeweils m.w.N.). Daran fehlt es hier.
Rz. 11
a) Das gilt zunächst, soweit die Beschwerde geltend macht (Beschwerdebegründung S. 3), der Verwaltungsgerichtshof habe bei seiner Entscheidung über die Ablehnungsgesuche des Klägers die "Rechtsprechung des BVerfG zu den hohen Anforderungen, die in tatsächlicher Hinsicht und zur Begründung erfüllt sein müssen, damit entgegen der zu Ablehnungen gemäß § 47 ZPO bestehenden Wartepflicht durch die abgelehnten Richter(innen) in eigener Sache entschieden werden kann", "ignoriert". Insoweit verweist die Beschwerde zwar auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 -. Hiermit ist jedoch eine die Revision eröffnende Divergenz nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt, weil die Beschwerde keine Rechtssätze benennt, die einerseits dem vorgenannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und andererseits der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zu entnehmen sind und sich widersprechen. Vielmehr rügt die Beschwerde der Sache nach lediglich, dass der Verwaltungsgerichtshof die angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht beachtet habe. Mit der bloßen Rüge einer unzutreffenden Rechtsanwendung im Einzelfall kann aber eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht erfolgreich dargelegt werden.
Rz. 12
b) Gleiches gilt, wenn angenommen wird, dass die Beschwerde eine Divergenz aufzeigen möchte, soweit sie zum einen geltend macht (Beschwerdebegründung S. 8): "Zur Frage der gebotenen Auslegung der Übergangsregelung berücksichtigt das angefochtene Urteil bzw. die Begründung auch offensichtlich unzureichend die Rechtsprechung des BVerfG und auch des BVerwG zur Erforderlichkeit einer angemessenen Berücksichtigung der Bedeutung und Tragweite der Verfahrensgrundrechte gemäß GG und EMRK", und zum anderen vorbringt (Beschwerdebegründung S. 9): "Bei der Verneinung einer Anhörungsrüge durch die weiteren Erklärungen zu parallelen, sachwidrig abgetrennten Verfahren (1 K 93/13 und 1 K 96/12) wird die Rechtsprechung des BVerfG zur gebotenen wohlwollenden Auslegung von Verzögerungsrügen nicht hinreichend beachtet." Auch insoweit wendet sich die Beschwerde der Sache nach allein gegen die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs im Einzelfall und zeigt eine Rechtssatzdivergenz nicht auf.
Rz. 13
c) Schließlich wird eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargelegt, soweit die Beschwerde eine Abweichung des angefochtenen Urteils von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. August 2013 - 1 BvR 2965/10 - mit dem Vorbringen (Beschwerdebegründung S. 9) rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe nicht beachtet, "dass das Bundesverfassungsgericht zur Verfahrensruhe eine abweichende Sicht nur dann als möglich bezeichnet, wenn ein zweifelsfrei rechtmäßiger Ruhensbeschluss vorliegt." Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen, weil sie bereits nicht in einer für das Beschwerdegericht nachvollziehbaren Weise aufzeigt, dass das Bundesverfassungsgericht in dem bezeichneten Beschluss einen solchen abstrakten Rechtssatz, an dessen ausdrücklicher Formulierung es erkennbar fehlt, zumindest sinngemäß aufgestellt hat. Dies wäre hingegen auch insofern zum Aufzeigen der geltend gemachten Divergenz erforderlich gewesen, als in dem der verfassungsgerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Ausgangsverfahren nicht ein auf übereinstimmenden Antrag der Parteien ergehender Ruhensbeschluss nach § 251 ZPO, sondern ein von Amts wegen getroffener Aussetzungsbeschluss wegen Vorgreiflichkeit nach § 148 ZPO (vgl. für den Verwaltungsprozess § 94 VwGO) ergangen ist und das Bundesverfassungsgericht in seinen Gründen Unterschiede dieser Verfahrensweisen aufgezeigt hat, indem es darauf verwiesen hat, dass eine Entscheidung über eine Aussetzung nach § 148 ZPO - anders als bei einem übereinstimmenden Antrag der Parteien auf Ruhen des Verfahrens nach § 251 ZPO - im Ermessen des Gerichts liege (BVerfG, Beschluss vom 5. August 2013 - 1 BvR 2965/10 - NJW 2013, 3432 Rn. 25). Überdies erschließt sich aus dem Beschwerdevorbringen eine Abweichung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs von dem herangezogenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts auch deshalb nicht, weil sich der Verwaltungsgerichtshof in den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 12 f.) ausführlich mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts befasst und anknüpfend an die bereits dort hinsichtlich der Verfahrensförderungspflicht des Ausgangsgerichts vorgenommene Differenzierung zwischen Beschlüssen nach § 148 ZPO einerseits und § 251 ZPO andererseits dahin erkannt hat, dass die im hiesigen Verfahren auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers und mit dessen Einverständnis ergangenen Ruhensanordnungen nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 251 ZPO zu einem Verfahrensstillstand geführt hätten, der von den Verfahrensbeteiligten jederzeit durch Aufnahme des Verfahrens hätte beendet werden und damit zum Wiederaufleben der Verfahrensförderungspflicht des Ausgangsgerichts hätte führen können.
Rz. 14
3. Die Beschwerde legt auch den Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht in genügender Weise dar.
Rz. 15
Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt (BVerwG, Beschlüsse vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 8 m.w.N. und vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - ZOV 2016, 160 Rn. 3). Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12 m.w.N.). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
Rz. 16
a) Zunächst wird ein Verfahrensmangel nicht dargetan, soweit die Beschwerde sinngemäß rügt, dass die angefochtene Entscheidung unter Verstoß gegen die Wartepflicht des § 47 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 54 Abs. 1 VwGO erlassen worden sei (Beschwerdebegründung, S. 3 und 7). Nach § 47 Abs. 1 ZPO hat ein abgelehnter Richter vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.
Rz. 17
aa) Hierzu macht die Beschwerde geltend, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. November 2018, mit dem u. a. die Ablehnungsgesuche des Klägers vom 12. und 13. Oktober 2018 verworfen worden sind, an ihn über sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach ohne wirksame elektronische Signatur der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle übermittelt worden sei. Infolge dieses Zustellungsfehlers und des Umstandes, dass eine antragsgemäße erneute Bekanntgabe dieses Beschlusses bisher noch nicht erfolgt sei, sei dieser Beschluss niemals wirksam geworden, so dass auch die durch die Ablehnungsgesuche vom 12. und 13. Oktober 2018 ausgelöste Wartefrist nach § 47 Abs. 1 ZPO bisher noch nicht beendet worden sei.
Rz. 18
Mit diesem Vorbringen wird jedoch ein Verstoß gegen § 47 Abs. 1 ZPO nicht aufgezeigt. Dabei bedarf es insbesondere keiner abschließenden Klärung, ob ein Zustellungsmangel im vorliegenden Fall überhaupt gegeben ist, ob ein solcher wie vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 25. Juni 2019 angenommen nach § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 189 ZPO geheilt wurde oder überhaupt als unbeachtlich anzusehen ist, weil der Kläger mit Schriftsatz vom 26. November 2018 gegen den Beschluss (Ziffer 1) vom 8. November 2018 den außerordentlichen Rechtsbehelf der Anhörungsrüge eingelegt hat und diese beschieden worden ist. Denn jedenfalls können offensichtlich rechtsmissbräuchliche Ablehnungsgesuche, über die der abgelehnte Richter selbst entscheiden kann, von vornherein keine Wartepflicht nach § 47 Abs. 1 ZPO begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2004 - IX ZB 280/03 - ZVI 2004, 753 Rn. 4; OLG Köln, Beschluss vom 29. Januar 1999 - 8 W 1/99 - NJW-RR 2000, 591; Stackmann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 47 Rn. 2; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 47 Rn. 1; Vossler, in: BeckOK ZPO, 35. Ed. Stand 1. Januar 2020, § 47 Rn. 2). So verhielt es sich hier, weil sich die genannten Ablehnungsgesuche des Klägers nach begründeter Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellten. Dies kommt nicht nur in dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. November 2018, sondern auch in jenem vom 29. November 2018 zum Ausdruck. Dass diese Annahme des Verwaltungsgerichtshofs verfahrensfehlerhaft gewesen ist, wird von der Beschwerde nicht substantiiert aufgezeigt, obwohl der Kläger ausweislich der mit Schriftsatz vom 23. November 2018 erhobenen Anhörungsrüge vom Inhalt des Beschlusses vom 8. November 2018 Kenntnis hatte. Soweit die Beschwerde "als Folge" auch eine Unwirksamkeit des hierauf ergangenen Beschlusses vom 29. November 2018 rügt, setzt sie sich nicht mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs in dem Beschluss vom 25. Juni 2019 auseinander, wonach dem Kläger der Beschluss vom 29. November 2018 mit Postzustellungsurkunde und nicht elektronisch zugestellt worden ist. Sie zeigt auch nicht auf, warum der bloße Umstand, dass der Beschluss vom 29. November 2018 auf den Beschluss vom 8. November 2018 Bezug nimmt, dessen Zustellung unwirksam machen soll und legt auch sonst nicht dar, woraus sich seine Unwirksamkeit ergeben soll.
Rz. 19
bb) Ein Verstoß gegen die aus § 47 Abs. 1 ZPO folgende Wartepflicht wird ebenfalls nicht aufgezeigt, soweit die Beschwerde geltend macht, dass der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Juni 2019, mit dem weitere Ablehnungsgesuche des Klägers verworfen worden sind, mit Schriftsatz vom selben Tag noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung Anhörungsrüge erhoben habe und infolgedessen zumindest die zweiwöchige Rügebegründungsfrist hätte abgewartet werden müssen. Dieses Vorbringen greift jedenfalls deshalb nicht durch, weil sich die Ablehnungsgesuche Klägers auch insoweit nach der nicht erheblich in Frage gestellten Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellten und zu verwerfen waren, so dass sie von vornherein keine Wartepflicht begründen konnten. Soweit die Beschwerde die hierauf gestützte Verwerfung der Ablehnungsgesuche ebenfalls für verfahrensfehlerhaft hält, bleibt dies - wie auch im Weiteren noch darzulegen ist (s. sogleich unter 3 b) - mangels hinreichender Darlegung der Fehlerhaftigkeit erfolglos.
Rz. 20
b) Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wird nicht ausreichend bezeichnet im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sich die Beschwerde auf den absoluten Revisionsgrund des § 138 Nr. 1 VwGO beruft und dazu vorträgt, dass der gegen die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats des Verwaltungsgerichtshofs gerichtete Befangenheitsantrag des Klägers durch die abgelehnten Richter selbst aus objektiv nicht vertretbaren Gründen verworfen worden sei.
Rz. 21
Die Ablehnung eines Befangenheitsantrags durch die Vorinstanz stellt in der Regel eine unanfechtbare Vorentscheidung (§ 146 Abs. 2 VwGO) dar, die gemäß § 173 VwGO in Verbindung mit § 557 Abs. 2 ZPO nicht der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, so dass die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags grundsätzlich auch nicht als Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden kann. Die Rüge der unrichtigen Ablehnung eines Befangenheitsantrags ist deshalb im Rahmen der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur ausnahmsweise in dem Maße beachtlich, als mit ihr - wie hier - die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 138 Nr. 1 VwGO geltend gemacht wird. Das setzt objektive Anhaltspunkte dafür voraus, dass die Entscheidung über die Befangenheitsanträge auf Willkür oder einem vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens beruht, der in der Sache die Rüge einer nicht vorschriftsgemäßen Besetzung des Gerichts rechtfertigt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2019 - 2 B 17.19 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dieser Maßstab gilt auch für die Ablehnung eines Befangenheitsantrags unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als rechtsmissbräuchlich (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2019 - 4 B 6.19 - juris Rn. 4 m.w.N.). Die Rüge der vorschriftswidrigen Besetzung eines Spruchkörpers ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zulässig vorgebracht, wenn die Beschwerde die nach ihrer Meinung den Mangel begründenden Tatsachen in einer Weise vorträgt, die dem Revisionsgericht deren Beurteilung ermöglichen (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 22. Dezember 2011 - 2 B 71.10 - juris Rn. 8, vom 25. April 2014 - 8 B 87.13 - juris Rn. 26 und vom 24. Januar 2017 - 2 B 91.15 - Buchholz 235.1 § 46 BDG Nr. 1 Rn. 4, jeweils m.w.N.). Allein die verbale Behauptung der Willkür genügt nicht (BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 1991 - 5 ER 614.90 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 28 S. 2). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde in Bezug auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. September 2018 sowie vom 25. und 26. Juni 2019 nicht gerecht.
Rz. 22
Soweit sie pauschal rügt, die in Rede stehenden Beschlüsse genügten nicht den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Anforderungen für eine Entscheidung über Ablehnungsgesuche durch die abgelehnten Richter, wird das Vorliegen von Willkür lediglich behauptet, ohne dafür substantiiert und in für das Beschwerdegericht nachprüfbarer Weise konkrete Umstände aufzuzeigen, aufgrund derer dieser Vorwurf gerechtfertigt sein soll. Insbesondere legt die Beschwerde nicht dar, dass und welche Gründe für die geltend gemachte Besorgnis der Befangenheit vorgelegen hätten. Inwieweit sich aus der Begründung des Gerichtsbescheids vom 20. Juni 2018 eine "Besorgnis einer sachwidrigen Ergebnisorientierung" des Verwaltungsgerichtshofs ergeben soll, wird von der Beschwerde nicht substantiiert erläutert. Soweit sie insbesondere hinsichtlich des Beschlusses vom 27. September 2018 die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs in dessen Gerichtsbescheid vom 20. Juni 2018 mit dem Hinweis rügt, zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrügen in den Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden habe im Sinne des § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG kein Anlass zur Besorgnis bestanden, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird, ist damit kein durchgreifender Befangenheitsgrund angesprochen. Auf eine etwaig fehlerhafte Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts allein kann ohne Hinzutreten weiterer, objektive Zweifel an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Richters begründender Umstände ein Ablehnungsgesuch nicht erfolgreich gestützt werden (BVerwG, Beschlüsse vom 21. März 2000 - 7 B 36.00 - juris Rn. 4 und vom 7. April 2011 - 3 B 10.11 - juris Rn. 5). Umstände, die solche objektiven Zweifel begründen könnten, legt die Beschwerde nicht dar.
Rz. 23
c) Einen Verfahrensfehler zeigt die Beschwerde auch nicht mit der Behauptung auf, der Verwaltungsgerichtshof sei verpflichtet gewesen, das Verfahren bis zu einer Entscheidung über die vom Kläger anhängig gemachte Verfassungsbeschwerde betreffend Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs, mit denen dieser in einem anhängigen Parallelverfahren ein Ablehnungsgesuch des Klägers verworfen habe, auszusetzen. Ein Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wird hiermit schon deshalb nicht hinreichend dargetan, weil die Beschwerde insoweit keine Vorschrift des Prozessrechts bezeichnet, gegen die der Verwaltungsgerichtshof verstoßen haben soll. Überdies legt die Beschwerde nicht dar, dass und warum die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung eines Befangenheitsantrags in demselben prozessualen Verfahren die Notwendigkeit einer Verfahrensaussetzung begründen soll. Insbesondere lässt die Beschwerde die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unberücksichtigt, wonach ein Gericht nicht verpflichtet ist, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen, wenn eine Partei gegen den Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch rechtskräftig abgewiesen wurde, Verfassungsbeschwerde eingelegt hat (BGH, Urteil vom 5. Juli 2018 - IX ZR 264/17 - NJW 2018, 3252 Leitsatz 2 und Rn. 12 ff. ≪zu § 148 ZPO≫), zumal dies erst recht für Verfassungsbeschwerden gelten dürfte, die - wie hier - in Bezug auf die Ablehnung von Befangenheitsanträgen in prozessual anderen Verfahren erhoben worden sind.
Rz. 24
d) Soweit die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 3) geltend machen will, die angefochtene Entscheidung sei nicht mit Gründen versehen (§ 138 Nr. 6 VwGO), weil dem Verwaltungsgerichtshof unter anderem das "offensichtliche Ignorieren" des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - vorzuwerfen sei, ist ein Verfahrensfehler ebenfalls nicht dargelegt. Ein absoluter Revisionsgrund im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO und damit zugleich ein Verfahrensmangel gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nur vor, wenn dem Tenor der Entscheidung überhaupt keine Gründe beigegeben sind oder die beigegebene Begründung völlig unverständlich und verworren ist, so dass sie in Wirklichkeit nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind (BVerwG, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 10 B 149.07 - juris Rn. 5 m.w.N.). Darauf hinführende Tatsachen ergeben sich aus dem genannten Vortrag der Beschwerde nicht. Sofern sie ein ausdrückliches Eingehen im angefochtenen Urteil auf den von ihr angeführten verfassungsgerichtlichen Beschluss vermisst, macht sie der Sache nach lediglich - in andere Form gekleidet - geltend, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs sei inhaltlich unzutreffend. Hierauf kann eine Rüge nach § 138 Nr. 6 VwGO nicht erfolgreich gestützt werden.
Rz. 25
e) Ebenso fehlt es am substantiierten Aufzeigen eines Verfahrensfehlers, soweit die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 8) vorträgt, die floskelhafte Begründung, mit der der Verwaltungsgerichtshof die Zulassung der Revision abgelehnt habe, sei unzureichend. Mit dieser pauschalen Bewertung wird weder ein Verstoß gegen die Begründungspflicht des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 24. August 2016 - 9 B 54.15 - NVwZ 2017, 568 Rn. 22 m.w.N.) noch ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs oder gar des von der Beschwerde genannten absoluten Revisionsgrundes des § 138 Nr. 6 VwGO substantiiert aufgezeigt. Als Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO können nur solche Verfahrensmängel gerügt werden, die der Entscheidung der Vorinstanz zur Sache anhaften (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 2019 - 2 B 51.18 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 13 Rn. 32 m.w.N.). Hierzu gehört die vorstehende Beanstandung nicht.
Rz. 26
f) Eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist auch nicht in anderer Hinsicht mit dem weiteren Vorbringen der Beschwerde in einer den Darlegungsanforderungen genügenden Weise dargetan.
Rz. 27
(1) Dies gilt zunächst, soweit die Beschwerde unter mehreren Gesichtspunkten beanstandet, das angegriffene Urteil habe wegen der Abwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2019 nicht auf diese hin ergehen dürfen und insoweit zusammenfassend rügt, das angefochtene Urteil verletze "das rechtliche Gehör des Klägers gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3, § 138 Nr. 3 VwGO, da dem Kläger eine Teilnahme an einer beantragten mündlichen Verhandlung nicht in einer ihm zumutbaren Weise ermöglicht und hierdurch rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und wirksamer Rechtsschutz gemäß Art. 13 EMRK nicht in gebotener Weise gewährt worden" seien (Beschwerdebegründung S. 4).
Rz. 28
(a) Eine Gehörsverletzung ist zunächst nicht hinreichend dargelegt, soweit die Beschwerde der Sache nach geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe trotz Ausbleibens des sich selbst vertretenden Klägers nicht entscheiden dürfen, weil dieser unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung einen beachtlichen Terminsverlegungsantrag gestellt und darauf hingewiesen habe, dass ihm mit Blick auf die absehbar hohen Temperaturen am Verhandlungstag die Anreise mit der Bahn wegen der sich daraus und angesichts seines Alters ergebenden unverhältnismäßigen gesundheitlichen Risiken unzumutbar sei.
Rz. 29
Zwar kommt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in Betracht, wenn das Gericht einem Verlegungs- oder Vertagungsantrag eines Prozessbevollmächtigten nicht entspricht, obwohl dieser auf im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO erhebliche Gründe gestützt worden ist. Unter erheblichen Gründen sind solche Umstände zu verstehen, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des im Falle der Aufhebung bzw. Verlegung des bereits anberaumten Termins berührten Beschleunigungs- und Konzentrationsgebotes erfordern, weil sich der Beteiligte trotz aller zumutbaren eigenen Bemühungen nicht in hinreichender Weise rechtliches Gehör verschaffen konnte (BVerwG, Beschlüsse vom 23. Januar 1995 - 9 B 1.95 - NJW 1995, 1231 und vom 18. Juli 2007 - 5 B 95.06 - juris Rn. 4 m.w.N.). Ein erheblicher Grund ist aber unter anderem nur anzuerkennen, wenn die Abwesenheit des Beteiligten nicht verschuldet oder durch die Absicht der Prozessverschleppung getragen war (BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 8 B 69.01 - NJW 2001, 2735 f. m.w.N.). Ferner müssen diese Gründe dem Gericht von dem an der Terminswahrnehmung verhinderten Beteiligten dargetan werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. April 1999 - 5 B 49.99 - juris Rn. 3 m.w.N.).
Rz. 30
Die Beschwerde legt jedoch nicht dar, dass der vom Kläger vor dem Termin gestellte Verlegungsantrag auf erhebliche Gründe im genannten Sinne gestützt war. Sie zeigt nicht auf, dass der sich als Rechtsanwalt selbst vertretende Kläger gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof in hinreichender Weise dargetan hat, aus unzumutbaren und von ihm nicht verschuldeten Umständen heraus an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert gewesen zu sein. Allein der Hinweis des Klägers auf hohe Temperaturen am Verhandlungstag und etwaige gesundheitliche Risiken genügte dazu nicht. Damit ist weder substantiiert geltend gemacht worden, dass eine Anreise zum Termin bzw. dessen Wahrnehmung objektiv - beispielsweise wegen verkehrstechnischer Störungen - noch aus hinreichenden subjektiven Gründen - etwa wegen konkreter gesundheitlicher Beeinträchtigungen - unmöglich bzw. unzumutbar gewesen ist. Auf der Grundlage seines Vorbringens war für den Verwaltungsgerichtshof zunächst nicht erkennbar, dass dem Kläger eine Anreise von Wiesbaden zum Sitzungsort Kassel mangels benutzbarer (öffentlicher) Verkehrsmittel unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre. Sein Hinweis auf einen möglichen Ausfall der Klimaanlagen in Fernzügen der Bahn war zum Zeitpunkt der Stellung des Terminsverlegungsantrags im Hinblick auf eine von ihm zu wählende Verbindung rein spekulativ, selbst wenn es in den Tagen zuvor in einzelnen Regionalzügen der Bahn zu solchen Ausfällen gekommen sein sollte. Abgesehen davon hätte dies eine Anreise grundsätzlich auch nicht unmöglich oder unzumutbar gemacht, sondern allenfalls erschwert. Der Verweis auf mögliche gesundheitliche Risiken und darauf, dass der Kläger 62 Jahre alt sei, ließ ebenfalls nicht erkennen, dass ihm eine Anreise unmöglich oder unzumutbar gewesen sein könnte. Auch erwartete Temperaturen von ca. 35 Grad hindern als solche bei Personen dieses Alters nicht notwendig und ohne weitere Substantiierung einer Gefährdung die Anreise zu und die Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung. Die Beschwerde macht etwa nicht geltend, dass der Kläger gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof dargelegt hätte, unter bestimmten Vorerkrankungen oder sonstigen konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu leiden bzw. gelitten zu haben, die - im Falle der Glaubhaftmachung gegenüber dem Prozessgericht - eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können. Abgesehen davon setzt sich die Beschwerde insoweit auch nicht ansatzweise mit der vom Verwaltungsgerichtshof zur Zurückweisung des Verlegungsantrags angeführten Begründung auseinander, dass der Antrag allein dem Ziel gedient habe, den anberaumten Termin der mündlichen Verhandlung zum Scheitern zu bringen und daher missbräuchlich erfolgt sei.
Rz. 31
(b) Ein Gehörsverstoß ist des Weiteren nicht schlüssig dargelegt, soweit die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 5 f.) beanstandet, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Kläger nicht antragsgemäß gestattet habe, gemäß § 102a Abs. 1 VwGO an der mündlichen Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung teilzunehmen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht den Beteiligten, ihren Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen, während die Verhandlung zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen wird. Die Vorschrift ist nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers als Befugnisnorm für das Gericht zu verstehen, in dessen Ermessen es steht, Videokonferenztechnik im konkreten Fall einzusetzen. Einen Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf eine entsprechende technische Ausstattung der Gerichte begründet sie grundsätzlich nicht (vgl. BT-Drs. 17/12418 S. 17). Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, dass das Vorhandensein der erforderlichen Technik bei dem Gericht und an dem anderen Ort eine nicht ausdrücklich genannte, aber für den Regelfall der Teilnahme der Beteiligten selbst naturgemäße und vom Gesetzgeber mitgedachte Voraussetzung für den Einsatz von Videokonferenztechnik ist. Dies entspricht auch der nahezu einhelligen Ansicht im Fachschrifttum (vgl. etwa Dolderer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 102a Rn. 4; Fehling/Hamacher/Wilbert, in: Fehling/Kastner/Störmer, HK-VerwR, 4. Aufl. 2016, § 102a Rn. 2; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 102a Rn. 6; Ulrich, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 37. EL Juli 2019, § 102a Rn. 25 m.w.N.).
Rz. 32
Jedenfalls hat die Beschwerde mit der vorgenannten Kritik eine Gehörsverletzung aus anderen Gründen nicht hinreichend dargelegt. Da eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nur erfolgreich sein kann, wenn der Betroffene alle ihm gegebenen prozessualen Möglichkeiten ergriffen hat, sich Gehör zu verschaffen, muss in der Beschwerdebegründung gegebenenfalls auch substantiiert und nachvollziehbar aufgezeigt werden, dass diesem Gebot Rechnung getragen wurde bzw. dass insoweit keine zumutbare Möglichkeit bestand (BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2015 - 5 PB 9.14 - juris Rn. 3 m.w.N.). Das Beschwerdevorbringen lässt jedoch nicht erkennen, dass der Kläger alle ihm möglichen und zumutbaren verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich vor dem Verwaltungsgerichtshof gleichwohl rechtliches Gehör zu verschaffen. Solches wäre auch durch eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am Ort des Prozessgerichts zu erreichen gewesen. Dass dies dem Kläger unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre und deshalb eine Terminsverlegung hätte erfolgen müssen, hat die Beschwerde - wie oben erörtert - nicht aufgezeigt. Überdies legt der sich im Verfahren selbst vertretende Kläger nicht dar, warum es ihm - wenn er sich schon selbst an der Teilnahme der mündlichen Verhandlung gehindert sah - zur Verschaffung rechtlichen Gehörs nicht zumutbar gewesen wäre, einen (anwaltlichen) Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe zu betrauen (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 27. November 2018 - 1 BvR 957/18 - NJW 2019, 291 Rn. 7 f.).
Rz. 33
(2) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zeigt die Beschwerde auch insoweit nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise auf, als sie beanstandet, der Verwaltungsgerichtshof habe unterschiedliches Vorbringen des Klägers übergangen.
Rz. 34
(a) Die Beschwerde macht insoweit insbesondere geltend (Beschwerdebegründung S. 8), der Verwaltungsgerichtshof habe "das zentralste Kernargument des Klägers" übergangen, "dass zur Gewährleistung eines wirksamen Rechtsschutzes gemäß Art. 13 EMRK die gemäß der Übergangsregelung zu bereits anhängigen Verfahren erklärten bzw. zu erklärenden Verzögerungsrügen - wie hier die Verzögerungsrügen vom 15.12.2011 - stets als wirksam behandelt werden müssen oder allenfalls zu Fällen offensichtlich und völlig eindeutig verfrühter Rügen eine Wirksamkeit verneint werden" könne. Dieser Einwand führt jedoch bereits deshalb nicht auf einen Gehörsverstoß, weil sich der Verwaltungsgerichtshof in den Entscheidungsgründen der Sache nach mit der damit angesprochenen Frage befasst und dazu unter anderem ausgeführt hat (UA S. 13), dass die klägerischen Schriftsätze vom 15. Dezember 2011 auch nicht im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 - ÜberlVfRSchG - (BGBl. I S. 2302) als Verzögerungsrüge gewertet werden können, die den Vorgaben des § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 GVG genüge. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof eingehend begründet (UA S. 13 f.) und ist zu der von der Ansicht des Klägers abweichenden Rechtsauffassung gelangt, dass es auch nach der genannten Übergangsregelung nicht geboten ist, Verzögerungsrügen - wie hier die Verzögerungsrügen vom 15. Dezember 2011 - stets als wirksam zu behandeln oder allenfalls zu Fällen offensichtlich und völlig eindeutig verfrühter Rügen eine Wirksamkeit zu verneinen.
Rz. 35
Eine vom Klägervorbringen abweichende Rechtsansicht des Gerichts vermag jedoch einen Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährleistung rechtlichen Gehörs nicht zu begründen. Der verfassungsrechtliche Gehörsanspruch schützt weder davor, dass das Gericht dem Vortrag einer Partei in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht die aus deren Sicht richtige Bedeutung beimisst noch davor, dass das Gericht einzelne Tatsachen oder Erkenntnisse und bestimmtes Vorbringen von Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts bei seiner Entscheidung unberücksichtigt lässt oder sich nicht näher damit auseinandersetzt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 5. Februar 1999 - 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3 und vom 25. Mai 2016 - 5 PB 21.15 - juris Rn. 7 m.w.N.). Im Übrigen verpflichtet der verfassungsrechtliche Gehörsanspruch die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) - juris Rn. 9 m.w.N. und vom 15. August 2019 - 5 B 11.19 - juris Rn. 1).
Rz. 36
Auch mit dem weiteren Beschwerdevorbringen (Beschwerdebegründung S. 8) wird ein Gehörsverstoß nicht dargelegt. So kam es nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs nicht darauf an, ob die "unverzügliche" Anbringung einer Verzögerungsrüge nach Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG - wie von der Beschwerde aufgeworfen - eine Rügeerhebung "binnen 3 Monaten" oder "binnen zwei Wochen" erfordert oder sonst in zeitlicher Hinsicht "allenfalls minimalste Anforderungen" zu stellen sind. Diese Vorschrift, wonach für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten des Gesetzes schon verzögert sind, § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe gilt, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss, war nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs nicht anwendbar. Denn dieser ist davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrügen in den Ausgangsverfahren weder eine Verzögerung vorlag noch Anlass zur Besorgnis im Sinne des § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 GVG bestanden hat, dass die Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen werden könnten. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang rügen will, der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit der Rechtsansicht des Klägers befassen müssen, "dass zu Verfahren gemäß Art. 13 EMRK eine Auslegung nicht vorrangig am Wortlaut ohnehin fragwürdiger Gesetzesregelungen... orientiert sein darf/kann, sondern vielmehr vorrangig Bedeutung und Tragweite des völkerrechtlichen Grundrechtsgebots gemäß Art. 13 EMRK und der jahrelangen Verletzung dieses Gebotes durch die unzureichende Rechtslage in Deutschland berücksichtigen muss", ist eine Gehörsverletzung ebenfalls nicht dargelegt. Denn auch insoweit kann der Begründung des Verwaltungsgerichtshofs entnommen werden, dass er dieser Rechtsansicht des Klägers der Sache nach nicht gefolgt ist. Einer ausdrücklichen Aufführung sämtlicher, im Ergebnis nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs nicht greifender Argumente des Klägers bedurfte es insoweit nicht.
Rz. 37
Vor dem Hintergrund der dargelegten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs kann auch die im vorgenannten Zusammenhang erhobene Rüge der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 9), der Hinweis des Klägers auf eine gebotene Fristsetzung gemäß § 87b Abs. 2 VwGO sei vom Verwaltungsgerichtshof nicht verbeschieden worden, nicht auf einen Gehörsverstoß führen. Überdies fehlt es insoweit an hinreichendem Vortrag dazu, wann bzw. mit welchem Schriftsatz sowie mit welchem konkreten Inhalt der insoweit als übergangen gerügte Vortrag klägerseits angebracht worden und inwieweit er ausgehend vom Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichtshofs erheblich gewesen sein soll.
Rz. 38
(b) Auch soweit die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 9) weiter ausführt, "die Ignorierung" werde dadurch verdeutlicht, dass es anders als im Gerichtsbescheid vom 20. Juni 2018 im Tatbestand des angefochtenen Urteils an einem Verweis darauf fehle, dass der Kläger "zu den Ausgangsverfahren und der sachwidrigen Anregung eines Ruhens der Verfahren Einwände erhoben [habe] und nur bei Zustimmung der Beklagten ein Einverständnis b.a.w. in Aussicht genommen" habe und dass "[u]nter Verletzung des gebotenen rechtlichen Gehörs [...] unberücksichtigt [geblieben sei], dass hier lediglich ein rechtswidriger Ruhensbeschluss bestand und somit zweifelsfrei eine fortbestehende Verpflichtung des Gerichts zur Verfahrensförderung bestand", kann hieraus keine Gehörsverletzung hergeleitet werden. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat sich in den Gründen der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Ruhensanordnungen in den Ausgangsverfahren durch die Beschlüsse des Ausgangsgerichts vom 6. Oktober 2008 befasst und ist dabei im Ergebnis insofern der Auffassung des Klägers beigetreten, als sich diese mangels in der Gerichtsakte dokumentierten Einverständnisses der Beklagten mit der Ruhensanordnung als rechtswidrig erwiesen. Hinsichtlich der Frage nach der Verfahrensförderungspflicht des Ausgangsgerichts ist der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zu der von der Ansicht des Klägers abweichenden Würdigung gelangt, dass insoweit nicht die Rechtmäßigkeit, sondern die Wirksamkeit der Ruhensanordnung maßgeblich sei. Dass konkreter Vortrag des Klägers gerade hierzu übergangen worden sei oder dass insoweit keine Gelegenheit zur diesbezüglichen Äußerung bestanden hätte, macht die Beschwerde nicht geltend.
Rz. 39
4. Mit ihrem weiteren Vorbringen (Beschwerdebegründung S. 9), die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs sei unvertretbar, soweit dieser angenommen habe, dass zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrügen in den Ausgangsverfahren keine Besorgnis einer unangemessenen Verfahrensdauer begründet gewesen sei, beanstandet die Beschwerde lediglich die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs als inhaltlich unrichtig, ohne in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise einen Grund darzulegen, aus dem die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen wäre.
Rz. 40
5. Auf einen Revisionszulassungsgrund führt es schließlich nicht hin, soweit sich die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. August 2019 wendet und dazu ausführt (Beschwerdebegründung S. 7), hierzu könne "weitergehend nur unter Beantragung von Wiedereinsetzung vorgetragen werden" und dies werde "vorsorglich bereits hier angekündigt und beantragt, diesen Vortrag abzuwarten." Denn der Beschluss vom 30. August 2019, mit dem der Verwaltungsgerichtshof unter anderem ein erneutes Ablehnungsgesuch des Klägers verworfen (Ziff. 1) und eine erneute Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 26. Juni 2019 über ein Ablehnungsgesuch des Klägers vom selben Tage zurückgewiesen (Ziff. 3) hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde. Unabhängig davon, dass der Beschluss vom 30. August 2019 überdies unanfechtbar ist, so dass insoweit vom Kläger gerügte Verfahrensmängel etwa mit Blick auf § 47 ZPO nicht mehr mit Rechtsmitteln geltend gemacht werden könnten, ist nichts dafür geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass das mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochtene Urteil vom 26. Juni 2019 auf etwaigen Mängeln im zeitlich nachgehenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. August 2019 beruhen könnte (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Rz. 41
6. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.
Rz. 42
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13855347 |