Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OVG (Beschluss vom 21.09.2005; Aktenzeichen 2 MB 42/05)

 

Tenor

Die “außerordentliche Beschwerde” des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Schleswig-Holstein vom 21. September 2005 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Gründe

1. Der als “außerordentliche Beschwerde” bezeichnete Rechtsbehelf gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, durch den unter Bezugnahme auf die Gründe eines Beschlusses vom 17. August 2005 Ablehnungsgesuche des Beschwerdeführers als unbeachtlich erkannt wurden und aus den Gründen eines Beschlusses vom 30. August 2005 ein Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens abgelehnt wurde, ist nicht statthaft. Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts sind gemäß § 152 Abs. 1 VwGO – vorbehaltlich der dort aufgeführten (hier nicht vorliegenden) Sonderfälle – nicht mit einem Rechtsmittel zum Bundesverwaltungsgericht angreifbar. Der Beschwerdeführer ist hierauf mit Schreiben des Gerichts vom 3. November 2005 hingewiesen worden.

2. Keine andere Beurteilung rechtfertigt, dass sich der Beschwerdeführer darauf beruft, dass in besonderen Ausnahmefällen, die nach seinem Vorbringen in seinem Falle gegeben seien, eine “Ausnahmebeschwerde” eröffnet sei. Dies ist nicht der Fall. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist ungeachtet der Berufung auf eine – vermeintliche greifbare Gesetzwidrigkeit – der Sache nach allein als Gehörsrüge zu werten, für die ihm allein der Rechtsbehelf des § 152a VwGO offen steht. Nach § 152a VwGO ist die Gehörsrüge aber an das Gericht zu richten und von dem Gericht zu entscheiden, dem ein Gehörsverstoß vorgehalten wird, hier das Oberverwaltungsgericht (zur Begründung des Gesetzesentwurfs s. BTDrucks 15/3706 S. 13 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 152a VwGO weder zuständig, über eine Gehörsrüge gegen Gehörsverletzungen durch das Oberverwaltungsgericht zu entscheiden, noch ist es befugt, die Entscheidung eines Oberverwaltungsgerichts über eine Gehörsrüge zu überprüfen (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO). Soweit der Beschwerdeführer von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs unabhängige Rechtsverletzungen hat geltend machen wollen, schließt sich der erkennende Senat in Ergebnis und Begründung der Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 21. Juli 2005 – BVerwG 9 B 9.05 – juris) an (s. bereits Senat, Beschluss vom 21. Mai 2003 – BVerwG 5 B 35.03 – juris; Beschluss vom 14. Mai 2004 – BVerwG 5 B 42.04 –; Beschluss vom 3. Juni 2004 – BVerwG 5 B 54.04 –), der – im Einklang mit der Rechtsprechung anderer Senate – zu dieser Frage ausgeführt hat:

“Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch in Fällen geltend gemachter ‘greifbarer Gesetzeswidrigkeit’ seit der Einfügung des § 321a in die Zivilprozessordnung durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887) kein Raum mehr für eine Befassung des Gerichts der nächst höheren Instanz mit außerordentlichen Rechtsbehelfen. Denn der in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Entscheidung ist zu entnehmen, dass eine im Rechtsmittelzug nicht mögliche Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung aufgrund eines außerordentlichen Rechtsbehelfs demjenigen Gericht vorbehalten bleiben soll, das die Entscheidung erlassen hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Mai 2002 – BVerwG 6 B 28.02 und 6 B 29.02 – Buchholz 310 § 152 VwGO Nr. 14 = NJW 2002, 2657, vom 5. Oktober 2004 – BVerwG 2 B 90.04 – NVwZ 2005, 232 und vom 17. Januar 2005 – BVerwG 10 B 1.05 – n.v.). Die von den Antragstellern zur Untermauerung der Statthaftigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs angeführte frühere Rechtsprechung und Literatur ist insoweit überholt.

Dies gilt um so mehr seit Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3220). Durch dieses Gesetz wurden mit dem neuen § 152a VwGO und entsprechenden Bestimmungen in andere Prozessordnungen außerordentliche Rechtsbehelfe bei erheblichen Gehörsverletzungen in Form der Fortführung des gerichtlichen Verfahrens in der betreffenden Instanz eingeführt. Auch danach ist eine Befassung der nächsthöheren Instanz mit der Sache nicht vorgesehen, § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO (vgl. Bader, VwGO, Kommentar, 3. Aufl. 2005, § 152 Rn. 5, § 152a Rn. 2).”

Gegenteiliges ergibt sich für die Verwaltungsgerichtsordnung auch nicht aus dem vom Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 14. November 2005 herangezogenen, zu § 128 FGO ergangenen Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 8. September 2005 (– IV B 42/05 – NJW 2005, 3374).

3. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen der von dem Beschwerdeführer unter Berufung auf durch Gesetzesänderungen teils überholte und im Übrigen nicht zu der Verwaltungsgerichtsordnung ergangene Entscheidungen als statthaft erachteten Ausnahmebeschwerde auch in der Sache nicht vor, so dass der an das Bundesverwaltungsgericht gerichtete Rechtsbehelf auch aus sachlichen Gründen ohne Erfolg hätte bleiben müssen. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren liegt schon keine greifbare Gesetzwidrigkeit vor. Für die Annahme, eine Entscheidung entbehre jeder gesetzlichen Grundlage und sei inhaltlich dem Gesetz fremd, also mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar, genügt der Vorwurf nicht, das Oberverwaltungsgericht habe falsch entschieden und einen Verfahrensbeteiligten damit in seinen Rechten verletzt. Denn die Möglichkeit, dass Gerichte falsch entscheiden, ist in der Rechtsordnung berücksichtigt; eine Korrektur ist aber nur in dem dafür von der Rechtsordnung selbst vorgesehenen Umfang zulässig.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts lässt keinen Anhalt für eine solche, vom Beschwerdeführer lediglich behauptete “greifbare Gesetzwidrigkeit” erkennen. Insbesondere entsprächen die Hinweise des Oberverwaltungsgerichts auf vorangegangene Beschlüsse einem etwa anzuwendenden Begründungsgebot, weil sie den tragenden – zudem auch der Sache nach zutreffenden – Gesichtspunkt für die Entscheidung knapp bezeichnen und entgegen der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers sein gegen die herangezogenen Beschlüsse gerichtetes Vorbringen als erkennbar nicht entscheidungserheblich keiner weiteren Erörterung bedurfte. Damit ist dem Gesetz Genüge getan. Aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs folgt kein Anspruch eines Verfahrensbeteiligten darauf, dass sich das Gericht mit neuerlichem oder wiederholtem Vorbringen auch dann auseinander setzt, wenn es nicht entscheidungserheblich ist, oder dass sonst jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen einer gerichtlichen Entscheidung ausdrücklich beschieden wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 – 1 BvR 168/89 u.a. – BVerfGE 87, 363 ≪392 f.≫).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.

 

Unterschriften

Dr. Säcker, Dr. Franke, Prof. Dr. Berlit

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1471818

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