Verfahrensgang
OVG Mecklenburg-Vorpommern (Aktenzeichen 3 L 33/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 18. November 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob den Klägern wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) auf ihren sinngemäßen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) hätte gewährt werden können. Jedenfalls rechtfertigen die nunmehr vorgebrachten Gründe die Zulassung der Revision nicht; der Sache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muß gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden, daß und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde formuliert schon keine ihrer Ansicht nach klärungsbedürfige und klärungsfähige konkrete Rechtsfrage. Entgegen ihrer Ansicht trifft die Annahme des Berufungsgerichts im übrigen zu, der Tatbestand der entschädigungslosen Enteignung im Sinne von § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG sei nicht erfüllt, wenn nach den gesetzlichen Vorschriften der DDR eine Entschädigung vorgesehen, diese aber mit offenen Grundpfandrechten verrechnet oder trotz Rechtsanspruchs ganz oder teilweise tatsächlich nicht ausgezahlt wurde (stRspr, vgl. Urteil vom 24. März 1994 – BVerwG 7 C 16.93 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 19 S. 13 ≪15 f.≫, Beschluß vom 10. Mai 1996 – BVerwG 7 B 74.96 – Buchholz 428 § 28 VermG Nr. 4 S. 3 ≪5 f.≫). Der in solchen Fällen betroffene Vermögenswert kann nur die – nicht ausgezahlte – Geldforderung, nicht aber das enteignete Grundstück sein (Urteil vom 24. März 1994, a.a.O., S. 16).
Soweit die Beschwerde „die tatsächliche Gegebenheit auf S. 5 der Urteilsbegründung” – d.h. die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es sei gerichtsbekannt, daß eine bestimmte Fläche für den komplexen Wohnungsbau verwendet worden sei – als „unsubstantiiert” und „rechtsirrig” rügt, legt sie ebenfalls keine grundsätzliche, d.h. über den Einzelfall hinausführende, verallgemeinerungsfähige und die Rechtseinheit fördernde Bedeutung dar. Im übrigen ist eine Enteignung nach dem Aufbaugesetz der DDR entgegen der Annahme der Beschwerde nicht schon deshalb ausgeschlossen bzw. muß – soweit nicht der Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG erfüllt ist – „nicht automatisch eine Rückübertragung auf den früheren Eigentümer erfolgen”, wenn Grundstücke, die für den komplexen Wohnungsbau einmal enteignet worden sind, dann tatsächlich anderen Zwecken zugeführt werden. Auch insoweit bezeichnet die Beschwerde keinen Klärungsbedarf. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß Enteignungen auf der Grundlage des Aufbaugesetzes oder des Baulandgesetzes der DDR in der Regel nur bei zwei Fallgruppen eine unlautere Machenschaft darstellen: Dies ist zum einen dann der Fall, wenn der geltend gemachte Enteignungszweck nur vorgeschoben war, also die bereits von vornherein beabsichtigte zweckwidrige Verwendung verschleiert werden sollte (Urteile vom 26. Juni 1997 – BVerwG 7 C 25.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 113 S. 344 ≪346≫ und vom 5. März 1998 – BVerwG 7 C 8.97 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 140 S. 421 ≪426 f.≫) oder – zweitens – der wahrheitsgemäß angegebene, also beabsichtigte und umgesetzte Enteignungszweck offenkundig von keiner Rechtsgrundlage gedeckt war (vgl. Urteil vom 31. August 1995 – BVerwG 7 C 39.94 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 53 S. 142 ≪145 f.≫). Bereits das Verwaltungsgericht ist auf diese Problematik eingehend eingegangen (UA S. 17 ff.), ohne daß die Beschwerde die dortigen Hinweise auf die höchstrichterliche Rechtsprechung erkennbar verarbeitet hätte.
Auch wenn das Beschwerdevorbringen insoweit zugunsten der Kläger als sinngemäße Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) aufzufassen sein sollte, würde es der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Da bereits das Verwaltungsgericht von der tatsächlichen Annahme einer beabsichtigten Enteignung zum Zwecke des komplexen Wohnungsbaus ausgegangen ist, hätte es den anwaltlich vertretenen Klägern oblegen, diese tatsächliche Grundlage im Berufungsverfahren durch substantiierten Tatsachenvortrag und entsprechende Beweisanträge zu erschüttern und das Oberverwaltungsgericht gegebenenfalls zu einer Beweisaufnahme zu veranlassen. Dies ist nicht geschehen. Dieses Versäumnis kann im Beschwerdeverfahren nicht mit Hilfe einer Verfahrensrüge wettgemacht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Sailer, Krauß
Fundstellen