Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 13 A 99.2052) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Flurbereinigungsgericht) vom 17. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie kann mit den von ihr erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG) nicht durchdringen.
1. Die Beschwerde rügt zunächst die vom Flurbereinigungsgericht vollzogene Trennung der Klagebegehren. Das Flurbereinigungsgericht habe insoweit von seinem Ermessen nach § 93 Satz 2 VwGO fehlerhaft Gebrauch gemacht. Wegen der Wechselwirkung der einzelnen Klagepunkte sei es insbesondere nicht zulässig gewesen, das Klagebegehren – wie geschehen – in einen „Unwirksamkeitskomplex” (VGH 13 A 99.2052) und einen „Nichterfüllungskomplex” (VGH 13 A 99.1494; 13 A 99.1495 und 13 A 99.1459) aufzuteilen. So sei die im streitigen Prozessvergleich vom 10. Juli 1997 unter Ziff. I 3 Satz 2 im Hinblick auf die Dränmaßnahmen getroffene Kostenverteilungsregelung – obwohl sie für den damaligen Willensbildungsprozess des Klägers eine maßgebliche Rolle gespielt habe – unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Unwirksamkeit des Vergleichs nicht gewürdigt worden. Dies habe zum einen zur Folge, dass dieser Gesichtspunkt in dem noch anhängigen Verfahren VGH 13 A 99.1495 einer sinnvollen Behandlung nicht mehr zugeführt werden könne. Zum anderen sei dem Kläger aber damit die Möglichkeit entzogen worden, die Unwirksamkeit des Vergleichs auch unter dem Gesichtspunkt geltend zu machen, dass er über die Höhe des Zuschusses arglistig getäuscht worden sei. Letzteres habe er im Verfahren VGH 13 A 99.1495 sinngemäß mit Schriftsatz vom 16. Oktober 1999 geltend gemacht, indem er vorgetragen habe, es verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn er nur 30 % Zuschuss bekomme, andere aber 70 bzw. 50 %. Dieser Vortrag sei im vorliegenden Verfahren unter Verstoß gegen § 86 Abs. 3, § 88, 101, 108 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG übergangen worden.
Die damit erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Das Flurbereinigungsgericht hat dem klägerischen Schriftsatz vom 16. Mai 1999 die genannten Aktenzeichen zugeteilt, ohne eine Trennung förmlich zu beschließen. Ob § 93 VwGO i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG eine stillschweigende Trennung zulässt (bejahend z.B. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 93 Rn. 6; a.A. Redeker/von Oertzen, VwGO, 12. Aufl. 1997, § 93 Rn. 4), kann dahinstehen. Soweit der Kläger die Trennung mit seiner Beschwerde als ermessensfehlerhaft beanstandet, muss er sich entgegenhalten lassen, dass ein Trennungsbeschluss nach § 146 Abs. 2 VwGO mit der Folge unanfechtbar gewesen wäre, dass er nach § 173 VwGO i.V.m. § 548 ZPO nicht der Nachprüfung des Revisionsgerichts unterliegen würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 1982 – BVerwG 9 CB 674.82 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 217). Für eine stillschweigende Trennung – auf die der Kläger sich hier rügelos eingelassen hat (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO) – gilt dies erst recht.
Unbeschadet dessen kann die Beschwerde allerdings Mängel rügen, die als Folge der beanstandeten Trennung weiterwirkend dem angefochtenen Urteil selbst anhängen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1972 – 8 C 84.70 – BVerwGE 39, 319 ≪324≫). Solche Mängel sind von der Beschwerde aber nicht hinreichend dargelegt worden (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Was die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung angeht, ist dem Kläger vom Flurbereinigungsgericht entgegengehalten worden, sein Vortrag entbehre „der erforderlichen objektiv nachprüfbaren Umstände” (UA S. 6). Das trifft auch dann zu, wenn man den Schriftsatz vom 16. Oktober 1999 aus dem Verfahren VGH 13 A 99.1495 und das jetzige Beschwerdevorbringen berücksichtigt. Denn auch jetzt ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 123 BGB nicht substantiiert dargelegt. Zusätzlich sind nicht die für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen bezeichnet, die sich dem Flurbereinigungsgericht hätten aufdrängen müssen, wenn nach dem Vortrag des Klägers zumindest der Verdacht bestehen könnte, der Vergleich sei Ergebnis einer arglistigen Täuschung (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 m.w.N.).
2. Die Beschwerde rügt ferner, das Flurbereinigungsgericht habe die Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB mit einer offensichtlich materiellrechtlich fehlerhaften Begründung für unbeachtlich erklärt und deswegen den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, den Untersuchungsgrundsatz sowie den Grundsatz prozessordnungsmäßiger Überzeugungsbildung missachtet. Die Einordnung des vom Kläger hinsichtlich der Kosten des Widerspruchsverfahrens geltend gemachten Inhaltsirrtums als unbeachtlicher Rechtsfolgenirrtum sei letztlich allein mit Willkür zu erklären und verletze die Denkgesetze. Die damit gerügten Verfahrensfehler lassen sich nicht feststellen.
Bei der revisionsgerichtlichen Prüfung, ob dem Tatsachengericht ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, ist von seiner materiellrechtlichen Rechtsauffassung auszugehen, auch wenn diese einer Überprüfung nicht standhalten sollte (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 – BVerwG 6 C 10.84 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 4). Aus diesem Grunde kann die Beschwerde hier nicht auf dem Umweg über eine Verfahrensrüge eine Überprüfung der Frage erreichen, ob die Auslegung von § 119 BGB, die das Flurbereinigungsgericht für seine Entscheidung tragend gemacht hat, bedenkenfrei erscheint.
Entgegen der Ansicht der Beschwerde erscheint die Rechtsanwendung des Flurbereinigungsgerichts auch nicht willkürlich. Willkür liegt erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder ihr Inhalt in krasser Weise missdeutet wird. Von einer willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinander setzt und seine Auffassung nicht jeder Grundlage entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 ≪278 f.≫; 96, 189 ≪203≫). Gemessen an diesen Grundsätzen kann dem Flurbereinigungsgericht bei der Auslegung und Anwendung des § 119 BGB ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht vorgehalten werden. Das Flurbereinigungsgericht hat zunächst darauf abgestellt, eine Einigung über die außergerichtlichen Kosten habe sich – auch ohne einen entsprechenden Hinweis des Gerichts – nur auf die nach Klageerhebung entstandenen Kosten beziehen können (UA S. 6). Die Einordnung eines dennoch beim Kläger diesbezüglich aufgetretenen Irrtums als unbeachtlicher Rechtsfolgenirrtum hat das Flurbereinigungsgericht unter Auswertung der einschlägigen Standardliteratur (UA S. 5) vorgenommen, wobei das insoweit gewonnene Ergebnis zumindest als vertretbar angesehen werden kann. Auch ein Verstoß gegen Denkgesetze (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 28.89 – BVerwGE 84, 271 ≪272≫) ist entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht erkennbar. Der von der Beschwerde monierte innere Widerspruch in den Aussagen des Flurbereinigungsgerichts liegt in Wirklichkeit nicht vor. Das Flurbereinigungsgericht ist vielmehr sowohl eingangs der Entscheidungsgründe (UA S. 4) wie auch im späteren Zusammenhang (UA S. 6) nur von einer Dispositionsbefugnis der Parteien hinsichtlich des Flurbereinigungsplans, nicht aber hinsichtlich des Widerspruchsbescheids ausgegangen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.
Unterschriften
Hien, Vallendar, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen