Verfahrensgang
VG Halle (Saale) (Aktenzeichen 1 A 1131/97 HAL) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 13. April 2000 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 102 260 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerden des Beklagten und des Beigeladenen zu 1 sind begründet. Die allein geltend gemachten Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) haben Erfolg; denn das angefochtene Urteil beruht auf dem Verfahrensmangel. Das nimmt der Senat zum Anlass, das Urteil aufzuheben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 133 Abs. 6 VwGO).
Die Rügen der Beteiligten betreffen bei sachangemessener Würdigung ihres Vorbringens die Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beklagte bemängelt an dem angefochtenen Urteil, dass ein Verstoß gegen Vorschriften der ehemaligen DDR angenommen werde, ohne diese benannt oder inhaltlich wiedergegeben zu haben, und der Beigeladene zu 1 beanstandet, das erstinstanzliche Gericht habe keine Feststellung dazu getroffen, warum er unredlich gewesen sei.
Der Überzeugungsgrundsatz ist verletzt, wenn die tatrichterliche Überzeugungsbildung an inneren Mängeln leidet (vgl. Jörg Schmidt in Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 108 Rn. 3). Zur tat-richterlichen Überzeugungsbildung gehört die Ermittlung fremden Rechts, hier das der Deutschen Demokratischen Republik. Für die Antwort auf die als streitentscheidend angesehene Frage, ob die Vermessung des Grundstücks rechtswidrig war, hat das Gericht einschlägige Vorschriften der DDR nicht herangezogen, sondern sich mit der bloßen Behauptung begnügt, es liege ein Rechtsverstoß vor. Es reicht für eine nachvollziehbare Bildung der Überzeugung von der Rechtswidrigkeit eines Vorganges nicht aus, einen Rechtsverstoß anzunehmen, ohne zumindest das verletzte Recht zu benennen, noch gar auf dessen Inhalt näher einzugehen. Diese Unzulänglichkeit bringt es auch mit sich, dass unklar bleibt, weswegen die Bildung eines Grundstücks rechtswidrig sein soll, das zwar abweichend vom vorhandenen Grenzverlauf vermessen, aber in seinen Grenzen von den betroffenen Verfügungsberechtigten anerkannt worden war.
Hinzu kommt ein Weiteres: Ein Gericht kann sich ohne Kenntnis der im Zeitpunkt des Erwerbs in der DDR geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätze oder der ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis keine Überzeugung von der Unredlichkeit des Erwerbs im Sinne von § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG bilden. So aber verhält es sich hier. Der Senat kann weder dem erstinstanzlichen Urteil noch anderweitig den Gerichtsakten entnehmen, welches Wissen beim Verwaltungsgericht bestand, als es über den – zudem erst nach erneutem Rechtsträgerwechsel erfolgten – Erwerb des Beigeladenen zu 1 befand. Die Vorinstanz hat an dieser Stelle seiner Rechtsausführungen keine Subsumtion, also keine Zuordnung der konkreten Rechtslage in der DDR zur abstrakten Rechtsnorm (§ 4 Abs. 3 Buchst. a VermG) vorgenommen.
Von der Zurückverweisung kann nicht abgesehen werden, weil nach dem Stand der Sache nicht ersichtlich ist, dass sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als zutreffend erweist.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Postier
Fundstellen