Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 25.02.2014; Aktenzeichen 4 K 13.3980) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Klägerin ist Stabsärztin und Soldatin auf Zeit. Ihren Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin lehnte das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben mit Bescheid vom 5. Juni 2013 ab. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision.
Entscheidungsgründe
II
Die auf die Zulassungsgründe der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (1.), des Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (2.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (3.) – jeweils in Verbindung mit § 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 KDVG und § 135 Satz 3 VwGO – gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz liegt nur vor, wenn das Ausgangsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO in der Beschwerdebegründung darzulegen.
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Klägerin nicht gerecht. Sie bezeichnet zwar (unter II. 1. a bis c der Beschwerdebegründung) abstrakte Rechtssätze, die sie Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entnimmt, legt jedoch nicht dar, welche widersprechenden, abstrakten Rechtssätze das Verwaltungsgericht, das die von der Klägerin in Bezug genommenen höchstrichterlichen Entscheidungen in den Gründen seines angefochtenen Urteils zitiert, dem entgegengestellt haben soll. Die Klägerin wirft dem Verwaltungsgericht vielmehr in der Sache vor, die von ihr benannte Rechtsprechung für die Entscheidung über ihr Begehren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin unrichtig angewandt zu haben. Ein solcher Anwendungsfehler begründet jedoch keine Divergenz im Sinne des Revisionszulassungsrechts (vgl. nur: Beschlüsse vom 10. Juli 1995 – BVerwG 9 B 18.95 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 264 S. 14 und vom 22. September 2011 – BVerwG 6 B 19.11 – Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 176 Rn. 9).
2. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich ferner nicht, dass das angefochtene Urteil unter einem Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO leidet.
Die Klägerin macht geltend (unter II. 2. der Beschwerdebegründung), das Verwaltungsgericht habe gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Sie habe im Klageverfahren ein Attest des Bundeswehrkrankenhauses Berlin vom 9. Oktober 2013 vorgelegt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, dass sie in psychotherapeutischer Behandlung sei und ihre Therapeutin den bestehenden Konflikt wegen ihrer Gewissensentscheidung als dafür ursächlich ansehe. Obwohl sie einen entsprechenden Beweisantrag nicht gestellt habe, sei das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen, von sich aus Beweis über ihre Glaubwürdigkeit zu erheben, indem es die behandelnde Ärztin zur Frage der Ernsthaftigkeit ihrer Entscheidung und zu den schweren seelischen Schäden, in die sie auf Grund ihrer Gewissensnot geraten sei, vernommen hätte. Mit diesem Vortrag kann die Klägerin nicht durchdringen.
Da die Klägerin einen Beweisantrag nicht gestellt hat, kann ihre Aufklärungsrüge nur dann Erfolg haben, wenn sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. In einer solchen Konstellation muss mit der Aufklärungsrüge vor dem Hintergrund des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO schlüssig aufgezeigt werden, dass das vorinstanzliche Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung hätte sehen müssen. Es muss ferner dargelegt werden, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer günstigeren Entscheidung hätte führen können (Beschluss vom 16. März 2011 – BVerwG 6 B 47.10 – Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 174 Rn. 12).
Jedenfalls was das voraussichtliche Ergebnis der von der Klägerin vermissten Beweisaufnahme und dessen Konsequenzen anbelangt, ist die Klägerin ihrer Darlegungsobliegenheit nicht gerecht geworden, so dass die Verfahrensrüge schon aus diesem Grund ins Leere geht. Unabhängig hiervon ist auch in der Sache nicht ersichtlich, dass sich dem Verwaltungsgericht die in Rede stehende weitere Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Die Verwaltungsgerichte können sich für die Erfüllung ihrer Aufgabe, die Stichhaltigkeit und Glaubwürdigkeit einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegdienst mit der Waffe zu prüfen, von vornherein nur unter sehr engen Voraussetzungen wissenschaftlichen Sachverstandes bedienen (vgl. hierzu: Urteil vom 24. November 1982 – BVerwG 6 C 64.82 – juris Rn. 23). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass dem Verwaltungsgericht die ausführliche wehrpsychiatrische Begutachtung vorlag, die das Bundeswehrkrankenhaus Berlin erst unter dem 9. Oktober 2013 nach einem einwöchigen stationären Aufenthalt der Klägerin erstellt hatte (GA Bl. 63 ff.). Vor diesem Hintergrund bot der von der Klägerin im Rahmen ihrer Vernehmung als Partei angebrachte vage Hinweis, die Therapeutin, die sie im Rahmen ihrer Psychotherapie betreue, meine, es werde „eine Langzeitbehandlung”, und glaube, „dass die Ursache in dem Konflikt wegen meiner Gewissensentscheidung” bestehe (Niederschrift über die mündliche Verhandlung S. 6, GA Bl. 88), für das Verwaltungsgericht keinen tragfähigen Ansatz für die Einholung einer – weiteren – Begutachtung bzw. die Vernehmung der von der Klägerin nicht namentlich benannten Therapeutin als sachverständiger Zeugin.
3. Die Revision ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Eine solche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Aus den Darlegungen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.
Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,
„inwieweit ärztliche Atteste und Behandlungen, sofern sie im Zusammenhang mit der Gewissensentscheidung stehen könnten, zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit heranzuziehen sind.”
Dieser Frage kommt keine Grundsatzbedeutung zu, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig ist. Die Klägerin umschreibt (unter II. 3. der Beschwerdebegründung) einzelne Konstellationen, in denen ihrer Ansicht nach Unterlagen über psychische Erkrankungen für die Beurteilung des Begehrens auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer Relevanz erlangen können. Aus diesen Darlegungen ergibt sich, dass es sich insoweit stets nur um die konkreten Umstände des jeweils zu beurteilenden Einzelfalls handeln kann, die einer allgemeinen Klärung im Sinne der von der Klägerin aufgeworfenen Frage nicht zugänglich sind.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Neumann, Dr. Möller, Hahn
Fundstellen