Verfahrensgang
OVG für das Land Brandenburg (Aktenzeichen 6 A 105/99.PVL) |
Tenor
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 26. August 1999 wird aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. Die Beschwerdebegründung genügt den gesetzlichen Darlegungsanforderungen. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts weicht gemäß § 95 Abs. 2 BraPersVG i.V.m. § 92 a Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG von dem in der Beschwerdebegründung bezeichneten Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 1998 – BVerwG 6 P 6.97 – BVerwGE 108, 135, ab.
1. Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz besteht nach der zu den Regeln des arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahrens entwickelten ständigen Rechtsprechung des Senats dann, wenn das Beschwerdegericht seinem Beschluß einen abstrakten, die Entscheidung tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der im Widerspruch zu einem ebensolchen Rechtssatz in einem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts oder einer anderen divergenzfähigen Entscheidung steht. Sie setzt weiterhin voraus, daß beide Entscheidungen entweder auf der Grundlage derselben Vorschrift oder aber auf der Grundlage wörtlich übereinstimmender und nach ihrem Zweck sowie nach ihrem für die systematische Auslegung bedeutsamen Regelungszusammenhang gleichartiger Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts ergangen sind (vgl. etwa die Beschlüsse vom 27. Juli 1990 – BVerwG 6 PB 12.89 – Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 53 = AP Nr. 25 zu § 72 a ArbGG 1979 Divergenz und vom 28. März 1994 – BVerwG 6 PB 22.93 – AP Nr. 8 zu § 92 a ArbGG 1979). Diesen weiten Divergenzbegriff legt der Senat seiner Rechtsprechung mit Blick auf die Spruchpraxis des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes zu § 2 Abs. 1 RsprEinhG zugrunde. Danach sind die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat nicht nur erfüllt, wenn sich die zur Entscheidung vorgelegte Rechtsfrage im Anwendungsbereich derselben Rechtsvorschrift stellt, sondern auch dann, wenn sie auf der Grundlage von Vorschriften aufgeworfen wird, die zwar in verschiedenen Gesetzen stehen, in ihrem Wortlaut aber im wesentlichen und in ihrem Regelungsinhalt gänzlich übereinstimmen und deswegen nach denselben Prinzipien auszulegen sind (vgl. etwa BVerwGE 77, 370, 373). Die genannte Auslegung eignet sich in besonderer Weise, um im Beschlußverfahren dem Vorbildcharakter des Bundespersonalvertretungsgesetzes für zahlreiche Landespersonalvertretungsgesetze, wie er unter anderem auch an seinen rahmenrechtlichen und seinen unmittelbar als Landesrecht geltenden Bestimmungen erkennbar ist, angemessen Rechnung zu tragen. Im Ergebnis findet die Auslegung in der Literatur zum Arbeitsgerichtsgesetz überwiegend Zustimmung (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Aufl., § 72 Rn. 19; Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 72 Rn. 34, jeweils m.w.N.). Das Bundesarbeitsgericht läßt die Frage allerdings offen und stellt hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Regelungszusammenhänge zumindest besondere Darlegungsanforderungen (Beschluß vom 8. Dezember 1994 – 9 AZN 849/94 – AP Nr. 28 zu § 72 a ArbGG Divergenz = NJW 1995, 1693). Diese sind jedoch für die vorliegende Fallgestaltung nicht zu stellen, weil die Vergleichbarkeit offensichtlich ist, sich insbesondere aus der Divergenzentscheidung selbst ergibt. In einem solchen Falle würde es ein Überspannen des Darlegungserfordernisses bedeuten, die Zulässigkeit der Divergenzbeschwerde gleichwohl von einer entsprechenden Darlegung zur Vergleichbarkeit abhängig zu machen (vgl. insoweit zur Rspr. des Bundesverfassungsgerichts den Beschluß der 3. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 1995 – 1 BvR 568/93 – AP Nr. 31 zu § 72 a ArbGG 1979 Divergenz).
Im vorliegenden Fall ergibt sich die Divergenz der Beschwerdeentscheidung zu dem genannten Beschluß des Senats aus folgendem: Der angegriffene Beschluß beruht tragend auf der Überlegung, daß hier um materielle Arbeitsbedingungen gestritten werde und diese ausnahmlos nicht unter die Mitbestimmung nach § 66 Nr. 5 BraPersVG falle (S. 7 des Beschlusses). Dieser Mitbestimmungstatbestand umfaßt nach dem Wortlaut der Regelung „Fragen der Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung neuer Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte einschließlich der Geldfaktoren”. Demgegenüber hat der beschließende Senat in seinem Beschluß vom 9. Dezember 1998 – BVerwG 6 P 6.97 – BVerwGE 108, 135, zum vergleichbaren Mitbestimmungstatbestand des § 74 Abs. 1 Nr. 13 HePersVG entschieden, daß hierunter ein umfassendes Beteiligungsrecht in allen Fragen der Lohngestaltung ohne eine Beschränkung auf formelle Arbeitsbedingungen zu verstehen sei; an der früheren Unterscheidung von materiellen und formellen Arbeitsbedingungen zum Zwecke einer von den tatbestandlichen Voraussetzungen gelösten Begrenzung der Mitbestimmung halte er abweichend von früheren Entscheidungen nicht fest (a.a.O. LS Nr. 3).
Die den beiden Entscheidungen zugrundeliegenden Rechtsnormen kommen als vergleichbare Rechtsgrundlagen, die sich in identischen Rechtssätzen konkretisieren, in Betracht. Die landesrechtlichen Regelungen weichen zwar im Wortlaut geringfügig voneinander ab. Schon in dem als Divergenzentscheidung bezeichneten Beschluß hat der Senat aber klargestellt, daß die dort anzuwendende Regelung des hessischen Landespersonalvertretungsgesetzes nicht nur im wesentlichen wortgleich mit derjenigen des § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG sei (S. 16 des Umdrucks zu 2.4), sondern sich auch nach Inhalt und Regelungsziel nicht von der bundesrechtlichen Regelung unterscheide (S. 17 – oben – und S. 19 des Umdrucks, zu 2.4.2, BVerwGE 108, 135, 145 ff.). § 66 Nr. 5 BraPersVG wiederum stimmt wortwörtlich mit § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG überein. Die Vorbildfunktion des bundesrechtlichen Mitbestimmungstatbestandes hat sich also auf beide landesrechtlichen Regelungen uneingeschränkt ausgewirkt. Werden bei der Anwendung dieses Landesrechts zum Begriff „Fragen der Lohngestaltung” voneinander abweichende Rechtssätze gebildet, so ermöglicht dies also gleichermaßen die Divergenzrüge, wie dies auch bei diesbezüglich abweichenden Konkretisierungen bei der Anwendung von Bundesrecht im Verhältnis zum Landesrecht (und umgekehrt) der Fall wäre.
2. Die Fragen, ob für die in Rede stehenden Lehrkräfte ein verbindlicher Dotierungsrahmen vorgegeben ist und innerhalb dieses Rahmens möglicherweise dem Beteiligten Entscheidungsspielräume für anderweitige Verteilungsgrundsätze nicht verbleiben (vgl. hierzu S. 21 ff. des Umdrucks der Divergenzentscheidung des Senats, zu 2.4.3, BVerwGE 108, 135, 149 f.), konnten im Beschwerdeverfahren einer eindeutigen Klärung nicht zugeführt werden. Der Beteiligte beruft sich im wesentlichen auf tarifrechtlich bindende Vorgaben aus Nr. 1 Unterabsatz 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen in der Anlage 1 a zum BAT und BAT-O. Er geht dabei aber nicht auf Nr. 5 dieser Vorbemerkungen ein, wonach die Anlage 1 a nicht für Beschäftigte gilt, die Lehrkräfte sind. Danach könnte es möglicherweise an verbindlichen tarifrechtlichen Vorgaben gänzlich fehlen. Auch aufgrund dieser Überlegungen aber wären die Fragen nach einem verbindlich vorgegebenen Dotierungsrahmen und etwa fehlenden Entscheidungsspielräumen zu einer Abweichung von den in den Lehrer-Richtlinien-O der TdL aufgestellten Verteilungsgrundsätzen womöglich immer noch nicht abschließend zu verneinen. Dazu fehlt es dem Senat derzeit jedenfalls an den erforderlichen Erkenntnissen über die landesinternen Entscheidungsabläufe bei der Umsetzung von Beschlüssen der TdL.
Da die Beschwerdeentscheidung auf all diese Fragen nicht eingeht, nach Maßgabe der divergierenden Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts hierauf auch nicht eingehen mußte, beruht sie jedenfalls nicht auf Ausführungen hierzu. Die abschließende Prüfung der nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse nicht eindeutig zu beantwortenden Frage, ob sie sich unter den aufgezeigten Gesichtspunkten möglicherweise doch als im Ergebnis zutreffend erweisen kann, muß daher dem Rechtsbeschwerdeverfahren vorbehalten bleiben.
Unterschriften
Niehues, Albers, Büge
Fundstellen