Tenor
Der Wiederaufnahmeantrag des früheren Beamten wird auf seine Kosten verworfen.
Tatbestand
I.
Dem früheren Beamten wurde durch Urteil des Bundesdisziplinargerichts, Kammer XIV – … –, vom 2. November 1994 wegen eines Dienstvergehens das Ruhegehalt aberkannt. Seine Berufung hiergegen wurde durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts – 1. Disziplinarsenat – vom 12. Juni 1997 rechtskräftig zurückgewiesen (BVerwG 1 D 10.95).
Mit einem am 10. März 2003 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz begehrt der frühere Beamte eine Wiederaufnahme seines Disziplinarverfahrens. Unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2003 (BVerfG 2 BvR 327/02, 328/02 und 1473/02) macht er geltend, in seinem Falle habe die Verfahrensdauer sieben Jahre und vier Monate betragen, weshalb nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf eine mildere Strafe oder auf eine Einstellung des Verfahrens habe erkannt werden müssen.
Der Bundesdisziplinaranwalt tritt dem Antrag entgegen und führt aus, eine Wiederaufnahme des Verfahrens sei unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 Ziff. 1 BDO, der gemäß § 85 Abs. 1 und 8 BDG Anwendung finde, nicht vorlägen. Hiernach sei eine Wiederaufnahme (nur) zulässig, wenn u.a. Tatsachen beigebracht würden, die erheblich und neu seien. Das sei hier nicht der Fall. Als Tatsache seien auch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, auf die Bezug genommen werde, anzusehen. Während die “Neuheit” des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Februar 2003 gemäß § 97 Abs. 3 Satz 2 BDO gegeben sei, mangele es jedoch an der “Erheblichkeit” für das zu beurteilende Verfahren nach § 97 Abs. 3 Satz 1 BDO, da die verfassungsgerichtliche Entscheidung nur den Fall einer staatlich verschuldeten erheblichen Verzögerung betreffe und diese auch bejahe. An einer derartigen Verzögerung fehle es im vorliegenden Fall.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist gemäß § 85 Abs. 8 BDG nach den Vorschriften der Bundesdisziplinarordnung zu beurteilen, da das Disziplinarverfahren vor In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes zum 1. Januar 2002 rechtskräftig abgeschlossen worden ist. Erst mit Ablauf des 31. Dezember 2003 gelten für alle Wiederaufnahmeverfahren die Normen des Bundesdisziplinargesetzes.
Der Antrag ist nach § 102 Abs. 1 BDO zu verwerfen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für seine Zulassung nicht gegeben sind. Die Wiederaufnahme eines Verfahrens ist gegenüber einer rechtskräftigen Entscheidung, in der auf Entfernung aus dem Dienst oder – wie hier – auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt worden ist, nur zulässig, wenn – was hier allein in Betracht kommt – Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, die erheblich und neu sind (§ 97 Abs. 2 Nr. 1 BDO). Die von dem Antragsteller zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist keine die Wiederaufnahme rechtfertigende Tatsache im Sinne der genannten Vorschrift.
Tatsachen im Wiederaufnahmerecht sind Vorgänge, Ereignisse, Umstände, Eigenschaften und Zusammenhänge, die objektiv erkennbar oder allgemeingültig sind und im Gegensatz zu Beurteilungen oder Bewertungen stehen (Bundesverwaltungsgericht, 2. Disziplinarsenat, Beschluss vom 4. Juni 1998 – BVerwG 2 DW 3.97 – Buchholz 235 § 97 BDO Nr. 2). Auf rechtliche Bewertungen und Rechtsauffassungen, die Gerichte in ihren Entscheidungen zum Ausdruck bringen, kann deshalb, ebenso wie auf eine Änderung der Rechtslage, ein Wiederaufnahmeantrag nicht gestützt werden (BVerwG a.a.O.). Da somit die Rechtsausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2003 zur Rechtfertigung des Wiederaufnahmebegehrens des früheren Beamten von vornherein ungeeignet sind, kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit sich diese Ausführungen, die ausschließlich die Rechtsfolgen der überlangen Dauer von Strafverfahren betreffen, überhaupt auf das Disziplinarverfahren übertragen lassen. Nach der Rechtsprechung des 1. Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts kann die lange Dauer des Disziplinarverfahrens lediglich bei Disziplinarmaßnahmen, die wie die Degradierung oder Gehaltskürzung eine Pflichtenmahnung bewirken sollen, zur Wahl einer milderen als der sonst zu verhängenden Maßnahme führen, nicht hingegen dann, wenn in Anbetracht der Schwere des Dienstvergehens die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder der Aberkennung des Ruhegehalts geboten ist (Urteil vom 24. Juni 1998 – BVerwG 1 D 23.97 – ZBR 1999, 135 = DÖD 1999, 203). Diese Auffassung hat der Gesetzgeber in dem neuen, am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Bundesdisziplinargesetz insofern bestätigt, als er in § 15 Abs. 2 und 3 dieses Gesetzes geregelt hat, dass Geldbuße, Gehaltskürzung und Kürzung des Ruhegehalts nach mehr als drei Jahren nach Vollendung des Dienstvergehens und eine Zurückstufung (Degradierung) nach mehr als sieben Jahren nicht mehr zulässig sind. Für die Verhängung der Höchstmaßnahmen der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts gibt es dagegen, wie schon nach dem Verfolgungsverbot in § 4 BDO, kein Maßnahmeverbot aufgrund eines Zeitablaufs.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 114 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 BDO.
Unterschriften
Bardenhewer, Dawin, Heeren
Fundstellen