Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 06.12.2007; Aktenzeichen 8 UE 727/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 € festgesetzt.
Tatbestand
1. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
aa) Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, “ob entsprechend der Auslegung des Hessischen Verwaltungsgerichts(hofs) unter ‘konsekutiven Studiengängen’ in § 2 Abs. 2 des nicht revisiblen (hessischen) Studienguthabengesetzes (StuGuG) nur Bachelor-/Masterstudiengänge sowie an der Gesamthochschule Kassel mögliche gestufte Diplomstudiengänge so zu verstehen sind oder ob der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG es gebietet, dass konsekutive Studiengänge i.S. von § 2 Abs. 2 StuGuG auch Fachhochschulstudium und anschließendes Universitäts-Diplom-Studium, die die gleiche Fachrichtung betreffen und fachlich aufbauen, umfassen”. Diese Frage zeigt keine ungelöste Problematik des Bundesrechts auf und kann daher nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung und Auslegung von Landesrecht eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung der – gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten – bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (s. Beschlüsse vom 9. März 1984 – BVerwG 7 B 238.81 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49, vom 15. Dezember 1989 – BVerwG 7 B 177.89 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277, vom 1. September 1992 – BVerwG 11 B 24.92 – Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171 und vom 11. Dezember 2003 – BVerwG 6 B 69.03 – Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 39). Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren wären in der Beschwerdebegründung darzulegen (vgl. Beschluss vom 19. Juli 1995 – BVerwG 6 NB 1.95 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104). Dem Erfordernis einer Darlegung dieser Voraussetzungen wird nicht schon dadurch genügt, dass die maßgebliche Norm als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen wird. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche verfassungsrechtlichen Normen verstoßen wird und ob sich bei der Auslegung dieser Normen alsdann Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich noch nicht aufgrund bisheriger oberstgerichtlicher Rechtsprechung – insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts – beantworten lassen. Daran fehlt es. Der beschließende Senat hat in dem Urteil vom 25. Juli 2001 – BVerwG 6 C 8.00 – (BVerwGE 115, 32, 36 ff. = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 158, S. 23 ff.) die grundsätzlichen bundesverfassungsrechtlichen Fragen zu Studiengebühren beantwortet. Danach kann es nicht zweifelhaft sein, dass grundsätzlich für ein nach Abschluss eines berufsqualifizierenden Studiums durchgeführtes Zweitstudium Studiengebühren erhoben werden dürfen. Ob ein (grundständiges) Zweitstudium oder ein in einem konsekutiven Studiengang durchgeführtes Studium vorliegt, ist in Auslegung und Anwendung der jeweiligen Studien- und Berufsordnungen zu ermitteln. Ungeklärte Fragen zur Auslegung der Art. 3 und 12 GG sind dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen. Der Kläger macht vielmehr lediglich geltend, bei verfassungsgemäßer, auf die bestehenden Gemeinsamkeiten zwischen dem Ausbildungsweg Bachelor-Studium mit anschließendem Master-Studium einerseits und dem Ausbildungsweg Fachhochschulstudium mit anschließendem Diplom-Studium andererseits hinreichend Bedacht nehmender Rechtsanwendung habe der Verwaltungsgerichtshof zu einem anderen Entscheidungsergebnis gelangen müssen.
bb) Der Kläger meint weiter, es müsse in einem Revisionsverfahren geklärt werden, “ob Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht eine verfassungskonforme Übergangsregelung dergestalt gebieten, dass für ein Aufbaustudium ein fiktives (gemeint: weil für ein vor Inkrafttreten des Studienguthabengesetzes abgeschlossenes Studium entstandenes) nicht verbrauchtes Studienguthaben in Anspruch genommen werden kann”. Auch diese Frage führt nicht auf ungeklärte Probleme des revisiblen Rechts.
Es ist anerkannt, dass der Gesetzgeber bei der Aufhebung oder Modifizierung geschützter Rechtspositionen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sein kann, eine angemessene Übergangsregelung zu treffen. Dabei steht ihm aber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er hat eine Abwägung zwischen der Schwere der Maßnahme und dem Gewicht und der Dringlichkeit ihrer Gründe zu treffen (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 10. April 1984 – 2 BvL 19/82 – BVerfGE 67, 1 ≪15≫). Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 25 ff.) hat der Normgeber in mehrfacher Hinsicht Übergangsregelungen getroffen. Der Fall des Klägers fällt nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs unter keine dieser Bestimmungen. Das liegt daran, dass er nach dem Abschluss eines Fachhochschulstudiums aufgrund seiner individuellen Lebensplanung noch ein Hochschulstudium aufgenommen hat. Der Gesetzgeber musste nicht dafür Vorsorge treffen, dass auch noch ein derartiges Zweitstudium von Studiengebühren freigestellt wird. Zum Erlass weitergehender Übergangs- und Härtefallregelungen war der Gesetzgeber auch in Anbetracht der regelmäßig tragbaren Höhe der finanziellen Belastung nicht verpflichtet. Denn es musste sich jedem Studierenden aufdrängen, dass einer zusätzlichen Inanspruchnahme von Lehrangeboten der Hochschule auf Kosten der Allgemeinheit ohne eigenen Beitrag jederzeit Grenzen gesetzt werden konnten (zum Ganzen Urteil des Senats vom 25. Juli 2001 – BVerwG 6 C 8.00 – a.a.O.).
b) Wegen eines Verfahrensmangels kann die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur zugelassen werden, wenn ein Mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in Bezug auf die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt.
aa) Der Kläger wirft dem Berufungsgericht vor, keine Sachaufklärung darüber durchgeführt zu haben, dass das Studium des Klägers (Fachhochschulstudium an der Fachhochschule Darmstadt und anschließendes Informatik-Diplom-Studium an der TU Darmstadt unter üblicher Anerkennung von erbrachten Fachhochschulleistungen) einem konsekutiven Studiengang im Sinne von § 2 Abs. 2 StuGuG in der vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof verstandenen Art (Bachelor-/Masterstudiengang bzw. DiplomI/II-Studiengang der Gesamthochschule Kassel) materiell nicht vergleichbar ist.
Diese Rüge geht fehl. Die Darlegung des Verfahrensmangels ungenügender Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) erfordert die substantiierte Erklärung, hinsichtlich welcher tatsächlicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, z.B. Beschluss vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265). Daran fehlt es. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof anwaltlich vertretene Kläger hat in der Tatsacheninstanz keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Er kann auch nicht aufzeigen, dass sich dem Berufungsgericht eine Aufklärung hierzu hätte aufdrängen müssen. Zum einen wäre die vom Kläger für entscheidungserheblich gehaltene materielle Vergleichbarkeit im Wesentlichen durch einen Vergleich der Studien- und Prüfungsanforderungen zu ermitteln gewesen, also durch Normenvergleich. Eine Sachverhaltsermittlung hätte allenfalls die Umsetzung der normativen Anforderungen in der praktischen Anwendung betreffen können. Zum anderen war es nach der im vorliegenden Zusammenhang allein maßgebenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht erheblich, ob eine materielle Vergleichbarkeit der angeführten Ausbildungswege besteht. Vielmehr kommt es danach darauf an, ob die beiden Studiengänge von ihrer Konzeption her aufgrund einer einheitlichen Studien- und Prüfungsordnung inhaltlich aufeinander aufbauen oder es sich um grundständige und unabhängig voneinander absolvierbare Studien ohne organisatorischen Bezug zueinander handelt (UA S. 26).
bb) Die Rüge, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers während des Verfahrens über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht (rechtzeitig) Akteneinsicht gewährt worden ist, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Sie betrifft einen Vorgang, der keine Bedeutung für die angefochtene Entscheidung haben konnte. Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sind solche, die den “Weg zum angefochtenen Urteil” oder die Art und Weise seines Erlasses betreffen.
Entscheidungsgründe
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Graulich
Fundstellen