Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 14.12.2006; Aktenzeichen 21 A 4945/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1 263 € festgesetzt.
Gründe
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Gewährung des vollen Familienzuschlags der Stufe 1 vom 1. Dezember 1998 bis zum 31. August 1999 und ab dem 1. Januar 2002. Er macht geltend, seine Ehefrau erhalte auf der Grundlage des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) den Ortszuschlag der Stufe 2 der Tarifklasse II, dessen Höhe um 1,65 € unter der Hälfte des Höchstbetrages der Stufe 1 des Familienzuschlags nach dem Bundesbesoldungsgesetz liege. Das Berufungsgericht hat die Kürzung des Familienzuschlags der Stufe 1 nach § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG bestätigt: Der Ehefrau des Klägers stünde der Ortszuschlag der Stufe 2 gemäß § 29 BAT zu. Dieser Ortszuschlag sei i.S.d. § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG Familienzuschlag. Die Mindestgrenze in § 40 Abs. 4 Satz 1 letzter Halbsatz BBesG gelte nicht für den Familienzuschlag der Stufe 1 sowie einer der folgenden Stufen, sondern nur für entsprechende Leistungen.
2. Keine der geltend gemachten Grundsatzrügen ist begründet. Denn grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie grundsätzliche, bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen aufwirft, deren im künftigen Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung der Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts zu dienen geeignet ist (Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫; stRspr).
a) Die Beschwerde scheitert nicht schon daran, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen ausgelaufenes Recht betreffen. Denn die Regelungen des Bundesangestelltentarifvertrags wurden nicht gekündigt, sondern durch den inzwischen gültigen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nur für die Bereiche abgelöst, die im Tarifvertrag zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ) geregelt sind. Die Regelung des § 29 BAT über die Gewährung eines Ortzuschlags wird weiter angewandt.
b) Die Frage, ob es sich bei dem gemäß § 29 BAT gewährten Ortszuschlag um einen “Familienzuschlag” gemäß § 40 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 BBesG oder um eine “entsprechende Leistung” im Sinne dieser Norm handelt, hat der beschließende Senat im Urteil vom 1. September 2005 – BVerwG 2 C 24.04 – (Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 33 S. 12 ≪14≫) bereits entschieden. Danach “entspricht” der den Angestellten des öffentlichen Dienstes gezahlte Ortszuschlag gemäß § 29 BAT nach Leistungszweck, Leistungsvoraussetzungen und Leistungsmodalitäten dem Familienzuschlag gemäß §§ 39, 40 BBesG. Dies folgt für sämtliche nach diesen Bestimmungen zu gewährenden familienbezogenen Leistungen daraus, dass sie – wie der tarifrechtliche Ortszuschlag – dasselbe sozialpolitische Ziel verfolgen, nämlich einen Ausgleich für familienbezogene finanzielle Belastungen zu schaffen. Zwar hatte der Senat in dem zitierten Urteil vom 1. September 2005 über finanzielle Belastungen zu befinden, die aus der Erziehung und Betreuung von Kindern herrührten, und nicht über den Familienzuschlag der Stufe 1, doch handelt es sich bei beiden familienbezogenen Gehaltsbestandteilen um vergleichbare Leistungen. Der Familienzuschlag der Stufe 1 knüpft ausdrücklich an den Familienstand an und besitzt – ebenso wie der Familienzuschlag der Stufe 2 – in erster Linie eine soziale, nämlich familienbezogene Ausgleichsfunktion (vgl. dazu Urteile vom 15. November 2001 – BVerwG 2 C 69.00 – Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 29 und vom 29. September 2005 – BVerwG 2 C 44.04 – BVerwGE 124, 227 ≪229≫ m.w.N.).
c) Die Frage, ob sich die in § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG formulierte Bedingung “in Höhe von mindestens der Hälfte des Höchstbetrages der Stufe 1 des Familienzuschlags” auf alle drei Tatbestandsmerkmale dieser Norm bezieht oder ob sie ausschließlich die 3. Alternative “entsprechende Leistung” betrifft, müsste in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Da der Ortszuschlag i.S.d. § 29 BAT nach dem bereits erwähnten Senatsurteil vom 1. September 2005 eine Leistung im Sinne der dritten Alternative ist, müsste nicht entschieden werden, ob auch die anderen beiden Alternativen an die Mindestbetragsregelung geknüpft sind.
d) Die Frage, ob die Kürzungsregelung des § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG auch dann eingreift, wenn der Ehegattenanteil, wie im Fall des Klägers, geringfügig weniger als die Hälfte des Höchstbetrages eines Familienzuschlages der Stufe 1 beträgt, kann ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens verneinend beantwortet werden. Die Antwort ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
e) Auch die weitere Frage des Klägers, worauf sich die “konjunktivistische” Form der Worte “stünde zu” in § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG beziehe, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. An dieser Beurteilung ändert auch der vom Kläger aufgeworfene Gesichtspunkt nichts, nach der Senatsrechtsprechung müsse gewährleistet sein, dass trotz der Kürzung der familienbezogenen Leistung bei einem Ehegattenteil beide Ehepartner zusammen jedoch mindestens 100 % der familienbezogenen Leistung erhalten müssten. Denn diese Rechtsprechung setzt voraus, dass beide teilzeitbeschäftigten Ehepartner insgesamt in dem zeitlichen Umfang eines Vollzeitbeschäftigten Dienst leisten (Urteil vom 29. September 2005 a.a.O.). Das ist im Fall des Klägers und seiner Ehefrau in dem entscheidungserheblichen Zeitraum nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) nicht der Fall.
f) Schließlich kann auch die letzte als vermeintlich rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig gestellte Frage, ob es mit Art. 3 und 6 GG vereinbar sei, “dass nur einseitig verbeamtete Ehepaare, deren verbleibender Partner im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, finanziell schlechter stehen als beidseits verbeamtete Ehepaare”, nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn auch diese Frage ist höchstrichterlich geklärt.
Danach kommt dem Gesetzgeber bei der Regelung der Beamtenbesoldung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 5 GG ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1958 – 1 BvR 1/52, 46/52 BVerfGE 8, 1 ≪22≫ und vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 – BVerwGE 81, 363 ≪375 f.≫; BVerwG, Urteile vom 13. November 1986 – BVerwG 2 A 2.85 – Buchholz 235 § 19a BBesG Nr. 2 m.w.N., vom 27. August 1992 – BVerwG 2 C 41.90 – Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 26 und vom 28. April 2005 – BVerwG 2 C 29.04 – Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 3), innerhalb dessen sehr unterschiedliche Gestaltungen rechtlich möglich und allein politisch zu verantworten sind. Der Gesetzgeber hat die Grenzen der ihm zustehenden weitgehenden Gestaltungsfreiheit mit der Folge einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG erst dann überschritten, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist; mit anderen Worten, wo ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt, es sich also um Regelungen handelt, die unter keinem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheinen, so dass die Unsachlichkeit der getroffenen Regelung evident ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39 ≪58≫ m.w.N.; BVerwG, u.a. Urteile vom 25. Februar 1988 – BVerwG 2 C 65.86 – Buchholz 240.1 BBesO Nr. 2 m.w.N. und vom 25. April 1996 – BVerwG 2 C 27.95 – BVerwGE 101, 116 ≪122≫). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. u.a. Urteile vom 22. März 1990 – BVerwG 2 C 11.89 – Buchholz 240 § 19a BBesG Nr. 10 m.w.N. und vom 25. April 1996 a.a.O. S. 123). Nach diesen Rechtssätzen lässt sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens feststellen, dass eine monatliche Differenz bei den ehegattenbezogenen Gehaltsbestandteilen von 1,65 € im Vergleich zu einem Ehepaar, von dem beide Ehepartner Beamte sind, keine sachlich evident unvertretbare Regelung darstellt.
Ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens kann auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung in der Anwendung der Kürzungsregelung des § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG durch den Beklagten auch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG gesehen werden. Diese Verfassungsbestimmung stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Sie untersagt es dem Staat, Ehe und Familie zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen; darüber hinaus umschreibt die Norm die Aufgabe des Staates, Ehe und Familie, soweit erforderlich, durch geeignete Maßnahmen zu fördern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1957 – 1 BvL 4/54 – BVerfGE 6, 55 ≪76≫). Daraus folgt aber nicht, dass der Staat jegliche finanzielle Belastung der Familie auszugleichen hat (BVerfG, Beschluss vom 18. März 1970 – 1 BvR 498/66 – BVerfGE 28, 104 ≪113≫; BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1982 – BVerwG 2 C 46.81 – BVerwGE 64, 333 ≪342≫). Vielmehr besitzt der Gesetzgeber bei Regelungen, die die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten konkretisieren, auch unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 – 2 BvF 3/88 – BVerfGE 83, 89 ≪100≫).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Kugele, Groepper, Thomsen
Fundstellen