Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 10.07.2007; Aktenzeichen 5 LC 41/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 620,88 € festgesetzt.
Gründe
Der Kläger, der seit dem 1. April 2003 Ruhestandsbeamter ist, begehrt von dem Beklagten die Gewährung des vollen Familienzuschlags der Stufe 1 seit dem 1. Januar 1999. Seine Ehefrau arbeitete in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 30. September 2005 als teilzeitbeschäftigte Krankenschwester mit 19,25 Wochenstunden bei einem Kreis- und Stadtkrankenhaus. Hierfür erhielt sie die Hälfte des für sie maßgeblichen Ortszuschlags der Tarifklasse II (48,74 €) auf der Grundlage des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT), dessen Höhe um 1,65 € unter der Hälfte des Höchstbetrages der Stufe 1 des Familienzuschlags nach dem Bundesbesoldungsgesetz liegt (50,39 €). Das Berufungsgericht hat die Kürzung des Familienzuschlags der Stufe 1 nach § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG bestätigt: Der Ehefrau des Klägers stünde der Ortszuschlag der Stufe 2 gemäß § 29 BAT zu. Dieser Ortszuschlag sei eine “entsprechende Leistung” i.S.d. § 40 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BBesG, die nicht unter den im Besoldungsrecht verwandten Begriff des “Familienzuschlags der Stufe 1” falle. Für die Annahme einer “entsprechenden Leistung” sei nicht erforderlich, dass sie in derselben Höhe wie der Familienzuschlag gewährt werde. Es genüge, dass der Ortszuschlag der Ehefrau in Höhe von mindestens der Hälfte des Höchstbetrages der Stufe 1 des Familienzuschlags “zustünde”, Kürzungen aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung seien außer Betracht zu lassen.
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerdeführer, diese Voraussetzungen darzulegen (Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫; stRspr). Hieran fehlt es. Die vom Kläger aufgeworfene Frage lässt sich anhand der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Wortlauts des Gesetzes hinreichend sicher beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Die Beschwerde benennt als klärungsbedürftig die Frage,
ob der in § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG verwendete Begriff “stünde zu”, soweit er sich auf die letzte Alternative bezieht, so zu interpretieren ist, dass bei der Ermittlung der fiktiven “entsprechenden Leistung” lediglich die Kürzungsvorschrift des § 29 Abs. 5 BAT (bzw. vergleichbarer Vorschriften) auszublenden ist, nicht jedoch Bestimmungen, die zu einer Kürzung aufgrund einer Teilzeitbeschäftigung führen.
Die Beschwerde scheitert nicht schon daran, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen ausgelaufenes Recht betreffen. Denn die Regelungen des Bundesangestelltentarifvertrags wurden nicht gekündigt, sondern durch den inzwischen gültigen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nur für die Bereiche abgelöst, die im Tarifvertrag zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ) geregelt sind. Die Regelung des § 29 BAT über die Gewährung eines Ortzuschlags wird weiter angewandt (Beschluss vom 18. September 2007 – BVerwG 2 B 27.07 –).
Nach dem Urteil des beschließenden Senats vom 1. September 2005 – BVerwG 2 C 24.04 – (Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 33 S. 12 ≪14≫) “entspricht” der den Angestellten des öffentlichen Dienstes gezahlte Ortszuschlag gemäß § 29 BAT nach Leistungszweck, Leistungsvoraussetzungen und Leistungsmodalitäten dem Familienzuschlag gemäß §§ 39, 40 BBesG. Dies folgt für sämtliche nach diesen Bestimmungen zu gewährenden familienbezogenen Leistungen daraus, dass sie – wie der tarifrechtliche Ortszuschlag – dasselbe sozialpolitische Ziel verfolgen, nämlich einen Ausgleich für familienbezogene finanzielle Belastungen zu schaffen. Zwar hatte der Senat in dem zitierten Urteil vom 1. September 2005 über finanzielle Belastungen zu befinden, die aus der Erziehung und Betreuung von Kindern herrührten, und nicht über den Familienzuschlag der Stufe 1, doch handelt es sich bei beiden familienbezogenen Gehaltsbestandteilen um vergleichbare Leistungen. Der Familienzuschlag der Stufe 1 knüpft ausdrücklich an den Familienstand an und besitzt – ebenso wie der Familienzuschlag der Stufe 2 – in erster Linie eine soziale, nämlich familienbezogene Ausgleichsfunktion (vgl. dazu Urteile vom 15. November 2001 – BVerwG 2 C 69.00 – Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 29 und vom 29. September 2005 – BVerwG 2 C 44.04 – BVerwGE 124, 227 ≪229≫ m.w.N. sowie Beschluss vom 18. September 2007 – BVerwG 2 B 27.07 –).
Hiervon ausgehend beantwortet sich die Frage, ob die Kürzungsregelung des § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG auch dann eingreift, wenn der Ehegattenanteil, wie im Fall des Klägers, geringfügig weniger als die Hälfte des Höchstbetrages eines Familienzuschlags der Stufe 1 beträgt, ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens unmittelbar aus dem Gesetz. Da der den Angestellten des öffentlichen Dienstes gezahlte Ortszuschlag gemäß § 29 BAT eine “entsprechende Leistung” ist, gilt hierfür, dass er den genannten Mindestbetrag erreichen muss (Beschluss vom 18. September 2007 – BVerwG 2 B 27.07 –).
Aus den Worten “stünde zu” in § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG folgt außerdem, dass auch bei teilzeitbeschäftigten Ehegatten abzustellen ist auf den Betrag des familienbezogenen Vergütungsbestandteils, der dem Ehegatten ohne die aufgrund der Teilzeitbeschäftigung oder anderer Konkurrenzregelungen erfolgten Kürzungen dieses Gehaltsbestandteils zustünde. Hierfür spricht der Umstand, dass auch der Familienzuschlag der Stufe 1 eine leistungsbezogene Komponente enthält (Urteil vom 29. September 2005 a.a.O. S. 229 f.). Bei einem anderen Verständnis des Wortlauts im Sinne des Klägers würde in den Fällen, in denen aufgrund der leistungsbezogenen Komponente ein Ehegatte lediglich einen ehegattenbezogenen Vergütungsanteil unter der Hälfte des Höchstbetrages des Familienzuschlags der Stufe 1 erhält, der andere Ehegatte daneben den ungekürzten Familienzuschlag der Stufe 1 erhalten. Dies widerspricht offenkundig dem Sinn und Zweck der Konkurrenzregelung, wie er in § 40 Abs. 4 BBesG zum Ausdruck gekommen ist. Der ehegattenbezogene Besoldungs- bzw. Vergütungsanteil soll Ehegatten, die beide im öffentlichen Dienst sind, insgesamt nur einmal gewährt werden, und zwar dergestalt, dass beide jeweils die Hälfte des für den jeweiligen Ehegatten maßgeblichen Familienzuschlags erhalten. Zusätzlich hat der Gesetzgeber in § 40 Abs. 4 Satz 2 BBesG vorgesehen, dass § 6 BBesG auf den jeweiligen Betrag keine Anwendung findet, wenn einer der Ehegatten vollbeschäftigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen versorgungsberechtigt ist oder beide Ehegatten mit jeweils mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt sind. Dies bewirkt, dass die Teilzeitbeschäftigung des Ehegatten über die hälftige Kürzung des den Ehegatten jeweils zustehenden ehegattenbezogenen Besoldungsbestandteils infolge der Konkurrenzregelung nicht zu einer weiteren Kürzung dieses Bestandteils führt. Hierdurch hat der Gesetzgeber für den Bereich des Besoldungsrechts klar zum Ausdruck gebracht, dass die leistungsbezogene Komponente des Familienzuschlags – nämlich die Teilzeitbeschäftigung – bei der Berechnung des Familienzuschlags zurückzustehen hat. Dementsprechend hat der Senat bereits im Urteil vom 29. September 2005 (a.a.O. S. 228) entschieden, dass Besoldungsempfänger, die miteinander verheiratet sind, danach nicht mehr als jeweils die Hälfte des für sie maßgebenden ehegattenbezogenen Bestandteils des Familienzuschlags erhalten können. Diese Kappungsgrenze darf nicht überschritten werden, da der Familienzuschlag den Ehegatten nicht mehrfach und insgesamt nicht höher als in dem gesetzlich bestimmten Umfang gezahlt wird.
Der Kläger verweist ferner auf Urteile des Bundesarbeitsgerichts. Dieses vertritt in den Urteilen vom 6. August 1998 – 6 AZR 166/97 – und vom 13. Dezember 2001 – 6 AZR 712/00 – zu § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT die Auffassung, dass in den Fällen, in denen der dem Ehegatten des Angestellten gewährte ehegattenbezogene Anteil im Orts- bzw. Familienzuschlag aufgrund Teilzeitbeschäftigung nicht mindestens die Hälfte des dort genannten Betrages erreicht, eine Kürzung nicht zulässig ist, da beide Ehegatten zusammen mindestens einen vollen Verheiratetenzuschlag erhalten sollen.
Auch dieses Vorbringen führt nicht zur Zulassung der Revision. Zwar kann eine den Zulassungsgrund der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht erfüllende Abweichung von der Rechtsprechung eines anderen obersten Bundesgerichts die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigen (Beschlüsse vom 11. Mai 1966 – BVerwG 8 B 109.64 – BVerwGE 24, 91 ≪f.≫, und vom 22. Juni 1984 – BVerwG 8 B 121.83 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 225). Dies setzt aber voraus, dass sich die Entscheidung des anderen oberen Bundesgerichts auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht. Eine bloße Gleichartigkeit der Rechtsfrage in verschiedenen Gesetzen bei im Wesentlichen gleichem Wortlaut der in Frage stehenden Bestimmungen genügt nicht (vgl. zum Zulassungsgrund der Divergenz: Beschluss vom 10. April 1963 – BVerwG 8 B 16.62 – BVerwGE 16, 53, stRspr.).
Auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RsprEinhG für die Einleitung eines Vorlegungsverfahrens gemäß §§ 11 ff. RsprEinhG sind nicht gegeben. Die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 6. August 1998 – 6 AZR 166/97 – und vom 13. Dezember 2001 – 6 AZR 712/00 – beruhen nicht auf der unterschiedlichen Beantwortung einer identischen Rechtsfrage im Sinne von § 2 Abs. 1 RsprEinhG. Nach dieser Vorschrift muss sich die Rechtsfrage auf der Grundlage von Vorschriften stellen, die in ihrem Regelungsgehalt gänzlich übereinstimmen und nach denselben Prinzipien auszulegen sind (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 6. Februar 1973 – GmS-OGB 1/72 – BVerwGE 41, 363 ≪365≫ und vom 12. März 1987 – GmS-OGB 6/86 – BVerwGE 77, 370 ≪373≫). Daran fehlt es hier, weil zwei Vorschriften zu betrachten sind, nämlich eine aus dem Tarifrecht und eine aus dem Bundesbesoldungsgesetz, die zwar einen ähnlichen Wortlaut haben mögen, aber einerseits in § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT für Angestellte und andererseits in § 40 Abs. 4 BBesG für Beamte selbständige materiellrechtliche Regelungen enthalten. Auch das Bundesarbeitsgericht betont im Urteil vom 6. August 1998 – 6 AZR 166/97 –, dass es sich um eine eigenständige Tarifregelung in § 29 BAT handelt. Das Bundesarbeitsgericht hat zudem in dem Urteil vom 27. April 2006 – 6 AZR 437/05 –, auf das der Kläger ebenfalls Bezug nimmt, klarstellend ausgeführt, dass § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT für die Anwendung der Kürzungsregelung genügen lässt, dass dem Ehegatten ein Ortszuschlag der Stufe 2 in der sich aus der Anlage zum jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag ergebenden Höhe zustünde. Dies kann, so das Bundesarbeitsgericht weiter, dazu führen, dass die Summe aus zwei hälftigen Anteilen nicht mehr den Betrag erreicht, der dem Ehegattenanteil einer Person entspricht, deren Ehegatte keinen Ortszuschlag erhält.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Herbert, Thomsen, Dr. Burmeister
Fundstellen