Nachgehend
Gründe
Rz. 1
Der Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht K. wegen Besorgnis der Befangenheit, über den gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne die Mitwirkung des abgelehnten Richters zu entscheiden ist, hat keinen Erfolg. Dabei lässt es der Senat dahinstehen, ob das Ablehnungsgesuch dem sogenannten Anwaltszwang nach § 67 Abs. 4 VwGO unterliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2012 - 8 B 58.12 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 74 Rn. 11 f.).
Rz. 2
1. Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit verlangt dagegen nicht, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Allein die subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2003 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 108, 122 ≪126≫).
Rz. 3
2. Bei Anwendung dieses Maßstabs ist die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht K. nicht begründet.
Rz. 4
Der Antragsteller bringt vor, das Hinweisschreiben des Richters vom 13. Februar 2019 zeige eine Vorfestlegung auf eine vermeintliche Unzulässigkeit seines Rechtsschutzbegehrens, die keine unbefangene Entscheidung mehr erwarten lasse. Der Richter mache sich ohne nähere Befassung mit dem klägerischen Vorbringen die dem Gesetz eindeutig widersprechende Rechtsauffassung des Bundestages zu § 40 VwGO und § 49 des Bundeswahlgesetzes zu Eigen und ergreife damit unzulässig Partei. Er solidarisiere sich mit dem Klagegegner. Dies solle den Kläger offenkundig demotivieren und so eine Entscheidung durch das Gericht verhindern. Mit dieser fragwürdigen Begründung habe der Richter auch eine Eintragung ins Prozessregister unterlassen. Diese Indizien rechtfertigten in der Zusammenschau erhebliche Zweifel an der Unbefangenheit des Richters. Die dienstliche Stellungnahme des Richters vom 25. Februar 2019 spreche für sich.
Rz. 5
Das richterliche Hinweisschreiben vom 13. Februar 2019 verneint das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Verfahren nach § 53 VwGO und begründet dies mit dem Umstand, dass eine örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Berlin gemäß § 52 Nr. 5 VwGO bestehen dürfte. Gleichzeitig tritt es dem Argument des Antragstellers, § 52 VwGO dürfe aus verfassungs- und völkerrechtlichen Gründen nicht angewandt werden, mit dem Argument entgegen, für diese Erwägungen sei im Rahmen des vom Antragsteller angestrebten Verfahrens kein Raum. Die Ausführungen zur Frage der Rechtswegeröffnung zu den Verwaltungsgerichten erläutern ergänzend, dass diese Prüfung erst im Nachgang zur Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit erfolgen kann. Die in der Wortwahl unmissverständlichen, aber durchwegs mit sachlichen Argumenten unterlegten Ausführungen zur Rechtslage lassen den Schluss zu, dass der abgelehnte Richter das Begehren des Antragstellers auf Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 53 VwGO für unzulässig erachtet, weil diese Vorschrift auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Sie sind aber nicht geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu wecken. Solche Hinweise, in denen der Richter eine bestimmte Rechtsauffassung äußert, gehören zu den richterlichen Aufgaben. Sie sollen den Beteiligten Gelegenheit geben, sich bei ihrer Prozessführung auf diese Auffassung einzustellen und gegebenenfalls durch Gegenargumente auf eine Änderung hinzuwirken. Daher rechtfertigt die Mitteilung einer Rechtsauffassung als solche in der Regel keine Besorgnis der Befangenheit (BVerwG, Beschluss vom 8. September 2010 - 8 B 54.10 - juris Rn. 4; Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 54 Rn. 72). Die Sorge des Antragstellers, der Richter habe sich durch seine schriftlich geäußerte Rechtsmeinung für die nachfolgende Entscheidung bereits abschließend festgelegt, ist bei vernünftiger Würdigung nicht berechtigt. Das geltende Verfahrensrecht ist von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter grundsätzlich auch dann unvoreingenommen an die Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er sich schon früher über denselben Sachverhalt ein Urteil gebildet hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Juli 2001 - 1 BvR 730/01 - NJW 2001, 3533).
Rz. 6
Dagegen lässt das Schreiben des Richters die vom Antragsteller vermutete Absicht, ihn zu entmutigen und eine Entscheidung zu verhindern, bei vernünftiger Würdigung der in Wortwahl und Gedankenführung sachlichen Hinweise zur Rechtslage nicht erkennen. Auch die zunächst unterlassene Eintragung in das Prozessregister lässt den Schluss auf eine solche Intention nicht zu. Es entspricht vielmehr der im Senat geübten Praxis, insbesondere anwaltlich nicht vertretene Antragsteller nach Möglichkeit umgehend auf denkbare Zulässigkeitshürden hinzuweisen und gegebenenfalls vorläufig von einer Eintragung ins Prozessregister abzusehen. Dies geschieht nicht zuletzt im Interesse der Betroffenen, soweit damit Kosten vermieden werden können.
Fundstellen
Dokument-Index HI13366774 |