Tenor
Der Antrag, den Senatsbeschluß vom 1. September 1999 – BVerwG 4 VR 21.98 – zu ändern und die aufschiebende Wirkung der von den Antragstellerinnen gegen den Planfeststellungsbeschluß des Regierungspräsidiums Leipzig vom 2. Oktober 1998 erhobenen Klage anzuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Dahinstehen kann, ob der auf § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO gestützte Antrag, den Senatsbeschluß vom 1. September 1999 – BVerwG 4 VR 21.98 – wegen veränderter Umstände zu ändern und die aufschiebende Wirkung der von den Antragstellerinnen gegen den Planfeststellungsbeschluß des Regierungspräsidiums Leipzig vom 2. Oktober 1998 erhobenen Klage anzuordnen, zulässig ist. Der Senat geht davon aus, daß in dem Antrag die Anregung enthalten ist, eine Entscheidung nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO zu treffen. Er macht von der Überprüfungsmöglichkeit, die ihm diese Vorschrift bietet, Gebrauch.
Es besteht indes kein Anlaß, den Beschluß vom 1. September 1999 zu ändern. Die von den Antragstellerinnen vorgetragenen Tatsachen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Das Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses überwiegt weiterhin das Interesse der Antragstellerinnen, bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens vor Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben.
Der Senat ist im Beschluß vom 1. September 1999 davon ausgegangen, daß sich der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägungsentscheidung die Querung der Gleisanlagen im Zuge der B 6 neu mit Hilfe einer Unterführung u.a. deshalb nicht als Alternative zur Erstellung eines Brückenbauwerks aufdrängen mußte, weil diese Lösung keine Kostenvorteile bietet. Dieser Entscheidung wird nicht dadurch der Boden entzogen, daß das Regierungspräsidium Leipzig entgegen der Annahme des Senats im Zeitpunkt der Planfeststellung von dem Angebot der Bietergemeinschaft Wolff und Müller/Oevermann unterrichtet war, die Querung der Bahnanlagen nicht mit einem Brücken-, sondern mit einem knapp 3 Millionen DM billigeren Unterführungsbauwerk bewerkstelligen zu können. Die Antragstellerinnen machen nicht geltend, daß der angefochtene Planfeststellungsbeschluß in diesem Punkt an einem Abwägungsdefizit leidet. Sie weisen selbst darauf hin, daß das Regierungspräsidium den Sondervorschlag der Bietergemeinschaft zur Kenntnis genommen hat (PFB S. 55). Sie bemängeln lediglich, daß die Planfeststellungsbehörde aus diesem Umstand nicht die rechtlichen Schlüsse gezogen hat, die sie für geboten halten. Das Regierungspräsidium durfte sich indes, ohne gegen das Abwägungsgebot zu verstoßen, trotz des Angebots der Bietergemeinschaft für die Variante des Brückenbauwerks entscheiden. Es brauchte den Sondervorschlag nicht als Hinweis darauf zu werten, daß sich eine Unterführung bei objektiver Würdigung kostengünstiger als eine Überführung herstellen läßt.
Im Planfeststellungsverfahren wurden im Rahmen einer Machbarkeitsstudie detaillierte Kostenberechnungen angestellt. Dabei wurde ermittelt, welche Baumaßnahmen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und der technischen Erfordernisse im einzelnen bei einer Überführung einerseits und einer Unterführung andererseits durchzuführen wären und welcher Kostenaufwand hierfür jeweils erforderlich wäre. Dabei kam der Planungsträger zu dem Ergebnis, daß die von den Antragstellerinnen und anderen Betroffenen befürwortete Unterführung erheblich teurer käme als die im Zuge des Planvorhabens vorgesehene Brücke. Diese Kosten- gegenüberstellung wurde freilich von verschiedener Seite mit dem Argument in Zweifel gezogen, der Bau einer Unterführung lasse sich durchaus auch unter Einsatz geringerer finanzieller Mittel bewerkstelligen, da es aufgrund der Untergrundverhältnisse nicht unabdingbar erscheine, ein 200 m langes wasserdichtes, auftriebssicheres, geschlossenes Rahmenbauwerk sowie zwei Anschlußtröge herzustellen; ein teils geschlossener, teils offener Trog und geböschte Einschnitte im Anschluß hieran reichten ggf. aus, um den Bedenken des Vorhabenträgers Rechnung zu tragen. In zwei gutachtlichen Äußerungen vom 21. und vom 23. Juli 1998 wurde dargelegt, daß eine Unterführung jedenfalls dann nicht teurer als das vorgesehene Brückenbauwerk ausfallen müsse, wenn sich herausstellen sollte, daß es mit einer technisch weniger anspruchsvollen Tunnellösung sein Bewenden haben könne. Dem trat der Planungsträger entschieden mit der Bemerkung entgegen, das Schichtenwasser, das in den Schmelzwassersänden im Bereich der Gleisquerung anstehe, verbiete es, auf die in der Machbarkeitsstudie aufgeführten Sicherheitsvorkehrungen zu verzichten. Anhand dieser Unterlagen durfte die Planfeststellungsbehörde davon ausgehen, daß sich eine Unterführung selbst dann nicht kostengünstiger als ein Brückenbauwerk herstellen läßt, wenn ihre Ausführung hinter den Anforderungen zurückbleibt, die der Planungsträger aus technischen Gründen für unverzichtbar hält.
Dieses Ergebnis wurde durch den Sondervorschlag der Bietergemeinschaft Wolff und Müller/Oevermann nicht in Frage gestellt. Das Angebot enthält keine Aufschlüsselung nach einzelnen Kostenpositionen. Es beschränkt sich auf eine funktionale Leistungsbeschreibung unter Nennung eines Pauschalpreises. In ihm wird die Bereitschaft bekundet, die erforderlichen Leistungen gegen Zahlung der angegebenen Gesamtvergütung zu erbringen, unabhängig davon, wie hoch die Kosten für die Einzelleistungen sein mögen. Die Bietergemeinschaft gibt zu erkennen, daß sie im Falle eines Zuschlages eine Unterführung, die den technischen Anforderungen entspricht, für einen Preis herstellen würde, der knapp 3 Millionen DM unter dem Betrag liegt, für den sie eine Überführung bauen würde. Diese Preisdifferenz nötigte nicht zu den Folgerungen, denen die Antragstellerinnen das Wort reden. Das Regierungspräsidium brauchte sie nicht als allgemeinen Beleg dafür anzusehen, daß auch eine technisch einwandfreie Unterführung geringere Kosten als eine Überführung verursacht. Im Sondervorschlag werden die Kalkulationsgrundlagen nicht offengelegt. Ein Leistungsverzeichnis fehlt. Wie sich die Angebotssumme von 18 734 893,20 DM zusammensetzt, läßt sich nicht anhand von objektivierbaren Daten, die einen Einzelvergleich zulassen, nachvollziehen. Der Vorschlag gibt allenfalls Aufschluß darüber, daß die Bietergemeinschaft nach ihrer eigenen Einschätzung auch einen Preis, der hinter ihrem Angebot für die Brückenvariante, aus welchen von ihr nicht dargelegten geschäftlichen Interessen immer, um knapp 3 Millionen DM zurückbleibt, als lukrativ genug einschätzt, um „auf ihre Kosten zu kommen”. Allgemeine Folgerungen können aus ihren Preisangaben nicht gezogen werden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß sich in ihrem individuellen Preisgebaren das Verhältnis zuverlässig widerspiegelt, in dem die Kosten für den Bau einer Über- oder einer Unterführung bei Anlegung objektiver Maßstäbe zueinander stehen.
Ließ sich der Sondervorschlag der Bietergemeinschaft nicht als handfestes Indiz dafür werten, daß der Bau einer Unterführung trotz der im Planfeststellungsverfahren laut gewordenen Zweifel kostengünstiger als die Errichtung eines Brückenbauwerks verwirklicht werden kann, so hätte das Regierungspräsidium Leipzig ihn nur dann zum Anlaß für weitere Ermittlungen nehmen müssen, wenn er ungeachtet der Gründe, die aus der Sicht des Planungsträgers eine Überführung als vorzugswürdige Variante erscheinen lassen, geeignet gewesen wäre, gleichwohl die Voraussetzungen für die billigste Lösung des Querungsproblems zu schaffen. Aber auch unter diesem Blickwinkel bot er keine neuen Erkenntnisse. Dem Regierungspräsidium lag die Stellungnahme des Straßenbauamts Leipzig vom 25. September 1998 vor, der zu entnehmen war, daß der Sondervorschlag für eine Tunnellösung knapp 1,5 Millionen DM über der Brückenvariante des Unternehmens lag, daß im Vergabeverfahren mit 17 255 670,50 DM von der Straßenbauverwaltung den Zuschlag erhalten hatte. Fiel der unmittelbare Kostenvergleich zwischen den verschiedenen Angeboten zum Nachteil der Bietergemeinschaft aus, so durfte die Planfeststellungsbehörde dies als Bestätigung dafür werten, daß eine Brückenkonstruktion mit geringerem Kostenaufwand möglich ist als der Bau einer Unterführung.
Unterschriften
Berkemann, Lemmel, Halama
Fundstellen