Leitsatz (amtlich)
Eine bergrechtliche Bewilligung kann nach dem Ablauf der Frist des § 16 Abs. 5 Satz 1 BBergG auch dann nicht verlängert werden, wenn der Verlängerungsantrag vor diesem Zeitpunkt gestellt wurde.
Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 18.07.2018; Aktenzeichen 2 L 96/16) |
VG Magdeburg (Entscheidung vom 15.08.2016; Aktenzeichen 10 A 4/16 MD) |
Gründe
I
Rz. 1
Die Klägerin begehrt die Verlängerung einer bis zum 31. Dezember 2011 befristeten, einem anderen Unternehmen erteilten bergrechtlichen Bewilligung sowie die Verpflichtung des Beklagten, der durch Kauf erfolgten Übertragung der Bewilligung auf sie zuzustimmen. Die Bewilligung ist im Jahr 1998 auf die Klägerin übertragen worden. Eine Zustimmung durch das zuständige Bergamt ist bislang nicht erfolgt. Im Dezember 2011 legte die Klägerin einen Antrag auf Zulassung des Hauptbetriebsplans für den Zeitraum 2012 bis 2013 vor und beantragte die streitgegenständliche Verlängerung der Bewilligung. Diese wurde vom Beklagten mit der Begründung versagt, dass bis zum Ablauf der Befristung keine Gewinnungsarbeiten durchgeführt worden seien. Das Feld sei unverritzt. Klage und Berufung hiergegen blieben erfolglos.
Rz. 2
Nach der Begründung des Oberverwaltungsgerichts steht der Verlängerung der Bewilligung entgegen, dass es an einem Verlängerungsantrag des Bewilligungsinhabers fehle und die Klägerin selbst nicht zur Antragstellung befugt sei. Der Beklagte könne der Übertragung auf die Klägerin auch nicht zustimmen, weil ein Versagungsgrund nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BBergG vorliege. Die Verlängerung der Bewilligung komme auch deswegen nicht in Betracht, weil mit der Gewinnung der darin bezeichneten Bodenschätze nicht vor Ablauf ihrer Geltungsdauer begonnen worden sei. Zu Recht habe der Beklagte angenommen, dass es einer Verlängerung der Bewilligung entgegenstehe, wenn diese gemäß § 18 Abs. 3 BBergG sofort zu widerrufen wäre.
II
Rz. 3
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob einer der geltend gemachten Zulassungsgründe gegeben ist. Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil das Urteil des Oberverwaltungsgerichts sich jedenfalls aus anderen Gründen als richtig erweist. Die durch § 144 Abs. 4 VwGO für die zugelassene Revision vorgesehene Möglichkeit der Zurückweisung des Rechtsmittels bei Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung findet entsprechende Anwendung im gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerdeverfahren. Nach dieser Vorschrift soll ein Verfahren nicht wegen eines Fehlers fortgeführt werden, der für das endgültige Ergebnis ohne Bedeutung bleiben wird (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Oktober 1979 - 4 CB 73.79 - Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 34 S. 4 und vom 21. August 1998 - 8 B 115.98 - NVwZ 1999, 191).
Rz. 4
Die Bewilligung kann nicht gemäß § 16 Abs. 5 BBergG verlängert werden, weil sie mit Ablauf des 31. Dezember 2011 erloschen ist. Gemäß § 6 Satz 1 BBergG bedarf die von der Klägerin angestrebte Gewinnung bergfreier Bodenschätze der Bewilligung. Diese wird gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBergG schriftlich für ein bestimmtes Feld und für bestimmte Bodenschätze sowie gemäß § 16 Abs. 5 Satz 1 BBergG für eine der Durchführung der Gewinnung im Einzelfalle angemessene Frist erteilt. Erst durch diese Einzelfallregelung und nur in dem hierin in sächlicher und zeitlicher Hinsicht beschriebenen Rahmen entsteht das Gewinnungsrecht. Die sich aus der zeitlichen Begrenzung ergebende Geltungsdauer stellt keine Befristung im Sinne einer Nebenbestimmung dar, sondern sie beschreibt den wesentlichen Inhalt des Verwaltungsakts (Vitzthum/Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, Bundesberggesetz, 2. Aufl. 2013, § 16 Rn. 15; vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 36 Rn. 54). Mit dem Ablauf der Geltungsdauer erlischt das Gewinnungsrecht, es sei denn, dass es zuvor im Sinne des § 16 Abs. 5 Satz 3 BBergG verlängert worden ist. Dies ist hier nicht der Fall.
Rz. 5
Das Gewinnungsrecht kann trotz der Antragstellung durch die Klägerin wenige Tage vor Ablauf der Geltungsdauer nicht rückwirkend verlängert werden. Insbesondere ist § 31 Abs. 7 VwVfG nicht anwendbar, nach dem von einer Behörde gesetzte Fristen grundsätzlich auch rückwirkend verlängert werden können. Zwar erklärt § 5 BBergG das Verwaltungsverfahrensgesetz bei der Ausführung des Bundesberggesetzes für anwendbar; bei der durch § 16 BBergG bestimmten Geltungsdauer handelt es sich jedoch nicht um eine von einer Behörde gesetzte Frist im Sinne des § 31 Abs. 7 VwVfG, sondern um eine gesetzliche Frist (vgl. VG Leipzig, Urteil vom 19. Mai 2010 - 1 K 191/08 - ZfB 2011, 75 ≪80≫). Ohne Bedeutung ist es insoweit, dass das Gesetz nicht selbst eine bestimmte Fristlänge bestimmt. Es genügt, dass es der Behörde durch die Vorgabe, eine für die Durchführung der Gewinnung im Einzelfalle angemessene Frist zu bestimmen, konkrete Vorgaben macht, ohne ihr insoweit Ermessen einzuräumen (Kühne, in: Boldt/Weller/Kühne/von Mäßenhausen, BBergG, 2. Aufl. 2016, § 16 Rn. 43). Eine starre Frist verbietet sich in diesem Zusammenhang schon deshalb, weil die tatsächlichen Verhältnisse der vom Gesetz erfassten Felder und Bodenschätze sich stark unterscheiden können. Die Angemessenheit der Frist ist deswegen - gerade auch im Hinblick auf die Zielsetzung des Bundesberggesetzes, zur Sicherung der Rohstoffversorgung u.a. die Gewinnung von Bodenschätzen zu fördern (§ 1 Nr. 1 BBergG) - von den Gegebenheiten des Einzelfalls abhängig. Sie bestimmt sich aber nach den Vorgaben des Gesetzes.
Rz. 6
Handelt es sich demnach bei der in § 16 Abs. 5 Satz 1 BBergG geregelten Geltungsdauer um eine materiell-rechtliche Frist, so ist sie für Behörden und Beteiligte verbindlich; ihr Ablauf wirkt rechtsvernichtend, es sei denn, dass das Fachrecht eine abweichende Regelung vorhält (vgl. Kallerhoff/Stamm, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 31 Rn. 8, 12, 45). Eine solche Möglichkeit sieht das hier einschlägige Bundesberggesetz nicht vor.
Rz. 7
Insbesondere besteht ein wesentlicher Unterschied zu dem vom Senat in seinem Urteil vom 25. August 2005 in Bezug genommenen § 18 Abs. 3 BImSchG - 7 C 25.04 - (BVerwGE 124, 156 ≪162≫), der auch die rückwirkende Verlängerung der Frist nach Absatz 1 dieser Vorschrift ermöglicht, solange ein entsprechender Antrag vor Fristablauf gestellt worden ist. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung über den in § 18 Abs. 1 BImSchG genannten Erlöschenszeitpunkt hinaus verlängern. Gemäß § 18 Abs. 1 BImSchG erlischt eine solche Genehmigung, wenn nicht innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde gesetzten angemessenen Frist mit der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage begonnen (Nr. 1) oder wenn eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden ist (Nr. 2). Bei dem Tatbestand der Nr. 1 handelt es sich um eine behördlich gesetzte Frist, die von der gesetzlichen Frist zu unterscheiden ist (s.o., Rn. 5 f.). Der Tatbestand der Nr. 2 zielt darauf, zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft zu verhindern, dass mit der Wiederinbetriebnahme nach mehr als drei Jahren zu einem Zeitpunkt begonnen wird, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse, die der Genehmigung zugrunde lagen, möglicherweise wesentlich verändert haben (BT-Drs. 7/179 S. 37, zu § 17 BImSchG-Entw.). Er sanktioniert damit ein Untätigbleiben des Anlagenbetreibers. Die Vorschrift enthält zwar eine gesetzliche Frist. Diese bezieht sich jedoch auf Genehmigungen, die dem Grunde nach ohne zeitliche Grenze gelten. Nur in diesem Zusammenhang besteht die § 49 GewO nachempfundene (BT-Drs. 7/179 S. 37) Verlängerungsmöglichkeit. Sie bezieht sich nicht auf von vornherein befristete Bewilligungen (Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand März 2019, § 49 Rn. 12). Im Gegensatz zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und zur gewerberechtlichen Erlaubnis besteht die bergrechtliche Bewilligung von vornherein nur für einen näher bestimmten, begrenzten Zeitraum. Die einmal erloschene Bewilligung ist nicht wieder herzustellen.
Rz. 8
Diese gesetzliche Regelung führt auch nicht deswegen zu unzumutbaren Ergebnissen, weil das Erlöschen der Bewilligung bei rechtzeitiger Stellung eines Verlängerungsantrags von der Geschwindigkeit der Bearbeitung durch die Behörde abhängt. Bei bergrechtlichen Bewilligungen handelt es sich um langfristige Vorgänge, die regelmäßig einen Zeitraum von mehreren Jahren umfassen. Schon von daher ist es dem Inhaber einer Bewilligung regelmäßig möglich, rechtzeitig einen Verlängerungsantrag zu stellen. Deswegen ist es auch ohne Belang, dass die hier betroffenen Bodenschätze nicht im Katalog der bergfreien Bodenschätze des § 3 Abs. 3 BBergG aufgeführt sind und nur aufgrund des Übergangsrechts des Einigungsvertrages (vgl. Anlage I Kapitel V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1) den Gegenstand der Bewilligung mit der Folge bilden können, dass sie sich nach dem Erlöschen der Bewilligung in grundeigene Rohstoffe verwandeln. Diesen eigentumsrelevanten Folgen kann in jedem Fall durch einen rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrag begegnet werden. So war es auch hier. Die Klägerin hat die Bewilligung im Jahre 1998 erworben. Gleichwohl hat sie erst am 29. Dezember 2011, drei Tage vor dem Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung, einen Verlängerungsantrag gestellt.
Rz. 9
Schließlich steht dem Bewilligungsinhaber ggf. die Möglichkeit zur Verfügung, im Wege vorläufigen Rechtsschutzes eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu erwirken, die nicht notwendig die Hauptsache vorwegnehmen muss (a.A. VG Dresden, Beschluss vom 22. Dezember 2016 - 3 L 1081/16 - ZfB 2017, 178), sondern ggf. auch nur darauf gerichtet sein kann, in verfahrensrechtlicher Hinsicht vorläufig das Erlöschen der Bewilligung bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Verlängerungsantrag zu verhindern.
Rz. 10
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Fundstellen
DÖV 2020, 292 |
JZ 2020, 389 |
VR 2020, 180 |
UPR 2020, 146 |