Tenor
Das Klageverfahren BVerwG 4 A 20.01 und das Anordnungsverfahren BVerwG 4 VR 9.01 werden eingestellt.
Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Klageverfahrens und des Anordnungsverfahrens jeweils zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Klageverfahren auf 10 000 DM und für das Anordnungsverfahren auf 5 000 DM festgesetzt.
Gründe
Das Klage- und das Anordnungsverfahren sind entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, weil der Kläger und der Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es hier, dass der Kläger und der Beklagte die Kosten der beiden Verfahren jeweils zur Hälfte tragen.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen Zweifel an der Klage- und Antragsbefugnis des Klägers. Der Kläger ist ein nach § 29 BNatSchG anerkannter Naturschutzverband, dessen Anerkennung von der zuständigen Behörde des Landes Schleswig-Holstein ausgesprochen wurde. Diese Anerkennung gilt (nur) für das Gebiet dieses Landes (§ 29 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG). Die in § 51 c Abs. 1 LNatSchG S-H eingeführte Verbandsklage gegen Verwaltungsakte, die der Kläger hier erhoben hat, eröffnet jedenfalls in aller Regel nur eine Klagemöglichkeit gegen Verwaltungsakte des Landes Schleswig-Holstein. Insoweit ist die Klagebefugnis wie die Anerkennung als Naturschutzverband auf das Gebiet dieses Landes beschränkt. Das Landesnaturschutzgesetz von Mecklenburg-Vorpommern räumt den anerkannten Naturschutzverbänden die Möglichkeit der Verbandsklage nicht ein (vgl. §§ 63 ff. LNatG M-V). Die Entscheidung des Gesetzgebers von Mecklenburg-Vorpommern würde zurückgedrängt, wenn der Kläger sein Recht zur naturschutzrechtlichen Verbandsklage auf das Gebiet des Landes Mecklenburg-Vorpommern und auf Planfeststellungsbeschlüsse dieses Landes erstrecken dürfte.
An dieser Rechtslage könnte die vom Kläger angeführte „Zwangspunktrechtsprechung” des Bundesverwaltungsgerichts nichts ändern. Diese Rechtsprechung ist weder dazu bestimmt noch dazu geeignet, zugunsten eines anerkannten Naturschutzverbandes eine nach dem einschlägigen Landesrecht nicht bestehende Klagemöglichkeit zu begründen. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Grundeigentümer im Fall der abschnittsweisen Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens den Planfeststellungsbeschluss für einen vorangegangenen Straßenabschnitt anfechten, wenn er geltend machen kann, dass sein Grundstück im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig betroffen sein wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388 ≪392 f.≫; Beschluss vom 26. Juni 1992 – BVerwG 4 B 1 – 11.92 – DVBl 1992, 1435 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 S. 89 m.w.N.). Diese Rechtsprechung betrifft die Voraussetzungen, unter denen Abwehrrechte gegen eine heranrückende Planung in Betracht kommen. Sie räumt bereits demjenigen eine Klagemöglichkeit ein, der geltend machen kann, dass sich aus der in einem früheren Planungsstadium erfolgten Abschnittsrealisierung Planungsbindungen ergeben, die im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig zu einer Verletzung seiner Rechte führen würden. Diese Rechtsprechung ist auf die Besonderheiten einer abschnittsweisen Planung zugeschnitten, die zeitlich in einen früheren und einen späteren Verfahrensabschnitt aufgespalten ist. Sie erweitert die Klagemöglichkeit eines erst in einem späteren Planungsabschnitt Betroffenen, indem sie die Möglichkeit des Rechtsschutzes zeitlich vorverlagert. Eine derartige Situation besteht hier nicht. Die Planungsabschnitte der A 20 westlich und östlich der Landesgrenze zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind in etwa zeitgleich planfestgestellt worden. Der Kläger hat bereits vor Erhebung der Klage im Verfahren BVerwG 4 A 20.01 Klage gegen den entsprechenden Planfeststellungsbeschluss des Landes Schleswig-Holstein erhoben.
Der Kläger stützt seine Klagebefugnis ferner darauf, dass der hier streitgegenständliche Abschnitt des Bauvorhabens an der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein inmitten des gemeinschaftsweit bedeutsamen Naturraums der Wakenitzniederung ende. Die Querung der Wakenitzniederung beurteile sich einheitlich nach den rechtlichen Vorgaben des europäischen Naturschutzrechts. Bereits die Realisierung des hier umstrittenen östlichen Teils der A 20 in der Wakenitzniederung würde zu erheblichen Beeinträchtigungen dieses Schutzgebietes in seiner Gesamtheit führen. Auch deshalb sei der Kläger in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich betroffen, wenn der hier streitgegenständliche Abschnitt realisiert werden sollte. Der Kläger wirft damit die Frage auf, ob sich ein Naturschutzverband im Wege der Verbandsklage gegen ein Bauvorhaben zur Wehr setzen kann, das jenseits der Landesgrenze in einem anderen Bundesland planfestgestellt worden ist, nach dem Klagevorbringen aber grenzüberschreitende nachteilige Auswirkungen auf das Gebiet des Landes besitzen würde, auf das sich sein satzungsgemäßer Aufgabenbereich erstreckt. Diese Rechtsfrage betrifft die Auslegung von § 29 BNatSchG und ist anhand des Gesetzeswortlauts und des Normzwecks nicht ohne weiteres zu beantworten. Sie zu klären, ist nicht Aufgabe einer Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO. Eine Antwort auf die vorbezeichnete Frage erübrigt sich nunmehr, weil der Beklagte in Abänderung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses verbindlich erklärt hat, dass mit dem Bau der Trasse der A 20 in Mecklenburg-Vorpommern nur begonnen werde, wenn der Planfeststellungsbeschluss des Landes Schleswig-Holstein zum Abschnitt „Wakenitzquerung” bestandskräftig geworden ist. Wäre die Klage zulässig gewesen, hätte der Beklagte den Kläger insoweit klaglos gestellt. Deshalb entspricht es der Billigkeit, die Kosten des Klage- und des Anordnungsverfahrens den beiden Beteiligten jeweils zur Hälfte aufzuerlegen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Rojahn
Fundstellen