Verfahrensgang
OVG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 13.06.2023; Aktenzeichen 1 K 727/20 OVG) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Juni 2023 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Rz. 1
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg, weil sie teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet ist. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Rz. 2
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 ≪n. F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 12. Januar 2017 - 5 B 75.16 - juris Rn. 4 m. w. N.). Ein Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung oder auf der Grundlage der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. April 2009 - 5 B 64.08 - juris Rn. 5 und vom 11. August 2020 - 3 BN 1.19 - NVwZ-RR 2020, 979 Rn. 6, jeweils m. w. N.). Gemessen an den vorstehenden Anforderungen kommt eine Revisionszulassung wegen Grundsatzbedeutung hier nicht in Betracht.
Rz. 3
1. Die Beschwerde wirft als erste Rechtsfrage von vermeintlich grundsätzlicher Bedeutung auf:
"Ist eine Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts im Rahmen von § 47 VwGO dann gegeben, wenn das Landesverfassungsgericht zu einer Entscheidung ausdrücklich nicht berufen ist; folgt also aus § 47 Abs. 3 VwGO eine (Auffang-)Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts kraft landesgesetzlicher Regelung, die die Normverwerfungskompetenz für eine Rechtsverordnung eröffnet und dem Landesverfassungsgericht zugleich verschließt, wobei § 47 Abs. 1 VwGO gegebenenfalls einschränkend auszulegen und § 47 Abs. 3 VwGO eine Spezialvorschrift hierzu ist?"
Rz. 4
Diese Frage bedarf keiner grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur ohne Weiteres nach den üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantwortet werden kann. Denn auf dieser Grundlage erschließt sich, dass - wie die Vorinstanz zu Recht angenommen hat - ein Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO nicht ungeachtet der Einhaltung der sogenannten Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO zulässig ist, wonach das Oberverwaltungsgericht "im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit" entscheidet. Allein der Umstand, dass das Landesrecht dem Landesverfassungsgericht keine ausschließliche Normverwerfungskompetenz hinsichtlich einer angegriffenen Norm einräumt, führt nicht dazu, dass eine Normenkontrolle zum Oberverwaltungsgericht auch dann zulässig ist, wenn die Voraussetzung der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO nicht vorliegt.
Rz. 5
Die Beschwerde ist demgegenüber der Ansicht, aus der von ihr für den vorliegenden Fall angenommenen Unzuständigkeit des Landesverfassungsgerichts nach Art. 53 Nr. 8 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23. Mai 1993 (GVOBl. M-V S. 372) - LV MV - für die Überprüfung der hier in Rede stehenden Landesverordnung zum Ersatz eines Landesrahmenvertrages für Mecklenburg-Vorpommern nach § 131 Absatz 1 SGB IX vom 17. Dezember 2019 (GVOBl. M-V S. 858) folge anhand eines Umkehrschlusses aus § 47 Abs. 3 VwGO, dass die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts immer dann - jedenfalls in Form einer Auffangzuständigkeit - gegeben sei, wenn es um die Vereinbarkeit einer Rechtsvorschrift mit Landesrecht gehe. § 47 Abs. 1 VwGO sei insoweit einschränkend auszulegen. Diese Auffassung trifft jedoch nicht zu, wie die Auslegung des § 47 Abs. 1 und 3 VwGO ergibt.
Rz. 6
a) Nach § 47 Abs. 1 VwGO steht dem Oberverwaltungsgericht die Entscheidungskompetenz über die Gültigkeit untergesetzlicher Rechtsvorschriften nur insoweit zu, als die diesbezügliche Prüfung "im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit" erfolgt. Diese Bestimmung bezweckt, eine Präjudizierung der Entscheidungen anderer Gerichtsbarkeiten durch die Oberverwaltungsgerichte zu verhindern, sofern solche anderen Gerichtszweige für die Entscheidung bestimmter Streitigkeiten im Einzelfall ausschließlich zuständig sind. Insoweit besteht auch ein Bezug zu der allgemeinen Zwecksetzung der Normenkontrolle nach § 47 VwGO, die Verwaltungsgerichte (nicht aber die Gerichte anderer Gerichtsbarkeiten) durch die Vermeidung von Einzelklagen zu entlasten (vgl. BT-Drs. 3/55 S. 33). Die Gerichtsbarkeitsklausel dient damit der Abgrenzung gegenüber anderen gleichrangigen Gerichtsbarkeiten. Sie verknüpft als Sachurteilsvoraussetzung die sachliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte mit der sachlichen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Nur wenn die Verwaltungsgerichte über Streitigkeiten um die zu kontrollierende Norm im konkreten Einzelfall - gegebenenfalls auch inzident - zu entscheiden haben, ist auch die sachliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für die abstrakte Normenkontrolle gegeben. Nur dann kann die abstrakte Normenkontrolle die ihr zugedachte Entlastungsfunktion für eine Mehrzahl verwaltungsgerichtlicher Streitigkeiten erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 5 CN 1.12 - BVerwGE 146, 217 Rn. 11). Der Bezug der Gerichtsbarkeitsklausel zur sachlichen Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 7/4324 S. 8). Es geht daher fehl, wenn die Beschwerde (Beschwerdeschrift, S. 23 f.) geltend macht, die Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO befasse sich nicht mit der sachlichen Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts (so aber auch Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 39).
Rz. 7
b) Nach § 47 Abs. 3 VwGO prüft das Oberverwaltungsgericht die Vereinbarkeit einer Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, dass diese ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerde handelt es sich hierbei nicht um eine Spezialvorschrift, die den Gehalt der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO als Sachurteilsvoraussetzung einschränkt.
Rz. 8
aa) Schon dem Wortlaut nach ("prüft [...] nicht") hat diese Vorschrift eine Beschränkung des materiellen Prüfungsmaßstabs des Normenkontrollgerichts zum Inhalt (vgl. Unruh, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 47 VwGO Rn. 98; Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 47 Rn. 101; Giesberts, in: Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, Stand April 2024, § 47 Rn. 66; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 332; Kerkmann/Huber, in: Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 47 Rn. 124; Panzer/Schoch, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 47 VwGO Rn. 90), die die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags auch nach Maßgabe der Gerichtsbarkeitsklausel gerade voraussetzt. Das Bestehen einer ausschließlichen Kompetenz eines Landesverfassungsgerichts führt daher grundsätzlich nicht zur Abweisung eines Normenkontrollantrags als unzulässig (Panzer/Schoch, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 47 VwGO Rn. 90 Fn. 538; Wysk, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 47 Rn. 59; a. A. VGH Kassel, Beschluss vom 15. Januar 1991 - 11 N 62/91 - NVwZ 1991, 1098 ≪1099≫; VGH München, Beschluss vom 12. August 1977 - 88 VIII 77 - DVBl. 1978, 113 ≪114≫; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 332), zumal der Prüfungsumfang des Normenkontrollgerichts durch das Antragsbegehren nicht auf das Landesrecht begrenzt werden kann (vgl. Wysk, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 47 Rn. 56). Umgekehrt besagt dann aber auch eine uneingeschränkte materielle Prüfungskompetenz des Oberverwaltungsgerichts wegen des Fehlens einer ausschließlichen Entscheidungskompetenz des Landesverfassungsgerichts nach Maßgabe des § 47 Abs. 3 VwGO nichts über die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags, der die Anforderungen der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO gerade nicht erfüllt.
Rz. 9
Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn man annimmt, dass ein Normenkontrollantrag unzulässig sein kann, wenn eine Überprüfung der Norm von vornherein ausschließlich anhand eines dem Landesverfassungsgericht vorbehaltenen Maßstabs in Betracht kommt. Denn dies betrifft allein den Gesichtspunkt eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. Unruh, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 47 VwGO Rn. 98).
Rz. 10
Selbst wenn man der prinzipalen Normenkontrolle nach § 47 VwGO den Charakter materieller Verfassungsgerichtsbarkeit zubilligen und die Regelung des § 47 Abs. 3 VwGO in diesem Sinne als bundesrechtliche (Wieder-)Zuweisung eines Verfassungsstreits an ein Verfassungsgericht und damit als Regelung über die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags verstehen wollte (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 8 ff., 42, 332 auch mit Nachweisen zur Gegenmeinung), hätte dies nicht zur Folge, dass die Reichweite der Gerichtsbarkeitsklausel in § 47 Abs. 1 VwGO eingeschränkt wäre. Denn auch in diesem Fall besagt § 47 Abs. 3 VwGO nichts über eine Zuweisung der Zuständigkeit an das Oberverwaltungsgericht jenseits der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO in Fällen, in denen das Landesverfassungsgericht gerade nicht zuständig sein soll.
Rz. 11
bb) Anders als die Beschwerde meint, wird diese Sichtweise durch die Systematik der Vorschrift bestätigt, weil die Kompetenzabgrenzung zur Landesverfassungsgerichtsbarkeit aus den antragsbezogenen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 und 2 VwGO herausgelöst und gegenüber diesen damit unter Hervorhebung ihres materiell-rechtlichen Charakters verselbstständigt worden ist. Diese Eigenständigkeit führt demgemäß aber gerade nicht dazu, dass, wie die Beschwerde annimmt, der Regelung des § 47 Abs. 3 VwGO gegenüber der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO ein spezieller, diese verdrängender und auf die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bezogener Charakter zuzumessen wäre.
Rz. 12
cc) Diese Interpretation entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, der insbesondere in der Klarstellungsabsicht des Gesetzgebers besteht, dass auch übergeordnetes Landesrecht im Normenkontrollverfahren "grundsätzlich unbeschränkt als Prüfungsmaßstab herangezogen werden" soll. Zugleich soll die Zuständigkeit der Landesverfassungsgerichte insoweit geschützt werden, als ihnen die Befugnis zur Normverwerfung ausschließlich zusteht (BT-Drs. 7/4324 S. 10; Panzer/Schoch, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 47 VwGO Rn. 90). Ein Verständnis des § 47 Abs. 3 VwGO als Zulässigkeitsvorschrift zum Schutz der Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts ist jedenfalls nicht notwendig, weil die Rechtswegsperre des § 17a Abs. 1 GVG in allen Fällen nicht im Verhältnis zu den Verfassungsgerichten gilt (OVG Berlin, Beschluss vom 6. März 1996 - 8 S 295/95 - DtZ 1996, 252; Vogt-Beheim, in: Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl. 2024, § 17a GVG Rn. 10; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 17a GVG Rn. 7) und die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft einer Normenkontrollentscheidung nur im Rahmen des dem Oberverwaltungsgericht durch § 47 VwGO zugewiesenen gesetzlichen Prüfungsmaßstabs besteht (vgl. Panzer/Schoch, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 47 VwGO Rn. 90). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 47 Abs. 3 VwGO zugleich die sich aus der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO ergebenden Sachurteilsvoraussetzungen in irgendeiner Weise einschränken wollte, lassen sich im Übrigen nicht erkennen.
Rz. 13
dd) Demgemäß folgt auch aus dem von der Beschwerde angesprochenen Charakter der Normenkontrollklage als materieller Verfassungsgerichtsbarkeit nichts Weitergehendes. Erst recht ist nicht erkennbar, dass der Landesgesetzgeber, wie die Beschwerde meint, das Normenkontrollverfahren für (sämtliche) Landesrechtsverordnungen ungeachtet der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO bewusst dem Oberverwaltungsgericht zugewiesen habe. Die Beschwerde erläutert weder, inwiefern sich Derartiges aus Art. 53 Nr. 8 LV MV, § 11 Abs. 1 Nr. 10 LVerfGG MV, § 13 des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsstrukturgesetzes MV oder einer anderen Norm des Landesrechts ergeben, noch, warum sich die Landesrechtsklausel in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO auch auf die Gerichtsbarkeitsklausel erstrecken soll.
Rz. 14
ee) Schließlich führt das Zusammenwirken der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO mit einem Ausschluss einer landesverfassungsgerichtlichen Normprüfung entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht zu unerträglichen Rechtsschutzlücken. Das Oberverwaltungsgericht weist für den vorliegenden Fall zutreffend auf die Möglichkeit einer inzidenten Normenkontrolle durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit hin, wobei mit Blick darauf, dass die Antragstellerin eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts gerügt hat, auch die verfahrensrechtlichen Schutzwirkungen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. August 2015 - 2 BvF 1/15 - BVerfGE 140, 99 Rn. 19) in den Blick zu nehmen sein dürften.
Rz. 15
2. Die Beschwerde wirft als weitere Rechtsfrage von vermeintlich grundsätzlicher Bedeutung auf:
"Muss sich aus der Anwendung einer zur Überprüfung des Oberverwaltungsgerichts gestellten Rechtsverordnung stets eine Rechtsstreitigkeit im Einzelfall ergeben können, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist; ist also der Inhalt der zur Überprüfung gestellten Norm entscheidend, führt die Differenzierung in [§] 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht zu einer Unterscheidung in § 47 Abs. 1 VwGO oder ist das Oberverwaltungsgericht[...] auch dann zu einer Entscheidung im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit nach § 47 Abs. 1 VwGO berufen, wenn in einer Sonderkonstellation die Anwendung der Rechtsverordnung keinem Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit vorbehalten ist?"
Rz. 16
Insoweit steht der Zulassung der Revision wegen Grundsatzbedeutung bereits entgegen, dass die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht hinreichend im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt ist.
Rz. 17
Wie die Beschwerde selbst zutreffend ausführt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass für die Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO zu prüfen ist, ob sich aus der Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschrift Rechtsstreitigkeiten ergeben können, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Eine Anwendung in diesem Sinne ist zum einen zu bejahen, wenn die von den Verwaltungsgerichten zu prüfenden Verwaltungsakte ihre Ermächtigungsgrundlage in der angegriffenen Rechtsvorschrift finden. Zum anderen liegt sie vor, wenn die angegriffene Rechtsvorschrift im Zusammenhang mit den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermächtigungsnorm, die ihren Standort nicht in der angegriffenen Rechtsvorschrift hat, (inzident) zu prüfen ist. Es ist also hinreichend, wenn sich bei den Verwaltungsgerichten Rechtsstreitigkeiten ergeben können, bei denen die Rechtswirksamkeit der Norm einer Inzidentprüfung zu unterziehen ist (BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 5 CN 1.12 - BVerwGE 146, 217 Rn. 8, 12, 15).
Rz. 18
a) Einen weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie macht zwar geltend, dass ein Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO in Sonderkonstellationen auch dann zulässig sein könne, wenn sich aus der in Rede stehenden Rechtsnorm keine Streitigkeiten ergeben könnten, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei. Zur Begründung verweist die Beschwerde zunächst auf die in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO enthaltene Differenzierung zwischen der Rechtsnorm und ihrer Anwendung. Die Beschwerde setzt sich aber nicht damit auseinander, dass diese Unterscheidung nicht im Zusammenhang mit der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO, sondern der Regelung der Antragsbefugnis als weiterer Sachurteilsvoraussetzung steht. Für diese genügt es danach, dass die erforderliche Verletzung des Antragstellers in seinen subjektiven Rechten auch durch die in Rede stehende Rechtsnorm selbst bewirkt wird. Das ist dann der Fall, wenn der Eintritt der Rechtsverletzung im konkreten Fall keines weiteren Umsetzungsaktes mehr bedarf, der Vorschrift also unmittelbare Wirkung zukommt oder ihr Inhalt in einem Einzelakt besteht (vgl. BT-Drs. 7/4324 S. 11; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 183). Eine dergestalt unmittelbar kausal von der Norm bewirkte Rechtsverletzung schließt aber nicht aus, dass diese in einem anderen Zusammenhang jenseits eines Normenkontrollverfahrens zumindest inzident Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein kann. Die Regelung der Antragsbefugnis in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist für die Auslegung der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO daher ohne Bedeutung (Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 41).
Rz. 19
Darüber hinaus verweist die Beschwerde auf vermeintliche in der Rechtsprechung anerkannte Sonderkonstellationen, die sie mit der vorliegenden Fallkonstellation vergleicht, und aus denen sie die Zulässigkeit einer Normenkontrolle der hier in Rede stehenden Rechtsverordnung nach § 47 VwGO herleiten will. Dies bleibt schon deshalb erfolglos, weil für keine dieser vermeintlichen Sonderkonstellationen die Notwendigkeit eines Absehens von der Beachtung der Gerichtsbarkeitsklausel nach § 47 Abs. 1 VwGO erkennbar ist. Das gilt zunächst für das von den öffentlich-rechtlich organisierten Kirchen gesetzte Recht, soweit es der prinzipalen Normenkontrolle unterliegt. Von diesem unterscheidet sich die hier in Rede stehende Rechtsverordnung zunächst bereits dadurch, dass sie nicht, wie die Beschwerde meint, lediglich in den staatlichen Bereich hineinwirkt, sondern selbst unmittelbar staatlich gesetztes Recht ist. Im Übrigen wird auch die Zulässigkeit von Normenkontrollen kirchlich gesetzten Rechts nach § 47 VwGO nicht auf der Grundlage eines Absehens von der Gerichtsbarkeitsklausel bejaht. Vielmehr unterfällt die Anwendung dieses Rechts gegebenenfalls wegen seines Bezugs zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben etwa im Bereich des Friedhofswesens oder der Kinder- und Jugendhilfe gerade der Gerichtsbarkeit der Verwaltungsgerichte (vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 53).
Rz. 20
Ebenfalls unzutreffend ist der Verweis der Beschwerde auf eine angebliche Sonderkonstellation bei der Kontrolle von Miethöhesatzungen im sozialen Wohnungsbau. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Fall die Zulässigkeit einer Normenkontrolle nach § 47 VwGO nicht, wie die Beschwerde annimmt, mit dem Fehlen einer abdrängenden Sonderzuweisung hinsichtlich des Verwaltungsrechtswegs für das Normenkontrollverfahren begründet, sondern in Anwendung der Gerichtsbarkeitsklausel mit der Möglichkeit einer inzidenten Prüfung der zur Kontrolle gestellten Satzung im Verwaltungsrechtsweg (BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 5 CN 1.12 - BVerwGE 146, 217 Rn. 15).
Rz. 21
Schließlich legt die Beschwerde eine Sonderkonstellation auch nicht mit Blick auf eine Normenkontrolle der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen nach § 5 Abs. 1 TVG dar. Anders als die Beschwerde behauptet, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung auch in der Zeit vor dem Inkrafttreten des § 2a Abs. 1 Nr. 5 ArbGG die Zulässigkeit einer Normenkontrolle nach § 47 VwGO hierfür nicht bejaht. Die hierzu ergangenen Entscheidungen betrafen allein den im Wege der Feststellungsklage verfolgten Anspruch auf den Erlass einer Allgemeinverbindlicherklärung durch Rechtsverordnung (BVerwG, Urteil vom 3. November 1988 - 7 C 115.86 - BVerwGE 80, 355) oder die mit der Feststellungsklage geltend gemachte Behauptung einer Verletzung eigener Rechte durch die Allgemeinverbindlicherklärung (BVerwG, Urteile vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 und - 8 C 38.09 - BVerwGE 136, 75) bzw. die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs für eine solche Klage (BVerwG, Beschluss vom 18. September 2014 - 8 B 32.14 - juris). Abgesehen davon geht es hier, anders als die Beschwerde voraussetzt, auch nicht um eine derartige Allgemeinverbindlicherklärung. Zwar deutet der Wortlaut des § 1 der Landesverordnung zum Ersatz eines Landesrahmenvertrages für Mecklenburg-Vorpommern nach § 131 Absatz 1 SGB IX ("[...] werden [...] für anwendbar erklärt.") darauf hin. Allerdings ermächtigt § 131 Abs. 4 SGB IX den Verordnungsgeber nicht allein - wie § 5 TVG (vgl. Giesen, in: Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, BeckOK Arbeitsrecht, Stand März 2024, § 5 TVG Rn. 8; Henssler, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 11. Aufl. 2024, § 5 TVG Rn. 8; Franzen, in: Müller-Glöge/Preis/Gallner/Schmidt, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 24. Aufl. 2024, § 5 TVG Rn. 5) - zu einer Allgemeinverbindlicherklärung im Sinne einer bloßen Erstreckung der Wirkungen eines bestehenden Rahmenvertrages auf nicht vertragsgebundene Dritte ohne die Möglichkeit einer eigenständigen materiellen Ausgestaltung seiner Bestimmungen. Vielmehr hat er in den Grenzen des § 131 Abs. 1 SGB IX hinsichtlich der dort genannten Gegenstände die uneingeschränkte inhaltliche Gestaltungsfreiheit, da er zum Erlass eines gänzlich eigenständigen Normativakts ermächtigt ist. Das hindert ihn zwar nicht, sich - wie hier - einen bereits vorhandenen Vertragsentwurf insgesamt unverändert zu eigen zu machen. Er ist darauf jedoch nicht beschränkt.
Rz. 22
b) Die Beschwerde beruft sich ferner darauf, dass es für die Gerichtsbarkeitsklausel nach § 47 Abs. 1 VwGO nicht notwendig darauf ankomme, welche Gerichtsbarkeit aus der Anwendung der zur Überprüfung gestellten Norm betroffen sei. Vielmehr könne es - wie die Beschwerde unter Hinweis auf eine obergerichtliche Entscheidung (OVG Greifswald, Urteil vom 2. Juni 2015 - 2 K 13/15 - NordÖR 2015, 559 ≪560≫) geltend macht - auch darauf ankommen, ob eine Streitigkeit über die Anwendung der angegriffenen Norm vorliege, die jedenfalls dann dem öffentlichen Recht zugewiesen sei, wenn es um "Organrechte von staatlichen Verwaltungsträgern untereinander und einander gegenüber" gehe. Es kann dahinstehen, ob diesem Ansatz für den konkret entschiedenen Fall einer der Gerichtsorganisation außerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit dienenden landesrechtlichen Regelung zu folgen ist (ablehnend etwa Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 51; Unruh, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 47 VwGO Rn. 24; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 47 Rn. 28; Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 47 Rn. 18), oder eine Normenkontrollklage nur nach dem oben genannten allgemeinen Maßstab bei möglichen im Verwaltungsrechtsweg zu überprüfenden Auswirkungen auf die Dienstverhältnisse der betroffenen Richter und damit einer inzidenten Anwendung der Regelung im Verwaltungsrechtsweg in Betracht kommt (so Giesberts, in: Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, Stand April 2024, § 47 Rn. 15.1; Panzer/Schoch, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 47 VwGO Rn. 33). Die Beschwerde legt jedenfalls nicht dar, inwiefern die Übertragbarkeit des genannten obergerichtlichen Rechtssatzes im vorliegenden Verfahren klärungsfähig sein könnte. Denn sie erläutert nicht, weshalb hier "Organrechte von staatlichen Verwaltungsträgern untereinander und einander gegenüber" in diesem Sinne in Rede stehen sollen. Weder ist nachvollziehbar begründet, warum die Befugnis der Träger der Eingliederungshilfe zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit den Vereinigungen der Leistungserbringer nach § 131 Abs. 1 SGB IX ein Organrecht sein soll, noch wird dies über die bloße Behauptung einer Ähnlichkeit hinaus hinsichtlich des von der Antragstellerin in Anspruch genommenen kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) dargelegt.
Rz. 23
3. Die Beschwerde wirft als dritte Rechtsfrage von vermeintlich grundsätzlicher Bedeutung auf:
"Können sich aus der Anwendung einer Rechtsverordnung auf Grundlage von § 131 Abs. 4 SGB IX mit den Inhalten nach § 131 Abs. 1 SGB IX Rechtsstreitigkeiten ergeben, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, so dass ein Normenkontrollantrag gegen eine solche Rechtsverordnung nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig und das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit zu einer Entscheidung berufen ist?"
Rz. 24
Sie ist der Ansicht, das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, aus der Anwendung der hier in Rede stehenden Rechtsverordnung könnten sich keine Rechtsstreitigkeiten ergeben, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei. Es sei nicht gänzlich ausgeschlossen, dass mit Fragen der Eingliederungshilfe nicht nur die Sozialgerichte, sondern auch die Verwaltungsgerichte befasst sein könnten. Hierzu verweist sie auf verschiedene Fallgestaltungen in Anwendung der angefochtenen Rechtsverordnung, in denen sie Derartiges für möglich hält.
Rz. 25
Damit kann eine grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit indes nicht dargelegt werden, weil die aufgeworfene Frage mangels eines konkretisierten Bezugs zur Auslegung eines gesetzlichen Merkmals des § 47 VwGO keine hinreichend bestimmte Rechtsfrage darstellt. Der Sache nach rügt die Beschwerde allenfalls, dass das Oberverwaltungsgericht die höchstrichterlichen Maßstäbe zur Gerichtsbarkeitsklausel nach § 47 Abs. 1 VwGO unrichtig angewendet habe. Auf einen bloßen Rechtsanwendungsfehler kann eine Grundsatzrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allerdings nicht gestützt werden.
Rz. 26
4. Die Beschwerde wirft schließlich als Frage von vermeintlich grundsätzlicher Bedeutung auf:
"Ist § 17a Abs. 2 GVG i. V. m. § 173 VwGO im Rahmen von § 47 Abs. 1 VwGO anwendbar mit der Folge, dass bei Unzuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit eine bindende Verweisung an das zuständige Gericht erfolgen muss?"
Rz. 27
Dies rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil die Beschwerde zwar die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage aufzeigt, nicht aber ihre Klärungsfähigkeit in einem Revisionsverfahren hinreichend im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darlegt.
Rz. 28
a) Die Beschwerde führt der Sache nach zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage aus, dass diese in Rechtsprechung und Literatur umstritten sei und die Antragstellerin die Auffassung vertrete, das Oberverwaltungsgericht habe den Rechtsstreit auf der Grundlage seiner Sichtweise an das zuständige Sozialgericht nach § 17a Abs. 2 GVG verweisen müssen. Satz 1 dieser Vorschrift ordnet an: Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs. Insoweit trifft das Vorbringen der Beschwerde zu, dass sich die von ihr aufgeworfene Rechtsfrage als umstritten darstellt. Die Anwendbarkeit des § 17a Abs. 2 GVG auf Verfahren nach § 47 VwGO wird nach einer verbreiteten Auffassung in Rechtsprechung und Literatur schlechthin mit der Begründung verneint, der Regelung liege die Vorstellung zugrunde, dass mehrere Rechtswege in Betracht kommen könnten, was bei einem Normenkontrollverfahren nicht der Fall sei, das anderen Prozessordnungen unbekannt sei (OVG Frankfurt/Oder, Urteil vom 29. Juni 2000 - 4 D 35/98.NE - juris Rn. 43; OVG Koblenz, Beschluss vom 20. Oktober 2000 - 11 C 11303/00 - juris Rn. 13; OVG Schleswig, Beschluss vom 30. April 2019 - 2 KN 1/18 - juris Rn. 27; Ehlers, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, Vorb. § 17 GVG Rn. 11; Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, Anh § 41 Rn. 2c). Die uneingeschränkte Tragfähigkeit der genannten Argumentation erscheint allerdings bereits deshalb zweifelhaft, weil auch andere Prozessordnungen seit vielen Jahren in bestimmten Fällen prinzipale Normenkontrollverfahren kennen (vgl. § 55a SGG, § 2a Abs. 1 Nr. 5 ArbGG). Dies spricht - ohne dass dies hier einer abschließenden Entscheidung bedürfte - für die Zulässigkeit einer Verweisung nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG jedenfalls in den Fällen, in denen die Prozessordnung der zuständigen Gerichtsbarkeit ebenfalls die Nachprüfung der betreffenden Norm in einem prinzipalen Normenkontrollverfahren ermöglicht und insofern eine abdrängende Spezialzuweisung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO besteht. Die Zulässigkeit einer Verweisung wird aber auch weitergehend befürwortet (OVG Weimar, Beschluss vom 25. November 2002 - 2 N 359/02 - juris; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 61; Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 41 Rn. 2), wofür - was hier ebenfalls keiner Entscheidung bedarf - sprechen mag, dass die Frage der Rechtswegeröffnung davon zu trennen ist, wie ein Rechtsschutzgesuch im eröffneten Rechtsweg auszulegen und ob es statthaft und auch im Übrigen zulässig ist.
Rz. 29
b) Die Beschwerde lässt aber jedenfalls eine hinreichende Erläuterung vermissen, dass und warum in einem Revisionsverfahren die Prüfung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs im vorliegenden Fall auch bei einer von ihr für richtig gehaltenen Anwendbarkeit des § 17a Abs. 2 GVG auf Normenkontrollanträge nach § 47 VwGO erfolgen könnte. Zum hinreichenden Aufzeigen der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage hätte es der Darlegung bedurft, dass die Prüfung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs durch das Bundesverwaltungsgericht als Rechtsmittelgericht nicht deshalb nach § 17a Abs. 5 GVG ausscheidet, weil das Oberverwaltungsgericht hierüber in der Hauptsache bereits entschieden hat. § 17a Abs. 5 GVG ordnet an, dass das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Greift diese Prüfungssperre ein, kommt es auf die Frage der Anwendbarkeit von § 17a Abs. 2 GVG in einem Normenkontrollverfahren nicht an und ist die von der Beschwerde aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren daher nicht mehr klärungsfähig.
Rz. 30
Mit der für die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage bedeutsamen Regelung des § 17a Abs. 5 GVG setzt sich die Beschwerde jedoch nicht auseinander. Sie berücksichtigt nicht, dass eine Entscheidung in der Hauptsache durch das Erstgericht im Sinne von § 17a Abs. 5 GVG, durch die das Rechtsmittelgericht an einer Prüfung des Rechtswegs gehindert ist, nicht nur bei einem Sach-, sondern auch bei einem Prozessurteil vorliegen kann, sofern dieses wegen des Fehlens einer anderen Sachurteilsvoraussetzung als der Zulässigkeit des Rechtswegs ergeht (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 58/16 - GRUR 2017, 1236 ≪1237≫; Beschluss vom 23. September 1992 - I ZB 3/92 - BGHZ 119, 246 ≪249 f.≫; BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2019 - 5 P 2.18 - BVerwGE 166, 97 Rn. 12 m. w. N.). Ferner lässt die Beschwerde der Sache nach unberücksichtigt, dass - wie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist - Streitigkeiten über die Gültigkeit einer von der Verwaltung erlassenen Norm grundsätzlich öffentlich-rechtlicher Natur sind und deshalb bei Fehlen einer abdrängenden Spezialzuweisung unabhängig vom Inhalt der Norm der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 VwGO) eröffnet ist, während sich im Verhältnis dazu die spezifischen Anforderungen der Gerichtsbarkeitsklausel des § 47 Abs. 1 VwGO, wonach die Verwaltungsgerichte Streitigkeiten um die zu kontrollierende Norm in einem konkreten Einzelfall - gegebenenfalls auch inzident - zu entscheiden haben, nach der insbesondere auf die Gesetzeshistorie (BT-Drs. 3/55 S. 33) gestützten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als eine hinzutretende, weitere Sachurteilsvoraussetzung für das Normenkontrollverfahren darstellen (BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 5 CN 1.12 - BVerwGE 146, 217 Rn. 9 ff.). Auch hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Sie geht vielmehr ohne nähere Erläuterung davon aus, dass die Verneinung des Merkmals "im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit" zugleich die fehlende Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs bedeute und dass sich das Oberverwaltungsgericht (gleichwohl) mit der Frage einer Verweisung des Rechtsstreits an ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit nicht befasst habe. Zu Letzterem geht die Beschwerde auch nicht darauf ein, dass das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung allein darauf gestützt hat, dass sich aus der Anwendung der angegriffenen Landesverordnung keine Rechtsstreitigkeiten ergeben könnten, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei und die deshalb von den Verwaltungsgerichten zu entscheiden seien, und dass es sich zur vorrangigen Frage der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs für das Normenkontrollverfahren zwar nicht ausdrücklich verhalten, aber zu Beginn der Entscheidungsgründe die Statthaftigkeit des Antrags gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO dem Grunde nach angenommen hat, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass es insoweit die Rechtswegeröffnung unausgesprochen bejaht hat. Hieran ist der Senat gebunden (vgl. Wittschier, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 17a GVG Rn. 19; Pabst, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, § 17a GVG Rn. 24; Vogt-Beheim, in: Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl. 2024, § 17a GVG Rn. 39). Etwas Anderes legt die Beschwerde, die sich mit § 17a Abs. 5 GVG nicht auseinandersetzt, nicht dar. Sie hat insbesondere auch nicht vorgetragen, dass das Oberverwaltungsgericht eine Rüge der Antragstellerin nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG übergangen hätte (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 1 C 13.14 - BVerwGE 151, 228 Rn. 12).
Rz. 31
5. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Rz. 32
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Fundstellen
Dokument-Index HI16461726 |