Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 13.12.2007; Aktenzeichen DB 16 S 8/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die auf den Zulassungsgrund der Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 69 BDG) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Eine zur Zulassung der Revision führende Abweichung liegt vor, wenn das Berufungsgericht in Auslegung einer konkreten Vorschrift des revisiblen Rechts einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der im Widerspruch zu einem ebenfalls abstrakten Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht bei der Auslegung derselben Vorschrift aufgestellt hat.
Der Beklagte, der wegen Veruntreuung von über 9 000 € vom Verwaltungsgericht aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden ist und dem das Berufungsgericht im Hinblick auf sein nachfolgendes Ausscheiden aus dem aktiven Dienst das Ruhegehalt aberkannt hat, macht geltend, das Berufungsgericht habe den Rechtssatz aufgestellt, für die Aberkennung des Ruhegehalts sei “allein und ausnahmslos entscheidend”, ob der zwischenzeitlich pensionierte Beamte – würde er sich noch im Dienst befinden – aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden müsste; diese Regelung beruhe auf der Erwägung, dass der Beamte, der eigentlich die schwerste Disziplinarmaßnahme verwirkt habe, aber nicht mehr aus dem Dienst entfernt werden könne, weil er inzwischen in den Ruhestand getreten sei, nicht besser gestellt werden dürfe, als der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens aktive Beamte, der wegen eines Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt werde und damit nicht nur den Anspruch auf Besoldung, sondern auch den Anspruch auf Versorgung verliere. Demgegenüber habe das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 20. Oktober 1987 – BVerwG 1 D 110.85 – (ZBR 1988, 100) den Rechtssatz aufgestellt, dass bei langer Verfahrensdauer und im Übrigen guter und unbescholtener Dienstleistung die vorwiegend generalpräventive Aberkennung des Ruhegehalts unangemessen sei.
Mit diesen Ausführungen wird keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 69 BDG dargelegt.
Die von der Beschwerde zitierte Entscheidung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts enthält den angeführten Satz weder wörtlich noch auch nur sinngemäß; sie wäre außerdem durch nachfolgende ständige Rechtsprechung des Disziplinarsenats überholt (vgl. u.a. Urteile vom 7. März 2001 – BVerwG 1 D 14.00 – und vom 14. November 2001 – BVerwG 1 D 60.00 –). Außerdem ist diese Entscheidung unter der Geltung des § 12 Abs. 2 BDO ergangen, während sich das Berufungsgericht auf den nach seinem Wortlaut anders gefassten § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG bezieht. Es liegt auch sachlich keine Divergenz vor. Beide Rechtssätze betreffen unterschiedliche Gesichtspunkte. Das Berufungsgericht hat lediglich die gesetzgeberische Motivation verdeutlicht, weshalb bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts an die Stelle der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis tritt; die angegriffene Entscheidung äußert sich also zur Bestimmung der zulässigen Maßnahme. Demgegenüber betraf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine Zumessungserwägung, die im Einzelfall zu dem Ergebnis führte, dass die eigentlich gebotene Aberkennung des Ruhegehalts unverhältnismäßig erschien und deshalb ausnahmsweise unterblieb. Im Falle des Beklagten ist das Berufungsgericht keineswegs davon ausgegangen, dass bei einem während des Disziplinarverfahrens in den Ruhestand versetzten Beamten die Aberkennung des Ruhegehalts “allein und ausnahmslos” die an der Stelle der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gebotene Maßnahme sei. Es hat dies allerdings als den gesetzlich vorgesehenen Regelfall angesehen und deshalb unter sorgfältiger Bewertung der für und gegen den Beklagten sprechenden Gesichtspunkte festgestellt, dass “unter den gegebenen Umständen”, also unter Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls, die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angezeigt gewesen wäre. Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die gesetzgeberische Entscheidung in § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung trägt (vgl. Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 – BVerwG 2 B 19.05 – Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 S. 2 und vom 28. August 2007 – BVerwG 2 B 26.07 – juris; Urteil vom 24. Mai 2007 – BVerwG 2 C 25.06 – DokBer B 2007, 295 – 301 ≪297≫); die schon genannte ständige Rechtsprechung des Disziplinarsenats zu § 12 Abs. 2 Satz 1 BDO ist auch vom Bundesverfassungsgericht gebilligt worden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2001 – 2 BvR 2138/00 – NVwZ 2002, 467).
Hiervon abgesehen kann der Beklagte aus dem angeblichen Satz des Bundesverwaltungsgerichts zur mildernden Berücksichtigung einer langen Verfahrensdauer auch deshalb nichts zu seinen Gunsten herleiten, weil nicht ersichtlich ist, dass zwischen dem am 30. Juni 2004 abgeschlossenen Strafverfahren und dem im September 2004 wieder aufgenommenen und am 16. Februar 2006 erstinstanzlich abgeschlossenen Disziplinarverfahren gegen den Beklagten eine ungewöhnlich oder gar übermäßig lange Verfahrensdauer gelegen hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 77 Abs. 4 BDG. Gerichtsgebühren werden gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 BDG nicht erhoben.
Unterschriften
Albers, Dr. Müller, Groepper
Fundstellen