Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 05.02.2007; Aktenzeichen 13 A 1714/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 33 233,97 € festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme ihrer Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen. Ihre Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss nach § 130a VwGO zurückgewiesen. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass der Rücknahmebescheid rechtmäßig sei, weil die Klägerin zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Psychotherapeutengesetzes – PsychThG – nicht den für die Approbation notwendigen Hochschulabschluss gehabt habe; darüber hinaus habe sie nicht die erforderliche psychotherapeutische Vortätigkeit vorweisen können, weil sie nicht im Besitz der dafür vorgeschriebenen Heilpraktikererlaubnis gewesen sei.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (1.), noch ist der von der Klägerin nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügte Verfahrensmangel erkennbar (2.).
1. a) Die Klägerin hält zunächst für klärungsbedürftig,
ob es als verfassungswidrig anzusehen ist, in Anwendung der Übergangsvorschriften des § 12 PsychThG für die Erteilung der Approbation zur Ausübung des Heilberufs eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten hinsichtlich des Erfordernisses einer bestandenen Abschlussprüfung in den Studiengängen Psychologie, Pädagogik oder Sozialpädagogik (entsprechend auch Heilpädagogik oder Sozialarbeit) von Gesetzes wegen auf eine Stichtagsregelung abstellen zu müssen mit der Maßgabe, dass spätestens mit Ablauf des Stichtags (31. Dezember 1998) zwingend einer der vorgenannten Hochschulabschlüsse vorgelegen haben muss, oder ob der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten war, zur Vermeidung persönlicher Härten bei gewissen Vorkenntnissen (etwa dem insoweit von der Klägerin am Stichtag vorzuweisenden Abschluss eines Fachschulabschlusses als Heilpädagogin) und schon damaliger psychotherapeutischer Tätigkeiten, innerhalb eines angemessenen Zeitraumes den nachträglichen Erwerb eines solchen Abschlusses zuzulassen (Nachqualifikation).
Diese Frage verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich in einem Revisionsverfahren so nicht stellen würde. Anders als die Klägerin es mit ihrer Frage voraussetzt, hat sie – wie das Oberverwaltungsgericht entschieden hat – gerade keine berücksichtigungsfähigen psychotherapeutischen Vortätigkeiten aufzuweisen, so dass sie die von ihr beanstandete Härtesituation von vornherein nicht treffen kann.
b) Zwar sieht die Klägerin auch hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit ihrer Vortätigkeiten einen grundsätzlichen Klärungsbedarf, indem sie die weitere Frage stellt,
ob es in Anwendung der Übergangsvorschrift des § 12 PsychThG speziell für die Approbation als Kinder- und Jugendlichentherapeut rechtlich bedenklich ist, den Nachweis psychotherapeutischer Vortätigkeit (unter der alten Rechtsordnung vor Inkrafttreten des PsychThG) zwingend davon abhängig zu machen, ob eine seinerzeit (auch) psychotherapeutisch tätige Person (hier: eine staatlich anerkannte Heilpädagogin) vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des PsychThG (spätestens also am 31. Dezember 1998) über eine Heilpraktikererlaubnis verfügt hat.
Insoweit scheidet eine Zulassung der Revision jedoch schon deshalb aus, weil diese Frage bereits hinreichend geklärt ist. Der Senat hat in seinem Urteil vom 28. November 2002 – BVerwG 3 C 44.01 – (Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 21) entschieden, dass eine psychotherapeutische Vortätigkeit im Rahmen der Übergangsregelung des Psychotherapeutengesetzes für die Approbation als psychologischer Psychotherapeut nicht berücksichtigt werden kann, wenn sie ohne die Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz ausgeübt wurde. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner erneuten Durchführung eines Revisionsverfahrens, dass dies in derselben Weise für die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut nach § 12 Abs. 5 PsychThG gilt; denn für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen war in derselben Weise eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz erforderlich wie für die Behandlung Erwachsener.
c) Schließlich ergibt sich auch kein die Durchführung eines Revisionsverfahrens rechtfertigender Klärungsbedarf hinsichtlich der dritten von der Klägerin formulierten Grundsatzfrage,
ob es verfassungsrechtlich zulässig, insbesondere vereinbar mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Gewaltenteilungsgrundsatz ist, wenn ein Verwaltungsgericht die materiell-rechtliche Überprüfung eines von Klägerseite angefochtenen – belastenden – Verwaltungsaktes auf einen im behördlichen Verfahren nicht thematisierten und für die belastende Entscheidung nicht gegenständlichen Rechtsgrund erstreckt.
Diese Frage zielt darauf, dass das Verwaltungsgericht und – ihm folgend – das Oberverwaltungsgericht die mangelnde Berücksichtigungsfähigkeit der Vortätigkeiten der Klägerin als Begründung für die Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Approbation herangezogen haben, obwohl die Behörde ihre Entscheidung ausschließlich auf den fehlenden Hochschulabschluss gestützt hatte. Ein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich vorgegebene Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG) liegt darin jedoch offenkundig nicht; vielmehr ist es geradezu Aufgabe der Verwaltungsgerichte, Verwaltungsakte wie den hier angegriffenen Rücknahmebescheid umfassend, d.h. in jeder Hinsicht auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Zwar unterliegt es der Disposition der klagenden Partei, welche behördliche Maßnahme sie zum Gegenstand der gerichtlichen Prüfung machen will, sie kann dem Gericht jedoch nicht bestimmte Begründungselemente einer Maßnahme zur Prüfung zuweisen und die gerichtliche Kontrolle darauf beschränken. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist stets die angegriffene Regelung als solche. Es liegt daher auf der Hand, dass die Klage auch dann abgewiesen werden muss, wenn sich die Maßnahme aus einem anderen Grund als dem von der Behörde angegebenen als rechtmäßig erweist. Damit greift das Gericht jedenfalls dann nicht in den der vollziehenden Gewalt vorbehaltenen Bereich ein, wenn es die behördliche Maßnahme selbst – wie hier die nach § 3 Abs. 1 PsychThG zwingend vorgegebene Rücknahme der Approbation – ihrem Wesen nach unverändert lässt.
2. Der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel liegt ebenfalls nicht vor. Dass das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung gemäß § 130a VwGO im Beschlusswege getroffen hat, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, ob das Berufungsgericht den ihm nach § 130a VwGO eröffneten Weg beschreitet, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen, das nur auf sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen überprüfbar ist (Beschluss vom 10. April 1992 – BVerwG 9 B 142.91 – Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 5; stRspr). Ein solcher Ermessensfehler ist hier nicht erkennbar. Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass nach der Rechtsprechung des Senats eine Berücksichtigung psychotherapeutischer Vortätigkeiten zu Gunsten der Klägerin offenbar nicht in Betracht kam. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, also wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten, zugelassen hatte. Zwar kann dies ein Indiz dafür sein, dass die Sache für eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ungeeignet ist. Eine Berufungszulassung mit dieser Begründung zwingt jedoch keineswegs dazu, bei der nachfolgenden Berufungsentscheidung von dem Verfahren nach § 130a VwGO abzusehen (Urteil vom 30. Juni 2004 – BVerwG 6 C 28.03 – Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 64); denn die im Berufungszulassungsverfahren getroffene Einschätzung der Sache äußert insoweit keine rechtliche Bindungswirkung. Vielmehr ist es nicht ausgeschlossen, dass sich nach näherer Befassung mit dem Rechtsstreit die ursprüngliche Beurteilung des Schwierigkeitsgrades nicht aufrechterhalten lässt. In einem solchen Fall ist es ermessensgerecht, das Verfahren nach § 130a VwGO zu wählen.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Kley, van Schewick, Dr. Dette
Fundstellen