Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 25 B 91.31653) |
Tenor
Der Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. September 1999 wird aufgehoben, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 1 (hinsichtlich des asylrechtlichen Teils) abgewiesen worden ist.
Die Sache wird insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung in der Hauptsache bleibt insoweit der Schlußentscheidung vorbehalten. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung in der Hauptsache.
Gründe
Die Beschwerde richtet sich lediglich gegen die Abweisung des asylrechtlichen Begehrens gegen die Beklagte zu 1; hinsichtlich der Abweisung der (ausländerrechtlichen) Klage gegen die noch nach altem Recht gemäß § 28 AsylVfG a.F. von der Beklagten zu 2 erlassene Abschiebungsandrohung sind Beschwerdegründe nicht vorgetragen.
Die Grundsatz- und die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO) sind nicht ordnungsgemäß dargelegt (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Zur Grundsatzrüge bemerkt der Senat, daß Art. 6 Abs. 1 EMRK auf Streitigkeiten der vorliegenden Art nicht anwendbar ist (vgl. etwa Beschluß vom 16. Juni 1999 – BVerwG 9 B 1084.98 – NVwZ 1999, 1108).
Die Beschwerde ist dagegen mit der Rüge der verfahrensfehlerhaften Behandlung eines Beweisantrags zum Asylvorbringen (Verfahrensfehler gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zulässig und begründet. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung verweist der Senat die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO insoweit an das Berufungsgericht zurück.
Die Beschwerde beanstandet zu Recht, das Berufungsgericht hätte den Beweisantrag im Schriftsatz des Klägers vom 2. September 1999 in der Fassung des Schriftsatzes vom 13. September 1999 nicht mit der hierfür zuletzt in dem angefochtenen Beschluß gegebenen Begründung zurückweisen dürfen. Jedenfalls mit den Erläuterungen im Schriftsatz des Klägers vom 13. September 1999 war das Beweisthema – unter Bezugnahme auf den im Laufe des Berufungsverfahrens gehaltenen Vortrag zur exilpolitischen Betätigung des Klägers – hinreichend konkretisiert und substantiiert. Die beantragte Einholung einer amtlichen Auskunft sowie von sachverständigen Stellungnahmen von amnesty international und des Afrika-Instituts durfte das Berufungsgericht allerdings grundsätzlich in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO nach seinem tatrichterlichen Ermessen mit der Begründung ablehnen, die bereits zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Auskünfte, Gutachten und Stellungnahmen reichten zur Beurteilung der Beweisfrage aus (stRspr; vgl. zuletzt etwa den Beschluß des Senats vom 10. Juni 1999 – BVerwG 9 B 81.99 – ≪zur Veröffentlichung bestimmt≫ m.w.N.). Das Berufungsgericht hätte dann jedoch spätestens in seiner Berufungsentscheidung das Bestehen einer hinreichend sicheren Auskunftslage näher erläutern und belegen müssen, zumal der Kläger mit seinem Beweisantrag behauptet hatte, daß sich die eingeführten Erkenntnismittel nicht zu der Beweisfrage „verhalten” würden und die älteren Erkenntnismittel nicht mehr zugrunde gelegt werden könnten. Hierzu enthält die Entscheidung des Berufungsgerichts indessen keine tatrichterlichen Feststellungen und Würdigungen; zur journalistischen Tätigkeit des Klägers begnügt sie sich vielmehr mit der – im übrigen auf einen einzigen Artikel aus dem Jahre 1994 verkürzten (BA S. 8) – Aussage, zum einen „erscheint eine Entschlüsselung des Verfassers aufgrund der gewählten Abkürzung kaum möglich, zum anderen würden etwaige regimekritische Äußerungen aus dem Jahre 1994 aufgrund der zwischenzeitlichen politischen Entwicklung in Angola für die staatlichen Behörden heute voraussichtlich nicht mehr von Interesse sein” (BA a.a.O.), ohne dies weiter auszuführen und zu belegen. Auch die Bemerkung des Berufungsgerichts, dem Beweisantrag auf Einholung neuerer Auskünfte sei „nicht nachzukommen, weil nicht dargelegt wurde, inwiefern eine weitere Beweiserhebung neue, über die bisherige Auskunftslage hinausreichende Erkenntnisse erbringen könnte” (BA S. 9), ist nicht geeignet, die Ablehnung des Beweisantrags zu rechtfertigen. Das ergibt sich bereits daraus, daß die in Bezug genommene „bisherige Auskunftslage” in der angefochtenen Entscheidung nicht mitgeteilt ist. Außerdem gibt es keine derartige beweisrechtliche Darlegungslast, die eine Ablehnung von Beweisanträgen auf Einholung amtlicher Auskünfte und von Sachverständigengutachten erlaubt. Einen solchen Beweisantrag kann das Berufungsgericht, auch wenn mit ihm – wie hier – eine neue Beweislage nur ganz allgemein unter Hinweis auf den Zeitablauf behauptet wird, nur ablehnen, wenn es ermessensfehlerfreie Erwägungen zur entsprechenden Anwendung von § 412 ZPO anstellt und darlegt.
Zum weiteren Verfahren weist der Senat noch darauf hin, daß die vom Berufungsgericht in Abweichung von der erstinstanzlichen Entscheidung vorgenommene Neubewertung der Angaben des Klägers zu seinem (Vor-)Verfolgungsschicksal (BA S. 5 f.) als unglaubhaft und unglaubwürdig mit Verfahrensrecht nicht in Einklang steht (vgl. zuletzt etwa den Beschluß vom 14. Juni 1999 – BVerwG 7 B 47.99 – ≪juris≫ zur abweichenden Würdigung erstinstanzlicher Zeugenaussagen sowie Urteil vom 29. Juni 1999 – BVerwG 9 C 36.98 – ≪juris≫ und Beschluß vom 21. November 1994 – BVerwG 9 B 473.94 – ≪unveröffentlicht≫ zur Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Anhörung des Asylbewerbers im Asylverfahren). Die (Alternativ-)Überlegung (BA S. 6), der Kläger habe seinen Vortrag zu einer drohenden Verhaftung vor seiner Ausreise „später nicht aufrecht erhalten und sich auf die Behauptung” ≪nicht asylerheblicher≫ „beruflicher Beeinträchtigungen beschränkt”, ist nicht nachvollziehbar belegt.
Unterschriften
Dr. Paetow, Hund, Richter
Fundstellen