Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 10.12.2002; Aktenzeichen 4 S 309/00) |
VG Stuttgart (Urteil vom 17.06.1999) |
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage vorgelegt: Macht Art. 39 EGV im Falle eines EG-Staatsangehörigen, der als Professor an einer deutschen Universität im Beamtenverhältnis zu einem deutschen Bundesland gestanden und deshalb eine Sonderzuwendung nach dem Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung erhalten hat, aber vor dem 31. März des folgenden Jahres einen Ruf an eine Universität eines anderen Mitgliedstaates angenommen hat und in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu diesem anderen Mitgliedstaat getreten ist, die Regelung des § 3 Abs. 5 Nr. 1 SZuwG unanwendbar, wonach der vor dem 31. März Ausscheidende die Zuwendung nur behalten darf, wenn das neue Dienstverhältnis ein solches nach deutschem Recht ist?
Tatbestand
I.
Der Kläger, Staatsbürger der Republik Österreich, war seit dem Jahre 1990 als Professor an der Universität K.… Beamter des beklagten Landes. Mit Schreiben vom 30. August 1996 beantragte er seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zum 30. September 1996, weil er einen Ruf an die Universität G.…/Österreich erhalten hatte. Er nahm diesen Ruf an und wurde zum 1. Oktober 1996 als Professor in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Republik Österreich berufen. Mit Verfügung vom 20. November 1996 entließ das baden-württembergische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst den Kläger unter Bezugnahme auf die der Verfügung beigelegte Entlassungsurkunde des Ministerpräsidenten vom 12. November 1996 mit Ablauf des Tages der Zustellung dieser Urkunde aus dem Beamtenverhältnis zum Lande Baden-Württemberg. Die Entlassungsverfügung sowie die Entlassungsurkunde des Ministerpräsidenten wurden dem Kläger am 2. Dezember 1996 in Wien zugestellt.
Im Februar 1997 zahlte der Beklagte dem Kläger für das Jahr 1996 eine anteilige Sonderzuwendung nach dem Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung in Höhe von 7 422,33 DM. Diese Leistung forderte der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid nach § 3 Abs. 6 des Sonderzuwendungsgesetzes zurück, weil der Kläger nicht mindestens bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres im Dienst des Landes Baden-Württemberg verblieben war.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, der Verwaltungsgerichtshof hat sie abgewiesen. Er hat ausgeführt: Der Rückforderungsbescheid sei rechtmäßig. Er habe seine Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes, wonach zuviel gezahlte Bezüge zurückzuzahlen seien. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Sonderzuwendung 1996 gehabt. Am 1. Dezember 1996, dem einen der beiden für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen maßgebenden Stichtage, sei er nicht mehr Beamter des Beklagten gewesen. Denn mit seiner Ernennung zum Professor an der Universität G.… zum 1. Oktober 1996 sei er nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg kraft Gesetzes aus dem Beamtenverhältnis zum Beklagten entlassen gewesen. Anderer Dienstherr im Sinne dieser Vorschrift sei nicht nur ein Dienstherr nach Maßgabe des deutschen Rechts, sondern auch ein solches ausländisches Rechtssubjekt, zu dem ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis nach ausländischem Recht begründet werden könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Er beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2002 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 1999 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Das Verfahren, in dem gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO auszusetzen, um gemäß Art. 234 EGV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu der im Tenor wiedergegebenen Frage einzuholen.
Die Vorabentscheidung dieser Frage ist erforderlich. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist die Frage nach der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 5 Nr. 1 SZuwG erheblich.
Als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid über die Rückzahlung der Sonderzuwendung für das Jahr 1996 kommen nur § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der ab 1. Juli 1997 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 16. Mai 1997 (BGBl I S. 1065) – BBesG – sowie § 3 Abs. 6 des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung in der Fassung des mit Wirkung vom 1. Mai 1996 in Kraft getretenen Art. 4 des Bundesbesoldungs- und – versorgungsanpassungsgesetzes 1996/1997 vom 24. März 1997 (BGBl I S. 590) – SZuwG – in Betracht. Nach § 1 SZuwG erhalten u.a. Bundesbeamte und Beamte der Länder eine jährliche Sonderzuwendung. § 3 Abs. 1 des Gesetzes bestimmt als nähere Voraussetzung hierfür, dass der Berechtigte am 1. Dezember Beamter ist und mindestens bis zum 31. März des folgenden Jahres im Dienst seines Dienstherrn verbleibt, es sei denn, dass er ein früheres Ausscheiden nicht selbst zu vertreten hat. Die letztgenannte Voraussetzung gilt gemäß § 3 Abs. 5 Nr. 1 des Gesetzes auch als erfüllt, wenn der Berechtigte vor dem 31. März des folgenden Jahres in den Dienst eines anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn übertritt. Ist die Zuwendung gezahlt worden, obwohl sie nach den genannten Vorschriften nicht zustand, so ist sie nach § 3 Abs. 6 des Gesetzes in voller Höhe zurückzuzahlen. Die Rückforderung einer Sonderzuwendung richtet sich nach § 12 Abs. 2 BBesG, wenn die Sonderzuwendung rechtsgrundlos gewährt worden ist und diese Rechtsgrundlosigkeit aus dem Fehlen der Anspruchsvoraussetzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SZuwG herrührt. § 3 Abs. 6 SZuwG ist Grundlage für das Rückzahlungsverlangen, wenn die Anspruchsvoraussetzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 SZuwG nicht verwirklicht ist.
Der angefochtene Rückforderungsbescheid kann nicht auf § 12 Abs. 2 BBesG gestützt werden. Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SZuwG. Insbesondere stand er am 1. Dezember 1996 in einem Rechtsverhältnis nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 SZuwG. Er war zu diesem Zeitpunkt – noch – Beamter des Landes Baden-Württemberg.
Der Kläger ist nicht, wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat, bereits am 1. Oktober 1996 durch die Ernennung zum Beamten der Republik Österreich nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg vom 19. März 1996 (GBl. BW S. 285) – LBG BW – kraft Gesetzes aus dem Beamtenverhältnis zu diesem Bundesland entlassen worden. Nach dieser Bestimmung ist der Beamte entlassen, wenn er in ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis zu einem anderen Dienstherrn tritt, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist oder nach Absatz 4 angeordnet wird. Das zum 1. Oktober 1996 begründete Dienstverhältnis zur Republik Österreich ist kein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis zu einem anderen Dienstherrn im Sinne des § 40 Abs. 1 Nr. 3 LBG BW. Unter diesen Begriff fallen nur Beamten- oder Amtsverhältnisse nach deutschem Recht und zu einem deutschen Dienstherrn. Sowohl der Begriff “öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis” als auch “Dienstherr” sind spezielle Begriffe des deutschen Beamtenrechts und lassen sich nur ihm zuordnen. § 2 Abs. 1 des Beamtenrechtsrahmengesetzes – BRRG – definiert das Beamtenverhältnis als öffentlich-rechtliches Treueverhältnis zu einem Dienstherrn. Die rechtliche Fähigkeit, Dienstherr zu sein, und damit das wesentliche Kriterium des Dienstherrnbegriffs erkennt § 121 BRRG nur juristischen Personen nach deutschem Recht zu.
Um die Tätigkeit im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedstaates der EG wie die Verwendung in einem öffentlichen Dienst- oder Amtsverhältnis zu einem deutschen Dienstherrn behandeln zu können, bedarf es einer Gleichstellungsvorschrift, wie sie § 29 Abs. 2 Nr. 1 BBesG für die Anwendung der Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes darstellt. In Bezug auf die Bestimmungen über die Beendigung des Beamtenverhältnisses (§ 21 ff. BRRG, § 39 ff. LBG BW) haben der Bundes- und der Landesgesetzgeber eine dem § 29 Abs. 2 Nr. 1 BBesG entsprechende Vorschrift bewusst nicht geschaffen. An den Übertritt in ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis zu einem anderen Dienstherrn haben sie das Ausscheiden aus dem bisherigen Beamtenverhältnis als gesetzliche Rechtsfolge geknüpft, weil der Beamte nicht zur gleichen Zeit zwei Dienstherrn zur vollen Hingabe an den Beruf und zur Treue verpflichtet sein kann. Indessen konnte der Gesetzgeber die Geltung einer derartig intensiven und umfassenden Pflicht- und Treuebindung für Dienstnehmer im öffentlichen Dienst eines ausländischen Staates und damit auch die massive Pflichtenkollision eines Beamten, der in einen ausländischen öffentlichen Dienst übertritt, nicht voraussetzen. Soweit es bei einem derartigen Übertritt zu – je nach der rechtlichen Ausgestaltung des neuen Dienstverhältnisses unterschiedlichen – nachteiligen Auswirkungen auf das fortbestehende Beamtenverhältnis kommt, kann dem durch Weisungen des Dienstherrn an den Beamten, notfalls durch Beendigung des Beamtenverhältnisses, sei es auf Antrag des Beamten, sei es durch das Disziplinargericht, begegnet werden.
Die Annahme, der Wechsel eines Beamten in den öffentlichen Dienst eines ausländischen Staates sei ein Eintritt in ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis zu einem anderen Dienstherrn im Sinne des § 22 Abs. 2 BRRG, § 40 Abs. 1 Nr. 3 LBG BW, wäre der Sache nach eine analoge Anwendung dieser Vorschriften. Die Bestimmungen über die Beendigung des Beamtenverhältnisses sind aber einer analogen Anwendung nicht zugänglich. In ihnen sind die Voraussetzungen und Formen der Beendigung des Beamtenverhältnisses mittels differenzierender, stark kasuistisch geprägter Tatbestände abschließend geregelt.
Danach ist der Kläger erst mit der Zustellung der Entlassungsverfügung und der Entlassungsurkunde des Ministerpräsidenten am 2. Dezember 1996 aus dem Beamtenverhältnis zum Lande Baden-Württemberg ausgeschieden.
Nach § 3 Abs. 6 SZuwG ist die Zuwendung in voller Höhe zurückzuzahlen, wenn sie gewährt worden ist, obwohl sie nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 SZuwG dem Empfänger nicht zustand. Anspruchsvoraussetzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 SZuwG ist, dass der – am 1. Dezember im Dienst eines Dienstherrn stehende – Beamte mindestens bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres im Dienst dieses Dienstherrn verbleibt. Diese Voraussetzung gilt nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 SZuwG u.a. auch dann als erfüllt, wenn ein Berechtigter vor dem 31. März des folgenden Jahres in den Dienst eines anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn übertritt.
Öffentlich-rechtlicher Dienstherr im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 SZuwG ist – ebenfalls – nur ein Dienstherr im Sinne des deutschen Rechts. § 29 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BBesG ordnet die Gleichstellung einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst eines Mitgliedstaats der Europäischen Union mit der Tätigkeit im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn nur für dieses Gesetz, d.h. das Bundesbesoldungsgesetz, an. Das Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung ist ungeachtet der Rechtsqualität der Sonderzuwendung als Teil der Besoldung (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 2 BBesG) ein anderes Gesetz als das Bundesbesoldungsgesetz.
Der Senat hat Zweifel, ob das in § 3 Abs. 5 Nr. 1 SZuwG statuierte Erfordernis des Übertritts in den Dienst eines anderen deutschen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.
Aus dem Recht auf Freizügigkeit, Art. 39 EGV, ergeben sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften für die Mitgliedstaaten das Gebot, alle Unionsbürger bei der Suche nach einer Beschäftigung und bei ihrer Ausübung gleich zu behandeln, und das Verbot, Arbeitnehmer bei der Wahrnehmung ihres Rechts zu beschränken, sich in einem Mitgliedstaat um eine angebotene Stelle zu bewerben, dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Mitgliedstaats geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften einer Beschäftigung nachzugehen und nach deren Beendigung weiter im Aufenthaltsstaat zu verbleiben. Der Kläger unterfällt der Regelung des Art. 39 EGV. Er gehört zu dem nach dieser Vorschrift berechtigten Personenkreis. Er ist, da er gegen Entgelt seine wissenschaftlichen Dienstleistungen erbringt, ungeachtet seines Beamtenstatus nach deutschem Recht, Arbeitnehmer im Sinne des Art. 39 EGV. Die Bereichsausnahme nach Art. 39 Abs. 4 EGV ist auf ihn nicht anwendbar, auch nicht deshalb, weil er ab 1. April 1996 als gewählter Prorektor Vertreter des Rektors der Universität K.… war. Wegen der grundlegenden Bedeutung, die nach dem Vertrag die Grundsätze der Freizügigkeit und Gleichberechtigung der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft haben, kann die Ausnahme nach Art. 39 Abs. 4 EGV nicht weiter reichen als es der Zweck erfordert, um dessen willen sie vorgesehen ist. Den Interessen, die zu schützen den Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung erlaubt ist, wird dadurch genügt, dass der Zugang ausländischer Staatsangehöriger zu gewissen Tätigkeiten in der öffentlichen Verwaltung beschränkt werden kann. Art. 39 Abs. 4 EGV kann jedoch keine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf Entlohnung oder sonstige Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer rechtfertigen, wenn diese einmal in den Dienst der Verwaltung aufgenommen sind. Denn bereits die Tatsache der Aufnahme in den Dienst der Verwaltung zeigt, dass die Interessen, die gemäß Art. 39 Abs. 4 EGV die Ausnahme vom Grundsatz der Nichtdiskriminierung rechtfertigen, nicht infrage stehen (EuGH, Urteil vom 12. Februar 1974 – Rechtssache 152/73 – Sotgiu – Slg. 1974, 153 ff.).
In dem Erfordernis, in den Dienst eines anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn nach deutschem Recht überzutreten, um den Anspruch auf die Sonderzuwendung zu wahren, kann eine Diskriminierung der Staatsbürger anderer Mitgliedstaaten gesehen werden. Ihnen gegenüber werden Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland insoweit besser behandelt, als sie nach dem Ausscheiden aus einem Beamtenverhältnis in Deutschland auch beim Eintritt in ein anderes öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis im eigenen Land Anspruch auf die Sonderzuwendung haben, Ausländer hingegen keinen derartigen Anspruch haben, wenn sie aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis in Deutschland in den öffentlichen Dienst eines anderen EU-Staates wechseln.
Gegen das Beschränkungsverbot nach Art. 39 EG könnte § 3 Abs. 5 Nr. 1 SZuwG dadurch verstoßen, dass die Vorschrift den Anspruch derjenigen, die zwischen dem 2. Dezember und dem 31. März des folgenden Jahres in ein anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis übertreten, davon abhängig macht, dass dieses neue Dienstverhältnis ein solches nach deutschem Recht ist. Eine verbotene Beschränkung kann nämlich auch eine Regelung sein, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats daran hindert oder davon abhält, sein Herkunftsland (EuGH, Urteile vom 27. Januar 2000 – Rechtssache C-190/98 – Graf – Slg. 2000 I, 493 und vom 26. Januar 1999 – Rechtssache C-18/95 – Terhoeve – Slg. 1999 I, 345) oder einen anderen Mitgliedstaat (EuGH, Urteil vom 15. Dezember 1995 – Rechtssache C-415/93 – Bosman – Slg. 1995 I, 5040) zu verlassen, um in einem weiteren Mitgliedstaat zu arbeiten. § 3 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 SZuwG hat diese Wirkung. Der Verlust des Anspruchs auf die Sonderzuwendung kann einen Unionsbürger, der in einem Beamten- oder Amtsverhältnis in Deutschland steht, davon abhalten, in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis in einem anderen Mitgliedstaat zu wechseln.
Der zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nötigende Umstand ist danach der folgende: Es erscheint dem Senat möglich, dass die Notwendigkeit, dass ein aus einem Beamten- oder Amtsverhältnis in Deutschland ausscheidender Unionsbürger wieder in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu einem deutschen Dienstherrn übertritt, um den Anspruch auf die Sonderzuwendung zu wahren, eine relevante (hinreichend direkte) Behinderung der Freizügigkeit darstellt.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Prof. Dawin, Dr. Kugele, Groepper, Dr. Bayer
Fundstellen