Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 21 A 4413/96.A) |
Tenor
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 1999 wird verworfen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die ausschließlich auf Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Ausführungen unter 1. – 4. der Beschwerdebegründung enthalten lediglich Sachverhaltsdarstellungen und keine Zulassungsrügen. Die nachfolgenden Ausführungen – beginnend mit 5. (S. 12 ff. der Beschwerdebegründung) – enthalten zwar die Rügen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) sowie der „Pflicht zur Amtsermittlung” nach § 86 VwGO, diese werden jedoch teilweise nicht ordnungsgemäß strukturiert vorgetragen. Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Es ist nicht die Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts, sich aus einem 20-seitigen Schriftsatz ungeordnet und ohne erkennbaren Zusammenhang angebrachte Zulassungsrügen im einzelnen herauszusuchen. Vielmehr obliegt dem prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt die Sichtung, Durchdringung und Aufbereitung des Prozeßmaterials im Hinblick auf die erhobenen Zulassungsrügen sowie deren klare und verständliche Darstellung. Unabhängig hiervon sind sämtliche Verfahrensrügen nicht hinreichend und schlüssig dargetan.
Mit der ersten Rüge (Beschwerdebegründung 5., S. 12) macht die Beschwerde geltend, das Oberverwaltungsgericht hätte die von ihr mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1999 vorgetragenen Strafvorschriften (vgl. dazu auch den Vortrag unter 1. der Beschwerdebegründung) im authentischen Wortlaut beiziehen und allen Beteiligten zur Verfügung stellen müssen. An seinen vom Berufungsgericht nicht angegriffenen oder als unzutreffend zurückgewiesenen Sachvortrag sei das Bundesverwaltungsgericht gebunden; damit stehe fest, daß in Sri Lanka Strafvorschriften bestünden, welche die finanzielle Unterstützung der LTTE durch Tamilen in Deutschland mit einer Mindeststrafe von sieben Jahren unter Strafe stellten (Beschwerdebegründung S. 13). Aus diesem Vortrag ergeben sich die behaupteten Verfahrensfehler nicht.
Abgesehen davon, daß das Bundesverwaltungsgericht nur an tatsächliche Feststellungen im Berufungsurteil und nicht an unwidersprochen gebliebenen Parteivortrag gebunden ist (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO), ist den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils zu entnehmen, daß das Oberverwaltungsgericht eine Verfolgungsgefahr unabhängig von der Ausgestaltung der Strafvorschrift und der Höhe der Mindeststrafe aus folgenden Erwägungen verneint hat (vgl. UA S. 16):
„Auch losgelöst von dem Anknüpfungspunkt der Einreise ergibt sich nichts Greifbares dafür, daß Rückkehrer im Hinblick auf die bei den staatlichen Behörden bekannten Aktivitäten der LTTE bzw. ihrer Auslandsorganisationen sowie wegen der Besorgnis der Infiltration (…) allgemein in einem solchen Maße gefährdet wären, daß der Schluß auf eine beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung zu ziehen wäre. Zwar ist zugrunde zu legen, daß die srilankischen Strafverfolgungsbehörden wegen der Auslandsaktivitäten der LTTE gegenüber tamilischen Rückkehrern den Verdacht hegen können, die LTTE durch freiwillige oder erzwungene finanzielle Zuwendungen im Ausland unterstützt zu haben; … Ein solcher pauschaler Verdacht löst aber in der srilankischen Praxis nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit die Strafverfolgung im konkreten Einzelfall aus, so daß der Frage nach dem Charakter der Strafverfolgungsmaßnahmen als Akte politischer Verfolgung nicht nachzugehen ist. …”
Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Sie legt auch nicht dar, weshalb das Berufungsgericht den Wortlaut der einschlägigen Strafvorschriften hätte ermitteln und in das Verfahren einführen müssen, obwohl es nach seiner tatrichterlichen Einschätzung hierauf nicht mehr ankam. Eine Pflicht zur Aufklärung ausländischen Rechts und Einführung des authentischen Wortlauts ausländischer Rechtsvorschriften kann sich allerdings im Rahmen der Verpflichtung zur Aufklärung der ausländischen Rechtspraxis als Voraussetzung für die Gefahrenprognose im Asylprozeß ergeben (vgl. insbesondere BVerfG, Beschluß vom 1. Juli 1987 – 2 BvR 478, 962/86 – BVerfGE 76, 143, 165 f.).
Die Beschwerde rügt weiter (Beschwerdebegründung 6., S. 13 f.), die Existenz einer Strafvorschrift, mit der die finanzielle Unterstützung der LTTE durch im Ausland lebende Tamilen mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sieben Jahren belegt sei, müsse „von Amts wegen zu der Frage führen, ob eine solche Strafvorschrift nicht für sich genommen politische Verfolgung” im Sinne von Art. 16 a GG darstelle. Mit dem hierzu gehaltenen Vortrag beschäftige sich das Oberverwaltungsgericht an keiner Stelle und verletze auch damit den Anspruch auf rechtliches Gehör sowie seine Verpflichtung zur Sachaufklärung. Mit diesem Vortrag werden die behaupteten Verfahrensmängel ebenfalls nicht schlüssig aufgezeigt.
Das ergibt sich schon daraus, daß sich die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang nicht – wie erforderlich – mit den oben zitierten Ausführungen des Berufungsgerichts dazu befaßt, daß nach dessen tatrichterlicher Würdigung eine Strafverfolgungsgefahr nach der Rechtspraxis in Sri Lanka tatsächlich nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit besteht. Das entspricht im übrigen in seinem Ausgangspunkt der höchstrichterlichen Rechtsprechung dazu, daß es für die Beurteilung einer politischen Verfolgungsgefahr wegen befürchteter Bestrafung im Heimatstaat in erster Linie auf die konkrete Rechtspraxis des Verfolgerstaats und nicht auf die abstrakte Rechtslage ankommt (vgl. zuletzt etwa das Urteil des Senats vom 17. Dezember 1996 – BVerwG 9 C 20.96 – NVwZ-RR 1997, 740).
Soweit sich die Beschwerde (Beschwerdebegründung 7., S. 15 ff.) gegen die Auffassung des Berufungsgerichts wendet, daß der pauschale Verdacht einer finanziellen Unterstützung der LTTE im konkreten Einzelfall nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu Strafverfolgungsmaßnahmen führe, greift sie lediglich – in der Art einer Berufungsbegründung – die tatrichterliche Feststellung und Würdigung des Sachverhalts als falsch an, ohne einen Verfahrensfehler nach § 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu bezeichnen. Hierfür reicht insbesondere die pauschale Rüge – im Anschluß an umfangreiche Tatsachenschilderungen – nicht aus, damit ergebe sich „insgesamt, daß das OVG seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes und seiner Pflicht, rechtliches Gehör zu gewähren, nicht nachgekommen” sei (Beschwerdebegründung S. 19).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Hund, Richter
Fundstellen