Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 2 N 97.613) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 200 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan, durch den ein reines Wohngebiet festgesetzt wird. Das Plangebiet besteht aus vier Grundstücken. Zum Zwecke des Erhalts wertvoller Biotop- und Grünbestandsflächen wird das Baurecht auf einen Bauraum konzentriert, der sich lediglich auf zwei Grundstücke erstreckt. Ferner wird für das reine Wohngebiet eine einheitliche GFZ und GRZ festgesetzt.
Das Normenkontrollgericht hat den Bebauungsplan für nichtig erklärt. Hiergegen setzt die Antragsgegnerin sich mit der Nichtzulassungsbeschwerde zur Wehr.
Entscheidungsgründe
II.
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst.
1. Die sinngemäß aufgeworfene Frage, ob ein einheitlicher Bauraum mit einer GFZ und GRZ festgesetzt werden kann, wenn einzelne Grundstücke ohne bodenordnende Maßnahmen nicht selbständig bebaubar sind, nötigt nicht zur Zulassung der Revision, da sie sich anhand der §§ 19 und 20 BauNVO ohne weiteres beantworten lässt, ohne dass es eigens der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Wie aus § 19 Abs. 2 und 3 BauNVO erhellt, ist die räumliche Bezugsgröße für die zulässige Grundfläche das Baugrundstück. Gleiches gilt für die Grundflächen- und die Geschossflächenzahl, da § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BauNVO insoweit auf § 19 Abs. 3 BauNVO verweisen. Das Bundesverwaltungsgericht hat wiederholt bestätigt, dass in dieser Bestimmung als Baugrundstück grundsätzlich das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne zu verstehen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 1973 – BVerwG 4 C 48.72 – BVerwGE 44, 250 und vom 14. Februar 1991 – BVerwG 4 C 51.87 – BVerwGE 88, 24). Ausnahmen hiervon sind nur dort vertretbar, dann allerdings auch geboten, wo bei Verwendung des grundbuchrechtlichen Begriffs die Gefahr entstände, dass der Sinn einer bestimmten bodenrechtlichen Regelung handgreiflich verfehlt würde.
Nach der eigenen Darstellung der Antragsgegnerin besteht der „einheitliche Bauraum”, auf den sich ihre GFZ- und GRZ-Festsetzung bezieht, aus mehreren selbständigen Buchgrundstücken. Ein Ausnahmefall, der es rechtfertigen könnte, die einzelnen Flurstücke zu einer Grundstückseinheit zusammen zu fassen, liegt nach den Feststellungen des Normenkontrollgerichts nicht vor. Der Umstand, dass die derzeit vorhandenen Parzellen früher ein Grundstück bildeten und die jetzigen Eigentümer Geschwister sind, ist nicht geeignet, vom grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriff abzugehen. Bloße persönliche Verbundenheit erfüllt offensichtlich nicht die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hierfür erforderlichen Voraussetzungen. An diesem Ergebnis vermögen entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch etwaige bodenordnende Maßnahmen nichts zu ändern. Die §§ 45 ff. BauGB eröffnen die Möglichkeit, den Zuschnitt der im Planungsraum belegenen Grundstücke zu verändern. Sie bieten dagegen keine Handhabe für die Schaffung eines einheitlichen Bauraums, der den Vorstellungen der Antragsgegnerin entspricht. Auch nach Durchführung einer Umlegung bilden bei der Anwendung der §§ 19 und 20 BauNVO die jeweiligen Baugrundstücke die maßgebliche Bezugsgröße. Die Möglichkeit, die GFZ und die GRZ auf eine größere Fläche zu beziehen, ist zwar verschiedentlich erwogen worden. Beleg hierfür sind die Ausführungen von Bielenberg (in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 19 BauNVO, Rn. 19), auf die das Normenkontrollgericht verweist. In die Baunutzungsverordnung haben diese Überlegungen jedoch keinen Eingang gefunden.
2. Die Frage, ob eine Umlegung als taugliches Mittel dafür benutzt werden kann, einen größeren Bauraum mit einer GFZ bzw. GRZ zu schaffen, rechtfertigt auf der Grundlage der von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Auch sie würde dem Revisionsgericht keinen Anlass bieten, Rechtsfragen zu klären, deren Bedeutungsgehalt über den anhängigen Rechtsstreit hinausweist.
Wie aus dem Normenkontrollurteil zu ersehen ist, führen die Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans dazu, dass jedenfalls die Flurstücke Nr. 303/8 und 303/9 nicht bebaubar sind. Der Ausschluss der baulichen Nutzung lässt sich nach der Einschätzung des Normenkontrollgerichts auch in einem Verfahren der Bodenordnung nicht mehr rückgängig machen. Ob diese Auffassung zutrifft, ist eine Frage der Einzelfallwürdigung. Die Antragsgegnerin zeigt nicht auf, inwiefern losgelöst von den Besonderheiten des konkreten Falles in dem von ihr angesprochenen Themenbereich ein Klärungsbedarf besteht, der in einem Revisionsverfahren befriedigt werden könnte. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BauGB können u.a. im Geltungsbereich eines Bebauungsplans bebaute und unbebaute Grundstücke durch Umlegung in der Weise neu geordnet werden, dass nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltete Grundstücke entstehen. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass durch bodenordnende Maßnahmen vielfach überhaupt erst Grundstücke geschaffen werden, auf denen das durch den Bebauungsplan eingeräumte Baurecht verwirklicht werden kann. Sie stellt indes selbst nicht in Abrede, dass einer Bebaubarkeit der Flurstücke Nr. 303/8 und 303/9 nicht die zu geringe Größe oder der ungünstige Zuschnitt im Wege steht. Sie räumt ein, dass diese Grundstücke ebenso wie die Flurstücke 303/10 und 303/11 ohne weiteres auch ohne Maßnahmen der Bodenordnung bebaubar wären. Dass sie gleichwohl von Bebauung frei gehalten bleiben sollen, beruht darauf, dass es das ausdrückliche Ziel der Antragsgegnerin ist, die bauliche Nutzung an anderer Stelle zu konzentrieren. Die Flurstücke 303/8 und 303/9 sind in diesem planerischen Konzept zwar formal Bestandteil des festgesetzten reinen Wohngebiets. Trotzdem sollen sie nach dem Willen der Antragsgegnerin für eine Bebauung aber nicht zur Verfügung stehen. Nach der Konzeption, die dem angegriffenen Bebauungsplan zu Grunde liegt, lässt sich der Zweck, das Planungsgebiet so zu ordnen, dass für die bauliche Nutzung zweckmäßig gestaltete Grundstücke i.S.d. § 45 Abs. 1 Satz 1 BauGB entstehen, nicht unter Einschluss dieser Grundstücke erreichen. Der nicht baulichen Zielsetzungen vorbehaltene Planbereich soll auch dann, wenn bodenordnende Maßnahmen stattfinden, nicht angetastet werden. Eine solche Flächenausscheidung kommt im Rahmen der Umlegung indes nur unter den in § 55 Abs. 2 BauGB genannten Voraussetzungen in Betracht. Dies bedarf nicht eigens einer Bestätigung in einem Revisionsverfahren.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Berkemann, Lemmel, Halama
Fundstellen
Haufe-Index 557243 |
ZfBR 2001, 421 |
BRS 2000, 471 |
FSt 2001, 774 |