Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 9 A 3119/99.A)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

„ob die Grundsätze über die inländische Fluchtalternative auch dann noch auf die autonomen kurdischen Provinzen im Norden des Irak anwendbar sind, wenn auf Grund der aufgezeigten veränderten politischen Situation im Nahen Osten das Auswärtige Amt unter Abweichung von seinen bisherigen Auskünften zur Situation im Irak den Einmarsch irakischer Sicherheitskräfte in den Nordirak (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 13. Dezember 2000 an das Verwaltungsgericht Greifswald) oder ein erneutes militärisches Vorgehen gegen die Kurdenparteien im Nordirak (Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 15. Februar 2001, S. 8 Abs. 1) – und damit als ‚reale’ Möglichkeit (…) – nicht mehr ausschließen kann.”

(Beschwerdebegründung S. 13)

Eine in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage, wie § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO es voraussetzt, wirft die Beschwerde damit nicht auf. Sie zielt vielmehr in erster Linie auf die Klärung der tatsächlichen Verhältnisse im Irak. Diese ist jedoch den Tatsachengerichten vorbehalten. Die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 9 f.) verkennt, dass offene Grundsatzfragen im tatsächlichen Bereich zwar die Zulassung der Berufung in Asylrechtsstreitigkeiten begründen können, nicht aber zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen (Urteil vom 31. Juli 1984 – BVerwG 9 C 46.84 – BVerwGE 70, 24). Die in dem aufgeworfenen Fragekomplex auch angesprochenen Rechtsfragen zu den Voraussetzungen für die Annahme einer inländischen Fluchtalternative sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – auch für eine Situation wie im Nordirak – rechtsgrundsätzlich geklärt (vgl. Urteil vom 8. Dezember 1998 – BVerwG 9 C 17.98 – BVerwGE 108, 84; Urteil vom 5. Oktober 1999 – BVerwG 9 C 15.99 – BVerwGE 109, 353). Weitergehenden rechtlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde insoweit nicht auf; insbesondere ergibt sich ein solcher nicht allein daraus, dass diese Grundsätze nunmehr auf – wie die Beschwerde geltend macht – veränderte Verhältnisse im Nordirak anzuwenden sind.

Soweit die Beschwerde eine Divergenz des angefochtenen Beschlusses zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86 u.a. – (BVerfGE 80, 315) geltend macht, genügt sie schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Sie zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung ausdrücklich oder stillschweigend einen abstrakten Rechtssatz zugrunde legt, mit dem es von dem durch das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung aufgestellten Grundsatz abweicht, wonach eine inländische Fluchtalternative nur dort besteht, wo der Asylsuchende vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher ist. Auch hiermit wendet sich die Beschwerde in Wahrheit gegen die Sachverhaltswürdigung durch das Berufungsgericht. Zur Zulassung der Revision wegen Divergenz führt dies nicht.

Auch die Verfahrensrügen sind nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt (zu den hierfür geltenden Anforderungen vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO n.F. Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Insbesondere setzt sich die Gehörsrüge (Art. 103 Abs. 1 GG), mit der die Beschwerde beanstandet, das Berufungsgericht sei nicht auf den Sachvortrag des Klägers zur veränderten und instabileren Situation im Nordirak eingegangen, nicht substantiiert mit den hierauf bezogenen Erwägungen des Berufungsgerichts (BA S. 7 f.) auseinander. Die dortigen Ausführungen belegen im Übrigen, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Mit jeder Einzelheit seines Vortrags brauchte sich das Berufungsgericht dabei nicht ausdrücklich auseinanderzusetzen (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 – 1 BvR 1621/94BVerfGE 96, 205 ≪216≫ m.w.N.). Dass es die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 13. Dezember 2000 an das Verwaltungsgericht Greifswald und den Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 15. Februar 2001 hier unerwähnt ließ, indiziert deshalb keinen Gehörsverstoß, zumal da sich das Berufungsgericht mit der den Standpunkt des Klägers deutlich stärker stützenden Stellungnahme des Deutschen Orientinstituts vom 30. März 1999 an das Verwaltungsgericht Oldenburg näher befasst hat (BA S. 7).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 83 b Abs. 2 AsylVfG.

 

Unterschriften

Eckertz-Höfer, Dr. Mallmann, Dr. Eichberger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI666444

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