Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsklage. berechtigtes Interesse. Subsidiarität. allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Kreuzungsrechtsverfahren. Bahnübergang. Sparsamkeitsgrundsatz. kommunale Finanzhoheit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Grundsatz der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 VwGO) steht einer Klage nicht entgegen, die darauf gerichtet ist, die Verpflichtung eines Kreuzungsbeteiligten zur Kostenbeteiligung an einer Kreuzungsmaßnahme nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz dem Grunde nach festzustellen.
2. Soweit § 13 EKrG die in dieser Vorschrift getroffene Kostenfolge davon abhängig macht, dass „eine Maßnahme nach § 3” EKrG durchgeführt wird, verweist die Regelung nur auf die materiellen, nicht jedoch die formellen Voraussetzungen dieser Vorschrift.
Normenkette
EKrG §§ 3, 13 Abs. 1; EBO 1967 § 11 Abs. 6; VwGO § 43 Abs. 2; GG Art. 28 Abs. 2; HGrG §§ 1, 6
Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Entscheidung vom 13.04.2000; Aktenzeichen 1 L 50/00) |
VG Halle (Saale) (Entscheidung vom 09.12.1999; Aktenzeichen 1 A 1571/97) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 13. April 2000 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte zur Zahlung eines Drittels der Kosten für den Einbau neuer technischer Sicherungen an drei Bahnübergängen im Gebiet der Beklagten verpflichtet ist.
Die in der Ortslage der Beklagten gelegenen Bahnübergänge der Eisenbahnstrecke Halle-Halberstadt waren bisher durch wärterbediente mechanische Vollschranken (Bahnübergänge „Priester-Hallweg” und „Wallwitzer Straße”) bzw. durch ein in das Andreaskreuz integriertes Blinklicht (Bahnübergang „Groß Merbitz”) gesichert. Im Rahmen eines Projektes zur Erhöhung der Streckengeschwindigkeit wurden diese Sicherungsanlagen durch Lichtzeichenanlagen mit Halbschranken ersetzt. Angebote der Klägerin zum Abschluss von Kreuzungsvereinbarungen für die drei Übergänge lehnte die Beklagte ab. Eine Anordnung des Bundesministeriums für Verkehr in einem Kreuzungsrechtsverfahren nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz erging nicht und wurde von den Beteiligten auch nicht beantragt.
Die Klage, mit der die Klägerin beantragt hat festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die kreuzungsbedingt entstehenden Kosten für die Anpassung der drei Bahnübergänge an die Rechtsbestimmungen der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung in Höhe von einem Drittel zu tragen, hat das Verwaltungsgericht als unzulässig abgewiesen, weil sie gegen den in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO enthaltenen Subsidiaritätsgrundsatz verstoße. Die Klägerin könne sogleich auf Zahlung des begehrten Kostenanteils an der Kreuzungsmaßnahme klagen und dadurch unmittelbar ihr eigentliches Klageziel erreichen. Das Feststellungsbegehren sei auch nicht geeignet zu klären, in welchem Umfang und für welche Maßnahmen die Beklagte gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 EKrG ein Drittel der Kosten tragen solle, weil insoweit weder eine Vereinbarung nach § 5 EKrG geschlossen noch eine Anordnung nach §§ 8 und 10 EKrG getroffen worden sei. Fehle es aber an den erforderlichen Voraussetzungen, könne ein Feststellungsurteil nicht mehr aussprechen, als die gesetzliche Regelung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 EKrG ohnehin bereits enthalte. Eine Feststellungsklage sei deshalb nicht prozessökonomisch; die Klägerin sei darauf zu verweisen, zunächst eine Vereinbarung oder eine Anordnung zu erwirken. Im Übrigen wäre voraussichtlich eine Leistungsklage unbegründet gewesen, weil es bisher an einer Maßnahme nach § 3 EKrG fehle und außerdem nicht nachgewiesen sei, dass die geforderten Erstattungen angefallen und fällig seien.
Auf die Berufung der Klägerin stellte das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 13. April 2000 fest, dass die Beklagte verpflichtet sei, die kreuzungsbedingt entstehenden Kosten für die Änderung des Bahnübergangs „Groß Merbitz” in Höhe von einem Drittel zu tragen. Im Übrigen wies das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurück. Zur Begründung führte es aus: Eine den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnende öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liege vor, weil das Eisenbahnkreuzungsgesetz die Kreuzungsbeteiligten ungeachtet ihrer Rechtsform als Hoheitsträger in Anspruch nehme. Die erhobene Feststellungsklage sei auch statthaft und verstoße entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen den Subsidiaritätsgrundsatz, da von der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Körperschaft zu erwarten sei, dass sie ein Feststellungsurteil auch ohne Vollstreckungsdruck respektiere, und die Gefahr einer Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen nicht bestehe. Im Übrigen könne nur eine Feststellungsklage effektiven Rechtsschutz gewähren, weil die Erhebung einer Leistungsklage erst dann möglich sei, wenn nach Abschluss der Baumaßnahmen die Höhe der entstandenen Kosten feststehe. Das Vorliegen einer Entscheidung im Kreuzungsrechtsverfahren sei mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung keine Sachurteilsvoraussetzung für eine Klage in einem Kreuzungsrechtsstreit.
Die Klage sei jedoch nur hinsichtlich des Bahnübergangs „Groß Merbitz” begründet. Die Anwendbarkeit der für den geltend gemachten Feststellungsanspruch maßgeblichen Kostenregelung des § 13 Abs. 1 EKrG hänge ebenfalls nicht vom Vorliegen einer Vereinbarung oder einer Anordnung nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz ab. Aus dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Regelungen des Eisenbahnkreuzungsgesetzes sei zu schließen, dass die Möglichkeiten, eine Entscheidung im Kreuzungsrechtsverfahren bzw. im gerichtlichen Verfahren zu beantragen, grundsätzlich nebeneinander beständen. Die mithin für das Vorliegen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 EKrG maßgeblichen materiellen Voraussetzungen des § 3 EKrG seien hinsichtlich des Bahnübergangs „Groß Merbitz” erfüllt, weil es sich insoweit um eine Maßnahme nach § 3 Nr. 3 EKrG handele, durch die die Bahnübergangssicherung den Sicherheitsbestimmungen der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 8. Mai 1967 – EBO – angepasst werde. Sie sei deshalb eine Maßnahme, die für die Sicherung des Verkehrs im Interesse der Straßenverkehrsteilnehmer an einer einheitlichen Sicherung und Signalisierung von Bahnübergängen erforderlich sei. Das bisher vorhandene Andreaskreuz mit integriertem Blinklicht habe – wie sich aus § 11 Abs. 6 EBO ergebe – den Vorschriften nicht entsprochen. Zwar habe das Bundesministerium für Verkehr insoweit eine bis zum 31. Dezember 2003 befristete Ausnahme zugelassen. Es sei aber nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin bereits jetzt die von § 11 EBO vorgesehene Übergangssicherung verwirklicht habe. Da es kein technisches Verfahren gebe, die vorhandene Anlage an die gesetzliche Bestimmung anzupassen, sei ihr vollständiger Ersatz geboten. Gegenüber der Kostenpflicht könne die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, dass entsprechende Haushaltsmittel nicht zur Verfügung ständen. Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung sei den Kreuzungsbeteiligten der Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit abgeschnitten. Die Kostenpflicht der Beklagten verstoße auch nicht gegen die von Art. 28 Abs. 2 GG geschützte kommunale Finanzhoheit. Sie gewähre den Gemeinden zwar eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft, biete aber keinen Schutz gegen die Auferlegung einzelner Ausgabepflichten, solange die Finanzausstattung der Gemeinde nicht in Frage gestellt werde. Hierfür seien Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Dagegen seien die an den beiden übrigen Bahnübergängen durchgeführten Kreuzungsmaßnahmen für die Sicherheit des Verkehrs nicht erforderlich, weil es sich insoweit um reine Rationalisierungsmaßnahmen der Eisenbahn zum Abbau von Personal handele, die nicht unter § 3 EKrG fielen.
Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, das Oberverwaltungsgericht habe die Klage zu Unrecht für zulässig erachtet. Da die Höhe der Kosten noch nicht feststehe, könne die erhobene Feststellungsklage lediglich die Klärung einer Vorfrage bewirken; hierfür fehle der Klägerin das für die Feststellungsklage erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis. Es verstoße gegen die Grundsätze der Prozessökonomie und der Subsidiarität der Feststellungsklage, den Rechtsweg doppelt zu beschreiten. Ohne vorherige Durchführung des Kreuzungsrechtsverfahrens fehle der Klägerin auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Aufgrund der Privatisierung der Klägerin sei diese nicht mehr unmittelbar an die Grundrechte gebunden und müsse deswegen nicht mehr auf die durch Art. 28 GG geschützten Belange der Gemeinden Rücksicht nehmen. Ein wirksamer Schutz der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie könne deswegen nur noch über ein zwingend notwendiges Kreuzungsrechtsverfahren gewährleistet werden, falls es nicht zu einer Vereinbarung nach § 5 EKrG komme. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, weil eine Beteiligung der Beklagten an den kostenintensiven Maßnahmen der Klägerin nicht mit haushaltsrechtlichen Grundsätzen vereinbar sei. Gemäß §§ 7, 55 LHO-LSA in Verbindung mit §§ 10 und 26 GemHVO-LSA seien bei der Ausgabe finanzieller Mittel äußerste Sparsamkeitsgrundsätze zu beachten. Ferner müsse ein Vorteil für die Gemeinde gegenüber dem bisherigen Zustand eintreten. Schließlich sei es mit ihrer verfassungsrechtlich geschützten Finanzhoheit nicht zu vereinbaren, ihr pauschal die Kosten für Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Urteils des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt die Berufung auch insoweit zurückzuweisen, als das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Das Oberverwaltungsgericht habe zutreffend ihr Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung bejaht, weil die Beklagte nach wie vor generell ihre Verpflichtung zur Kostenbeteiligung in Abrede stelle. Ohne Klagemöglichkeit wäre die Klägerin gezwungen, unangemessen lange mit der Durchsetzung ihrer Forderungen warten zu müssen, womit ihre wirtschaftlichen Interessen wesentlich beeinträchtigt wären. Zu Unrecht gehe die Beklagte davon aus, die Durchführung eines Kreuzungsrechtsverfahrens gemäß § 6 EKrG sei eine Sachurteilsvoraussetzung für die Feststellungsklage. An der anerkannten gegenteiligen Rechtslage habe sich durch die Änderung der Organisationsform der Klägerin nichts geändert. Gegenüber der begehrten Feststellung könne sich die Beklagte nicht auf den Sparsamkeitsgedanken stützen, weil es um die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben gehe.
Der Oberbundesanwalt hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend. Keines der im Eisenbahnkreuzungsgesetz vorgesehenen Kreuzungsrechtsverfahren – nicht nur dasjenige nach § 10 Abs. 4 EKrG – könne Vorrang gegenüber der unmittelbaren verwaltungsgerichtlichen Klage beanspruchen. Dies entspreche auch der Verwaltungspraxis, deren Aufgabe eine erhebliche verwaltungs- und kostenmäßige Belastung des Bundes bedeuten würde, ohne dass durch ein vorgeschaltetes Anordnungsverfahren eine Befriedungswirkung oder eine Entlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu erwarten wäre.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (vgl. § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 141 Satz 1 VwGO), ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen revisibles Recht.
1. Den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten hat das Oberverwaltungsgericht als gegeben angesehen. Hieran ist der Senat nach § 17 a Abs. 5 GVG gebunden. Unabhängig davon ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts insoweit bundesrechtlich nicht zu beanstanden, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist. Das Eisenbahnkreuzungsgesetz unterwirft die Kreuzungsbeteiligten einem besonderen Kreuzungsrechtsverfahren, das im Hinblick auf die insoweit bestehenden staatlichen Anordnungs- bzw. Genehmigungsbefugnisse und Kostentragungspflichten sowie den öffentlich-rechtlichen Regelungsgegenstand der Straßenbaulast als öffentlich-rechtlich zu bezeichnen ist und mithin die entsprechende Einordnung der auch für das vorliegende Klageverfahren maßgeblichen Regelungen des Eisenbahnkreuzungsgesetzes bestimmt. Auf den vom Oberverwaltungsgericht darüber hinaus hervorgehobenen, jedoch zumindest für die Klägerin nicht zutreffenden Gesichtspunkt, dass das Gesetz die Kreuzungsbeteiligten „als Hoheitsträger” verpflichte, kommt es demgegenüber nicht an.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage bejaht hat.
a) Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht die Feststellungsklage als statthafte Klageart für das Begehren der Klägerin angesehen. Die Klägerin macht geltend, dass die Beklagte die kreuzungsbedingt entstehenden Kosten für die bereits begonnene Bahnübergangsanpassung gemäß § 13 Abs. 1 EKrG teilweise zu tragen hat. Sie bezieht sich damit auf ein konkretes und streitiges und mithin feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Das stellt die Revision auch nicht in Frage.
b) Entgegen der Auffassung der Revision hat die Klägerin auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.
Dass das berechtigte Interesse der Klägerin als Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses nicht schon von vornherein deswegen zu verneinen ist, weil zuvor kein Kreuzungsrechtsverfahren durchgeführt worden ist, entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 14. September 1992 – BVerwG 4 C 12.90 – Buchholz 407.2 EKrG Nr. 18; Beschluss vom 22. Dezember 1992 – BVerwG 7 B 162.91 – Buchholz 407.2 EKrG Nr. 19). Der Senat sieht keinen Anlass, hiervon abzurücken. Er ergibt sich insbesondere nicht aus dem Hinweis der Revision, nach der Privatisierung der Deutschen Bundesbahn sei aufgrund der mangelnden Grundrechtsbindung der Klägerin ein hinreichender Schutz der Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden ohne Anordnungsverfahren nicht gewährleistet. Wie noch zu zeigen sein wird, ist die Finanzhoheit der Gemeinde nur im Hinblick auf einen engen Kernbereich gegen finanzielle Belastungen durch Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz geschützt. Dieser Schutz besteht unabhängig von der Rechtsform des Eisenbahnunternehmers und ist von der Anordnungsbehörde und – im Falle einer unmittelbaren Klage – von den Verwaltungsgerichten gleichermaßen zu beachten. Im Übrigen erscheint es zwar – wie das Bundesverwaltungsgericht bereits früher betont hat (Urteil vom 14. September 1992, a.a.O.) – aus der Sicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit wünschenswert, sie durch dem gerichtlichen Verfahren vorgelagerte behördliche Prüfungsverfahren zu entlasten und nicht etwa umgekehrt – wie es offenbar der Ansicht des Oberbundesanwalt entspricht – zur Entlastung der Verwaltungsbehörde einzusetzen. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es aber mangels entgegenstehender gesetzlicher Anordnung nicht, die Durchführung eines Kreuzungsrechtsverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung für ein Klageverfahren anzusehen (BVerwG, Urteil vom 14. September 1992, a.a.O. und Beschluss vom 22. Dezember 1992, a.a.O.), zumal wenn – wie hier – die Gemeinde ihre Beteiligung an den Kosten der Kreuzungsmaßnahme von vornherein ablehnt, so dass nicht die Rede davon sein kann, das Kreuzungsrechtsverfahren sei als einfacherer Weg der Rechtsverfolgung anzusehen.
Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht das berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung in der Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile gesehen. Hiergegen lässt sich nicht mit der Revision einwenden, eine genaue Bezifferung der Forderung sei mangels Fertigstellung der Maßnahme noch nicht möglich, so dass die Klage auf die – unzulässige – Feststellung einer Vorfrage gerichtet sei. Die Klägerin will nämlich keine Vorfrage geklärt wissen, sondern begehrt die Feststellung, ob ihr Anspruch dem Grundenach besteht. Deswegen kann ihrem Begehren auch nicht entgegengehalten werden, es sei letztlich auf ein Feststellungsurteil gerichtet, das nicht mehr ausspreche, als die gesetzliche Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 1 EKrG ohnehin enthalte. Zutreffend ist allerdings, dass die Höhe des Anspruchs auch nach Obsiegen der Klägerin noch offen und gegebenenfalls in einem weiteren Prozess zu klären wäre. Das steht jedoch dem erhobenen Feststellungsantrag nicht entgegen, wenn ein Kläger gerade für die isolierte Feststellung, dass der Anspruch dem Grunde nach gegeben ist, ein berechtigtes Interesse geltend machen kann. Das ist hier der Fall. Es liegt nahe, dass die Klägerin aufgrund der Weigerung der Beklagten, sich an den Kosten zu beteiligen, noch vor Abschluss der Arbeiten Klarheit darüber erlangen will, ob sie gegebenenfalls für die vollen Kosten allein aufkommen muss, um hieraus frühzeitig für den Fortgang dieser und die Disposition weiterer Maßnahmen Konsequenzen ziehen zu können (vgl. BVerwGE 38, 346 ≪348 f.≫; 54, 177 ≪179≫).
c) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, der Grundsatz der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 VwGO) stehe der von der Klägerin erhobenen Feststellungsklage nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Vorschrift des § 43 Abs. 2 VwGO ihrem Zweck entsprechend einschränkend auszulegen und anzuwenden: Wo eine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren nicht droht, steht diese Regelung der Feststellungsklage ebenso wenig entgegen wie in Fällen, in denen diese den effektiveren Rechtsschutz bietet (BVerwG, Urteil vom 29. April 1997 – BVerwG 1 C 2.95 – Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m.w.N.). Eine solche Umgehungsgefahr besteht hier von vornherein nicht, weil eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage für das Begehren der Klägerin nicht in Betracht kommt. Auch eine andere, sachnähere und wirksamere Klageart steht der Klägerin nicht zur Verfügung. Soweit die Revision die Klägerin darauf verweisen will, eine Kostenbeteiligung der Beklagten im Wege einer Leistungsklage geltend zu machen, verkennt sie, dass eine solche Klage mit Erfolg erst nach Abschluss und Abrechnung der gesamten Baumaßnahme erhoben werden könnte. Wie dargelegt, hat die Klägerin jedoch ein berechtigtes Interesse daran, bereits jetzt klären zu lassen, ob die Beklagte dem Grunde nach zu einer teilweisen Kostentragung im Sinne von § 13 Abs. 1 EKrG verpflichtet ist. Für dieses Begehren steht eine andere Rechtsschutzform nicht zur Verfügung.
3. Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass das Vorliegen einer Vereinbarung oder einer Anordnung nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz auch nicht Voraussetzung für den materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung der Änderungskosten eines Bahnübergangs gemäß §§ 3 und 13 EKrG ist. Soweit § 13 EKrG die in dieser Vorschrift getroffene Kostenfolge davon abhängig macht, dass „eine Maßnahme nach § 3” EKrG durchgeführt wird, verweist die Regelung nur auf die materiellen, nicht jedoch die formellen Voraussetzungen des § 3 EKrG. Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt den formellen Tatbestandsmerkmalen in § 3 EKrG („nach Maßgabe der Vereinbarung der Beteiligten ≪§ 5≫ oder der Anordnung im Kreuzungsrechtsverfahren ≪§§ 6 und 7≫”) lediglich die Funktion zu, klarzustellen, dass das Gesetz keinen unmittelbaren Anspruch eines Dritten begründet, sondern nur die Beteiligten im Rahmen der im Gesetz vorgesehen Möglichkeiten zum Handeln verpflichten wollte (vgl. Marschall/Schweinsberg, EKrG, 5. Aufl. 2000, § 3 Rn. 1.4). Der Gegenmeinung, die sich darauf stützt, das „Vereinbarungsprinzip” als Hauptanliegen der Neuordnung des Kreuzungsrechts werde verfehlt, wenn die Kostenverteilung lediglich an die materiellen Voraussetzungen des § 3 EKrG anknüpfe (VGH München, Urteil vom 30. Januar 1996 – 8 B 94.1428), vermag der Senat nicht zu folgen. Diesem Prinzip hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner bereits erwähnten Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 14. September 1992, a.a.O. und Beschluss vom 22. Dezember 1992, a.a.O.) mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung keine absolute Bedeutung beigemessen; danach ist vielmehr davon auszugehen, dass ein Kreuzungsbeteiligter seinen Kostenerstattungsanspruch auch außerhalb des Kreuzungsrechtsverfahrens geltend machen kann. Hieraus ergeben sich nicht nur die dargelegten prozessualen Konsequenzen im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. oben II. 2. b). Vielmehr sind auch materiellrechtliche Auswirkungen zu beachten. Denn es wäre widersinnig, die unmittelbare Klage auf (Feststellung der Verpflichtung zur) Kostenerstattung zwar zuzulassen, ihren materiellen Erfolg jedoch gerade an der mangelnden Durchführung eines Kreuzungsrechtsverfahrens scheitern zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. September 1992 – a.a.O.).
4. Das Oberverwaltungsgericht hat einen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin im Hinblick auf die im Revisionsverfahren allein noch umstrittene Maßnahme am Bahnübergang „Groß Merbitz” dem Grunde nach bejaht, weil die materiellen Voraussetzungen des § 13 EKrG vorliegen und die Klägerin die der Regelung des § 11 Abs. 6 EBO widersprechende vorhandene Bahnübergangssicherungsanlage trotz der insoweit bis 31. Dezember 2003 geltenden Übergangsfrist bereits jetzt vollständig ersetzen durfte.
Diese Ausführungen lassen eine Verletzung von Bundesrecht nicht erkennen. Das macht die Revision insoweit auch nicht geltend. Sie meint allerdings, die Auferlegung der Kosten verstoße gegen den haushaltsrechtlichen Sparsamkeitsgrundsatz und verletze ihre von Art. 28 Abs. 2 GG umfasste Finanzhoheit. Diese Einwände gehen jedoch fehl.
Soweit die Beklagte sich auf den Sparsamkeitsgrundsatz stützt, ist der Senat zwar an Aussagen zur Auslegung und Anwendung der insoweit maßgeblichen Vorschriften des Landesrechts (§§ 7, 55 LHO-LSA, §§ 10, 26 GemHVO-LSA) nicht gehindert, weil es sich um Regelungen handelt, die – auf der Grundlage von Art. 109 Abs. 3 GG – durch §§ 1 und 6 HGrG den Ländern zwingend vorgegeben sind und insoweit der rechtlichen Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht unterliegen (BVerwGE 104, 20 ≪23≫; 104, 220 ≪221 f.≫). Der Sparsamkeitsgrundsatz ist durch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts jedoch nicht verletzt. Er betrifft die Ausgabengestaltung der Beklagten, kann aber von ihr nicht dazu verwendet werden, die Erfüllung von Verpflichtungen, die sich – wie hier – aufgrund zwingender gesetzlicher Regelungen ergeben, zu verweigern.
Auch die verfassungsrechtlich geschützte Finanzhoheit der Beklagten wird durch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht beeinträchtigt. Etwas anderes könnte sich nur ergeben, wenn die Beklagte eine nachhaltige, von ihr nicht mehr zu bewältigende und hinzunehmende Einengung ihrer Finanzspielräume dargelegt und nachgewiesen hätte (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997 – BVerwG 11 A 65.95 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 27; Beschluss vom 18. September 1998 – BVerwG 4 VR 11.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 141). Daran fehlt es nach den – mangels hiergegen erhobener Revisionsrügen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden – Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bereits im Ansatz.
Soweit die Beklagte schließlich noch geltend macht, für sie trete aufgrund der Baumaßnahme kein Vorteil gegenüber dem bisherigen Zustand ein, ist die rechtliche Bedeutung dieses Einwandes auf der Grundlage der Regelung des § 13 EKrG nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Kipp, Vallendar, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen
Haufe-Index 557193 |
BVerwGE, 253 |
NVwZ 2001, 564 |
DÖV 2001, 516 |
UPR 2001, 319 |