Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten. Weitergewährung der – an vom Dienst freigestellte Personalratsmitglieder. Höhe der an freigestellte Personalratsmitglieder weiterzuzahlenden –. Dienst zu ungünstigen Zeiten, Weiterzahlung der Erschwerniszulage für – an vom Dienst freigestelltes Personalratsmitglied. Freistellung vom Dienst wegen Personalratstätigkeit, Weitergewährung der Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten bei –
Leitsatz (amtlich)
Dem vom Dienst freigestellten Personalratsmitglied ist eine bisher gewährte Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten weiterzuzahlen.
Die Höhe der weiterzuzahlenden Zulage bestimmt sich nach der Anzahl der Stunden des Dienstes zu ungünstigen Zeiten, die der Beamte geleistet hätte, wenn er nicht freigestellt worden wäre.
Normenkette
EZulV §§ 3-4; NPersVG § 39 Abs. 2 (vgl. § 46 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 BPersVG)
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Entscheidung vom 15.12.1999; Aktenzeichen 5 L 3509/99) |
VG Göttingen (Entscheidung vom 25.02.1999; Aktenzeichen 3 A 3243/97) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts erneut zu bescheiden hat.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger, Polizeioberkommissar im Dienste des Beklagten, erhielt mehrere Jahre lang während seiner Verwendung bei der Verkehrspolizeistaffel und danach beim Autobahnkommissariat eine Erschwerniszulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten. Die monatlich gezahlte Zulage berechnete sich nach der Zahl der Dienststunden, die der Kläger im jeweiligen Monat während der Nacht, am Wochenende oder an Feiertagen zu leisten hatte.
Während der Monate März bis September 1994 erhielt der Kläger die Erschwerniszulage nicht, weil er wegen Teilnahme an einem Lehrgang, Urlaub und Krankheit keinen Dienst zu ungünstigen Zeiten leistete. Vom 1. Oktober 1994 an war er als Mitglied des Personalrats vom Dienst freigestellt. Den Antrag des Klägers, ab diesem Zeitpunkt die Erschwerniszulage zu zahlen, lehnte der Beklagte ab und wies den Widerspruch zurück.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die Erschwerniszulage monatlich in der Höhe zu zahlen, wie sie auf dem Dienstposten monatlich anfällt, den er bis zur Freistellung innehatte. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts zu erfolgen hat. Es hat zur Begründung ausgeführt: Aus dem Benachteiligungsverbot des § 39 Abs. 2 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes stehe dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf die Erschwerniszulage zu. Deren Höhe müsse durch analoge Anwendung des § 37 Abs. 4 Satz 3 BeamtVG und des § 4 Satz 3 MuSchV ermittelt werden. Danach sei Bemessungsgrundlage der durchschnittliche Zulagenbetrag während eines Referenzzeitraumes von drei Monaten vor dem Beginn der Freistellung. Die Monate Juli bis September 1994 dürften jedoch nicht als Referenzzeitraum gewählt werden, weil der Kläger in dieser Zeit atypischerweise keinen Dienst zu ungünstigen Zeiten geleistet habe.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die vom erkennenden Senat zugelassene Revision eingelegt. Er ist der Auffassung, auf der Grundlage einer analogen Anwendung des § 37 Abs. 4 Satz 3 BeamtVG und des § 4 MuSchV, die er für zutreffend hält, seien die Monate Juli bis September 1994 der maßgebliche Referenzzeitraum. Dies führe zu einem monatlichen Zulagebetrag von 0,00 DM.
Der Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1999 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 25. Februar 1999, letzteres soweit es der Klage stattgegeben hat, aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Oberbundesanwalt hat zur Revision Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht auch während der Zeit, in der er als Mitglied des Personalrats von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt ist, die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten zu.
§ 39 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes (NPersVG) in der Fassung vom 2. März 1994 (GVBl S. 95) sowie in der gegenwärtig maßgeblichen Fassung vom 22. Januar 1998 (GVBl S. 20)bestimmt, dass für die von dienstlicher Tätigkeit befreiten Mitglieder des Personalrats die Besoldung, das Arbeitsentgelt und sonstige Vergütungen nicht gemindert werden. Die Bestimmung, die wegen ihrer Einwirkung auf die beamtenrechtlichen Ansprüche zum revisiblen Landesrecht nach § 127 Nr. 2 BRRG gehört (vgl. Urteil vom 18. September 1985 – BVerwG 2 C 15.84 – Buchholz 238.3 A § 107 BPersVG Nr. 3 S. 2), will sicherstellen, dass das freigestellte Personalratsmitglied keine finanzielle Einbuße erleidet. Deshalb ist die Tatsache, dass eine bestimmte Tätigkeit von dem freigestellten Personalratsmitglied nicht mehr ausgeübt wird, kein Kriterium dafür, ob bestimmte Zulagen weitergezahlt werden. Nur wenn der Zweck der Zulage in der Abgeltung bestimmter, durch die Dienstleistung entstandener Aufwendungen besteht, die Zulage also nicht Besoldung ist, sondern neben dieser und zusätzlich zu ihr gewährt wird (Urteil vom 13. Juli 2000 – BVerwG 2 C 30.99 – Buchholz 240 § 17 BBesG Nr. 8 S. 2 = DVBl 2001, 131), entfällt sie mit der Freistellung, sofern das freigestellte Personalratsmitglied diese Aufwendungen nicht mehr hat (Urteil vom 11. September 1984 – BVerwG 2 C 58.81 – Buchholz 238.37 § 42 NW PersVG Nr. 5 S. 5).
Die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten ist keine derartige Aufwandsentschädigung. Sie soll nicht dienstlich veranlasste finanzielle Aufwendungen, sondern besondere bei der Bewertung des Amtes durch Einstufung in die Besoldungsordnung nicht berücksichtigte Erschwernisse (vgl. § 1 EZulV), insbesondere die Heranziehung zu Nacht-, Feiertags- und Wochenenddiensten, abgelten. Im Gegensatz zur Aufwandsentschädigung nach Maßgabe des § 17 BBesG gehört die Erschwerniszulage (Dienst in ungünstigen Zeiten) zur Besoldung im Sinne des § 1 Abs. 1 und Abs. 2 BBesG (vgl. Urteil vom 8. Juli 1994 – BVerwG 2 C 4.93 – Buchholz 240 § 17 BBesG Nr. 6 S. 6). Soweit mit ihr auch bestimmte finanzielle Aufwendungen ausgeglichen werden sollen, ändert das ihren Charakter als Besoldung nicht.
Die Höhe der dem Kläger weiter zu zahlenden Zulage bemisst sich jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nach dem durchschnittlichen monatlichen Betrag, den der Kläger während des letzten Dreimonatszeitraums erhalten hat, in dem er Dienst zu ungünstigen Zeiten geleistet hat. Maßgebend sind vielmehr bei einer fiktiven Betrachtung die Verhältnisse, nach denen der Kläger die Erschwerniszulage erhalten hätte, wenn er nicht freigestellt worden wäre. § 39 Abs. 2 Satz 2 NPersVG bestimmt in Fortführung der gesetzlichen Regelung des vorhergehenden Satzes, wonach das Personalratsmitglied von dienstlicher Tätigkeit im notwendigen Umfang freigestellt ist, dass „dadurch” die Besoldung nicht gemindert wird. Damit schreibt die Norm vor, das freigestellte Personalratsmitglied besoldungsmäßig so zu stellen, wie es stünde, wenn es nicht freigestellt wäre. Das freigestellte Personalratsmitglied hat Anspruch auf die Besoldung, die es erhielte, wenn es in seinem bisherigen Aufgabenbereich verblieben wäre.
Diese Auslegung des § 39 Abs. 2 Satz 2 NPersVG im Sinne des Lohnausfallprinzips (vgl. dazu BAG, Urteil vom 27. September 1986 – 4 AZR 543/85 – DB 1987, 695 m.w.N.) entspricht dem Charakter der Vorschrift als einer Konkretisierung des allgemeinen personalvertretungsrechtlichen Benachteiligungsverbots nach § 41 Abs. 1 NPersVG und § 107 BPersVG (vgl. Urteil vom 18. September 1985 – BVerwG 2 C 15.84 – a.a.O. S. 3). Anders als beim so genannten Referenzprinzip, auf das das Berufungsgericht abgestellt hat, wird der gesetzlichen Regelung Rechnung getragen, dass die Höhe der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten von sich ändernden Umständen, z.B. der Zahl der in einem Monat anfallenden Stunden derartigen Dienstes sowie der Zahl der dafür zur Verfügung stehenden Beamten, abhängig ist. Änderungen der Sach- und Rechtslage nach der Freistellung des Zulageberechtigten werden nicht außer Acht gelassen, sondern in ihren Auswirkungen auf eine fortbestehende Zulageberechtigung berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele, Groepper, Dr. Bayer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 13.09.2001 durch Schütz Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NWB 2002, 948 |
ZAP 2002, 203 |
ZBR 2002, 314 |
ZTR 2002, 94 |
PersR 2002, 162 |
PersV 2003, 146 |
RiA 2003, 97 |
DVBl. 2002, 211 |
IÖD 2002, 38 |
NPA 2002, 0 |