Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsprojekt. Planfeststellung. anerkannter Naturschutzverein. Antragsbefugnis. potentielles FFH-Gebiet. prioritärer Lebensraumtyp. FFH-Schutzregime. Vorwirkungen. Verträglichkeitsprüfung. Alternativlösung. Projektziele. rechtliches Hindernis. FFH-interner Variantenvergleich. FFH-externe Bewertungsfaktoren. Verhältnismäßigkeitsprüfung. Lärmschutzerwägungen. Kostengesichtspunkte
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Alternativlösung i.S.d. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ist nur dann gegeben, wenn sich das Planungsziel trotz ggf. hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lässt.
2. Der Vorhabenträger braucht sich auf eine technisch mögliche Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich Art. 6 Abs. 4 FFH-RL am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweist wie an dem von ihm gewählten Standort.
3. Der Vorhabenträger darf von einer Alternativlösung Abstand nehmen, die technisch an sich machbar und rechtlich zulässig ist, ihm aber Opfer abverlangt, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen.
4. Eine Alternativlösung darf ggf. auch aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel verworfen werden.
5. Wieweit das Anliegen, das Verkehrslärmniveau im innerörtlichen Bereich zu senken, oder das Interesse, die Projektkosten in Grenzen zu halten, bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung durchschlägt, hängt von dem Gewicht ab, das ihm im konkreten Fall zukommt.
Normenkette
BNatSchG n.F. § 61 Abs. 2-3, § 69 Abs. 5; FStrG § 17 Abs. 1, 4, 6c; FFH-RL Art. 4 Abs. 1 bis, Abs. 3, Art. 6 Abs. 3-4
Tenor
Der Planfeststellungsbeschluss des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 5. April 2001 ist rechtswidrig. Er darf nicht vollzogen werden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverband, wendet sich gegen den Neubau der Bundesautobahn A 44 im Teilabschnitt Hessisch Lichtenau-West bis Hessisch Lichtenau-Ost.
Im Mai 1993 wurde das Raumordnungsverfahren für den Bau einer vierstreifigen Umgehungsstraße von Fürstenhagen, Hessisch Lichtenau und Walburg im Zuge der B 7 eingeleitet. Nach In-Kraft-Treten des Fernstraßenausbaugesetzes wurde das Verfahren ab Ende 1993 für den Abschnitt Hessisch Lichtenau unter der Bezeichnung BAB A 44 weitergeführt und im Dezember 1996 zu Gunsten der Vorschlagslinie der Hessischen Straßenbauverwaltung abgeschlossen. Die Linienbestimmung erfolgte im Dezember 1997.
Das Amt für Straßen- und Verkehrswesen Kassel beantragte im Jahre 1999 die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens. Nach den Planunterlagen, die in der Zeit vom 3. Januar 2000 bis einschließlich 2. Februar 2000 in der Stadt Hessisch Lichtenau auslagen, durchschneidet die Trasse die Fläche des „Lichtenauer Hochlandes” zum Teil in Tunnel- und zum Teil in Tieflage. Um die Zerschneidungswirkungen auszugleichen, ist u.a. die Anlegung einer Grünbrücke vorgesehen. Der Kläger erhob mit Schreiben vom 10. Februar 2000 Einwendungen gegen den Plan. Er machte u.a. geltend, zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne des FFH-Rechts lägen nicht vor. Die Alternativenprüfung genüge nicht den rechtlichen Anforderungen; insbesondere seien der Ausbau der Bundesstraße B 7 und die so genannte Netra-Variante zu Unrecht ausgeschieden worden. Die behaupteten Wirkungen der Grünbrücke seien wissenschaftlich nicht belegbar. Im Erörterungstermin am 20. Juni 2000 legte der Kläger eine ergänzende Stellungnahme vom 17. Juni 2000 vor, in der er sich u.a. kritisch mit der im November 1999 vorsorglich angestellten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung auseinander setzte.
Das „Lichtenauer Hochland” wurde im September 2000 als FFH-Gebiet gemeldet. In der Meldung wurden folgende Biotope des Anhangs I der FFH-Richtlinie aufgeführt: Trespen-Schwingel-Kalk-Trockenrasen (Code Nr. 6210) rund 19 ha, Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden und Lehmboden (Code Nr. 6410) 2,5 ha, feuchte Hochstaudenfluren (Code Nr. 6430) 1,6 ha, Extensive Mähwiesen (Code Nr. 6510) rund 54 ha, Kalkreiche Niedermoore (Code Nr. 7230) 0,1 ha. Als Anhang II – Tierart – wurde insbesondere der Schwarzblaue Ameisenbläuling (Maculinea nausithous) genannt. Im Laufe des Jahres 2001 bestätigte sich die Vermutung, dass es in dem maßgeblichen Landschaftsraum auch eine Kalktuff-Quelle (Code Nr. *7220) gibt, die nach Anhang I der Richtlinie zum Kreis der prioritären Lebensraumtypen gehört. Im Süden von Hessisch Lichtenau wurden die „Reichenbacher Kalkberge” und das „Weißbachtal bei Reichenbach” als FFH-Gebiete gemeldet.
Im Planfeststellungsbeschluss vom 5. April 2001 wurden die Einwendungen des Klägers zurückgewiesen: Den Anforderungen des FFH-Rechts werde Rechnung getragen. Die Planungsziele ließen sich mit einer anderen Variante nicht erreichen. Jedenfalls gebe es südlich von Hessisch Lichtenau keine aus umweltrechtlicher Sicht bessere Alternative. Dort wäre ebenfalls ein FFH-Gebiet betroffen. Das Vorhaben sei zwar mit erheblichen Beeinträchtigungen von FFH-relevanten Lebensraumtypen verbunden, es werde aber durch zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt. Die Eingriffe würden durch die Grünbrücke und durch eine Erweiterung des gemeldeten Gebiets im Bereich des Hasenbergs ausgeglichen. Die naturschutzfachliche Bedeutung des „Lichtenauer Hochlandes” sei in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung richtig erfasst worden. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Wirksamkeit der Grünbrücke seien unbegründet. Das Bauwerk werde dem Vernetzungsbedarf der beeinträchtigten Lebensräume gerecht und biete der Fauna in ihrem Einzugsbereich eine geeignete Querungsmöglichkeit. Die Problematik einer Beeinträchtigung des Grundwassers im Bereich der Pfeifengraswiesen sei bei der Planung erkannt, untersucht und bewertet worden.
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage vor: Der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht den europarechtlichen Vorgaben. Im Süden Hessisch Lichtenaus komme eine Alternativlösung in Betracht, bei der die gemeldeten Gebiete „Reichenbacher Kalkberge” und „Weißbachtal bei Reichenbach” nicht in Anspruch genommen werden müssten und FFH-relevante Biotope oder Arten auch sonst nicht erheblich beeinträchtigt würden. Im Bereich der planfestgestellten Trasse sei übersehen worden, dass die Pfeifengraswiesen durch die Versiegelungswirkungen und die Veränderung natürlicher Wasseradern vernichtet würden. Dadurch würden die Lebensräume der Maculinea-Population nördlich und südlich der Trasse zerstört. Außerdem sei das Gebiet langfristig als Lebensraum für den Raubwürger nicht mehr geeignet. Es liege kein Ausnahmetatbestand vor, der eine Vorhabenzulassung rechtfertige. Der Beklagte lege nicht dar, woraus sich ergebe, dass die von ihm für das Vorhaben ins Feld geführten Belange den durch das FFH-Recht geschützten Naturschutzinteressen im Range vorgingen. Das öffentliche Wohl nehme keinen Schaden, wenn das Projekt nicht, wie vorgesehen, verwirklicht werde. Die Eingriffsfolgen würden nicht in der rechtlich gebotenen Weise ausgeglichen. Die besondere Bedeutung des „Lichtenauer Hochlandes” ergebe sich insbesondere aus dem sehr guten Erhaltungszustand der Pfeifengraswiesen. Die zu ihrer Sicherung vorgesehene Grünbrücke sei nicht geeignet, die ihr zugedachte Funktion zu erfüllen. Sie tauge nicht als Verbindung, denn sie liege höher als die vorhandenen Wiesen und nötige zu einem Umweg von zusätzlichen 200 m. Sie ändere nichts daran, dass die Autobahn für den Ameisenbläuling ein unüberwindliches Hindernis darstelle.
Der Kläger beantragt,
- den Planfeststellungsbeschluss vom 5. April 2001 aufzuheben,
- hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, vor Beginn der Durchführung des Vorhabens geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000” vorzusehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus: Der Kläger sei mit seinem Vorbringen größtenteils präkludiert. Auch in der Sache gingen seine Angriffe fehl. Die Südtrasse habe ausgeschieden werden dürfen, da sie auf die Verwirklichung eines anderen Projekts hinauslaufe. Selbst wenn sie die Merkmale einer Alternativlösung erfüllen würde, habe sie nicht erwogen werden müssen, weil sie unzumutbar sei. Sie durchschneide einen Bereich, der ebenfalls die Qualität eines potentiellen FFH-Gebiets habe und der EU-Kommission nachgemeldet werden solle. Sie beeinträchtige ebenso wie die Wahllinie FFH-relevante Lebensraumtypen, nämlich Extensive Mähwiesen (Code Nr. 6510), Halb-Trockenrasen auf Kalk (Code Nr. 6212) und Waldmeister-Buchenwald (Code Nr. 9130), und unterbreche Funktionsbeziehungen, auf die insbesondere der Ameisenbläuling, aber auch der Raubwürger und der Neuntöter angewiesen seien. Als Alternative ungeeignet sei sie darüber hinaus deshalb, weil sie für die Ortsdurchfahrten von Fürstenhagen und Walburg eine deutlich geringere Verkehrsentlastung ermöglichen würde und weil sie mit Baukosten von rund 304 Mio. Euro erheblich teurer käme als die planfestgestellte Trasse, für die Kosten in Höhe von 252 Mio. Euro veranschlagt worden seien. Die Durchführung des Straßenbauvorhabens liege schon deshalb im überwiegenden öffentlichen Interesse, weil die geplante Maßnahme zu den Projekten „Deutsche Einheit” gehöre und nach der Bedarfsplanung des Bundes der Deckung eines vordringlichen Bedarfs diene. Den Schutzzwecken der FFH-Richtlinie werde hinreichend Rechnung getragen. Der Kläger überbewerte die Bedeutung der Pfeifengraswiesen. Das „Lichtenauer Hochland” sei als FFH-Gebiet gemeldet worden, um den Biotopkomplex, durch den diese Mittelgebirgsregion gekennzeichnet sei, zu schützen. Die Pfeifengraswiesen stellten lediglich den „feuchtnassen Flügel” der standörtlichen Bandbreite dar. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, sie als funktionell wichtigsten Bestandteil des Gesamtkomplexes hervorzuheben. Die Befürchtung des Klägers, die Pfeifengraswiesen würden aufgrund der Wasserableitung innerhalb des Trassenbereichs und der zusätzlichen Dränage der trassennahen Wiesen sowie der Absenkung des Grundwasserspiegels trocken fallen, sei unzutreffend. Sie werde durch die im Rahmen der Planfeststellung durchgeführten hydrologischen Untersuchungen widerlegt. Die Grünbrücke diene ganz allgemein dem räumlichen Verbund der feuchten Grünlandkomplexe nördlich und südlich der geplanten Trasse. Ihre Funktion werde durch ihre Höhenlage nicht beeinträchtigt. Die Verbindung zwischen den beiden durch die Trasse getrennten Bereichen lasse sich durch eine Grünbrücke mit Mähwiesencharkter auch für die Pfeifengraswiesen aufrechterhalten. Denn der Ameisenbläuling komme nicht nur in den Pfeifengraswiesen vor, er nutze auch die strukturell und kleinklimatisch verwandten Pflanzengesellschaften der Umgebung, wie etwa die Extensiven Mähwiesen. Im Übrigen würden die nachteiligen Wirkungen der Autobahn durch die Erweiterung des FFH-Gebiets „Lichtenauer Hochland” im Bereich des Hasenbergs ausgeglichen.
Entscheidungsgründe
II.
A. Die Klage ist zulässig.
1. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 5 VerkPB erstinstanzlich zuständig. Der Abschnitt, der den Gegenstand des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses bildet, ist Teil der Autobahnverbindung „A 4/A 44 zwischen der Landesgrenze Thüringen und der A 7 bei Kassel”, die durch Verordnung vom 28. November 2000 (BGBl I S. 1678) unter der Nr. 22 in § 2 der Fernverkehrswegebestimmungsverordnung vom 3. Juni 1992 (BGBl I S. 1014) aufgenommen wurde.
2. Der Kläger ist klagebefugt. Er ist ein anerkannter Naturschutzverein im Sinne des § 29 Abs. 2 BNatschG a.F. An dieser Rechtsstellung hat sich durch das Bundesnaturschutzgesetz vom 25. März 2002 (BGBl I S. 1193) nichts geändert (vgl. § 69 Abs. 7 Satz 1 BNatschG n.F.). Nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 BNatschG n.F. kann ein anerkannter Naturschutzverein, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe gegen Planfeststellungsbeschlüsse über Vorhaben einlegen, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind. Nach § 69 Abs. 5 Nr. 2 BNatschG n.F. gilt § 61 BNatschG n.F. auch für nach dem 1. Juli 2000 erlassene Verwaltungsakte, sofern diese noch nicht bestandskräftig sind und im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren eine Mitwirkung der von den Ländern anerkannten Vereine gesetzlich vorgeschrieben war. Dies trifft hier zu. Dem Kläger war in dem für das Planvorhaben eingeleiteten Planfeststellungsverfahren nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 BNatschG a.F. Gelegenheit zur Äußerung sowie zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben. Ein Klagerecht eröffnet § 61 Abs. 2 BNatschG n.F. freilich nur, wenn der Verein geltend macht, dass der Erlass des von ihm angefochtenen Verwaltungsakts Rechtsvorschriften widerspricht, die zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, und wenn der Verein sich im Planfeststellungsverfahren in der Sache geäußert hat oder ihm nicht in der rechtlich gebotenen Weise Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klage lediglich in einem Einzelpunkt nicht.
Der Kläger hält dem Beklagten vor, den Anforderungen nicht gerecht geworden zu sein, die sich aus dem FFH-Recht ergeben. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 und vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302), gehören die Regelungen der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen – FFH-RL (ABl EG Nr. L 206 S. 7) zu den Rechtsvorschriften, die auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind. Art. 6 FFH-RL, dessen Verletzung der Kläger rügt, macht hiervon keine Ausnahme. Das auf diese Vorschrift gestützte Klagevorbringen lässt sich nur in einem Randbereich als unbeachtlich qualifizieren. Der Auffassung des Beklagten, die vom Kläger angesprochenen Fragenkomplexe könnten im Klageverfahren durchweg schon deshalb keiner gerichtlichen Kontrolle mehr unterliegen, weil sie nicht innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zum Gegenstand von Einwendungen gemacht worden seien, ist nicht zu folgen. Ihr liegt die Vorstellung zu Grunde, dass die Präklusionsvorschrift des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG auch auf anerkannte Naturschutzvereine anwendbar sei. Diese Ansicht war schon nach altem Recht fragwürdig; nach der neuen Rechtslage ist sie vollends nicht mehr haltbar. Im Übrigen übersieht der Beklagte, dass der Kläger selbst bei Anwendung des § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG mit seinem Hauptanliegen nicht präkludiert wäre. Denn die Grundlinien des Klagevorbringens lassen sich bereits im Schreiben vom 10. Februar 2000 nachzeichnen, das vor Ablauf der Einwendungsfrist des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG bei der Anhörungsbehörde eingegangen ist. Darin bemängelt der Kläger, dass die Bedeutung verschiedener im Untersuchungsgebiet vorhandener Biotope verkannt worden sei, die Alternativenprüfung nicht die notwendige Aufmerksamkeit gefunden habe und die Eignung der Grünbrücke für die Sicherung des Fortbestandes der von der Planung betroffenen besonders empfindlichen Lebensraumtypen überschätzt werde. Lediglich zum Absterben der Pfeifengraswiesen, zu dem sich der Kläger im Klageverfahren ausführlich geäußert hat, fehlen im Schreiben vom 10. Februar 2000 ebenso wie in der ergänzenden Stellungnahme vom 17. Juni 2000 jegliche Angaben. Nur insoweit ist der Kläger nach § 61 Abs. 3 BNatSchG n.F., der seinem sachlichen Gehalt nach nichts anderes besagt als § 36 Abs. 1 Nr. 4 HeNatG, mit seinem nunmehrigen erstmaligen Vorbringen ausgeschlossen.
B. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig und darf nicht vollzogen werden. Er steht nicht in Einklang mit Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL. Der Beklagte hat nicht grundsätzlich verkannt, dass diese Bestimmung für die von ihm getroffene Entscheidung einen wesentlichen rechtlichen Maßstab bildet. Er hat den Anforderungen, die sich aus dieser Regelung im Hinblick auf das als FFH-Gebiet gemeldete „Lichtenauer Hochland” ergeben, indes nicht hinreichend Rechnung getragen.
1. Der Senat hat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH mehrfach entschieden, dass die FFH-Richtlinie schon jetzt für die Planfeststellung bestimmte Vorwirkungen für den Mitgliedstaat entfaltet (Urteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – a.a.O.; vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – a.a.O. und vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140). Dazu gehört insbesondere das aus dem Gemeinschaftsrecht folgende Verbot, die Ziele der FFH-Richtlinie zu unterlaufen und vollendete Tatsachen zu schaffen, die geeignet sind, die Erfüllung der vertraglichen Pflichten unmöglich zu machen. Wie der Senat in Bezug auf die Beeinträchtigung sog. potentieller FFH-Gebiete durch Straßenbauvorhaben weiter entschieden hat, kann diese Vorwirkung unterschiedliche Rechtspflichten auslösen. Drängt es sich auf, dass ein potentielles FFH-Gebiet nach seiner Meldung auch Aufnahme in die Gemeinschaftsliste (vgl. Art. 4 Abs. 2 FFH-RL) finden wird, ist die Zulässigkeit eines dieses Gebiet berührenden Straßenbauvorhabens an den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zu messen (Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – a.a.O.). Kann dagegen die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht hinreichend sicher prognostiziert werden, hat es mit dem Verbot sein Bewenden, das Gebiet so nachhaltig zu beeinträchtigen, dass es für eine Meldung und Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht mehr in Betracht kommt (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – a.a.O.). Im Einzelnen ist hierzu Folgendes auszuführen: Die Bundesrepublik Deutschland hat nicht alles Erforderliche unternommen, um der FFH-Richtlinie Geltung zu verschaffen. Sie hat die Regelungen der Richtlinie zwar in innerstaatliches Recht umgesetzt. Dass die Gemeinschaftsliste, die nach den zeitlichen Vorgaben des Art. 4 Abs. 3 FFH-RL bis zum 10. Juni 1998 hätte vorliegen sollen, noch nicht hat erstellt werden können, beruht aber nicht zuletzt darauf, dass sie die Meldepflichten, die ihr nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL obliegen, nicht zeitgerecht vollständig erfüllt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 11. September 2001 – C-71/99 – NuR 2002, 151). Wären die Gebietsmeldungen richtliniengemäß bis zum 10. Juni 1995 abgeschlossen worden, so hätte der fristgerechten Erarbeitung der Kommissionsliste von deutscher Seite nichts im Wege gestanden. Ohne den Gemeinschaftsrechtsverstoß wäre das vom Kläger bekämpfte Planvorhaben an den Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zu messen. Das ergibt sich aus Folgendem:
Das durch die Planung betroffene Gebiet des „Lichtenauer Hochlandes” schließt einen prioritären Lebensraumtyp ein (Kalktuff-Quelle, *7220). Dass die Fläche, auf der sich die Quelle befindet, anders als die übrigen Gebietsteile, bisher noch nicht gemeldet worden ist, schließt ihre Berücksichtigung nicht aus. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass auch Gebiete, die nicht gemeldet worden sind, nach den im Anhang III (Phase 1) genannten Kriterien aber hätten gemeldet werden müssen, als potenzielle FFH-Gebiete zu qualifizieren sind. Auch die Gebietsabgrenzung ist anhand der im Anhang III (Phase 1) aufgeführten Merkmale vorzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – a.a.O.). Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, dürfen bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden. Die Fläche, die die Kalktuff-Quelle beherbergt, bildet mit den übrigen Gebietsteilen des „Lichtenauer Hochlandes” eine räumliche Einheit. Ihre Nachmeldung ist nicht bloß möglich, sondern rechtlich geboten. Denn über die ökologische Bedeutung der Quelle herrscht kein Streit. Neben dem Erfordernis, dass die sachlichen Kriterien des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL gegeben sind, ist auch die weitere Voraussetzung erfüllt, dass die Aufnahme des „Lichtenauer Hochlandes” in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – a.a.O.).
Wäre die Kommission durch gemeinschaftskonformes Verhalten in die Lage versetzt worden, die Gemeinschaftsliste innerhalb der Frist des Art. 4 Abs. 3 FFH-RL zu erstellen, so würde das „Lichtenauer Hochland” nicht bloß die Merkmale eines potenziellen FFH-Gebiets erfüllen, sondern die Qualität eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung aufweisen. Das folgt aus der im Anhang III (Phase 2 Nr. 1) zur FFH-Richtlinie getroffenen Regelung. Danach werden alle von den Mitgliedstaaten in Phase 1 ermittelten Gebiete, die prioritäre natürliche Lebensraumtypen bzw. Arten beherbergen, als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung betrachtet. Anders als bei der Beurteilung der Bedeutung der anderen in die Listen der Mitgliedstaaten aufgenommenen Gebiete (vgl. hierzu Anhang III Phase 2 Nr. 2) gesteht die Richtlinie der Kommission insoweit keinen Auswahlspielraum zu. Die Wertung, die dieser Regelung zugrunde liegt, rechtfertigt es, Vorhaben in einem Gebiet, das wegen des Vorhandenseins prioritärer Biotope oder Arten dem Automatismus des Anhangs III Phase 2 Nr. 1 unterliegt, dem strengen Regime des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zu unterwerfen (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – a.a.O. und vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – a.a.O.), während es für Vorhaben in Gebieten ohne prioritäre Elemente mit dem Beeinträchtigungsverbot sein Bewenden hat, dessen Wirkungen der Senat im Urteil vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – (a.a.O.) näher beschrieben hat.
2. Der Beklagte stellt auf der Grundlage der Ergebnisse der von ihm veranlassten Verträglichkeitsprüfung nicht in Abrede, dass die nach seiner eigenen Einschätzung schützenswerten Gebietsteile des „Lichtenauer Hochlandes” durch das Planvorhaben erheblich beeinträchtigt werden. Für den Fall einer erheblichen Beeinträchtigung richtet das FFH-Recht eine Zulassungsschranke auf, die ausschließlich unter den in Art. 6 Abs. 4 FFH-RL bezeichneten Ausnahmevoraussetzungen überwindbar ist. Fällt das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung negativ aus, so darf das Projekt nur unter dem Vorbehalt verwirklicht werden, dass zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses dies rechtfertigen. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL stellt allerdings klar, dass für eine solche Interessenabwägung erst Raum ist, wenn feststeht, dass eine Alternativlösung nicht vorhanden ist. In dieser Systematik kommt zum Ausdruck, dass die Gewährung einer Ausnahme als letztes Mittel in Betracht kommt und zu unterbleiben hat, wenn sich die mit dem Vorhaben verbundenen nachteiligen Wirkungen vermeiden lassen. Ist eine Alternativlösung vorhanden, so hat der Gebietsschutz nach der Konzeption der FFH-Richtlinie Vorrang.
Der Beklagte ist den Erfordernissen, die sich aus der Pflicht zur Alternativenprüfung ergeben, nicht in der FFH-rechtlich gebotenen Weise gerecht geworden. Unzutreffend ist seine Annahme, die von ihm bisher verworfene Südtrasse sei keine Alternative im Sinne von Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, sondern ein anderes Projekt, weil sich die mit dem Straßenbauvorhaben verfolgten Ziele mit ihr nicht erreichen ließen (dazu 3.). Aber auch die im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vorsorglich angestellte Alternativenbetrachtung hält einer rechtlichen Prüfung nicht Stand (dazu 4.).
3. Der Bau der A 44 dient nach den Angaben des Beklagten nicht nur dem Zweck, eine Lücke im Autobahnnetz im Zuge der Achse Kanalhäfen – Ruhrgebiet – Kassel – Eisenach – Dresden – Görlitz – Polen zu schließen (vgl. PFB S. 156 ff.). Ein weiteres Anliegen ist es insbesondere in dem vom Planvorhaben betroffenen Raum, das vorhandene Straßennetz und die Ortslagen verkehrlich zu entlasten (vgl. PFB S. 166 ff.). Im Wege der Optimierung der Vorgaben des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen, der den Bau einer Autobahn zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach und außerdem im Bereich von Hessisch Lichtenau die Schaffung von Ortsumgehungen vorsieht, wird die planfestgestellte Wahllinie nicht nur der Magistralenfunktion einer überregionalen Verkehrsverbindung gerecht. Sie erfüllt mit den vorgesehenen Anbindungsmöglichkeiten gleichzeitig auch die Aufgabe, zu einer Entspannung der kleinräumlichen Verkehrssituation beizutragen. Der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die Gesamtverkehrsnetzkonzeption, in die sich die A 44 einfügt, nicht beeinträchtigt wird, wenn die Trasse nicht im Norden, sondern im Süden an Hessisch Lichtenau vorbeigeführt wird. Nach seiner Ansicht verfehlt eine Südumfahrung indes das weitere Ziel, die regionalen Verkehrsprobleme zu lösen, so dass es sich gemessen an dem Verkehrskonzept nicht mehr um eine „Alternative” handle. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
Zu Unrecht hält es der Kläger allerdings für eine sachfremde Erwägung, bei der Trassierung einer Autobahn, die definitionsgemäß einem weiträumigen Verkehr zu dienen bestimmt ist, örtlichen Interessen Rechnung zu tragen. Richtig ist lediglich, dass eine Autobahn nach der vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 FStrG getroffenen Grundentscheidung grundsätzlich nur gebaut werden darf, wenn für sie ein überörtlicher Verkehrsbedarf besteht. Das bedeutet aber nicht, dass der Vorhabenträger sich bei der konkreten Trassierung ausschließlich von dem Gedanken leiten lassen darf, den Anforderungen gerecht zu werden, die an eine Fernverkehrsverbindung zu stellen sind. Eine Bündelung mit anderen Zielen ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Das Planungsinstrumentarium, das der Gesetzgeber im Bundesfernstraßengesetz zur Verfügung stellt, darf auch zur Erreichung von Zielen nutzbar gemacht werden, die über bloße Bedarfsdeckungsmaßnahmen hinausgehen. Nach der Rechtsprechung des Senats begegnet es daher keinen rechtlichen Bedenken, wenn der Verkehrswegebau als Mittel eingesetzt wird, um regionale Zentren an das weiträumige Straßennetz anzuschließen oder die wirtschaftliche Entwicklung in bisher unzureichend erschlossenen Räumen zu fördern (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Juli 1985 – BVerwG 4 C 40.83 – BVerwGE 72, 15, vom 24. November 1989 – BVerwG 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123 und vom 26. März 1998 – BVerwG 4 A 7.97 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 137). Als ebenfalls zulässig hat der Senat es angesehen, bei der Trassenwahl maßgeblich darauf abzustellen, dass lokale Verkehrsströme umgelenkt werden und dadurch das nachgeordnete Straßennetz entlastet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – a.a.O.).
Genau diese Wirkung möchte der Beklagte im Raum Hessisch Lichtenau erzielen. Nach seinen Angaben lässt sich dieses Ziel mit der Nordvariante weit wirkungsvoller erreichen als mit der Südvariante. Die Wahllinie bietet in der Tat in höherem Maße die Gewähr dafür, dass der Durchgangsverkehr abgezogen wird, durch den die Ortsdurchfahrten von Fürstenhagen und von Walburg belastet werden. Wird die Autobahn nach den Vorgaben des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses gebaut, so vermindern sich die Verkehrsmengen, die nach neueren Verkehrsuntersuchungen im Prognose-Null-Fall 2015 mit 18 800 Kfz/24 h in Fürstenhagen und mit 18 200 Kfz/24 h in Walburg zu Buche schlagen würden, auf 1 400 Kfz/24 h in Fürstenhagen und 1 700 Kfz/24 h in Walburg. Das entspricht einem Entlastungsgrad von 92,6 bzw. 90,6 %. Für die Südtrasse fällt die Bilanz deutlich schlechter aus. Der Durchgangsverkehr bleibt mit 8 200 Kfz/24 h in Fürstenhagen und 5 200 Kfz/24 h in Walburg weiterhin ein nicht zu vernachlässigender Faktor.
Von einer Zweckverfehlung kann insoweit gleichwohl keine Rede sein. Die Ortsdurchfahrten von Fürstenhagen und Walburg würden auch im Falle einer Südumgehung spürbar entlastet werden. Ist die Südtrasse geeignet, ihrerseits solche erheblichen Entlastungswirkungen zu erzeugen, so stellt sie sich auch von dieser Zielrichtung her als bloße Alternative des vom Beklagten geplanten Projekts dar. Dass sich mit ihr der Zweck der örtlichen Verkehrsentlastung im Vergleich mit der Wahllinie nur suboptimal verwirklichen lässt, rechtfertigt es nicht, ihr den Stempel eines anderen Projekts aufzudrücken. Bleibt das Ziel(-Bündel) als solches erreichbar, so sind Abstriche am Grad der Zielvollkommenheit als typische Folge des Gebots, Alternativen zu nutzen, hinnehmbar. Wäre das Tatbestandsmerkmal der Alternativlösung schon dann nicht erfüllt, wenn sich das Ziel(-Bündel) nicht in genau der gleichen Weise wie vom Vorhabenträger geplant erreichen ließe, so liefe insoweit Art. 6 Abs. 4 FFH-RL weitgehend leer.
4. Der Beklagte hat die Südumfahrung nicht bloß mit der Begründung ausgeschlossen, sie mache die Verwirklichung des Planungsziels unmöglich (vgl. PFB S. 313). Er hat die Südtrasse auch mit dem Argument verworfen, „bezüglich des Zieles ‚Sicherung des Zusammenhangs des Netzes Natura 2000’” sei südlich von Hessisch Lichtenau jedenfalls „eine günstigere Alternative … nicht gegeben” (vgl. PFB S. 328). Dies lässt darauf schließen, dass er sich der nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gebotenen Alternativenbetrachtung nicht grundsätzlich entzogen hat. Die von ihm in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen reichen indes nicht aus, um der getroffenen Planungsentscheidung eine tragfähige Grundlage zu verschaffen.
a) Der Beklagte nimmt mehr oder weniger pauschal Bezug auf das Ergebnis der im Rahmen der fachplanerischen Abwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG vorgenommenen Alternativenprüfung (vgl. PFB S. 328). Mit dieser Vorgehensweise wird er jedoch schon vom Ansatz her der Bedeutung nicht gerecht, die der Alternativenproblematik in der FFH-rechtlichen Verträglichkeitsprüfung zukommt. Die Alternativenprüfung, die Art. 6 Abs. 4 FFH-RL vorschreibt, erfüllt eine andere Funktion als die Alternativenprüfung, die sich im deutschen Planungsrecht herkömmlicherweise nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen richtet. Lässt sich das Planungsziel an einem nach dem Schutzkonzept der FFH-Richtlinie günstigeren Standort oder mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen, so muss der Projektträger von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Ein irgendwie gearteter Gestaltungsspielraum wird ihm nicht eingeräumt. Schon aufgrund seines Ausnahmecharakters begründet Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ein strikt beachtliches Vermeidungsgebot, das zu Lasten des Integritätsinteresses des durch Art. 4 FFH-RL festgelegten kohärenten Systems nicht bereits durchbrochen werden darf, wenn dies nach dem Muster der Abwägungsregeln des deutschen Planungsrechts vertretbar erscheint (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – a.a.O.), sondern nur beiseite geschoben werden darf, soweit dies mit der Konzeption größtmöglicher Schonung der durch die FFH-RL geschützten Rechtsgüter vereinbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – a.a.O.).
b) Der Beklagte hat möglicherweise deshalb von einer den Anforderungen des FFH-Rechts genügenden Alternativenprüfung abgesehen, weil er davon ausgegangen ist, dass „bei allen Südvarianten ebenfalls ein FFH-Gebiet erheblich betroffen” wäre (vgl. PFB S. 328). Diese Feststellung entspricht indes nicht den Tatsachen. Aufgrund der Ermittlungen des Senats steht fest, dass sich südlich von Hessisch Lichtenau eine Trassenvariante verwirklichen lässt, bei der keines der beiden im Zeitpunkt der Planungsentscheidung gemeldeten FFH-Gebiete „Reichenbacher Kalkberge” und „Weißbachtal bei Reichenbach” in Anspruch genommen werden muss. Trotz dieser Erkenntnis stellt sich die Frage, ob es sich bei dieser Variante um eine Alternativlösung im Sinne des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL handelt, nach Ansicht des Beklagten deshalb nicht, weil die Trasse durch einen Landschaftsraum führe, der seinerseits ebenso wie die „Reichenbacher Kalkberge” und das „Weißbachtal bei Reichenbach” die Merkmale eines FFH-Gebiets aufweise. Eine Meldung dieses Gebiets sei bisher zwar nicht erwogen worden, erscheine aber auf der Grundlage der Ergebnisse der inzwischen veranlassten Untersuchungen, gemessen an den im Anhang III (Phase 1) zur FFH-Richtlinie genannten Auswahlkriterien, unumgänglich. Die nunmehr entstandene Pattsituation, die dadurch gekennzeichnet sei, dass sich die Erhaltungsziele in dem einen FFH-Gebiet nur um den Preis der Aufopferung von Erhaltungszielen in dem anderen FFH-Gebiet wahren lassen, verbiete es – so die Einschätzung des Beklagten –, die eine oder die andere Lösung als vorzugswürdige Alternative anzusehen.
Diese Betrachtungsweise vermag der Senat so nicht zu teilen. Sie ist zu undifferenziert, um dem normativen Zusammenhang Rechnung zu tragen, in dem die FFH-rechtliche Alternativenregelung steht. Fällt die nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL gebotene Verträglichkeitsprüfung negativ aus, so ist das Vorhaben grundsätzlich unzulässig. Die Alternativenprüfung fügt sich in diesen Verbotstatbestand ein. Ist eine Alternativlösung vorhanden, so setzt sich die Sperrwirkung durch. Diesem Regelungsmuster entspricht es, bei der Alternativenprüfung spiegelbildlich vorzugehen und vorrangig zu fragen, ob dem Vorhaben auch am Alternativstandort rechtliche Hindernisse im Wege stehen. Lässt sich das Projekt im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben anderswo verwirklichen, so hat der Vorhabenträger nach der Konzeption des FFH-Rechts diese Möglichkeit grundsätzlich zu nutzen. Dagegen braucht er sich auf eine technisch machbare Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich das Vorhaben auch am Alternativstandort nur unter Verstoß gegen eine Verbotsregelung ausführen ließe. Als insoweit relevante Zulassungssperre kann sich auch Art. 6 FFH-RL erweisen. Erforderlich ist jedoch, dass diese Vorschrift am Alternativstandort eine gleich wirksame rechtliche Hürde wie an dem vom Vorhabenträger gewählten Standort aufrichtet. Nach der Systematik der FFH-Richtlinie kann, aber muss dies nicht der Fall sein. Es kann nicht, wie es dem Beklagten vorschwebt, das Beeinträchtigungspotential in dem einen und dem anderen FFH-Gebiet unbesehen gleichgesetzt werden. Bei einem Vergleich ist den Leitgedanken der FFH-Richtlinie Rechnung zu tragen. Art. 6 FFH-RL enthält Differenzierungsmerkmale, die sich als Gradmesser dafür verwenden lassen, wie schwer die Beeinträchtigung im Einzelfall wiegt. Die Vorschrift gewährleistet keinen allumfassenden Flächenschutz. Sie richtet vielmehr ein schutzgutbezogenes Regime auf. Ein Verbot sieht sie nur für den Fall vor, dass die in den Anhängen I und II aufgeführten schützenswerten Lebensraumtypen und Tierarten erheblich beeinträchtigt werden. Die Beeinträchtigung sonstiger Gebietsteile bewertet sie, für sich genommen, als irrelevant. Soweit es um die Zulassung von Ausnahmen geht, unterscheidet sie zwischen prioritären und nicht prioritären Biotopen und Arten. Die insoweit getroffene Regelung lässt den Schluss zu, dass sie prioritäre Elemente als schutzbedürftiger einstuft als nicht prioritäre. Innerhalb der Gruppen von prioritären oder nicht prioritären Lebensraumtypen oder Arten legt sie hingegen weder qualitativ noch quantitativ ein Rangverhältnis fest. Die Feindifferenzierungskriterien, die bei den Eintragungen in das von der Kommission nach Art. 4 Abs. 1 Satz 6 FFH-RL ausgearbeitete Meldeformular bei der Gebietsmeldung zu beachten sind, haben entgegen der Auffassung des Klägers im Anwendungsbereich des Art. 6 FFH-RL bei dem im Rahmen der Alternativenprüfung gebotenen Trassenvergleich außer Betracht zu bleiben. Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr, ob am Alternativstandort eine Linienführung möglich ist, bei der keine der als Lebensraumtypen oder Habitate besonders schutzwürdigen Flächen erheblich beeinträchtigt werden oder jedenfalls prioritäre Biotope und Arten verschont bleiben.
c) Gemessen an diesen Kriterien spricht nach dem gegenwärtigem Verfahrensstand manches dafür, dass die Südumfahrung bei einem Vergleich mit der Wahllinie unter FFH-Gesichtspunkten den Vorzug verdienen könnte.
Die planfestgestellte Trasse durchschneidet, wenn auch in Tieflage, den Biotopkomplex, den das Land Hessen zum Anlass für eine Gebietsmeldung nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL genommen hat, mehr oder weniger mittig. Betroffen ist vor allem der Lebensraumtyp 6510 (Extensive Mähwiesen), um den sich die übrigen schützenswerten Biotoptypen unter Einschluss der vom Kläger besonders hervorgehobenen Pfeifengraswiesen wie ein Kranz legen. Die Trasse kommt einem Einbruch in ein in sich geschlossenes Biotopsystem gleich. Im Süden von Hessisch Lichtenau stellt sich auf der Grundlage der dem Senat zur Verfügung gestellten Unterlagen die Situation insoweit anders dar. Das vom Beklagten vorgelegte Kartenmaterial lässt, was die ökologische Ausstattung angeht, zwei Vorkommensschwerpunkte erkennen. Der eine befindet sich auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes; der zweite deckt sich weitgehend mit den Gebieten, die unter der Bezeichnung „Reichenbacher Kalkberge” und „Weissbachtal bei Reichenbach” bereits zum Gegenstand einer Gebietsmeldung gemacht worden sind. Für die Südtrasse lässt sich der Korridor nutzen, der zwischen diesen beiden Biotopkomplexen vorhanden ist. Der Beklagte weist freilich darauf hin, dass auch dieser Bereich durch Einsprengsel von FFH-relevanten Lebensraumtypen gekennzeichnet wird. Er hält zwar nicht mehr an seiner ursprünglichen Behauptung fest, dass im Falle einer Südumfahrung Extensive Mähwiesen nachteilig betroffen werden. Ein Beeinträchtigungspotential birgt die Südvariante nach seiner Einschätzung aber deshalb, weil zwei Kalktrockenrasenflächen (Code 6212) angeschnitten und ein Waldmeister-Buchenwaldbestand (Code 9130) in Anspruch genommen werden. Der Kläger verwahrt sich gegen diese Darstellung mit dem Einwand, die genannten Biotope erfüllten die nach Anlage III (Phase 1) maßgeblichen Merkmale überhaupt nicht oder weit kleinflächiger als der Beklagte behaupte. Dahinstehen kann, ob diese Kritik berechtigt ist. Schon aus den kartografischen Unterlagen des Beklagten ergibt sich, dass jedenfalls der Waldmeister-Buchenwald nicht nennenswert beeinträchtigt wird. Soweit der Waldbestand im Trassenbereich liegt, handelt es sich um eine Tunnelstrecke, deren westliches Ende mit der Gebietsgrenze nahezu zusammenfällt. Unstreitig ist, dass sich das Tierarteninventar im Norden und im Süden von Hessisch Lichtenau nicht wesentlich voneinander unterscheidet. Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, dass durch eine Südumfahrung Austauschbeziehungen in ähnlicher Weise wie im Bereich des „Lichtenauer Hochlandes” unterbrochen werden könnten, tritt der Kläger ihm allerdings mit der Bemerkung entgegen, dass sich die Habitate des Schwarzblauen Ameisenbläulings, des Neuntöters und des Raubwürgers eindeutig auf den Landschaftsraum südlich der Trassenvariante konzentrierten.
Nach der derzeitigen Datenlage kommt mithin die Südtrasse unter FFH-Gesichtspunkten als schonendere Lösung ernstlich in Betracht. Von einer echten Beeinträchtigung kann nur beim Kalktrockenrasen die Rede sein, der im Mittelabschnitt anzutreffen ist. Die schützenswerte Fläche hat jedoch Inselcharakter. Sie weist keinerlei Verbundfunktion auf. Sie ist keinem der Biotopkomplexe zuzurechnen, die den „Reichenbacher Kalkbergen” sowie dem „Weissbachtal bei Reichenbach” im Süden und dem Truppenübungsplatz im Norden ihr Gepräge geben. Beim gegenwärtigen Erkenntnisstand dürfte sie im ökologischen Gesamtgefüge unter dem Blickwinkel der mit der FFH-Richtlinie erstrebten Vernetzung keinen unverzichtbaren Baustein darstellen.
d) Eine abschließende Bilanz lässt sich gleichwohl nicht ziehen. Erst das anhängige Verfahren hat den Anstoß dazu gegeben, im Einzelnen der Frage nachzugehen, wie der Landschaftsraum, der für eine Alternativlösung in Betracht kommt, unter FFH-Gesichtspunkten einzustufen und im Vergleich mit dem „Lichtenauer Hochland” zu bewerten ist. Der Beklagte hat sich zwar aufgrund der bisherigen Nachforschungen davon überzeugt, dass das Gebiet meldewürdig ist, er hat sich aber in der Zeitspanne seit dem Aufklärungsbeschluss des Senats vom 18. Dezember 2001 ein zuverlässiges Bild vom Ausstattungspotential nicht verschaffen können. Die von ihm aufgenommenen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.
Der Senat sieht keinen Anlass, das Ende dieser Ermittlungen abzuwarten oder selbst aufzuklären, wie es um die ökologische Qualität des Raums südlich von Hessisch Lichtenau im Einzelnen bestellt ist. Fest steht, dass die im Planfeststellungsbeschluss vom 5. April 2001 in Abrede gestellte Möglichkeit einer Alternativlösung ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. Die vom Beklagten getroffene Planungsentscheidung weist in diesem Punkt ein Defizit auf, das auszuräumen nicht Aufgabe des Gerichts sein kann. Die Frage, ob ein FFH-Gebiet in seiner Wertigkeit einem anderen vergleichbar ist oder nicht, ist ebenso wie die Frage, ob ein Gebiet überhaupt FFH-würdig ist, anhand der hierfür maßgeblichen ökologischen Kriterien der FFH-Richtlinie zu beantworten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 – BVerwG 4 A 15.01 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Eine fachliche Bewertung, die den Anforderungen der Richtlinie standhält, steht aus. Dem Beklagten ist es jedenfalls nicht gelungen, den Mangel, der dem Planfeststellungsbeschluss vom 5. April 2001 anhaftet, im anhängigen Verfahren zu beheben.
e) Der dargelegte Mangel bei der Alternativenprüfung ist nicht deshalb ohne rechtliche Bedeutung, weil der Beklagte die Südtrasse aus anderen, naturschutzexternen Gründen als Projektvariante hätte verwerfen dürfen. Auch insoweit genügen die vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Erwägungen nicht, um den Planfeststellungsbeschluss als im Ergebnis richtig anzusehen.
Richtig ist freilich, dass ein Vorhabenträger auch aus Erwägungen, die sich nicht unmittelbar auf das FFH-Recht zurückführen lassen, von einer technisch an sich möglichen und rechtlich zulässigen Alternativlösung Abstand nehmen darf. Obwohl dies im Wortlaut des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL nicht zum Ausdruck kommt, versteht sich vor dem Hintergrund des in Art. 5 Abs. 3 EGV gemeinschaftsrechtlich verankerten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von selbst, dass auch im Anwendungsbereich dieser Norm niemandem unverhältnismäßige Opfer abverlangt werden dürfen. Dabei ist nach der Rechtsprechung des EuGH freilich ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. EuGH, Urteile vom 27. Juni 1990 – C-118/89 – Slg. 1990, I-2653 Rn. 12 und vom 21. Januar 1992 – C-319/90 – Slg. 1992, I-214 Rn. 12). Die dem Vorhabenträger durch die Alternativenregelung angesonnenen Vermeidungsanstrengungen übersteigen das zumutbare Maß nur dann, wenn sie außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem mit ihnen erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen. Wie der Senat im Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – (a.a.O.) dargelegt hat, können in diesem Zusammenhang auch finanzielle Erwägungen den Ausschlag geben. Ob Kosten oder sonstige Belastungen und Nachteile außer Verhältnis zu dem nach Art. 6 FFH-RL festgelegten Schutzregime stehen, ist am Gewicht der beeinträchtigten gemeinschaftlichen Schutzgüter zu messen. Richtschnur hierfür sind die Schwere der Gebietsbeeinträchtigung, Anzahl und Bedeutung etwa betroffener Lebensraumtypen oder Arten sowie der Grad der Unvereinbarkeit mit den Erhaltungszielen.
Gemessen an diesen Anforderungen kann sich der Beklagte nach dem derzeitigen Erkenntnisstand der nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gebotenen Alternativenprüfung weder mit dem Argument der geringeren Entlastungswirkung der Südumfahrung noch mit Kostenerwägungen entziehen.
ea) Mit der Verlagerung von innerörtlichem Verkehr auf die Autobahn verfolgt er das Ziel, in den vom Durchgangsverkehr besonders betroffenen Ortschaften das Immissionsniveau zu senken. Nicht jede Verbesserung der Immissionsverhältnisse rechtfertigt es indes, das Verbotsregime des Art. 6 FFH-RL beiseite zu schieben. Insbesondere kann von unzumutbaren Opfern keine Rede sein, wenn die durch Verkehrsimmissionen verursachten Belastungen in gemindertem Umfang in den Grenzen fortbestehen, die nach den Wertungen des innerstaatlichen Rechts grundsätzlich hinzunehmen sind. Der Beklagte stellt nicht in Abrede, dass auch die Südvariante dazu führt, die Verkehrsbelastung in Fürstenhagen und in Walburg auf 8 200 bzw. 5 200 Kfz/24 h zu vermindern. Es lässt sich nicht ausschließen, dass die Lärmwerte, die diesen Verkehrsmengen entsprechen, die in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV genannten Grenzwerte übersteigen. Dieser Umstand allein lässt sich aber noch nicht als Indiz für eine nicht hinnehmbare Lärmbeeinträchtigung werten. Die 16. BImSchV scheidet insoweit als rechtlicher Maßstab aus. Ihr § 1 Abs. 1 stellt klar, dass sie nur für den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen gilt. Auf bestehende Straßen (hier: die Ortsdurchfahrten von Fürstenhagen und von Walburg) ist sie nicht anwendbar. Für sonstige Immissionen gilt Entsprechendes. Schutzvorkehrungen kommen nur nach Maßgabe des § 74 Abs. 2 Satz 2 und des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG in Betracht. Eine allgemeine normative Regelung des Inhalts, dass unter bestimmten Voraussetzungen Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen sind, ist dem deutschen Verkehrswegerecht fremd (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1995 – BVerwG 4 C 26.93 – BVerwGE 97, 367). Der Beklagte behauptet selbst nicht, dass eine Verkehrsmenge von 8 200 bzw. 5 200 Kfz/24 h einer Gesundheitsgefährdung gleich- oder nahe kommt oder aus sonstigen Gründen so schwerwiegt, dass eine Abhilfe rechtlich unumgänglich erscheinen könnte. Sind Immissionen in der Größenordnung, die im Falle einer Südumfahrung zu erwarten wären, nach der deutschen Rechtsordnung an „Altstraßen” grundsätzlich zumutbar, sind sie für sich allein genommen nicht geeignet, eine Alternativlösung im Sinne des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL als unverhältnismäßig hohen Preis für die Erhaltung schützenswerter Lebensraumtypen zu qualifizieren. Das schließt freilich nicht aus, bei der Frage, ob eine Variante zu unverhältnismäßigen Opfern führen würde, den Gesichtspunkt der durch die planfestgestellte Lösung bewirkten spürbaren Verminderung von an sich rechtlich hinzunehmenden Immissionen zusammen mit den anderen für die Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgebenden Gesichtspunkten im Sinne einer Gesamtbilanz mit zu berücksichtigen. Dies bedarf hier keiner weiteren Vertiefung.
eb) Das Kostenargument rechtfertigt ebenfalls nicht zwangsläufig die Schlüsse, die der Beklagte aus ihm zieht, und zwar weder für sich genommen noch in Verbindung mit dem Gesichtspunkt, dass die Nordtrasse eine stärkere Entlastung von Verkehrslärm zur Folge hat als eine Südtrasse. Daran ändert auch der Hinweis nichts, dass sich eine Alternativlösung nicht zuletzt aus Kostengründen als unverhältnismäßiges Mittel erweisen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – a.a.O.). Der Beklagte spricht von Mehrkosten in einem Umfang von 50 Mio. Euro. Er bringt aber selbst zum Ausdruck, dass dieser Betrag nicht unbedingt das letzte Wort sein muss, sondern einer Korrektur zugänglich ist, falls eine Detailberechnung bessere Erkenntnisse zu Tage fördert. Der Kläger meldet unter Berufung auf ein eigenes Rechenwerk erhebliche Zweifel an der Aussagekraft der vom Beklagten gemachten Zahlenangaben an. Dahinstehen kann, ob seine Einwände in allen Punkten stichhaltig sind. Ins Auge fällt freilich, dass nach der Darstellung im Planfeststellungsbeschluss (S. 106) die Südumfahrung (Variante 4) im Vergleich mit der Wahllinie (Variante 2) als „geringfügig billiger” bezeichnet wird. Worauf es beruht, dass sie trotz dieser Angabe erheblich teurer kommen soll, legt der Beklagte nicht dar.
Ob ein zusätzlicher Kostenaufwand als unverhältnismäßig zu qualifizieren ist, ist von den Schutzgütern der FFH-Richtlinie her zu bestimmen, also danach, ob die Kosten außer Verhältnis zu dem mit Art. 6 Abs. 4 FFH-RL verfolgten Zweck stehen. Je größeren Gewinn eine Alternativlösung für die Wahrung der Erhaltungsziele verspricht, desto umfassendere Vermeidungsanstrengungen auch unter Einschluss finanzieller Mittel hat der Vorhabenträger zu unternehmen. Eine abschließende Beurteilung ist dem Senat indes auch in diesem Punkt verwehrt, weil weder feststeht, ob und ggf. welche Mehrkosten tatsächlich entstünden, noch abschätzen lässt, wie intensiv FFH-relevante Schutzgüter beeinträchtigt werden, wenn der Beklagte sich entschließen würde, das Planvorhaben nicht, wie beabsichtigt, im Norden, sondern im Süden von Hessisch Lichtenau auszuführen.
5. Der Fehler, der dem Beklagten bei der Behandlung der Alternativenfrage unterlaufen ist, nötigt nicht zur Aufhebung der angefochtenen Planungsentscheidung. Es kann damit sein Bewenden haben, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 5. April 2001 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt wird.
Der Senat lässt sich hierbei von den Erwägungen leiten, die ihn auch im Urteil vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – (a.a.O.) veranlasst haben, von einer Aufhebung abzusehen. Zwar gehört Art. 6 Abs. 4 FFH-RL samt dem Tatbestandsmerkmal der Alternativlösung ebenso wie § 8 Abs. 3 BNatschG a.F., der seinerzeit den rechtlichen Maßstab bildete, dem strikten Recht an. Der Gesetzgeber hat aber in § 17 Abs. 6 c Satz 2 FStrG eine spezifische Fehlerfolgenregelung für fernstraßenrechtliche Planungsentscheidungen getroffen, die es rechtfertigt, diese Vorschrift auch auf Fehler zu erstrecken, die darauf beruhen, dass die planende Behörde Schranken nicht beachtet hat, die – wie dies auch hier der Fall ist – „bei der Abwägung” nicht überwindbar sind. Der Fehler, an dem der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet, ist nicht von solcher Art und Schwere, dass die Planung als Ganzes von vornherein in Frage gestellt erscheint (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370). Es lässt sich nicht ausschließen, dass er im Sinne des § 17 Abs. 6 c Satz 2 FStrG in einem ergänzenden Verfahren behoben werden kann. Im Zuge eines solchen ergänzenden Verfahrens hätte der Beklagte zunächst die oben unter Abschnitt 4 d) dargestellten naturschutzfachlichen Ermittlungen und die darauf fußende vergleichende Bewertung der beiden potentiellen FFH-Gebiete durchzuführen. Sollte unter diesem Gesichtspunkt die Südtrasse als Alternative in Betracht kommen, wäre weiter zu prüfen, ob – ggf. auch bislang noch nicht erörterte – gewichtige naturschutzexterne Gründe der Annahme entgegenstehen, dass die Südumfahrung von Hessisch Lichtenau gegenüber der gewählten Nordumfahrung eine vorrangige Alternative im Sinne von Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ist.
6. Auch wenn es in dieser prozessualen Situation für die Entscheidung weder von ausschlaggebender Bedeutung ist, ob zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses das Planvorhaben rechtfertigen, noch darauf ankommt, ob den Anforderungen des Ausgleichsgebots genügt ist, hält der Senat angesichts der Befugnis des Beklagten, ein ergänzendes Verfahren durchzuführen sowie mit Blick auf das umfangreiche Vorbringen der Beteiligten zu diesen Fragenkomplexen folgende ergänzende Ausführungen für geboten:
a) Der Beklagte sieht als zwingenden Ausnahmegrund bereits den Umstand an, dass die A 44 im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als vordringlicher Bedarf dargestellt ist. Außerdem weist er darauf hin, dass ein Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit” verwirklicht, eine Lücke in der europäischen Fernstraßenverbindung Kanalhäfen – Ruhrgebiet – Kassel – Eisenach – Dresden – Görlitz – Polen geschlossen und Kapazitätsengpässe im Zuge der B 7, B 27 und B 400 abgebaut werden sollen (vgl. PFB S. 328 unter Hinweis auf S. 141 ff. und S. 156 ff.). Die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan rechtfertigt nicht die Schlüsse, die der Beklagte zieht. Ob das öffentliche Interesse, das für ein Projekt ins Feld geführt wird, im Sinne des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL „überwiegt”, kann nur das Ergebnis einer Bewertung mit dem Integritätsinteresse sein, dessen Wahrung die FFH-RL dient. Fehlt eine solche Entscheidung, so kann Art. 6 Abs. 4 FFH-RL schon aus diesem Grunde tatbestandlich nicht erfüllt sein. Es deutet, auch nach dem Vorbringen des Beklagten, nichts darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber bei der Aufnahme der A 44 in den Bedarfsplan die Regelungen der FFH-Richtlinie in seine Erwägungen mit einbezogen haben könnte. Überprüfungsbedürftig ist auch, ob das prognostizierte Verkehrsaufkommen im Planungsraum ohne weiteres einen Autobahnbau rechtfertigt, der den strengen Ausnahmevoraussetzungen des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gerecht wird. Anstatt mit den für das Jahr 2010 ursprünglich vorausgeschätzten 31 000 bzw. 33 000 Kfz/24 h ist für den Prognose-Nullfall 2015 nach den neueren Ermittlungen nur mehr mit einer Verkehrsmenge von 18 800 in Fürstenhagen und von 18 200 in Walburg zu rechnen. Die A 44 weist indes zwei weitere Qualifikationsmerkmale auf, die ihr im Vergleich mit sonstigen wichtigen Verkehrsvorhaben erhöhte Bedeutung verleihen. Sie zählt zu den Verkehrsprojekten „Deutsche Einheit”, die im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung insofern eine besondere Funktion erfüllen, als sie dazu bestimmt sind, im Interesse der Schaffung gleicher Lebensverhältnisse in den alten und den neuen Bundesländern den Grundstein für eine gemeinsame Verkehrsinfrastruktur zu legen. Hinzu kommt, dass die A 44 nicht nur im innerdeutschen, sondern auch im gesamteuropäischen Verkehrssystem als wichtiges Bindeglied angesehen wird. Sie ist – unter Einschluss des Abschnitts zwischen Kassel und Eisenach – Teil des transeuropäischen Straßennetzes, dem ausweislich der zweiten Begründungserwägung der Entscheidung des Rates vom 29. Oktober 1993 (ABl EG Nr. L 305/11) „eine fundamentale wirtschaftliche und soziale Rolle im Güter- und Personenverkehr innerhalb der Gemeinschaft und in ihren Beziehungen zu Drittländern” zukommt. Dieser auf europäischer Ebene vorgenommenen Wertung ist als Gewichtungsvorgabe bei der nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gemeinschaftsrechtlich gebotenen Interessenabwägung Rechnung zu tragen. Es wäre in sich widersprüchlich, die A 44 als Verkehrsdienstleistung zu charakterisieren, die von deutscher Seite im Gemeinschaftsinteresse erbracht werden soll, sie gleichzeitig aber am FFH-Recht scheitern zu lassen.
b) Der Planfeststellungsbeschluss dürfte auch den Anforderungen genügen, die sich aus dem Kohärenzwahrungsgebot ergeben.
Das Planvorhaben führt zu einem Verlust und einer Zerschneidung von Flächen insbesondere des Lebensraumtyps 6510 sowie zu einer Beeinträchtigung der Habitate des Schwarzblauen Ameisenbläulings. Um gleichwohl die Gebietskohärenz aufrecht zu erhalten, sieht der Planungsträger die Errichtung einer Grünbrücke und die Schaffung eines rund 50 ha großen Feuchtgrünlandkomplexes am Hasenberg in der unmittelbaren Nachbarschaft des „Lichtenauer Hochlandes” vor.
ba) Der Kläger geht davon aus, dass sich mit diesen Maßnahmen der verfolgte Ausgleichszweck nicht erreichen lässt. Er spricht insbesondere der Grünbrücke die Eignung ab, die von ihm als besonders bedeutsam eingestuften Pfeifengraswiesen miteinander zu verbinden. Indes verstellt er sich den Blick auf die von ihm angesprochene Kompensationsproblematik von vornherein dadurch, dass er in seine Betrachtung ausschließlich den Lebensraumtyp der Pfeifengraswiesen einbezieht. Richtig ist, dass diese Wiesen in der Vegetationsstruktur des „Lichtenauer Hochlandes” ein wichtiges Element darstellen. Ihr Flächenanteil ist zwar gering. Sie bilden aber den Kern des Feuchtbiotopkomplexes, durch den das „Lichtenauer Hochland” maßgeblich mit geprägt wird. Der Beklagte räumt ein, dass sich die Pfeifengraswiesen durch eine Vielzahl von Pflanzenarten auszeichnen, die nicht nur für Heuschrecken und Gehäuseschnecken, sondern insbesondere auch für Tagfalter von Bedeutung sind, unter denen der nach Anhang II der FFH-Richtlinie geschützte Schwarzblaue Ameisenbläuling besonders hervorzuheben ist. Der Kläger hält dem Beklagten vor, aus dieser Erkenntnis nicht die gebotenen Konsequenzen gezogen zu haben. Er lässt bei seiner Kritik jedoch außer Acht, dass die Pfeifengraswiesen nicht die einzigen feuchten Standorte sind, die zur Gebietscharakteristik beitragen. Sie bilden einen Verbund mit weiteren Feuchtbiotopen, in denen ein Teil der für sie typischen Tierarten ebenfalls vorkommt. Dies gilt nicht zuletzt für den Schwarzblauen Ameisenbläuling, der außer in den Niedermoorbereichen auch in den Hochstaudenfluren und den angrenzenden Grünlandflächen anzutreffen ist (vgl. die der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vorangestellte Gebietsbeschreibung, die der Kläger unwidersprochen gelassen hat). Mit der Grünbrücke wird das Ziel verfolgt, einen Gründlandkorridor zu schaffen, der für sich nicht den Anspruch erheben kann und will, als unmittelbare Verbindung zwischen den rund 300 m voneinander entfernten Pfeifengraswiesen zu dienen, der aber die Feuchtbiotopkomplexe nördlich und südlich der Trasse so miteinander vernetzt, dass vorhandene Funktionsbeziehungen erhalten werden. Diese Maßnahme soll vor allem auch dem auf entsprechende Biotopstrukturen angewiesenen Schwarzblauen Ameisenbläuling zugute kommen. Die Austauschbeziehungen sollen nach den Planunterlagen in Zukunft freilich an anderer Stelle fortgesetzt werden als heute. Denn dort, wo die Grünbrücke errichtet werden soll, sind derzeit Äcker bzw. Ackerbrachen vorhanden (vgl. die im Rahmen der Verträglichkeitsuntersuchung angefertigte Bestands- und Konfliktkarte). Der Austausch, den die Grünbrücke gewährleisten soll, findet nach der Darstellung in der Bestands- und Konfliktkarte zurzeit weiter östlich in einem Bereich statt, der hierfür im Falle der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens nicht mehr zur Verfügung stehen wird, weil die Trasse dort nach den Planunterlagen in einem Einschnitt verlaufen soll, der – auch nach den Bekundungen des Planungsträgers – für Tagfalter ebenso wie für andere Artengruppen als nahezu unüberwindliche Barriere wirkt. Werden die Austauschbeziehungen auf die Grünbrücke verlagert, so bedeutet dies, dass zwischen den Pfeifengraswiesen größere Entfernungen zurückzulegen sind. Diese Folge rechtfertigt es, für sich genommen, indes nicht, bereits die Zwecktauglichkeit der Kompensationsmaßnahme in Frage zu stellen. Die Grünbrücke dient nach der Darstellung des Beklagten nicht speziell als Trittstein zur Vernetzung der Pfeifengraswiesen, sondern als Verbindung zwischen den Feuchtgrünlandkomplexen nördlich und südlich der geplanten Trasse, die die Pfeifengraswiesen als einen von mehreren Bestandteilen einschließen und die neben anderen Tierarten insbesondere auch dem Schwarzblauen Ameisenbläuling ausreichende Lebensbedingungen bieten. Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass dem Schwarzblauen Ameisenbläuling, dem als Anhang II-Art im Rahmen der nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gebotenen Kompensation vorrangig Beachtung zu schenken ist, nicht bloß Pfeifengraswiesen, sondern auch die sonstigen Feuchtbiotope, die im „Lichtenauer Hochland” vorkommen, als Habitat dienen. Eignet sich die Grünbrücke zur Vernetzung dieser Lebensraumtypen, so genügt sie dem gemeinschaftsrechtlichen Erfordernis, Eingriffe in das FFH-relevante ökologische Wechselbeziehungsgefüge auszugleichen.
An dieser Einschätzung vermag auch der Einwand des Klägers nichts zu ändern, die Grünbrücke werde die ihr zugedachte Funktion schon deshalb nicht erfüllen können, weil sie, einem „Tunneldach” vergleichbar, „nach allen Seiten hin abfallen … und den höchsten Punkt in der näheren Umgebung darstellen” werde. Die höchste Erhebung im Trassenbereich ist der Schulberg, für dessen Querung ein Tunnel vorgesehen ist. Die Grünbrücke ist vom östlichen Tunnelportal knapp 300 m entfernt in einem Bereich, in dem die Trasse in Einschnittslage verläuft. Sie schließt nach den Planunterlagen niveaugleich mit dem anschließenden Gelände ab. Richtig an dem Vorbringen des Klägers ist allerdings, dass die Grünbrücke höher liegt als die Pfeifengraswiesen. Der Höhenunterschied wäre unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL indes nur dann von ausschlaggebender Bedeutung, wenn die Grünbrücke dafür bestimmt wäre, Arten eine Querungsmöglichkeit zu bieten, die an Standortbedingungen gebunden sind, wie sie ausschließlich auf Pfeifengraswiesen herrschen. Nach der Darstellung des Beklagten nutzt der Schwarzblaue Ameisenbläuling indes ebenso wie andere für Pfeifengraswiesen typische Tierarten auch strukturell ähnliche Biotope, die auf dem „Lichtenauer Hochland” in der Nachbarschaft der geplanten Grünbrücke vorkommen. Trifft dies zu, so kommt es nicht entscheidend darauf an, wie hoch der Anteil der Pfeifengraswiesen im vegetationskundlichen Sinne an den als Habitat geeigneten Pflanzengesellschaften ist. Wesentlich ist vielmehr, dass unabhängig von der Höhenlage artgemäße Leitstrukturen vorhanden sind, die zur Grünbrücke hin führen. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass der Schwarzblaue Ameisenbläuling nur auf Pfeifengraswiesen und nicht auch in höher gelegenen sonstigen Biotopen anzutreffen ist. Dann aber ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Grünbrücke als Bindeglied zwischen eben diesen Biotopen ungeeignet sein soll.
bb) Der Kläger bemängelt ohne Erfolg, dass „bei den Maßnahmen zur Sicherung des Natura 2000-Zusammenhangs … der Raubwürger nicht aufgeführt (ist), obwohl er ein Schutzziel darstellt”. Der Raubwürger gehört nicht zu den Vogelarten, zu deren Gunsten ggf. nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der Vogelschutz-Richtlinie Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind. Er genießt auch sonst unter dem Blickwinkel des Gemeinschaftsrechts keinen besonderen Schutz. Freilich gehört er nach den Bekundungen des Klägers in Hessen zu den vom Aussterben bedrohten Arten. Kommt er, wie im Bereich des „Lichtenauer Hochlandes”, unbestritten in hoher Dichte (vier Brutpaare) vor, so mag dies als zusätzliches Indiz für den ökologischen Wert des Gebiets gedeutet werden. Es trifft jedoch nicht zu, dass der Raubwürger vom Beklagten nicht zur Kenntnis genommen worden sei. In der Verträglichkeitsuntersuchung wird er als eine der für den Landschaftsraum bedeutsamen, in den EG-Normen nicht genannten Arten besonders hervorgehoben. Der Beklagte räumt ein, dass die südlich der Trasse gelegene ca. 63 ha große Teilfläche des FFH-Gebiets sowohl durch die Zerschneidung als auch durch betriebsbedingte Immissionen als ein für den Raubwürger und verschiedene andere Vogelarten geeigneter Lebens- und Aktionsraum dauerhaft beeinträchtigt, wenn nicht gar entwertet wird. Dieser Verlust soll dadurch ausgeglichen werden, dass das potentielle FFH-Gebiet „Lichtenauer Hochland” im Norden am Hasenberg um ein Areal von rund 50 ha erweitert wird, das insofern ähnliche geomorphologische Strukturen wie der betroffene Gebietsteil aufweist, als es aus einer Mischung von Trocken- und Feuchtstandorten besteht. Dieser Darstellung tritt der Kläger nicht entgegen. Entspricht die Erweiterungsfläche aber schon jetzt weithin dem Gebietsteil, dessen Funktionen sie übernehmen soll, so ist die Gefahr einer „zeitlichen Funktionslücke” offenbar gering. Auch sonst deutet nichts darauf hin, dass das Gebiet am Hasenberg den rechtlichen Eignungsanforderungen nicht genügt. Der Raubwürger ist zwar ausgesprochen lärmempfindlich. Der Hasenberg liegt aber weit außerhalb des Einwirkungsbereichs der geplanten Autobahn, deren Trasse im Bereich des potentiellen FFH-Gebiets „Lichtenauer Hochland” ausschließlich in Tunnel- oder Einschnittslage verläuft.
C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Unterschriften
Paetow, Berkemann, Lemmel, Halama, RiBVerwG Dr. Jannasch ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben. Paetow
Fundstellen
BVerwGE, 254 |
NVwZ 2002, 836 |
IBR 2002, 567 |
DÖV 2003, 91 |
NuR 2002, 739 |
ZUR 2003, 22 |
ZfBR 2003, 68 |
DVBl. 2002, 1486 |
UPR 2002, 448 |