Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 14.11.2006; Aktenzeichen 4 B 15.04) |
VG Berlin (Urteil vom 29.09.2004) |
Tenor
Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. November 2006 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. September 2004 sowie der Bescheid des Bezirksamts … von Berlin vom 7. Juni 2004 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I
Die 1950 geborene Klägerin war als Beamtin des gehobenen nichttechnischen Dienstes bis 2001 in der Funktion der Leiterin des Standesamtes im Berliner Bezirksamt … tätig.
Als Folge einer 2001 wirksam gewordenen Gebietsreform wurden u.a. die bisher selbstständigen Bezirke … und … zu einem neuen Bezirk … zusammengelegt. Auf der Grundlage einer “Verwaltungsreform- und Beschäftigungssicherungsvereinbarung” wurde die Klägerin ab Juli 2001 dem sog. Personalüberhang zugeordnet und seitdem mehrfach umgesetzt und abgeordnet. Zum Vorschlag, die Klägerin und nicht ihre mit einer ungünstigeren Zahl von “Sozialpunkten” bewertete Kollegin dem Personalüberhang zuzuordnen, gab eine paritätische Kommission des Bezirksamts … im Februar 2001 keine Empfehlung ab, weil sich die der Kommission angehörenden Mitglieder des Personalrats und der Dienststelle nicht einigen konnten. Daraufhin entschied der Bezirksbürgermeister die Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang.
Zum 1. Januar 2004 trat das Berliner Gesetz zur Einrichtung eines Zentralen Personalüberhangmanagements (Stellenpoolgesetz) in Kraft. Der Beklagte hörte die Klägerin zur beabsichtigten Versetzung in die neugebildete Dienstbehörde “Stellenpool” an, beteiligte auch die Frauenvertreterin und den Personalrat und sprach schließlich mit der angefochtenen Verfügung vom 7. Juni 2004 die Versetzung der Klägerin zum 1. Juli 2004 aus. Der Personalrat hatte das Fehlen der erforderlichen Einzelfallabwägung gerügt und erfolglos um ein Einigungsverfahren gebeten.
Die Klage war in beiden Rechtszügen erfolglos. Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei unbegründet. Der Anspruch der Klägerin auf Übertragung eines ihrem Status entsprechenden funktionellen Amts werde von der Versetzung nicht betroffen. Laufbahn, Besoldungsgruppe und Amtsbezeichnung blieben unverändert. Zwar werde der Klägerin mit der Versetzung zum Stellenpool ihr bisheriges abstrakt-funktionelles Amt entzogen, ohne dass ihr zugleich ein neues derartiges Amt übertragen werde. Sie behalte jedoch ihren bisherigen Dienstposten und übe die ihr tatsächlich übertragene Funktion solange aus, bis der Stellenpool, der mit Ausnahme seiner eigenen Verwaltung über keine eigene Beschäftigungsmöglichkeit verfüge, ihr eine freie Stelle bei einer anderen Behörde vermittele oder im Wege der Abordnung oder Umsetzung Übergangseinsätze bei anderen Behörden organisiere. Den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums werde hinlänglich Rechnung getragen, weil der Beamte mit der nach dem Stellenpoolgesetz bezweckten späteren Versetzung zu einer anderen Dienststelle ein neues abstrakt-funktionelles Amt erhalten werde. Die Versetzung zum Stellenpool sei Teilelement eines einheitlichen Vorgangs, der mit der Zuordnung zum Personalüberhang beginne und mit der angestrebten Versetzung zu einer neuen Dienststelle ende. Weder sei im Falle der Klägerin die Zeit einer nicht amtsangemessenen Beschäftigung “unbefristet gestreckt”, noch sei der Klägerin ihr konkret-funktionelles Amt entzogen worden. Sie werde nach der gesetzlichen Konstruktion des Stellenpoolgesetzes und der ausdrücklichen gesetzlichen Aufgabenzuweisung weiterhin amtsangemessen beschäftigt. Das Stellenpoolgesetz bezwecke die möglichst schnelle und effiziente Vermittlung der Personalüberhangkräfte auf andere dauerhafte Stellen innerhalb der Berliner Verwaltung. Ob die Regelungen des Gesetzes einschränkend so auszulegen seien, dass sie die getroffenen Maßnahmen nur solange rechtfertigen könnten, wie der Stellenpool sich rein tatsächlich als Zwischenstation erweise und die ihm zugewiesenen Personalüberhangkräfte dort nicht auf Dauer verblieben, könne offenbleiben, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung auf Dauer im Stellenpool verbleiben würde. Unabhängig davon wäre der Landesgesetzgeber jedenfalls befugt gewesen, das Landesbeamtenrecht auf Grund veränderter Umstände gemäß Art. 33 Abs. 5 GG dahin weiterzuentwickeln, dass einem dem Personalüberhang zugeordneten Beamten vorübergehend kein abstrakt-funktionelles Amt übertragen werden müsse, wenn dies seiner Vermittlung auf eine dauerhafte Stelle diene. Der als Folge der Wiedervereinigung entstandene erhebliche Personalüberhang im öffentlichen Dienst Berlins sowie die katastrophale Haushaltslage des Landes seien Umstände, die eine solche Fortentwicklung des Beamtenrechts rechtfertigten.
Das Stellenpoolgesetz genüge dem Bestimmtheitsgebot, obwohl es nicht selbst regele, nach welchen Kriterien und in welchem Verfahren Beamte dem Personalüberhang zuzuordnen und zum Stellenpool zu versetzen seien. Nähere gesetzliche Vorgaben für die Auswahl seien nicht geboten, weil der Dienstherr hier – wie bei jeder anderen dienstrechtlichen Maßnahme – an die Fürsorgepflicht und das Leistungsprinzip gebunden sei.
Die Versetzung sei auch im konkreten Fall nicht zu beanstanden. Die der Versetzung zum Stellenpool vorausgehende Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang sei rechtmäßig. Die Auswahlentscheidung zugunsten der Kollegin B… und gegen die Klägerin sei nicht zu beanstanden; sie beruhe auf zulässigen und zutreffenden Beurteilungserwägungen. Bei der Entscheidung über die Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang sei eine Beteiligung des Personalrats nicht erforderlich gewesen. Bei der Versetzung der Klägerin zum Stellenpool im Jahre 2004 sei die Personalvertretung ordnungsgemäß beteiligt worden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. November 2006 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. September 2004 sowie den Bescheid des Bezirksamts … von Berlin vom 7. Juni 2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist begründet. Die Versetzung der Klägerin zum Stellenpool ist rechtswidrig. Sie begegnet durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, verstößt jedenfalls aber gegen personalvertretungsrechtliche Vorgaben und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, so dass sie aufzuheben ist.
Die angefochtene, als Versetzung bezeichnete Maßnahme findet ihre Rechtsgrundlage nicht in § 61 Abs. 2 des Berliner Landesbeamtengesetzes (LBG), sondern in § 1 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Berliner Gesetzes zur Einrichtung eines Zentralen Personalüberhangmanagements – Stellenpool – (Stellenpoolgesetz – StPG) vom 9. Dezember 2003 (GVBl S. 589). Nach § 1 Abs. 2 Satz 3 StPG werden die Personalüberhangkräfte zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) versetzt. Nach Satz 4 dieser Bestimmung dient die Versetzung einem dienstlichen Bedürfnis.
Damit unterscheidet sich diese Maßnahme von der Versetzung nach § 61 LBG (vgl. Beschluss vom 2. August 2005 – BVerwG 6 P 11.04 – Buchholz 251.2 § 86 BlnPersVG Nr. 5). Denn anders als die dort geregelte Versetzung steht die Maßnahme nicht im Ermessen des Dienstherrn, sondern knüpft zwingend (“wird versetzt”) allein an die Zugehörigkeit des betroffenen Beamten zum Personalüberhang an. Das nach § 61 Abs. 1 Satz 1 LBG regelmäßig erforderliche Bedürfnis für die Versetzung ist nach § 1 Abs. 2 Satz 4 StPG nicht zu prüfen, sondern wird als feststehend vorgegeben.
Wie die Versetzung nach § 61 LBG hat die Maßnahme jedoch zur Folge, dass der Beamte seine Zugehörigkeit zu seiner bisherigen Behörde und damit sein dort innegehabtes Funktionsamt im abstrakten und im konkreten Sinne verliert. Mit der Versetzung wird er Angehöriger des Stellenpools, der nach § 1 Abs. 1 StPG eine selbstständige, der Senatsverwaltung für Finanzen nachgeordnete Behörde mit Dienststelleneigenschaft und Dienstbehörde der ihr unterstellten Dienstkräfte ist. Wie bei der Versetzung nach § 61 LBG hätte ihm dort ein neues Funktionsamt übertragen werden müssen (vgl. § 61 Abs. 1 Satz 2 LBG: “das neue Amt”).
Beim Stellenpool ist der Klägerin jedoch kein neues funktionelles Amt zugewiesen worden. Der Stellenpool verfügt nur über wenige Beamte, die seine unmittelbaren Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Den zu ihm versetzten Beamten, die bisher zum sog. Personalüberhang gehörten, wird beim Stellenpool kein neues Amt zugewiesen. Sie behalten lediglich ihr Amt im statusrechtlichen Sinne. Dieser Mangel führt zur Rechtwidrigkeit der Versetzung.
Der Inhaber eines statusrechtlichen Amts kann gemäß Art. 33 Abs. 5 GG beanspruchen, dass ihm ein amtsangemessenes abstrakt-funktionelles Amt sowie ein amtsangemessenes konkret-funktionelles Amt, d.h. ein entsprechender Dienstposten, übertragen werden (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 – 2 BvL 16/82 – BVerfGE 70, 251 ≪266≫; BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 – BVerwG 2 C 26.05 – BVerwGE 126, 182 ≪Rn. 9≫). Er ist erst dann mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Amtsposition ausgestattet, wenn dieser Anspruch erfüllt ist.
Das statusrechtliche Amt wird grundsätzlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und durch die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet. In abstrakter Weise wird dadurch seine Wertigkeit in Relation zu anderen Ämtern zum Ausdruck gebracht (vgl. Urteile vom 29. April 1982 – BVerwG 2 C 41.80 – BVerwGE 65, 270 ≪272≫, vom 24. Januar 1991 – BVerwG 2 C 16.88 – BVerwGE 87, 310 ≪313≫ und vom 3. März 2005 – BVerwG 2 C 11.04 – BVerwGE 123, 107 ≪110≫ m.w.N., stRspr). Das Amt im funktionellen Sinne bezieht sich auf die dienstlichen Aufgaben des Beamten. Das abstrakt-funktionelle Amt knüpft im abstrakt verstandenen Sinne an die Beschäftigung des Beamten an. Gemeint ist der dem statusrechtlichen Amt entsprechende Aufgabenkreis, der einem Inhaber dieses Statusamts bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 – 2 BvL 16/82 – a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 4. Mai 1972 – BVerwG 2 C 13.71 – BVerwGE 40, 104 ≪107≫ und vom 29. April 1982 – BVerwG 2 C 41.80 – a.a.O. S. 272 f.). Das abstrakt-funktionelle Amt wird dem Beamten durch gesonderte Verfügung des Dienstherrn übertragen (Urteil vom 23. September 2004 – BVerwG 2 C 27.03 – BVerwGE 122, 53 ≪56≫). Das konkret-funktionelle Amt, der Dienstposten, bezeichnet die dem Beamten tatsächlich übertragene Funktion, seinen Aufgabenbereich. Die für die amtsgemäße Besoldung gemäß § 18 BBesG notwendige Zusammenschau von Amt im statusrechtlichen und im funktionellen Sinne steht einer dauernden Trennung von Amt und Funktion grundsätzlich entgegen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 – 2 BvL 16/82 – a.a.O. S. 267 f.; BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 – BVerwG 2 C 26.05 – a.a.O. Rn. 11).
Der Dienstherr ist gehalten, dem Beamten solche Funktionsämter zu übertragen, die in ihrer Wertigkeit dem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechen (Urteile vom 11. Juli 1975 – BVerwG 6 C 44.72 – BVerwGE 49, 64 ≪67 f.≫, vom 28. November 1991 – BVerwG 2 C 41.89 – BVerwGE 89, 199 ≪200≫ und vom 3. März 2005 – BVerwG 2 C 11.04 – a.a.O. S. 109, stRspr). Damit wird dem Beamten zwar kein Recht auf unveränderte oder ungeschmälerte Ausübung eines bestimmten Amts im funktionellen Sinne gewährt. Er muss vielmehr Änderungen seines abstrakten und konkreten Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines statusrechtlichen Amts hinnehmen (BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 – 1 BvR 79, 278, 282/70 – BVerfGE 43, 242 ≪283≫; Beschluss vom 7. November 1979 – 2 BvR 513, 558/74 – BVerfGE 52, 303 ≪354 f.≫; BVerwG, Urteile vom 22. Mai 1980 – BVerwG 2 C 30.78 – BVerwGE 60, 144 ≪150≫, vom 28. November 1991 – BVerwG 2 C 41.89 – a.a.O. S. 201, vom 23. September 2004 – BVerwG 2 C 27.03 – a.a.O. S. 56 und vom 22. Juni 2006 – BVerwG 2 C 26.05 – a.a.O. Rn. 12). Unzulässig ist jedoch der vollständige Entzug oder die Vorenthaltung eines Funktionsamts. Das abstrakt-funktionelle Amt ist das rechtliche Bindeglied, das den Beamten an eine bestimmte Behörde bindet und zugleich in abstrakter Form seinen Tätigkeitsbereich bei dieser Behörde umschreibt. Erst aus dem abstrakt-funktionellen Amt lassen sich die Kriterien gewinnen, anhand derer sich die Amtsangemessenheit des konkret-funktionellen Amts beurteilen lässt. Das abstrakt-funktionelle Amt ist zudem der Garant der sachlichen Unabhängigkeit des Beamten, weil es die Grenzen definiert, innerhalb derer der Dienstherr dem Beamten Dienstgeschäfte zuweisen und entziehen kann. Auf die Einweisung des Beamten in ein abstrakt-funktionelles Amt kann nicht dauerhaft verzichtet werden.
Die im öffentlichen Dienstrecht entwickelte Unterscheidung zwischen verschiedenen Amtsbegriffen ist kein akademischer Selbstzweck, sondern dient der Entfaltung dessen, was die Stellung des Beamten im Sinne der durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ausmacht. Erst die Verleihung der vollen Amtsstellung, die dauerhafte Übereinstimmung zwischen dem Statusamt und dem Funktionsamt und die Übereinstimmung zwischen abstraktem und konkretem Funktionsamt kann dem Beamten jene gesicherte Stellung geben, derer er bedarf, um die von Verfassungs wegen ihm gesetzte Aufgabe zu erfüllen, als unparteiischer Sachwalter des öffentlichen Interesses durch sein Sachwissen, seine fachliche Leistung und seine loyale Pflichterfüllung eine stabile Verwaltung zu sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatswesen gestaltenden politischen Kräften zu bilden (BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 – 2 BvL 11/07 – NVwZ 2008, 873 Rn. 68 = ZBR 2008, 310 ≪313≫; vgl. Beschluss vom 27. September 2007 – BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 – BVerwGE 129, 272 ≪280≫ m.w.N.). Deshalb gehört die Verleihung eines mit dem Statusamt in Übereinstimmung zu haltenden Funktionsamts zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, die auch bei der Fortentwicklung des öffentlichen Dienstrechts zu beachten sind. Sie gehören zum Kerngehalt der beamtenrechtlichen Grundsätze, die dem Gesetzgeber den Weg zu tiefgreifenden strukturellen Änderungen versperren (BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 – 2 BvL 11/07 – a.a.O. Rn. 69). Die Verleihung eines dem Statusamt entsprechenden Funktionsamts gehört zu den Erfordernissen, gegen deren Beseitigung Art. 33 Abs. 5 GG eine nicht zu überwindende Sperre errichtet hat.
Mit der Versetzung zum Stellenpool ohne gleichzeitige Übertragung eines amtsangemessenen Funktionsamts wird der ebenfalls verfassungsrechtlich abgesicherte Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung verletzt (BVerfG, Beschlüsse vom 24. Januar 1961 – 2 BvR 74/60 – BVerfGE 12, 81 ≪87≫, vom 6. März 1963 – 2 BvR 129/63 – BVerfGE 15, 298 ≪302≫, vom 4. Februar 1981 – 2 BvR 570, 571, 629, 630, 189, 218, 331, 617, 621, 627, 536, 574, 631/76 – BVerfGE 56, 146 ≪162≫, vom 3. Juli 1985 – 2 BvL 16/82 – a.a.O. sowie Kammerbeschlüsse vom 20. Dezember 1993 – 2 BvR 1327/87, 2 BvR 420/90, 2 BvR 1544/90 – NVwZ 1994, 473 und vom 29. Februar 1996 – 2 BvR 136/96 – NJW 1996, 2149; BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 – BVerwG 2 C 26.05 – a.a.O. Rn. 9, stRspr). Erst anhand des einem Beamten übertragenen abstrakt-funktionellen Amts bei einer bestimmten Behörde lässt sich beurteilen, ob der konkret übertragene Dienstposten seinem Inhalt nach amtsangemessen ist oder der Wertigkeit des abstrakten Amts nicht entspricht. Der Begriff der amtsangemessenen Tätigkeit erfordert einen Vergleich zwischen Amt und Tätigkeit. Es gibt keine Tätigkeit, die aus sich heraus angemessen oder unangemessen ist; die Angemessenheit ergibt sich erst aus dem Vergleich mit den abstrakten Anforderungen des Amts, also aus dem Vergleich zwischen dem abstrakt-funktionellen Amt und dem konkret-funktionellen Amt.
Mit ihrer Versetzung zum Stellenpool hat die Klägerin ihr bisheriges abstrakt-funktionelles Amt als Amtsrätin des Berliner Bezirksamts … verloren. Beim Stellenpool hat sie kein abstrakt-funktionelles Amt erhalten, da der Stellenpool – von den wenigen der eigenen Verwaltung dienenden Stellen abgesehen – über derartige Stellen nicht verfügt. Die Personalüberhangkräfte nehmen bei ihrer neuen Dienststelle, dem Stellenpool, nicht aktiv an der Wahrnehmung derjenigen Aufgaben teil, die dieser Dienststelle obliegen. Vielmehr sind sie es, auf die sich die Verwaltungstätigkeit der Behörde “Stellenpool” bezieht. Dementsprechend bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 1 StPG generell als Aufgabe des Stellenpools, die Personalüberhangkräfte entsprechend ihrem bisherigen statusrechtlichen Amt oder ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarung zu beschäftigen (vgl. Beschluss vom 2. August 2005 – BVerwG 6 P 11.04 – Buchholz 251.2 § 86 BlnPersVG Nr. 5). Indem die Klägerin für mehr oder weniger lange Zeiträume bei wechselnden Berliner Behörden unterschiedliche Tätigkeiten ausübt, ist sie der Sache nach wie eine Leiharbeitnehmerin beschäftigt. Daran ändert auch nichts, dass der Beklage für die Übertragung derartiger Tätigkeiten dienstrechtliche Begriffe wie Abordnung oder Rückabordnung verwendet. Abgeordnet werden kann nur ein Beamter, der bei einer bestimmten Dienstbehörde – seiner Stammbehörde – ein abstrakt-funktionelles Amt innehat (Urteil vom 22. Juni 2006 – BVerwG 2 C 26.05 – a.a.O. Rn. 28). Erst von dieser Basis aus ist es möglich und zulässig, ihn für einen begrenzten Zeitraum zu einer anderen Behörde abzuordnen und ihm dort eine Tätigkeit zuzuweisen, die unter Umständen, wenn auch nur vorübergehend, sogar unterwertig sein kann.
Die Vorenthaltung eines Funktionsamts durch das Stellenpoolgesetz ist kein vorübergehender Zustand. Verfassungsrecht – Art. 33 Abs. 5 GG – und einfaches Recht – § 18 BBesG – verbieten eine dauerhafte Entkoppelung von Status- und Funktionsamt (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 – 2 BvL 16/82 – a.a.O.). Dauerhaft in diesem Sinne ist eine Maßnahme aber nicht erst dann, wenn sie endgültig sein soll. Sie ist vielmehr schon dann auf Dauer angelegt, wenn der Zeitraum, für den sie gelten soll, nicht von vornherein zeitlich begrenzt oder begrenzbar, bestimmt oder bestimmbar ist, insbesondere dann, wenn offen ist, ob er überhaupt endet. In diesem Falle handelt es sich um eine “dauerhafte” Maßnahme, auch wenn sie als “vorübergehend” bezeichnet wird und das Gesetz selbst die Beseitigung dieses Zustandes als Ziel angibt.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin seit ihrer Zuweisung zum Personalüberhang (2001) und ihrer Versetzung zum Stellenpool (2004) bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (November 2006) lediglich im Wege der Abordnung und Umsetzung bei unterschiedlichen Berliner Behörden beschäftigt worden. Unstreitig ist überdies, dass die Klägerin auch im Zeitpunkt der Revisionsverhandlung noch nicht vom Stellenpool wegversetzt war. Nach der Konzeption des Stellenpools ist es auch objektiv nicht möglich, jeden dem Personalüberhang zugeordneten und dann zum Stellenpool versetzten Beamten endgültig zu einer anderen Berliner Dienststelle zu versetzen, weil die entsprechenden Stellen abgebaut worden sind oder abgebaut werden sollen und deshalb nicht zur Verfügung stehen. Der dem Stellenpool zugewiesene Beamte kann daher schon im Zeitpunkt seiner Versetzung zum Stellenpool nicht davon ausgehen, dass seine Zugehörigkeit zum Stellenpool durch eine reguläre Versetzung zu einer anderen Berliner Dienststelle zeitnah beendet wird. Damit ist ungewiss, ob überhaupt und gegebenenfalls wann die Zugehörigkeit zum Stellenpool durch eine Versetzung und die Zuweisung eines Funktionsamts enden wird. Dies stellt eine dauerhafte Entkoppelung von Status- und Funktionsamt dar, die mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar und daher rechtswidrig ist.
Der Senat verkennt nicht, dass das beklagte Land seine finanziellen und personalpolitischen Probleme lösen muss. Der Senat erkennt auch an, dass die Einrichtung des Stellenpools grundsätzlich geeignet ist, die dabei auszulösende Personalfluktuation zentral und effektiv zu steuern und einem unkoordinierten Personalwechsel innerhalb der teilweise mit erheblichen personalrechtlichen Befugnissen ausgestatteten Berliner Behörden entgegenzuwirken. Solche Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte berechtigen jedoch nicht dazu, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu verletzen.
Der Senat ist daran gehindert, § 1 Abs. 2 StPG dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG zur Prüfung der Frage vorzulegen, ob die darin vorgesehene Versetzung der Beamten zum Stellenpool mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist. Die Vorlage setzt voraus, dass es auf die Gültigkeit oder die Nichtigkeit der Vorschrift ankommt. Das ist dann nicht der Fall, wenn die angegriffene Maßnahme auch aus einem anderen Grunde rechtswidrig ist. So liegt es hier.
Anlässlich der Versetzung der Klägerin zum Stellenpool ist der Personalrat der abgebenden Dienststelle nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Gemäß § 99c Abs. 2 Satz 2 des Berliner Personalvertretungsgesetzes – BlnPersVG – (eingefügt durch § 7 StPG) wirkt der Personalrat der bisherigen Dienststelle bei der Versetzung von Personalüberhangkräften zum Stellenpool mit. Gemäß § 84 Abs. 1 BlnPersVG ist, soweit die Personalvertretung an Entscheidungen mitwirkt, die beabsichtigte Maßnahme vor der Durchführung mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend mit ihr zu erörtern.
Da die Versetzung nach § 1 Abs. 2 Satz 3 StPG nicht im Ermessen des Dienstherrn steht, sondern als zwingende Folge der Zugehörigkeit des Beamten zum Personalüberhang vorgeschrieben ist, kann der Personalrat im Beteiligungsverfahren eigene Erwägungen ebenso wenig vorbringen wie die Nachprüfung eines dienstlichen Bedürfnisses für die Versetzung verlangen, weil auch insoweit § 1 Abs. 2 Satz 4 StPG das dienstliche Bedürfnis vorgibt. Unter diesen Umständen kann sich die Beteiligung des Personalrats im Wesentlichen nur auf die Frage beziehen, ob der Beamte zu Recht dem Personalüberhang zugeordnet worden ist. Die sinnvolle Erörterung dieser Frage setzt jedoch voraus, dass dem Personalrat auch die Gründe für die Zuordnung des Beamten zum Personalüberhang nachvollziehbar mitgeteilt werden. Ohne deren Kenntnis kann der Personalrat sein Beteiligungsrecht nicht ordnungsgemäß ausüben.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind dem Personalrat beim Bezirksamt … die Gründe für die Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang nicht mitgeteilt worden; auch hat er das Fehlen einer Einzelfallabwägung gerügt. Das Berufungsgericht hat dies als unschädlich angesehen. Dem Personalrat hätten die Unterlagen zur Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang bereits im Februar 2001 im Zusammenhang mit der Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang vorgelegen. Sein Schreiben vom 21. April 2004 bringe nicht zum Ausdruck, dass er eine unmittelbare Einzelfallerörterung wünsche, sondern er habe lediglich grundsätzliche Bedenken gegen die gesetzliche Konstruktion geäußert. Dem ist nicht zu folgen.
Bei der 2001 getroffenen Entscheidung, die Klägerin dem Personalüberhang zuzuordnen, handelte es sich um eine Maßnahme, die damals dienstrechtlich ohne jede Auswirkung für die Klägerin blieb, weil sie ihr Statusamt und ihr funktionelles Amt bei ihrer bisherigen Dienstbehörde behielt. Folgerichtig hat das Berufungsgericht eine isolierte gerichtliche Überprüfung dieser Maßnahme für unzulässig gehalten und ihr allein haushaltsrechtliche Bedeutung – nämlich als Zuordnung des Beamten zu einer “kw-Stelle” – beigemessen (UA S. 21). Erst durch § 1 Abs. 3 StPG, der vor der Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage gegen die Zuordnung zum Personalüberhang ein Widerspruchsverfahren ausschließt, ist klargestellt worden, dass auch die auf das Stellenpoolgesetz gestützte Zuordnung zum Personalüberhang selbst eine anfechtbare Maßnahme darstellt. § 1 Abs. 2 Satz 3 StPG hat der damaligen, rein haushaltsrechtlich bedeutsamen Entscheidung nachträglich eine ganz andere, für die Rechtsstellung des Beamten entscheidende Bedeutung verliehen. Im Jahr 2001 war weder für die Klägerin noch für den damals amtierenden, ohnehin nur im Rahmen einer “paritätischen Kommission” mit dreien seiner Mitglieder eingeschalteten Personalrat absehbar, dass die Zuordnung zum Personalüberhang später eine Tatbestandswirkung entfalten würde, an die das Stellenpoolgesetz zwingend die Versetzung zum Stellenpool knüpfen würde. Für den Personalrat waren diese Folgen 2001 in seine Überlegungen nicht einzubeziehen. Dem Personalrat hätten daher anlässlich der Versetzung der Klägerin zum Stellenpool entweder erneut die damaligen Unterlagen vorgelegt oder die Gründe für ihre Zuordnung zum Stellenpool nachvollziehbar dargelegt werden müssen, damit seine ordnungsgemäße Beteiligung erfolgen konnte. § 73 Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG ermächtigt den Personalrat nicht dazu, Kopien der ihm zur Einsicht überlassenen Personalakten anzufertigen (Germelmann/Binkert, PersVG Berlin, § 73 Rn. 40). Der Beklagte konnte daher nicht erwarten, dass der Personalrat bei seiner Befassung mit dem Fall der Klägerin im Jahre 2004 auf Kopien der ihm drei Jahre zuvor überlassenen Unterlagen oder auf Notizen darüber zurückgreifen konnte.
Der Personalrat hat auch ordnungsgemäß gerügt, dass er nicht informiert worden ist. Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass sich die Stellungnahme des Personalrats vom 21. April 2004, in welcher er die Versetzung der Klägerin zum Stellenpool ablehnte, weitgehend auf rechtspolitische Gründe stützt, die mit dem Einzelfall der Klägerin nichts zu tun haben. Der Personalrat hat in seiner Stellungnahme unter Nr. 2 aber auch moniert, dass eine Einzelfallabwägung nicht stattgefunden habe, eine solche sei den ihm übermittelten Unterlagen nicht zu entnehmen. Dies kann sich bei verständiger Auslegung nur auf die Gründe der Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang beziehen; denn nur an dieser Stelle hat bei der Versetzung zum Stellenpool eine Einzelfallabwägung zu erfolgen. Außerdem hat der Personalrat am Schluss seines Schreibens (unter Nr. 4) die Abgabe des Vorgangs an das Einigungsverfahren gefordert. Diese Bemerkung kann nur als Verlangen verstanden werden, nach Mitteilung der Gründe über die Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang einschließlich der gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG erforderlichen Vorlage der Unterlagen die Angelegenheit der Klägerin zumindest nach § 84 Abs. 1 BlnPersVG zu erörtern. Über dieses sachlich begründete Verlangen durfte sich der Dienststellenleiter nicht hinwegsetzen.
Die mangelhafte Beteiligung des Personalrats führt zur Rechtswidrigkeit und Anfechtbarkeit der durchgeführten Maßnahme (vgl. Urteile vom 1. Dezember 1982 – BVerwG 2 C 59.81 – BVerwGE 66, 291 ≪294≫ und vom 24. November 1983 – BVerwG 2 C 9.82 – BVerwGE 68, 189 ≪197≫; vgl. auch BAG, Urteil vom 15. August 2006 – 9 AZR 571/05 – BAGE 119, 181 ≪Rn. 50≫). Die angefochtene Versetzung der Klägerin zum Stellenpool ist daher unabhängig davon aufzuheben, ob § 1 StPG wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 GG verfassungswidrig und nichtig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Herbert, Prof. Dr. Kugele, Dr. Heitz, Thomsen, Dr. Burmeister
Fundstellen
LKV 2009, 77 |
PersV 2009, 130 |