Entscheidungsstichwort (Thema)
Planfeststellungsbeschluss. Neubaustrecke. Baustelle. Baustellenlärm. AVV Baulärm. Schallschutz, aktiver, passiver. Lärmschutzwand. Objektschutz. VDI 2719. Innenschallpegel. Umgebungsbebauung. Nachbarschaft. Zumutbarkeitsschwelle. Schutzanspruch. Immissionsrichtwert. Eingreifwert. Außenwohnbereich. Entschädigung. Abschnittsbildung. Schienenverkehrslärm. Lärmvorsorge. Gradientenänderung. Verschwenkung. Folgemaßnahme. Summation. Gesamtlärmbetrachtung. Mikrodruckwellen. Tunnelführung. Tunnelknall. Portal. Portalhaube. Präklusion. Spitzenschalldruckpegel. Schallexpositionspegel, C-bewertet. Prognoseunsicherheit. Beurteilungspegel. Orientierungswert. Erschütterungseinwirkungen, baubedingte, betriebsbedingte. Wohnanlage. Substanzbeeinträchtigung. Schwingstärken. Vibrationsramme. Sprengungen. Beweissicherungsmessungen. Luftschall, sekundärer. Anhaltswert. Schienenbonus. Schienenverkehr, unterirdischer. Primärschall. Verdeckungseffekt. TA Lärm. Masse-Feder-System
Leitsatz (amtlich)
1. Langfristig einwirkender Baustellenlärm kann Ausgleichsansprüche wegen Beeinträchtigung der Nutzung des Außenwohnbereichs auslösen (im Anschluss an das Urteil vom 10. Juli 2012 – BVerwG 7 A 11.11).
2. Mit einem Neubauvorhaben verbundene Folgemaßnahmen in Form erheblicher baulicher Eingriffe in bestehende Gleisanlagen gebieten eine summative Gesamtbetrachtung des von der neu gebauten und der geänderten Strecke auf ein Grundstück einwirkenden Schienenlärms nach dem Maßstab des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV.
3. Die Zumutbarkeit von Lärmeinwirkungen durch Mikrodruckwellen, die durch den Betrieb eines Eisenbahntunnels entstehen, ist in Orientierung an den Vorgaben der RiL 853.1002A01 zu beurteilen.
4. Die Zumutbarkeit des mit dem Betrieb eines Eisenbahntunnels verbundenen sekundären Luftschalls orientiert sich an den Vorgaben der 24. BImSchV.
Normenkette
VwGO § 113 Abs. 1; BImSchG § 3 Abs. 1, §§ 41-42; VwVfG § 74 Abs. 2 Sätze 2-3, § 75 Abs. 1, 2 S. 2; AEG § 18a Nr. 7; 16. BImSchV § 1 Abs. 1-2, § 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
I
Gegenstand des Verfahrens ist der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 25. Juni 2012 für die Errichtung des „Planfeststellungsabschnitts 2.4 Albabstieg” der Aus- und Neubaustrecke Stuttgart – Augsburg, Bereich Wendlingen – Ulm. Der Abschnitt 2.4 des in mehrere Planfeststellungsabschnitte gegliederten Gesamtvorhabens führt auf neuer Trasse von Dornstadt auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb in zwei eingleisigen Tunnelröhren in das Donautal hinab zum Hauptbahnhof Ulm. Die Grenze zum südlich anschließenden Abschnitt 2.5a1 liegt unmittelbar am Ausgang der Tunnelröhren. Vor dem Tunnelportal Ulm umfasst der Planfeststellungsabschnitt 2.4 nach Osten lediglich noch Flächen des künftigen Rettungsplatzes. Im Abschnitt 2.5a1 wird die Neubaustrecke in Trogführung eigenen Bahnsteigen am Hauptbahnhof Ulm zugeführt. Das erfordert eine Neutrassierung von Bestandsgleisen sowie die Bereitstellung von Flächen für Baustelleneinrichtungen, wofür ebenfalls Um- und Rückbauten von Gleisanlagen erforderlich sind.
Der Kläger ist Eigentümer des früher mit Kasernengebäuden bebauten Grundstücks Flurstück … der Gemarkung …, das von Norden an die K.straße grenzt. Das (als Baudenkmal geschützte) Hauptgebäude ließ sein Rechtsvorgänger nach 2001 zur Wohnnutzung umbauen, nördlich davon errichtete er zwei weitere Wohngebäude sowie eine Tiefgarage. Die Gesamtanlage umfasst 74 Wohnungen. Im östlichen Bereich des Grundstücks werden Teile der Wohnbebauung und Teile der Tiefgarage von der Tunnelstrecke unterfahren. Das Tunnelportal Ulm kommt unmittelbar südlich der K.straße und der zu dieser parallel geführten, im Hang abgestuft tiefer liegenden Bahnstrecken 4542 (Gleise 403 und 404) und 4543 (Gleis 405) zur Ausführung und zwar in einer Entfernung von ca. 70 m zur Südostecke der Wohnanlage des Klägers. Dabei muss im Bereich der Kreuzung Neubaustrecke/Strecke 4543 das Gleis 405 höher gelegt werden, damit es von der Neubaustrecke unterfahren werden kann. Während diese Änderung Teil der Planfeststellung im Abschnitt 2.4 ist, fallen alle weiteren Gleisänderungen im Bahnhofsvorfeld in den Folgeabschnitt 2.5a1. Das gilt auch für das Gleis 406 der Strecke 4760 Aalen – Ulm, das zurückgebaut und künftig über einen nach Nordwesten verschwenkten Bogen und den Trog der Neubaustrecke auf einem Brückenbauwerk überquerend dem Hauptbahnhof Ulm zugeführt wird.
Im Juni 2003 beantragte die Beigeladene die Planfeststellung für den Neubau des Schienenwegs im Planfeststellungsabschnitt 2.4. Mit seinen fristgerecht erhobenen Einwendungen rügte der Rechtsvorgänger des Klägers mögliche Substanzbeeinträchtigungen an seiner Wohnanlage durch die Baumaßnahmen zur Herstellung der Neubaustrecke, zudem Lärm- und Erschütterungseinwirkungen auf die Mieter während der auf eine Dauer von 40 Monaten veranschlagten Bauphase und während des künftigen Streckenbetriebs sowie die Gesamtverkehrslärmbelastung nach Realisierung des Vorhabens.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2012 stellte die Beklagte die Pläne für den beantragten Abschnitt der Neubaustrecke fest. Gemäß A.4.2. des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses sind die Anwohner und die Immissionsschutzbehörden rechtzeitig über lärmintensive Bauarbeiten und deren voraussichtliche Dauer zu unterrichten (Nr. 4). Während der Baudurchführung sind Geräuschimmissionen nach Maßgabe der AVV Baulärm zu überwachen (Nr. 5). Überschreitet der Beurteilungspegel der durch den Baubetrieb hervorgerufenen Geräusche den Immissionsrichtwert der AVV Baulärm um mehr als 5 dB(A), sind von der Vorhabensträgerin unverzüglich Maßnahmen zur Verminderung der Geräusche durchzuführen (Nr. 6). Die Vorhabensträgerin hat den Eigentümern der Gebäude im Einwirkungsbereich der Baustelleneinrichtungsfläche am Portal Ulm rechtzeitig vor Baubeginn Entschädigung für notwendige Aufwendungen für Maßnahmen des passiven Lärmschutzes zu leisten, wenn die Richtwerte der AVV Baulärm voraussichtlich um mindestens 5 dB(A) während mehr als 2 Monaten überschritten werden. Die passiven Schallschutzvorkehrungen umfassen alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der in der VDI 2719, Tabelle 6 angegebenen Anhaltswerte für Innenschallpegel zu gewährleisten (Nr. 8). Sind die notwendigen Schutzmaßnahmen technisch nicht realisierbar oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand umzusetzen, ist den betroffenen Eigentümern eine angemessene Entschädigung für die Minderung des Gebrauchswertes des Eigentums in Geld zu zahlen (Nr. 9). Überschreiten die durch den Baubetrieb hervorgerufenen Erschütterungen die Richtwerte der DIN 4150, sind unverzüglich Maßnahmen zu deren Verminderung durchzuführen (Nr. 12). Nach Fertigstellung der Tunnelrohbauten sind die dem erschütterungstechnischen Gutachten zugrunde gelegten Übertragungsfunktionen durch Messungen mit geeigneter Fremdanregung zu verifizieren. Ergeben die Messungen, dass mit höheren als den in Anlage 13.2 prognostizierten Einwirkungen und einer Überschreitung der Anhaltswerte der DIN 4150-2 zu rechnen ist, sind weitere Gebäude im Einwirkungsbereich zu untersuchen. Eine Entscheidung über dann notwendige Schutzvorkehrungen bleibt vorbehalten (Nr. 16).
Zum Verkehrslärm, der durch den Betrieb der Neubaustrecke auf angrenzende Grundstücke einwirkt, geht der Planfeststellungsbeschluss von Folgendem aus:
Nach der schalltechnischen Untersuchung würden am Tunnelportal Ulm die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung um mindestens 4 dB(A) unterschritten (PFB S. 55 f.). Auch infolge der erheblichen baulichen Eingriffe auf den Strecken 4543 und 4760 ergäben sich keine Schallschutzansprüche, da die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung nicht überschritten würden. Um die Schallimmissionen im Bereich des Tunnelportals Ulm infolge der Freisetzung von Mikrodruckwellen, zu deren Charakterisierung die C-Bewertung die geeignete Methode sei, zu reduzieren, würden an der Tunneleinfahrt Dornstadt so genannte Portalhauben mit Entlüftungsöffnungen eingebaut. Das führe dazu, dass an der zum Portal Ulm nächstgelegenen Wohnbebauung unbedenkliche Werte zwischen 64 dB(C) und 75 dB(C) aufträten (PFB S. 56 f.). Eine Gesamtlärmbetrachtung für den Bereich des Portals Ulm und des sich anschließenden Hauptbahnhofs Ulm sei Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses für den Folgeabschnitt 2.5a1 (PFB S. 61).
Mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 änderte die Beklagte den Planfeststellungsbeschluss dahingehend ab, dass die beiden Röhren des Albabstiegstunnels nicht mehr in einem Kreisprofil, sondern in einem Korbbogenprofil mit um 10 m unterirdisch verlängerten Portalhauben an der Einfahrt Dornstadt zur Ausführung gelangen sollen. Die prognostizierten MDW-Immissionen im Nahbereich der Tunnelportale sowie an den nächstgelegenen Immissionsorten in der Nachbarschaft würden den Richtwert von 115 dB(C) für den C-bewerteten Spitzenschalldruckpegel gemäß der Richtlinie 853.1002A01 an allen Tunnelportalen einhalten. Im Vergleich zu der dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Planung würden die zu erwartenden Mikrodruckwellen-Emissionen am Portal Ulm sinken.
Zur Begründung der gegen den Planfeststellungsbeschluss erhobenen Klage wird vorgetragen:
In die Beurteilung von Ansprüchen des Klägers auf Schutz seines Grundstücks vor Bahnbetriebslärm hätte neben dem Streckenneubau und der Höherlegung des Gleises 405 die Verschwenkung des Gleises 406 nicht als bloße Änderung, sondern als Neubau einbezogen werden müssen. Zu Unrecht gingen die schalltechnischen Untersuchungen lediglich von einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf der Neubaustrecke bzw. von 40 km/h auf den Strecken 4543/4760 aus. Der Schienenbonus von 5 dB(A) sei fälschlich berücksichtigt worden. Die Eignung der Methode zur akustischen Bewertung von Mikrodruckwellen und des damit verbundenen Tunnelknalls sei nicht belegt; die Beklagte räume selbst ein, dass hinsichtlich der Belastbarkeit der Prognose Unsicherheiten verblieben. Zusätzliche bauliche Schutzmaßnahmen wie eine Betonüberdeckelung des Ein- und Ausfahrtbereichs der beiden Tunnelröhren am Portal Ulm um ca. 25 m nach Süden würden zu einer erheblichen Reduzierung der Immissionsbelastung durch Mikrodruckwellen auf dem Grundstück des Klägers führen. Die Gesamtlärmbetrachtung dürfe nicht in den Planfeststellungsabschnitt 2.5a1 verlagert werden; in diese müsse auch der bereits vorhandene Straßen- und Schienenverkehrslärm mit einbezogen werden.
Zudem komme es zu einer erheblichen Überschreitung der Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm. Da die Gebäude des Klägers erst vor wenigen Jahren umgebaut bzw. neu errichtet worden seien, könne passiver Schallschutz nur mit unverhältnismäßigem Aufwand umgesetzt werden. In solchen Fällen hätten die Betroffenen einen Anspruch auf angemessene Entschädigung für die Minderung des Gebrauchswertes.
Die beiden neuen Wohngebäude und die Tiefgarage seien bei den erschütterungstechnischen Untersuchungen unberücksichtigt geblieben. Da die Tunnelüberdeckung dort nur ca. 15 m betrage, müsse von baubedingten Erschütterungseinwirkungen in beeinträchtigendem Maße ausgegangen werden. Auch die Unterkellerungen der ehemaligen Kasernenanlage und dortige Hohlräume seien nicht ermittelt worden. Ebenso dürfe es für den sekundären Luftschall keinen Schienenbonus geben.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 25. Juni 2012 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 2. Oktober 2013 dahingehend zu ergänzen, dass geeignete Schutzvorkehrungen getroffen werden, die eine zumutbare Immissionsbelastung auf dem Flurstück … der Gemarkung … (Residenz …) aufgrund von Schienenverkehrslärm, Mikrodruckwellen, Baustellenbetriebslärm sowie bau- und betriebsbedingten Erschütterungen sicherstellen,
hilfsweise,
soweit solche Schutzvorkehrungen nicht in Betracht kommen, eine angemessene Entschädigung dem Grunde nach zuzuerkennen,
äußerst hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über ergänzenden Lärm- und Erschütterungsschutz bzw. die Zuerkennung einer Entschädigung dem Grunde nach neu zu entscheiden.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie treten dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.
Entscheidungsgründe
II
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitergehende Planergänzungen oder erneute Entscheidung darüber. Das im Planfeststellungsbeschluss festgesetzte Schutz- und Entschädigungskonzept in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen ist hinsichtlich seines Anwesens nicht zu beanstanden.
1. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um weitergehende Schutzanordnungen gegen einwirkenden Baustellenlärm ergänzt oder über eine solche Ergänzung erneut entscheidet.
a) Die lärmtechnische Untersuchung, die dem planfestgestellten Schutz- und Entschädigungskonzept für Baulärm zugrunde liegt, hat den von der Baustelleneinrichtungsfläche Süd des Tunnelportals Ulm ausgehenden Baulärm umfassend in den Blick genommen, ohne zwischen Lärmeinwirkungen infolge von Arbeiten zur Realisierung des streitgegenständlichen Planfeststellungsabschnitts 2.4 und solchen von Arbeiten zur Realisierung des Folgeabschnitts 2.5a1 zu differenzieren. Dieses Vorgehen war sachgerecht, weil sich im Hinblick auf die Vielzahl der zur Lärmbelastung beitragenden Arbeiten die jeweiligen Verursachungsbeiträge räumlich und funktional nicht klar trennen lassen und überdies eine separate Betrachtung nicht geeignet ist, den ungeachtet der Abschnittsbildung als einheitliche Belastung auf die Nachbarschaft einwirkenden Baustellenlärm des Projekts zu bewältigen. Rechtliche Nachteile ergeben sich daraus für den Kläger nicht.
b) Die Festlegungen in A.4.2 des Planfeststellungsbeschlusses zum Schutz vor den durch den Baustellenbetrieb verursachten Schallimmissionen begegnen zwar insoweit rechtlichen Bedenken, als gemäß der Nr. 8 Entschädigungen für notwendige Aufwendungen für Maßnahmen des passiven Lärmschutzes erst zu leisten sind, wenn die Richtwerte der AVV Baulärm voraussichtlich um mindestens 5 dB(A) während mehr als zwei Monaten überschritten werden, wobei bei der Ermittlung der Dauer der Überschreitungen kurze Zwischenzeiten von bis zu fünf Tagen mit einer geringeren Belastung nicht zu berücksichtigen sind. Dies widerspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats, nach der die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle für Baustellenlärm sich nicht nach dem um 5 dB(A) erhöhten Eingreifwert gemäß Nr. 4.1 der AVV Baulärm, sondern nach dem Immissionsrichtwert gemäß Nr. 3.1.1 AVV Baulärm bemisst (Urteil vom 10. Juli 2012 – BVerwG 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 Rn. 27 ff., 45 = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 84). Vorkehrungen zum Schutz der Wohnbebauung am Michelsberg sind somit bereits bei einem Überschreiten des Immissionsrichtwerts für ein allgemeines Wohngebiet zu treffen. Der Planfeststellungsbeschluss verhält sich des Weiteren nicht dazu, weshalb Betroffene eine Überschreitung dieser Zumutbarkeitsschwelle für eine Dauer von bis zu zwei Monaten ohne Schutzvorkehrungen hinzunehmen haben, wie auch im Unklaren bleibt, ob Zeiten geringerer Belastungen von mehr als fünf Tagen die Frist für das Entstehen von Schutzansprüchen hemmen oder unterbrechen.
Mit der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärung der Beigeladenen, die die Beklagte zum Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses erklärt hat, sind hierauf bezogene rechtliche Bedenken aber ausgeräumt. Im Anschluss an die schalltechnische Untersuchung zum Baulärm vom 13. Oktober 2010 (Anlage 13.3C) wird nunmehr bei Überschreiten des Immissionsrichtwerts der AVV Baulärm ein Anspruch auf Entschädigung notwendiger Aufwendungen für passiven Schallschutz nach Maßgabe der VDI 2719, Tabelle 6 ab Beginn der Bauarbeiten zuerkannt; dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (a.a.O. Rn. 77 f.).
c) Der Kläger kann gegen die Lärmeinwirkungen auf sein Grundstück, die von der über eine Dauer von 40 Monaten betriebenen Baustelle südlich des Portals Ulm ausgehen, keine Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes beanspruchen. Er kann sich nicht auf den in § 41 Abs. 2 BImSchG normierten Vorrang von Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes vor denen des passiven Lärmschutzes berufen (vgl. Urteile vom 14. April 2010 – BVerwG 9 A 43.08 – Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 56 Rn. 43 und vom 15. März 2000 – BVerwG 11 A 42.97 – BVerwGE 110, 370 ≪381≫ = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 33 S. 73 f.); denn diese Bestimmungen gelten allein für durch Schienen- oder Straßenverkehr bewirkte Schallimmissionen auf angrenzenden Grundstücken. Der die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm überschreitende Baustellenlärm ist dagegen nach Maßgabe des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG im Zusammenhang mit der planerischen Abwägung durch Schutzvorkehrungen zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen zu bewältigen (Urteil vom 10. Juli 2012 a.a.O. Rn. 21). Dabei kann insbesondere berücksichtigt werden, dass es sich um zeitlich begrenzte, vorübergehende Lärmeinwirkungen handelt, denen situationsabhängig ggf. auch ausschließlich mit Maßnahmen des passiven Schallschutzes in ausreichendem Maße begegnet werden kann. Ein Vorrang aktiven Lärmschutzes wie zum Schutz vor einwirkendem Verkehrslärm besteht insoweit nicht.
Zu den Lärmeinwirkungen aus dem Betrieb der Baustelle verweist der Planfeststellungsbeschluss (S. 64) zutreffend darauf, dass aktiver Schallschutz in Form von Lärmschutzwänden schon aus topografischen Gründen ausscheidet. Insbesondere die vom Kläger und der Beigeladenen in die mündliche Verhandlung eingeführten Bilder und Pläne verdeutlichen, dass das Gelände nach Norden – über die stufenartig ausgebildeten Trassen der Bahnstrecken 4543 und 4542 sowie der K.straße – bis zum Grundstück des Klägers ansteigt und sich das Grundstück – auch angesichts der Flächenhaftigkeit der Schallquellen auf der Baustelle – mit verhältnismäßigem Aufwand nicht wirksam abschirmen lässt (so bereits die schalltechnische Untersuchung vom 7. September 2009, Anlage 13.3B S. 15). Hierauf hat der Sachverständige der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich und für den Senat schlüssig hingewiesen. Soweit der Kläger zuletzt die Errichtung einer Lärmschutzwand „oberhalb der K.straße” vor/an der Grenze zu seinem Grundstück zu bedenken gegeben hat, handelt es sich dabei nicht um eine die Lärmquelle als solche abschirmende Maßnahme des aktiven Schallschutzes. Auch mit Rücksicht auf das unter Denkmalschutz stehende ehemalige Kasernengebäude ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Abwägung derartige Maßnahmen nicht weiter in Erwägung gezogen, sondern der Beigeladenen aufgegeben hat, Entschädigungen für notwendige Aufwendungen für Maßnahmen des passiven Schallschutzes nach Maßgabe der VDI 2719 zu leisten.
d) Mit der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärung ist sichergestellt, dass dem Kläger eine Entschädigung für die Minderung des Gebrauchswertes der Außenwohnbereiche vor den nach Süden und Osten ausgerichteten Fassaden der Gebäude auf seinem Grundstück infolge von Baustellenlärm geleistet wird, der die Immissionsgrenzwerte der AVV Baulärm überschreitet; dies ermöglicht es ihm, Ansprüche seiner Mieter auf Mietminderung auszugleichen.
Dagegen hat die Planfeststellungsbehörde zu Recht davon abgesehen, dem Kläger Entschädigungsansprüche für eine Nutzungsbeschränkung der seiner Wohnanlage nach Süden vorgelagerten Grünflächen infolge von Baustellenlärm zuzusprechen. Ein Grundstückseigentümer kann nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG als Entschädigung für unzumutbare Beeinträchtigungen von Außenwohnbereichen seines Grundstücks durch Verkehrslärm Ausgleichszahlungen verlangen, wenn Schutzvorkehrungen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind (Urteile vom 28. Januar 1999 – BVerwG 4 CN 5.98 – BVerwGE 108, 248 ≪259≫ = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 25 S. 11 f. und vom 29. Januar 1991 – BVerwG 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 ≪385≫ = Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 7 S. 51 f.). Gleiches gilt für in unzumutbarer Weise auf Außenwohnbereiche einwirkenden Baustellenlärm (Urteil vom 10. Juli 2012 a.a.O. Rn. 34). Jedoch kommt ein Ausgleich nur für Flächen in Betracht, die für das Wohnen im Freien geeignet und bestimmt sind. Maßgeblich ist auf die konkrete Zweckbestimmung und die besondere Funktion der betreffenden Flächen abzustellen (vgl. Urteil vom 11. November 1988 – BVerwG 4 C 11.87 – Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 10). So sind Balkone und Terrassen im Regelfall einzelnen Wohneinheiten zugeordnet und haben teil an deren spezifischer Zweckbestimmung. Ziergärten umgeben eine Wohnanlage hingegen in erster Linie zu gestalterischen Zwecken. Sie können zwar von den Eigentümern und Mietern der einzelnen Wohneinheiten zur Freizeitgestaltung mit genutzt werden, jedoch steht diese Funktion nicht im Vordergrund. Vielmehr fehlt es für Ziergärten in aller Regel an einer konkreten Bestimmung zur wohntypischen Nutzung für einen mehr als gelegentlichen Aufenthalt im Freien (Urteil vom 16. September 1993 – BVerwG 4 C 9.91 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 94 S. 109 f. = juris Rn. 11). Anhaltspunkte für eine abweichende Funktionszuweisung der Grünflächen, die es rechtfertigen könnten, sie Terrassen und Balkonen gleichzustellen, sind nicht erkennbar und ergeben sich namentlich nicht aus dem Vorhandensein mehrerer Parkbänke in der Gartenanlage.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ergänzung des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses um Anordnungen zum Schutz vor Schienenverkehrslärm oder auf erneute Entscheidung über eine solche Ergänzung. Da die Fortführung der Neubaustrecke südlich des Portals Ulm nicht Gegenstand des Planfeststellungsabschnitts 2.4 ist, musste dort entstehender Schienenverkehrslärm im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss nicht bewältigt werden (a). Gleiches gilt für Lärmsteigerungen infolge der Höherlegung des Gleises 405 der Strecke 4543, weil die Entscheidung über dadurch veranlasste Schutzmaßnahmen der Planfeststellung des Abschnitts 2.5a1 vorbehalten werden durfte (b).
a) Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ist bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung eines Verkehrsweges sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Die Formulierung, dass die Verpflichtung zum Immissionsschutz „bei” dem Bau oder der wesentlichen Änderung des Verkehrsweges zu erfüllen ist, lässt erkennen, dass der erforderliche Lärmschutz im Rahmen und als Bestandteil des in Rede stehenden Vorhabens realisiert werden soll und Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes nur in den Grenzen der jeweiligen Planung und Planfeststellung zu treffen sind (Urteil vom 17. März 2005 – BVerwG 4 A 18.04 – BVerwGE 123, 152 ≪156≫ = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 44 S. 136). Infolge der räumlichen Verknüpfung von Schutzanspruch und Baumaßnahme wird Schallschutz grundsätzlich allein im räumlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme gewährt (Urteil vom 23. November 2005 – BVerwG 9 A 28.04 – BVerwGE 124, 334 ≪338 f.≫ = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 45), d.h. Schutzvorkehrungen, die anlässlich der Verwirklichung eines konkreten Planungsabschnitts beansprucht werden können, beziehen sich grundsätzlich nur auf den durch den Betrieb dieses Abschnitts hervorgerufenen (Schienen-)Verkehrslärm.
Hiervon ausgehend war über Schutzansprüche im Zusammenhang mit den Lärmeinwirkungen aus dem Betrieb der Neubaustrecke auf das Grundstück des Klägers noch nicht zu entscheiden. Denn der Planfeststellungsabschnitt 2.4 endet unmittelbar an dem Tunnelportal Ulm mit der Folge, dass durch den Betrieb dieses Abschnitts für die Umgebungsbebauung relevanter Lärm nicht hervorgerufen wird. Solcher Lärm kann vielmehr nur von dem nach Süden anschließenden Teil der Neubaustrecke ausgehen, der bereits zu dem Planfeststellungsabschnitt 2.5.a1 gehört.
b) Demgegenüber ist die durch die Planung der Neubaustrecke veranlasste Höherlegung des Gleises 405, die sich als erheblicher baulicher Eingriff im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchV darstellt, Gegenstand der Planfeststellung des Abschnitts 2.4. Gleichwohl ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Entscheidung über die Gewährung von Lärmschutz auch insoweit noch nicht im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss (in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen) getroffen, sondern der Planfeststellung über den Folgeabschnitt vorbehalten hat. Diese Handhabung war sachgerecht, weil sie zum einen gewährleistet, dass die Lärmauswirkungen des Neubauvorhabens und der damit verbundenen baulichen Änderungen für beide Abschnitte angemessen erfasst werden (aa) und zum anderen mit der Verlagerung der Entscheidung in die Planfeststellung des Folgeabschnitts Rechtsnachteile für den Kläger nicht verbunden sind (bb).
aa) Eine getrennte Bewältigung der Lärmeinwirkungen der im Abschnitt 2.4 geplanten Gleisänderung einerseits und der im Abschnitt 2.5a1 geplanten Neubaumaßnahme andererseits würde dem Grundsatz der Problembewältigung nicht gerecht. Vielmehr ist eine summierende Betrachtung geboten, die überdies auch weitere im Abschnitt 2.5a1 geplante Folgeänderungen am Gleis 406 der Strecke 4760 und an weiteren Bestandteilen des Gleisvorfeldes des Hauptbahnhofs Ulm einzubeziehen hat. Nach § 41 BImSchG sind zwar neu zu bauende und wesentlich zu ändernde Verkehrswege grundsätzlich gesondert in den Blick zu nehmen; hierfür spricht insbesondere der gesetzliche Wortlaut, der darauf abstellt, dass „durch diese”, also durch den neu zu bauenden „oder” durch den zu ändernden Verkehrsweg keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können. In der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass Vorbelastungen durch andere Verkehrswege nicht berücksichtigt, d.h. nicht mitgerechnet werden dürfen (stRspr, vgl. Beschluss vom 11. November 1996 – BVerwG 11 B 65.96 – Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 5 S. 5 = juris Rn. 9). Die Richtlinie für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes – VLärmSchR 97 – (VkBl. 1997, 434) wollen diese Sichtweise auch auf die hier in Rede stehende Konstellation übertragen, in der ein Streckenneubau als Anpassungsmaßnahme die Änderung bestehender Schienenwege nach sich zieht (Nr. 10.6 Abs. 2), verkennen dabei aber, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner dort in Bezug genommenen Entscheidung vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 9.95 – (BVerwGE 101, 1 ≪2 f.≫ = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 12 S. 23) das Summationsverbot ausdrücklich nur auf die Vorbelastung durch eine nicht geänderte Gemeindestraße, nicht hingegen auf die veränderte Belastung durch eine bestehende Autobahn bezogen hat, die durch das planfestgestellte Vorhaben eines Autobahnneubaus im Wege einer notwendigen Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) geändert werden sollte. Die letztgenannte – auch hier einschlägige – Fallgestaltung ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Neubauvorhaben zu einem zwingenden Anpassungsbedarf an einem schon vorhandenen Verkehrsweg führt. Es handelt sich somit um eine einheitliche Planung, die in einem engen räumlichen Zusammenhang zum einen eine neue Lärmquelle schafft und zum anderen eine vorhandene Lärmquelle wesentlich verstärkt mit der Folge, dass beide Lärmquellen gemeinsam auf die Nachbarschaft einwirken. In dieser Fallkonstellation wäre eine separierende Lärmbetrachtung mit dem das Fachplanungsrecht prägenden Grundsatz der Problembewältigung nicht vereinbar.
Dies gilt auch dann, wenn die jeweiligen Lärmbeiträge – wie hier – verschiedenen Planfeststellungsabschnitten zuzuordnen sind. Auch die Abschnittsbildung darf nämlich nicht dazu führen, dass die infolge eines einheitlichen Planungsvorhabens auf ein Grundstück einwirkende Lärmbelastung aufgrund einer isolierten Beurteilung der den verschiedenen Abschnitten zuzuordnenden Verursachungsbeiträge in ihrer realen Dimension verkannt wird. Der Grundsatz der Problembewältigung fordert deshalb eine Ausnahme auch von der oben angesprochenen Regel, dass Lärmschutz bei abschnittsweise erfolgender Planfeststellung nur für den durch den Betrieb des einzelnen Abschnitts hervorgerufenen Lärm zu gewähren ist.
bb) Dass die hiernach für das Grundstück des Klägers gebotene Gesamtlärmbetrachtung durch den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen der Planfeststellung des Folgeabschnitts 2.5a1 vorbehalten worden ist, begegnet schon deshalb keinen rechtlichen Bedenken, weil damit für den Kläger keine Rechtsnachteile verbunden sind; erst nach Realisierung beider Planfeststellungsabschnitte kann er nach Lage des Falles Lärmbelastungen durch den Bahnbetrieb ausgesetzt sein, die Schutzvorkehrungen erfordern.
3. Eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG um weitere Schutzvorkehrungen gegen Schalleinwirkungen infolge freigesetzter Mikrodruckwellen am Portal Ulm scheidet aus.
Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass die bei der Einfahrt von Zügen in das Tunnelportal Dornstadt mit einer Streckengeschwindigkeit von 250 km/h entstehenden (und dem Zug mit Schallgeschwindigkeit vorauseilenden) Verdichtungswellen und die dadurch am Tunnelportal Ulm auftretenden Lärmereignisse durch nach außen abgestrahlte Mikrodruckwellen (sog. Tunnelknall) keine schädlichen Umwelteinwirkungen auf dem Grundstück des Klägers zur Folge haben werden. Dabei ist Bezugspunkt für eine gerichtliche Kontrolle der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Bescheides der Beklagten vom 2. Oktober 2013, der die Ausführung eines neuen Tunnelquerschnitts (Korbbogenprofil statt Kreisprofil) zum Gegenstand hat; mit seinen auf der „Akustischen Bewertung der MDW-Immissionen am Tunnel Albabstieg gemäß RiL 853.1002A01” vom 20. Juni 2013 beruhenden Abschätzungen von MDW-Immissionen im Nahbereich der Tunnelportale sowie an den nächstgelegenen Immissionsorten in der Nachbarschaft (und somit auch auf bebauten Grundstücken am …berg) ersetzt er die im Planfeststellungsbeschluss ursprünglicher Fassung (S. 58 f.) enthaltenen abweichenden Maßstäbe für die Beurteilung des Schallexpositionspegels und des Spitzenschalldruckpegels.
a) Eine Präklusion (§ 18a Nr. 7 AEG) der vom Kläger erst im gerichtlichen Verfahren erhobenen Einwendungen gegen Schalleinwirkungen auf sein Grundstück durch die Abstrahlung von Mikrodruckwellen am Tunnelportal Ulm scheidet aus; die hierauf bezogenen Untersuchungsberichte (Anlage 13.6 und 13.7) waren nicht Gegenstand der Betroffenenanhörung im Juni 2007. Eine erneute Anhörung zu den erst Ende 2009 in das Verwaltungsverfahren eingeführten Untersuchungen fand nicht statt.
b) Die Verkehrslärmschutzverordnung und die von dieser in der Anlage 2 in Bezug genommene Schall 03 sehen für den Schienenverkehr keine Algorithmen vor, mit denen Schallimmissionen durch Abstrahlung von Mikrodruckwellen erfasst und prognostiziert werden können. Gemäß dem von der Beigeladenen erstellten Regelwerk RiL 853 („Eisenbahntunnel planen, bauen und instand halten”), deren hier einschlägiger Anhang 1002A01 („Infrastrukturseitige Behandlung der Mikrodruckwellen-Thematik”) mit Wirkung ab dem 1. Februar 2013 neu gefasst in Kraft gesetzt wurde, ist zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sicherzustellen, dass mit Abstand von 25 m zum Emissionsort ein C-bewerteter Spitzenschalldruckpegel i.H.v. 115 dB(C) und an nächstgelegenen relevanten Immissionsorten unter anderem in Wohngebieten ein C-bewerteter Schallexpositionspegel i.H.v. 70 dB(C) tags und nachts nicht überschritten wird (Rn. 4 Satz 3 Buchst. a) und b) des Anhangs).
Mit der Freisetzung von Mikrodruckwellen am Portal eines Eisenbahntunnels verbindet sich ein kurzzeitiges Schallereignis, das durch einen sehr schnellen, impulsartigen Pegelanstieg sowie durch hohe Pegel im Frequenzbereich unter 100 Hertz (tieffrequentes Geräusch) gekennzeichnet ist; durch die hohe Pegelminderung in tiefen Frequenzen ist eine A-Frequenzbewertung weniger geeignet. Um diese Schallereignisse dennoch in den A-bewerteten Mittelungspegel nach der Anlage 2 zur 16. BImSchV eingehen zu lassen und für die Beurteilung der Zumutbarkeit anhand der Immissionsgrenzwerte des § 2 der 16. BImSchV berücksichtigen zu können, sieht die RiL 853.1002A01 in Randnummer 20 eine zusätzliche Berechnung der MDW-Immissionen in einer A-Bewertung vor. Liegt diese A-Bewertung an einem relevanten Immissionsort mindestens 20 dB unter dem jeweiligen Immissionsgrenzwert der 16. BImSchV, liefern diese MDW-Immissionen keinen relevanten Beitrag zum Summenpegel und können vernachlässigt werden.
c) Soweit der Kläger die Eignung der Methode zur akustischen Bewertung von Mikrodruckwellen und des damit verbundenen Tunnelknalls infrage stellt und auf die im Planfeststellungsbeschluss (S. 59) diesbezüglich zugestandene Prognoseunsicherheit verweist, greifen diese Bedenken unter Berücksichtigung des im Änderungsbescheid vom 2. Oktober 2013 zur Beurteilung herangezogenen Anhangs der RiL 853 nicht durch. Zwar ist diese Richtlinie, anders als verordnungsrechtliche oder in normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften festgesetzte Grenzwerte (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 – BVerwG 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 Rn. 26 = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 84), nicht geeignet, für durch Mikrodruckwellen erzeugte Schallimmissionen den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG verbindlich zu konkretisieren. Doch billigt die Rechtsprechung die Heranziehung von bereichsspezifischen Regelwerken als Orientierungshilfen oder „grobe Anhalte” zur Bestimmung der Schädlichkeit (Beschluss vom 11. April 1996 – BVerwG 4 B 51.96 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 179 = juris Rn. 13 m.w.N.). Dabei kann es sich sowohl um staatlicherseits initiierte Handreichungen wie auch um technische Regelwerke des allgemeinen Rechtsverkehrs wie VDI-Richtlinien oder DIN-Normen handeln (vgl. Beschluss vom 18. Dezember 1990 – BVerwG 4 N 6.88 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50 S. 33 = juris Rn. 28 f. m.w.N.).
Eine solche Orientierungshilfe bietet auch der von den technischen Abteilungen der Beigeladenen entwickelte Anhang 1002A01 der RiL 853. Dessen Inhalt ist mit dem Umweltbundesamt, dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie dem Eisenbahn-Bundesamt abgestimmt worden, das den Anhang neu gefasst im Dezember 2012 bauaufsichtlich eingeführt hat. Angesichts dessen kann dieser Anhang in seiner aktuellen Fassung als ein Regelwerk angesehen werden, das insbesondere auch mit Blick auf den Immissionsrichtwert von 70 dB(C) und den Spitzenschalldruckpegel von 115 dB(C) Ausdruck des Sachverstandes der beteiligten Kreise ist. In ähnlicher Weise hat die Beigeladene ihren technischen Sachverstand auch in anderen „hauseigenen” Regelwerken wie der Schall 03 oder der Akustik 04 konkretisiert, die durch den Verordnungsgeber in der Anlage 2 zur 16. BImSchV zum Bestandteil normativer Regelungen gemacht worden sind. Die Maßgeblichkeit der RiL 853 als Orientierungshilfe für die Beurteilung der Mikrodruckwellen-Problematik würde nur infrage gestellt, wenn es konkrete Anhaltspunkte für fachliche Defizite der getroffenen Festlegungen gäbe. Solche sind indes weder vom Kläger aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich.
d) Für die Prognose der MDW-Immissionen in der Nachbarschaft geht die „Akustische Bewertung der MDW-Immissionen am Tunnel Albabstieg gemäß RiL 853.1002A01” vom 20. Juni 2013 davon aus, dass die zum Tunnelportal Ulm nächstgelegene Wohnbebauung (in 70 m Entfernung auf dem Grundstück des Klägers) genau entgegen der Fortbewegungsrichtung der durch die Tunneleinfahrt in Dornstadt verursachten Druckwelle liegt, was es in Abschätzung der Richtcharakteristik rechtfertige, unter Berücksichtigung aller Unwägbarkeiten für den C-bewerteten Schallexpositionspegel auf dem ansteigenden Gelände nördlich des Portals Ulm eine Pegelminderung von 13 dB in Ansatz zu bringen. Gegen diese Annahme sind Einwendungen nicht erhoben und auch nicht ersichtlich. Am Immissionspunkt 13 (Südostecke der Wohnbebauung auf dem Grundstück des Klägers, S. 21 f. der Akustischen Bewertung vom 20. Juni 2013) errechnen sich demnach deutlich unter dem Richtwert von 70 dB(C) liegende MDW-Immissionen von 63 bzw. 64 dB(C); in eine A-Bewertung umgerechnet ergibt dies weniger als 20 dB(A), womit die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung für ein allgemeines Wohngebiet von 59/49 dB(A) tags/nachts um mehr als 20 dB unterschritten werden mit der Folge, dass dieser Lärmeintrag auf das Grundstück des Klägers zu vernachlässigen ist.
Zur Absicherung dieser prognostisch ermittelten Lärmeinwirkungen behält der Planfeststellungsbeschluss im verfügenden Teil unter A.4.1. Nr. 2 für den Fall von deren Überschreitung die Anordnung weiterer Maßnahmen zur Minderung von MDW-Immissionen vor. Dabei ist nicht mehr von dem ursprünglichen prognostisch ermittelten Wert des Schallexpositionspegels von LCE = 75 dB(C) auszugehen (A.4.1. (1), vgl. PFB S. 59 oben), sondern von den niedrigeren Werten, wie sie auch infolge einer Verlängerung des Haubenbauwerks am Portal Dornstadt um 10 m ermittelt worden sind und dem Änderungsbescheid vom 2. Oktober 2013 (S. 10 f. unter Bezugnahme auf die aerodynamische Untersuchung vom 20. Juni 2013, die gemäß A.2. des verfügenden Teils Gegenstand der Planänderung ist) zugrunde liegen. Gegen diese Absicherung prognostisch ermittelter Wert ist rechtlich nichts zu erinnern.
4. Eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG um weitere Schutzvorkehrungen gegen baubedingte Erschütterungseinwirkungen scheidet aus.
Der Kläger befürchtet, dass baubedingte Erschütterungseinwirkungen durch Sprengungen im Tunnelvortrieb und durch den Einsatz von Vibrationsrammen zum Einbau der Spundwände im Trogbereich der Neubaustrecke am Tunnelportal Ulm zu Substanzbeeinträchtigungen an seiner Wohnanlage führen, zumal Teile der Anlage erschütterungstechnisch nicht untersucht worden seien, was gleichermaßen für im Untergrund der ehemaligen Kaserne vorhandene Hohlräume und Unterkellerungen gelte. Dem Einwand der unvollständigen Untersuchung der Gesamtanlage konnten die Beklagte und die Beigeladene schon mit dem Hinweis darauf entgegentreten, dass im Planfeststellungsverfahren neben Immissionspunkten im Bereich der ehemaligen Kaserne auch solche nördlich des Anwesens des Klägers im Einflussbereich der tunnelgeführten Neubautrasse in Bezug auf Erschütterungseinwirkungen in Betracht genommen worden sind. Dies erlaubt Rückschlüsse auch auf baubedingte Erschütterungseinwirkungen und erübrigt es, die (dazwischen liegenden) beiden neuen Wohngebäude des Klägers gesondert in den Blick zu nehmen, zumal Neubauten anders als das alte sanierte und untersuchte Kasernengebäude Schwingungen deutlich weniger stark übertragen. Zudem werden im Rahmen üblicher Erkundungsbohrungen Hohlräume, auf die der Tunnelvortrieb trifft, rechtzeitig erkannt.
Der Planfeststellungsbeschluss verpflichtet die Vorhabensträgerin als Konsequenz aus den durchgeführten Untersuchungen zu regelmäßiger Information der Anwohner über Erschütterungseinwirkungen infolge der Bautätigkeit und anlassbezogener messtechnischer Überwachung der Baudurchführung (A.4.2. Nr. 10 und 11); überschreiten baubedingte Erschütterungen die Anhaltswerte der DIN 4150, sind unverzüglich Maßnahmen zu deren Verminderung durchzuführen (Nr. 12). Der Planfeststellungsbeschluss (S. 71 f.) bezieht sich auf die erschütterungstechnische Untersuchung (Anlage 13.3B), der gemäß es zu keinen Schäden an Gebäuden infolge erschütterungsrelevanter Bauarbeiten kommen wird (S. 6). Ebenso werden bei geeigneter Wahl von Sprengparametern erhebliche Belästigungen von Menschen in Gebäuden vermieden (S. 7). Für die Bewertung der Erschütterungseinwirkungen auf Menschen in Gebäuden sowie auf bauliche Anlagen hat die erschütterungstechnische Untersuchung die in der DIN 4150-2 bzw. DIN 4150-3 beschriebenen Beurteilungsverfahren herangezogen (S. 16 ff.). Die Verwendung von Vibrationsrammen, von denen wesentliche Erschütterungseinwirkungen ausgehen, beschränkt der Planfeststellungsbeschluss auf die Tagesstunden zwischen 7.00 und 20.00 Uhr bei einer täglichen Einsatzzeit von 10 Stunden und einer Gesamtdauer von 26 Tagen (A.4.2. Nr. 13). Bei den an Gebäuden maximal zu erwartenden Schwingstärken aus dem Betrieb einer Vibrationsramme sind keine Bauschäden zu befürchten, die eine Minderung des Gebrauchswertes zur Folge hätten (S. 31 f.). Bezüglich erschütterungsarmer Sprengverfahren verweist der Planfeststellungsbeschluss zusätzlich auf den planfestgestellten Erläuterungsbericht (Anlage 1.3C S. 54). Danach sollen anlässlich von Sprengungen Beweissicherungsmessungen an Gebäuden durchgeführt werden, die sich innerhalb einer Korridorbreite von ca. 100 m rechts und links der geplanten Trasse befinden.
Angesichts dieser Maßgaben und Abschätzungen kann davon ausgegangen werden, dass die Erschütterungsbelastungen in der angrenzenden Bebauung während der Bauphase hinreichend ermittelt und abwägungsfehlerfrei bewältigt worden sind. Aufgrund der erfolgten Beauflagung ist sichergestellt, dass die an bestimmte Bauphasen gekoppelten und damit vorübergehenden Erschütterungseinwirkungen in einem für den Kläger zumutbaren Rahmen bleiben. Soweit es zu unvorhersehbaren Auswirkungen kommen sollte, greift die Regelung des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG Platz und wahrt die Rechte des Klägers.
5. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weiterreichende Schutzvorkehrungen gegen betriebsbedingte Erschütterungseinwirkungen, als sie im Planfeststellungsbeschluss bereits vorgesehen sind; ebenso scheiden Ausgleichsansprüche wegen die Zumutbarkeitsschwelle überschreitenden sekundären Luftschalls in der Wohnanlage des Klägers aus.
a) Der Planfeststellungsbeschluss zieht für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Erschütterungseinwirkungen die in Fachkreisen allgemein anerkannten Regelungen der DIN 4150 Teil 2 (Erschütterungen im Bauwesen, Teil 2: Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden) heran; dabei ist von deren Tabelle 1 auszugehen mit den dort aufgeführten Anhaltswerten zur Beurteilung von Erschütterungsimmissionen für den Tag- und Nachtzeitraum (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2010 – BVerwG 7 A 14.09 – Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 81 Rn. 27 f.). Überschreitet die für drei Richtungskomponenten ermittelte maximale Schwingstärke KBFmax den (oberen) Anhaltswert Ao, sind die Anforderungen der Norm – vorbehaltlich der aus Nr. 6.5.3.5 folgenden Einschränkungen – nicht eingehalten; dies gilt gleichermaßen, wenn KBFmax größer als der (untere) Anhaltswert Au (und kleiner als Ao) ist und die dann zusätzlich zu prüfende Beurteilungs Schwingstärke KBFTr größer ist als Ar. Im Anschluss daran geht der Planfeststellungsbeschluss auf der Grundlage der erschütterungstechnischen Untersuchung vom 7. September 2009 (Anlage 13.2B S. 34 f.) davon aus, dass es im Bereich C (S.straße bis Tunnelportal und somit die Wohnanlage des Klägers erfassend) durch den Betrieb der tunnelgeführten Neubaustrecke zu Überschreitungen der Anhaltswerte kommen wird. Dabei werden für den Nachtzeitraum in dem Wohngebäude des Klägers M.straße … in den untersuchten Räumen die oberen Anhaltswerte überschritten bei „gut spürbaren” Schwingstärken (Anlage II.1B zur erschütterungstechnischen Untersuchung i.V.m. Tabelle 2 der Untersuchung). In allen untersuchten Räumen des Gebäudes werden sowohl für den Tag- als auch für den Nachtzeitraum die unteren Anhaltswerte und zudem die Beurteilungsanhaltswerte überschritten (vgl. Anlage II.2B zur erschütterungstechnischen Untersuchung).
Mit dem vorgesehenen Einbau eines schweren Masse-Feder-Systems im betreffenden Bereich wird der Beurteilungsanhaltswert hingegen in allen untersuchten Räumen unterschritten (PFB S. 69 f.; vgl. Anlage IV.1B und 2B zur erschütterungstechnischen Untersuchung). Die hierzu erfolgten Untersuchungen haben Erkenntnisse aus bereits in Betrieb befindlichen Tunnelstrecken vergleichsweise herangezogen. Da statistisch abgesicherte Ergebnisse zur Messgenauigkeit nicht vorliegen und bei Ermittlung von KB-bewerteten Größen gemäß DIN 4150-2 erfahrungsgemäß messtechnisch bedingte Unsicherheiten von bis etwa 15% auftreten (Anlage 13.2B S. 27 f.), ist im Planfeststellungsbeschluss ein Entscheidungsvorbehalt (A.4.3. Nr. 16 Abs. 2) für den Fall vorgesehen, dass aufgrund von Messungen nach Fertigstellung der Tunnelrohbauten mit einer Überschreitung der prognostizierten Erschütterungseinwirkungen und der Anhaltswerte der DIN 4150-2 zu rechnen ist.
Dieses im Planfeststellungsbeschluss gewählte Vorgehen, mittels eines Entscheidungsvorbehalts gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG Prognoseunsicherheiten Rechnung zu tragen bis zum Vorliegen verwertbarer Messergebnisse, ist üblich und grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. Urteile vom 18. Juli 2013 – BVerwG 7 A 9.12 – juris Rn. 47 f. und vom 21. Dezember 2010 – BVerwG 7 A 14.09 – Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 81 [insoweit nicht abgedruckt] = juris Rn. 23). Der Planfeststellungsbeschluss ist insoweit auf eine Ergänzung angelegt, die der Kläger einfordern kann, die die übrige Planung aber unberührt lässt.
b) Die Grundlagenermittlungen zur Beurteilung der Beeinträchtigung durch sekundären Luftschall sind nicht fehlerbehaftet. Die angestellten Untersuchungen sind insbesondere nicht bereits deshalb defizitär, weil sie noch am alten Kasernengebäude vor dessen Umbau vorgenommen worden sind. Hierbei gefundene Ergebnisse sind auf die heutigen Räumlichkeiten des sanierten und umgebauten Wohngebäudes ohne Weiteres übertragbar, da bei im Wesentlichen gleichbleibenden Transferfunktionen nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich mit Sanierungsmaßnahmen eine Verschlechterung der Wohnverhältnisse und damit ein Anstieg des sekundären Luftschalls verbindet. Ebenso erlauben die Untersuchungen zum alten Kasernengebäude Rückschlüsse auf den in den beiden neu erbauten Wohngebäuden auftretenden sekundären Luftschall.
Weder für die Ermittlung und Beurteilung von Geräuschimmissionen aus sekundärem Luftschall noch für eine diesbezügliche Zumutbarkeitsschwelle gibt es normative Festsetzungen. Welche Innenschallpegel für die Bewohner von Häusern zumutbar sind, kann jedoch in Orientierung an den Vorgaben der auf öffentliche Verkehrsanlagen bezogenen Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung (24. BImSchV) bestimmt werden, da es sich auch beim sekundären Luftschall um einen verkehrsinduzierten Lärm handelt (Urteil vom 21. Dezember 2010 a.a.O. juris Rn. 41). Die erschütterungstechnische Untersuchung hat deshalb im Ergebnis zu Recht eine Anwendung der TA Lärm zur Bewertung des sekundären Luftschalls verworfen (Anlage 13.2B S. 16). Zutreffend geht diese auch davon aus, dass in Übereinstimmung mit den Vorgaben der 24. BImSchV die Zumutbarkeitsschwelle für einwirkenden sekundären Luftschall bei 40 dB(A)/tags für Wohnräume und 30 dB(A)/nachts für Schlafräume liegt (S. 18 der Untersuchung i.V.m. Tabelle 3; vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 – 5 S 2224/05 – ZUR 2007, 422 = juris Rn. 123 f.).
Zwar wird bei unterirdischem Schienenverkehr der sekundäre Luftschall nicht durch den Primärschall überlagert, woraus geschlossen wird, dass der sekundäre Luftschall auch bei niedrigem Grundgeräusch einen beträchtlichen Anteil am gesamten Innenraumpegel erreicht und somit bereits ein geringer Pegel als störend empfunden werden kann (vgl. die Nennungen im Urteil vom 21. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 42). Dennoch scheidet ein Rückgriff auf die gegenüber der 24. BImSchV strengeren Anforderungen der TA Lärm mit einem gebietsunabhängigen Richtwert von 35 dB(A)/tags und 25 dB(A)/nachts (Nr. 6.2 TA Lärm) aus. Die Immissionsrichtwerte der Nr. 6.2 TA Lärm beziehen sich auf „betriebsfremde schutzbedürftige” Räume. Verkehrslärmeinwirkungen bleiben für die Gewichtung von Lärmeinwirkungen auf einen Immissionsort nach Maßgabe der TA Lärm schon deshalb außer Betracht, weil diese nach Nr. 1 Abs. 2 nur Anlagen betrifft, die dem Zweiten Teil des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterfallen. Dagegen sind Schienenwege § 41 BImSchG und damit dem Vierten Teil des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zugeordnet, in dessen Rahmen die TA Lärm keine Anwendung findet (zur Anwendung des allgemeinen Immissionsschutzrechts nach Maßgabe der TA Lärm auf sonstige planfeststellungspflichtige „Betriebsanlagen der Eisenbahn” vgl. Beschluss vom 9. September 2013 – BVerwG 7 B 2.13 u.a. – juris Rn. 7 f.). Insoweit hat der Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise im Rahmen seines Gestaltungsspielraums für die Zumutbarkeit von Verkehrslärm eine höhere Schwelle gesetzt als für von Gewerbebetrieben ausgehenden Lärm. Mit dieser Wertung wäre eine entsprechende Anwendung der Nr. 6.2 TA Lärm unvereinbar.
Zu Recht geht die Planfeststellung davon aus, dass zur Bestimmung des sekundären Luftschalls ebenfalls ein Lästigkeitsabschlag von 5 dB(A) vorzunehmen ist (PFB S. 68 f.). Auch der sekundäre Luftschall ist von den Besonderheiten des Schienenverkehrs wie etwa der Regelhaftigkeit der Lärmereignisse geprägt, die zur Begründung des Schienenbonus für den primären Verkehrslärm herangezogen werden; dieser Abschlag konnte in dem für die gerichtliche Prüfung maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung nicht als völlig unvertretbar und damit unwirksam betrachtet werden (vgl. ausführlich Urteil vom 21. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 51 ff.). Trotz Ansatzes des Schienenbonus kommt es jedoch zur Nachtzeit in allen untersuchten Räumen der Wohnanlage des Klägers zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte für Schlafräume (Anlage 13.2B S. 35/Anlage III.B), was Schutzmaßnahmen erforderlich macht, wie sie gegen die direkten Erschütterungswirkungen auch vorgesehen sind. Dass es unter Berücksichtigung der vorgesehenen Schutzvorkehrungen in Form eines schweren Masse-Feder-Systems noch zu unzumutbaren Beeinträchtigungen durch sekundären Luftschall kommt, macht der Kläger für seine Wohnanlage nicht geltend und stünde auch in deutlichem Widerspruch zu den Untersuchungsergebnissen „sekundärer Luftschall mit Schutzmaßnahmen” (Anlage VB zur erschütterungstechnischen Untersuchung).
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Nolte, Krauß, Guttenberger, Schipper, Brandt
Fundstellen
DÖV 2014, 938 |
UPR 2014, 392 |