Entscheidungsstichwort (Thema)
Telekommunikation. Anspruch auf Gewährung besonderen Netzzugang. Genehmigung von Entgelten für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs. Rückwirkung der Entgeltgenehmigung. “Vorleistungspflicht” des Marktbeherrschers bei der Gewährung des besonderen Netzzugangs. Berufsausübungsfreiheit. Eigentumsfreiheit
Leitsatz (amtlich)
- Die Genehmigung des Entgelts für die vertraglich vereinbarte Gewährung eines besonderen Netzzugangs wirkt auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurück, in dem das Entgelt vereinbart worden ist.
- Der vertraglich vereinbarte besondere Netzzugang ist unverzüglich nach Vertragsschluss zu gewähren und nicht erst ab dem Zeitpunkt, zu dem das für die Gewährung des Netzzugangs vereinbarte Entgelt genehmigt worden ist.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 87f Abs. 1, Art. 87 f Abs. 2; TKG §§ 24, 25 Abs. 1, § 33 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 2-3, § 35 Abs. 1, § 39 1. Alternative; BGB §§ 134, 139, 320 Abs. 1 S. 1; ONP-Rahmenrichtlinie 90/387/EWG; Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG; EGV 2887/2000
Verfahrensgang
VG Köln (Urteil vom 28.11.2002; Aktenzeichen 1 K 6568/01) |
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit sich die in dem Bescheid der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 9. August 2001 enthaltenen Beanstandungen in Nummer 1 und Nummer 2 und die Aufforderung in Nummer 3 des Bescheidtenors auf Vereinbarungen über Carrier-Express-Entstörung, Bereitstellung von Raumlufttechnik und “zusätzliche Leistungen zu besonderen Zeiten” beziehen. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 28. August 2002 wirkungslos.
Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 28. November 2002 werden zurückgewiesen.
Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines bundesweiten Telekommunikationsfestnetzes und Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen. Sie schließt mit anderen Anbietern solcher Leistungen Verträge u.a. über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung als Bestandteil der Teilnehmeranschlussleitung. Darüber hinaus trifft sie Vereinbarungen u.a. über die Bereitstellung von Raumlufttechnik, die Carrier-Express-Entstörung und “zusätzliche Leistungen zu besonderen Zeiten”. Die genannten Verträge enthielten jeweils Klauseln, nach denen die Leistungspflicht der Klägerin erst ab dem Zeitpunkt entsteht, zu dem eine Genehmigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Regulierungsbehörde) der Beklagten hinsichtlich der für die jeweiligen Leistungen von der Klägerin verlangten Entgelte vorliegt. Die Klägerin änderte diese Klausel später dahin ab, dass ihre Leistungspflicht ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht und der Vertragspartner die Gegenleistung für vor Erteilung einer Entgeltgenehmigung erbrachte Leistungen innerhalb von zwei Wochen nach Genehmigungserteilung nachträglich zu erbringen hat.
Mit Bescheid vom 9. August 2001 forderte die Regulierungsbehörde die Klägerin auf, aus der zuerst genannten Klausel in abgeschlossenen Verträgen keine Rechte geltend zu machen und solche Klauseln künftig nicht mehr zu verwenden (Nummer 1 des Bescheidtenors). Darüber hinaus enthielt der Bescheid die Aufforderung, auf die Pflicht zur Nachzahlung von Entgelten zu verzichten (Nummer 2 des Bescheidtenors). Der Klägerin wurde aufgegeben zu erklären, dass sie den Aufforderungen nachkommt (Nummer 3 des Bescheidtenors).
Nachdem die Klägerin die Aufforderungen zurückgewiesen hatte, untersagte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 17. September 2001 das beanstandete Verhalten. Dieser Bescheid ist Gegenstand des mit Urteil des Senats vom heutigen Tag entschiedenen Verfahrens BVerwG 6 C 2.03.
Auf die von der Klägerin gegen den Bescheid vom 9. August 2001 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Nummer 2 seines Tenors aufgehoben. Darüber hinaus hat es den Bescheid insoweit aufgehoben, als sich Nummer 3 seines Tenors auf Nummer 2 des Tenors bezieht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen dargelegt: Die Beanstandung in Nummer 1 des angefochtenen Bescheides sei rechtmäßig. Durch die Verwendung der beanstandeten Klausel habe die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen missbräuchlich ausgenutzt. Die Klägerin sei verpflichtet, die Leistungen, die andere Anbieter von Telekommunikationsleistungen von ihr nach § 33 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) von ihr beanspruchen könnten, bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erbringen und nicht erst ab Erteilung einer Entgeltgenehmigung. Auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages könne sich die Klägerin insoweit nicht berufen. Nummer 2 des angefochtenen Bescheides sei hingegen rechtswidrig. Eine Entgeltgenehmigung entfalte Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, so dass die Klägerin nach Genehmigungserteilung für davor erbrachte Leistungen das genehmigte Entgelt beanspruchen könne.
Die Klägerin hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts die von dem Gericht zugelassene Sprungrevision insoweit eingelegt, als die Klage abgewiesen wurde. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen dargelegt: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei sie, die Klägerin, nicht verpflichtet, die Leistungen, die andere Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen von ihr beanspruchen könnten, vor Erteilung einer Entgeltgenehmigung zu erbringen. Sie könne sich insoweit auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages berufen. Das Telekommunikationsgesetz stehe dem nicht entgegen. Die vertragliche Vereinbarung eines Leistungsverweigerungsrechtes sei nicht missbräuchlich. Die insoweit ausgesprochene Beanstandung stehe mit Verfassungsrecht nicht im Einklang.
Die Beklagte ist der Revision der Klägerin entgegengetreten und hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit Sprungrevision eingelegt, als das Gericht der Klage stattgegeben hat. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die Genehmigung von Entgelten wirke nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurück, in dem die Entgelte vereinbart worden seien. Sinn und Zweck des Entgeltgenehmigungserfordernisses sprächen gegen eine solche Rückwirkung. Zentrales Anliegen der Entgeltregulierung im Rahmen des Telekommunikationsgesetzes sei in erster Linie die Schaffung geeigneter Wettbewerbsbedingungen. Damit stehe eine Rückwirkung von Entgeltgenehmigungen nicht im Einklang. Die Systematik des Gesetzes erfordere es nicht, der Entgeltgenehmigung Rückwirkung beizumessen. Die Pflicht der Klägerin, die ihr obliegenden Leistungen bereits vor Genehmigungserteilung zu erbringen, gebiete keine Rückwirkung. Nichts anderes folge aus dem so genannten Einzelvertragsprinzip, nach dem nur solche Entgelte genehmigungsfähig seien, die in konkreten vertraglichen Vereinbarungen enthalten seien.
Die Klägerin hält die Revision der Beklagten für unbegründet.
Die Beteiligten haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit sich der angefochtene Bescheid auf Klauseln in Vereinbarungen über Carrier-Express-Entstörung, Bereitstellung von Raumlufttechnik und “zusätzliche Leistungen zu besonderen Zeiten” bezieht.
Entscheidungsgründe
II.
Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 141 und 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die Vorentscheidung ist in diesem Umfang wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
In dem noch entscheidungsbedürftigen Umfang erweisen sich die zulässigen Sprungrevisionen als unbegründet, so dass sie zurückzuweisen sind (§ 144 Abs. 2 VwGO). Soweit sich die Klage gegen die Beanstandungen von Klauseln in Verträgen über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung richtet, ist sie zulässig und hinsichtlich der Beanstandung der zur Nachzahlung von Entgelten nach Erteilung der Entgeltgenehmigung verpflichtenden Klausel begründet (A.…). Die Klage ist indes unbegründet, soweit sie sich auf die Beanstandung derjenigen Klausel bezieht, nach der die Klägerin erst ab Erteilung der Entgeltgenehmigung zur Leistung verpflichtet ist (B.…).
A. Die Beklagte war nicht berechtigt, diejenige Klausel in Verträgen über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung zu beanstanden, nach der der jeweilige Vertragspartner der Klägerin verpflichtet ist, für vor der Erteilung einer Entgeltgenehmigung von der Klägerin erbrachte vertraglich vereinbarte Leistungen nach Genehmigungserteilung das Entgelt zu entrichten. Insoweit ist Nummer 2 des Tenors des angefochtenen Bescheides rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Revision der Beklagten erweist sich deshalb als unbegründet.
1. Die Beanstandung kann nicht auf § 33 Abs. 2 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 25. Juli 1996 (BGBl I S. 1120), in dem für die rechtliche Beurteilung hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Auflagenbescheides vom 17. September 2001 (vgl. Urteil vom 25. April 2001 – BVerwG 6 C 6.00 – BVerwGE 114, 160 ≪162 f.≫) zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 2001 (BGBl I S. 1254), gestützt werden.
Nach § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG fordert die Regulierungsbehörde den Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit, der gegen § 33 Abs. 1 TKG verstößt und insoweit seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt, auf, das beanstandete Verhalten abzustellen. § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG verpflichtet einen Anbieter, der auf einem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des § 19 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung vom 26. August 1998 (BGBl I S. 2521), zum hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887), verfügt, Wettbewerbern auf diesem Markt diskriminierungsfrei den Zugang zu seinen intern und am Markt angebotenen Leistungen, soweit sie wesentlich sind, zu den Bedingungen zu ermöglichen, die er sich selbst bei der Nutzung dieser Leistungen für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräumt, es sei denn, dass die Einräumung ungünstigerer Bedingungen sachlich gerechtfertigt ist. Die hier in Rede stehende Vertragsklausel läuft dem Anspruch der Wettbewerber auf Zugang zu Leistungen der Klägerin nicht zuwider. Sie enthält keine unzulässige Zugangsbedingung, so dass dahingestellt bleiben kann, ob die übrigen Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG und des § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG erfüllt sind.
a) Das an den marktbeherrschenden Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen gerichtete Gebot, den Wettbewerbern Zugang zu Leistungen zu den Bedingungen zu ermöglichen, die der Anbieter sich selbst einräumt, verlangt in dem hier vorliegenden Fall einer Ungleichbehandlung der Wettbewerber und der Klägerin hinsichtlich der Zugangsbedingungen, dass die die Wettbewerber belastende Bedingung mit der Rechtslage im Einklang steht.
Durch die die Nachzahlung des Entgelts betreffende Vertragsklausel versagt die Klägerin dem jeweiligen Vertragspartner nicht den Zugang zu ihren Leistungen. Es handelt sich vielmehr um eine Zugangsbedingung, die nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG dann einen Verstoß gegen das Gebot diskriminierungsfreier Zugangsgewährung darstellt, wenn der marktbeherrschende Anbieter sich selbst bei der Nutzung seiner Leistungen günstigere Bedingungen einräumt. Dieses Gebot verlangt grundsätzlich, dass hinsichtlich der Bedingungen des Zugangs zu Leistungen formale Gleichheit gewahrt wird. Dies gilt indes nicht uneingeschränkt. Dem Gebot sind solche Ungleichbehandlungen der Wettbewerber gegenüber dem marktbeherrschenden Anbieter entzogen, die ihren Grund in den allgemeinen Prämissen des Telekommunikationsgesetzes und dem ihm zugrunde liegenden Regulierungskonzept finden und in diesem Sinne strukturell vorgeprägt sind. Um eine solche Ungleichbehandlung handelt es sich hier.
Die in Rede stehende Klausel verpflichtet die Wettbewerber zur Nachzahlung von Entgelten für Leistungen, die ihnen von der Klägerin gewährt wurden. Darin liegt eine Ungleichbehandlung gegenüber der Klägerin, weil diese für die Nutzung ihrer eigenen Leistungen selbstredend kein Entgelt zu entrichten hat. Diese Ungleichbehandlung wird aber von dem Gebot formaler Gleichheit nicht erfasst, weil die Klägerin mit der Klausel lediglich in zulässiger Weise auf die Bestimmungen über die Entgeltregulierung im Rahmen des Telekommunikationsgesetzes reagiert. Die Klausel geht nämlich davon aus, dass die von ihr erfassten Entgelte der Vorabgenehmigung durch die Regulierungsbehörde unterfallen. Die Wettbewerber werden verpflichtet, nach Erteilung einer solchen Genehmigung die Entgelte für Leistungen zu entrichten, die sie vor dem Ergehen der Genehmigung von der Klägerin erlangt haben.
b) Das Nachzahlungsverlangen der Klägerin steht mit der Rechtslage im Einklang und verletzt deshalb nicht den Anspruch auf bedingungsgleichen Zugang nach § 33 Abs. 1 TKG. Die streitige Klausel zieht die Konsequenzen daraus, dass die Entgeltgenehmigung kraft Gesetzes auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung des Entgeltes zurückwirkt.
Die Entgelte, die Gegenstand der Vertragsklausel sind, bedürfen der Genehmigung nach § 39 1. Alternative TKG. Danach gelten u.a. für die Regulierung von Entgelten für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35 TKG die §§ 24, 25 Abs. 1 und 3, die §§ 27, 28, 29, 30 Abs. 1 und 3 bis 6 und § 31 TKG entsprechend. Damit unterfallen jedenfalls die Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative TKG der Pflicht zur Vorabgenehmigung in entsprechender Anwendung von § 25 Abs. 1 TKG (vgl. Urteil vom 25. Juni 2003 – BVerwG 6 C 17.02 – MMR 2003, 734 ≪735≫). Der Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung ist ein “besonderer Netzzugang” (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 174 ff.). Dies trifft auch für den Zugang zur Endleitung zu, die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ein Teil der Teilnehmeranschlussleitung ist.
Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16. Juli 2003 – BVerwG 6 C 19.02 – MMR 2004, 50), mit der die streitige Vertragsklausel im Einklang steht, sind Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs nur dann genehmigungsfähig, wenn sie zuvor einzelvertraglich vereinbart worden sind. Werden die vereinbarten Netzzugangsleistungen von der Klägerin sogleich nach dem Abschluss des Vertrages erbracht, darf sie für diese Leistungen jedenfalls solange keine Entgelte erheben, als diese nicht genehmigt sind. Das folgt aus der auf Netzzugangsentgelte gemäß § 39 TKG entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 29 Abs. 1 TKG, die den Leistungserbringer verpflichtet, ausschließlich die von der Regulierungsbehörde genehmigten Entgelte zu verlangen. Das Verbot der Forderung ungenehmigter Entgelte betrifft nicht nur diejenigen Fälle, in denen das verlangte Entgelt von der Genehmigung abweicht, sondern auch die hier in Rede stehende Fallgestaltung, in der eine Entgeltgenehmigung zum Zeitpunkt der Leistungserbringung noch nicht ergangen ist (vgl. Begründung des Entwurfs eines Telekommunikationsgesetzes, BTDrucks 13/3609 S. 44 f. zu § 28 des Entwurfs). Die Klägerin sieht sich daher zu Recht in dem Zeitraum vom Vertragsschluss bis zur Genehmigung der Entgelte durch die Regulierungsbehörde an Entgeltforderungen gehindert, meint aber, nach der Erteilung der Genehmigung die darin genehmigten Entgelte auch für die bereits zuvor erbrachten Leistungen verlangen zu dürfen. Dieses Verlangen ist nach der zutreffenden Annahme beider Parteien und des Verwaltungsgerichts nur dann berechtigt, wenn die Genehmigung nicht nur die Entgelte für die nach ihrer Erteilung zu erbringenden Leistungen erfasst, sondern auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkt.
Die privatrechtlichen Folgen der Erteilung einer behördlichen Genehmigung sind dem öffentlichen Recht zu entnehmen. Sie ergeben sich nicht aus den bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über die Zustimmung zu Rechtsgeschäften (§§ 182 ff. BGB). Deshalb findet auch § 184 Abs. 1 BGB, nach dem die Genehmigung regelmäßig auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt, keine unmittelbare oder entsprechende Anwendung, auch wenn im Regelfall eine behördliche Genehmigung eines Rechtsgeschäfts Rückwirkung haben wird (vgl. Gursky, a.a.O. Vorbem. zu § 184 ff. Rn. 62 m.w.N.; Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage, § 35 Rn. 141). Es ist vielmehr dem Genehmigungserfordernis selbst und den mit ihm im Zusammenhang stehenden Bestimmungen zu entnehmen, ob die Genehmigung Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses entfaltet (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1960 – V ZR 105/59 – BGHZ 32, 383 ≪389 f.≫; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Auflage, Einf. v. § 182 Rn. 6 m.w.N.; Gursky in: Staudinger, BGB, 2001, Vorbem. zu § 182 ff. Rn. 60 und 62 m.w.N.). Aus dem Telekommunikationsgesetz folgt, dass die Genehmigung der Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurückwirkt, in dem diese Entgelte vereinbart worden sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Dezember 2001 – 13 B 1362/01 – NVwZ 2002, 496 ≪498 f.≫; Beschluss vom 20. Januar 2003 – 13 A 363/01 – KR 2003, 308 ≪309≫; Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz 2001, S. 297 ff.; Kleinlein, in: Westermann/Mock ≪Hrsg.≫, Festschrift für Gerold Bezzenberger, 2000, S. 673 ≪677 ff.≫; Kleinlein/Enaux, K&R 2003, 275 ≪278≫; Lünenbürger, CR 2001, 84 ≪86≫; Breyer, CR 2002, 722 ≪723≫; Rommel, MMR, 2002, 340; a.A.: Schuster/ Stürmer: Büchner/Ehmer/Geppert/Kerkhoff/Piepenbrock/Schütz/Schuster, Beck'scher TKG-Kommentar, 2. Auflage, § 29 Rn. 7a; Trute in: ders./ Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 1. Auflage, § 39 Rn. 11; Schuster MMR 2001, 298 ≪302≫; Hummel, CR 2000, 291 ≪292≫). Das ergibt sich im Einzelnen aus den folgenden Erwägungen:
aa) Für das Bestehen einer Rückwirkung der Entgeltgenehmigung im Sinne von § 39 1. Alternative TKG spricht die in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Grundannahme des Gesetzgebers, dass die Gewährung des Netzzugangs im Sinne von § 35 TKG gegen Entgelt erfolgt. Der Entgeltanspruch wird lediglich insoweit eingeschränkt, als nach dem entsprechend anwendbaren § 29 Abs. 1 TKG nur die von der Regulierungsbehörde genehmigten Entgelte verlangt werden dürfen. Beschränkte sich die Wirkung einer Entgeltgenehmigung auf Entgelte für nach Genehmigungserteilung erbrachte Leistungen, hätte das Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen, das vor Ergehen der Genehmigung vertraglich vereinbarte Leistungen erbracht hat, insoweit keinen Entgeltanspruch. Angesichts der Grundannahme des § 39 1. Alternative TKG, dass der Netzzugang entgeltlich gewährt wird, müsste sich eine solche Ausnahme von dem Entgeltanspruch deutlich dem Gesetz entnehmen lassen. Dies ist indes nicht der Fall.
bb) Der Wortlaut des Gesetzes schließt eine Rückwirkung nicht aus. Er weist vielmehr in die gegenteilige Richtung.
Weder § 39 1. Alternative TKG noch die in der Bestimmung als entsprechend anwendbar erklärten Normen beschränken die Wirkung der Entgeltgenehmigung auf die Zukunft. Die am Wortlaut ausgerichtete Auslegung deutet im Gegenteil darauf hin, dass eine Rückwirkung besteht. Dies ergibt sich allerdings nicht bereits aus der Verwendung des Begriffs “Genehmigung” in dem von § 39 1. Alternative TKG auch in Bezug genommenen § 25 Abs. 1 TKG. Dies rechtfertigt nicht die Vermutung, dass der Gesetzgeber der Entgeltgenehmigung die gleiche Wirkung beigemessen hat wie der Genehmigung im Sinne von § 184 Abs. 1 BGB. Bezieht sich eine öffentlich-rechtliche Bestimmung auf die behördliche Zustimmung zu einem bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäft und bedient sie sich der Begrifflichkeit der zivilrechtlichen Vorschriften, liegt die Annahme nicht fern, dass sich der Gesetzgeber in der verwaltungsrechtlichen Norm an dem Inhalt der zivilrechtlichen Bestimmung ausgerichtet hat. Davon kann aber dann nicht ausgegangen werden, wenn sich aus dem Zusammenhang der öffentlich-rechtlichen Bestimmung etwas anderes ergibt. So liegt es hier. Das Telekommunikationsgesetz bezeichnet den Vorgang der ex-ante-Entgeltregulierung einheitlich als “Genehmigung”. Es verwendet ihn nicht nur im Zusammenhang mit der Entgeltregulierung im Sinne von § 39 1. Alternative TKG, die – wie bereits erwähnt – nach der Rechtsprechung des Senats voraussetzt, dass die zur Genehmigung vorgelegten Entgelte zuvor einzelvertraglich vereinbart worden sind. “Genehmigt” werden auch Entgelte, die dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 25 Abs. 1 TKG unterfallen. Die dort vorgesehene “allgemeine” Entgeltgenehmigung erfolgt im Vorfeld der Verwendung der Entgelte in konkreten Verträgen. Aus der Verwendung des Begriffs “Genehmigung” kann mithin nicht der Schluss gezogen werden, dass die Entgeltgenehmigung im Einklang mit § 184 Abs. 1 BGB Rückwirkung entfaltet.
Auf das Bestehen einer solchen Rückwirkung deutet hingegen der Wortlaut des § 29 Abs. 1 TKG hin. Das in ihm auch enthaltene Verbot, ohne Genehmigung Entgelte zu verlangen, entfällt im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Der grammatikalischen Fassung der Bestimmung ist nicht zu entnehmen, dass das Verbot nur hinsichtlich der Entgelte für Leistungen entfällt, die nach Genehmigungserteilung erbracht werden. Hätte der Gesetzgeber eine ausschließliche ex-nunc-Wirkung der Genehmigung beabsichtigt, hätte es nahe gelegen, dies in dem Wortlaut der Bestimmung zum Ausdruck zu bringen. Dass dies nicht geschehen ist, erweist sich als deutliches Indiz dafür, dass die Genehmigung nicht nur in die Zukunft wirkt, sondern auch Rückwirkung entfaltet.
cc) Sinn und Zweck der Entgeltgenehmigung im Sinne von § 39 1. Alternative TKG stehen der Annahme einer Rückwirkung ebenfalls nicht entgegen. Ihnen ist vielmehr zu entnehmen, dass die Genehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkt.
Das Ziel der Entgeltgenehmigung nach §§ 23 ff. TKG besteht im Wesentlichen in der Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2002 – BVerwG 6 C 8.01 – BVerwGE 117, 93 ≪101 f.≫). Diesem Ziel trägt die Regulierungsbehörde im Rahmen der Entgeltregulierung dadurch Rechnung, dass sie dafür sorgt, dass sich die von dem marktbeherrschenden Unternehmen für die von ihm erbrachten Leistungen verlangten Entgelte an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientieren und den Anforderungen des § 24 Abs. 2 TKG genügen. Dementsprechend wird die Regulierungsbehörde durch die Pflicht zur Vorabgenehmigung einzelvertraglich vereinbarter Entgelte nach § 39 1. Alternative TKG in die Lage versetzt zu prüfen, ob die Entgelte den gesetzlichen Maßstäben gerecht werden. Gemessen an Sinn und Zweck der Genehmigungspflicht besteht kein Anlass für die Annahme, die Genehmigung einzelvertraglich vereinbarter Entgelte wirke allein in die Zukunft. Hat das marktbeherrschende Unternehmen vor Erteilung der Genehmigung vertraglich vereinbarte Leistungen im Sinne von § 39 1. Alternative TKG i.V.m. § 35 TKG erbracht und wird in der Entgeltgenehmigung zum Ausdruck gebracht, dass die genehmigten Entgelte den gesetzlichen Maßstäben genügen, ist es mit Blick auf den Zweck der Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs nicht erforderlich, dem Marktbeherrscher das Entgelt für die von ihn vor Genehmigungserteilung bereits erbrachten Leistungen zu versagen. Der auf die Einhaltung der Maßstäbe des § 24 TKG gerichteten Kontrollfunktion der Entgeltgenehmigung ist nicht nur hinsichtlich der Entgelte für nach Genehmigungserteilung erbrachte Leistungen Rechnung getragen, sondern auch mit Blick auf Entgelte für Leistungen, die in der Vergangenheit auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung erbracht worden sind.
Diese Überlegungen werden durch den Sinn und Zweck des Verbots der Erhebung ungenehmigter Entgelte in § 29 Abs. 1 TKG bestätigt. Dieses Verbot ist mit der Genehmigungsbedürftigkeit der Entgelte untrennbar verbunden und stellt sicher, dass die Regulierungsbehörde ihrer Prüfungspflicht nachkommen kann und nur solche Entgelte erhoben werden, die den Vorgaben des § 24 TKG entsprechen. Geht – wie in den Fällen der Entgeltgenehmigung nach § 39 1. Alternative TKG – der Vertragsschluss der Erteilung der Genehmigung voran, so steht zwar § 29 Abs. 1 TKG bis zur Erteilung der Genehmigung jeder Entgeltforderung entgegen. Sobald aber die Genehmigung erteilt ist, beschränkt sich das Verbot des § 29 Abs. 1 TKG nach seinem Sinn und Zweck darauf, den Leistungserbringer an der Erhebung anderer als der genehmigten Entgelte zu hindern. Das gilt sowohl mit Blick auf die künftig zu erbringenden Leistungen als auch mit Blick auf die Leistungen, die bereits bis zur Erteilung der Genehmigung erbracht worden sind. Dementsprechend ist die Entgeltvereinbarung bis zur Erteilung der Genehmigung nicht etwa nichtig, sondern nur schwebend unwirksam (vgl. Manssen in: ders. (Hrsg), Telekommunikations- und Multimediarecht, C § 29 Rn. 7, Stamm, a.a.O., 297 ff.; Kleinlein/Enaux, a.a.O., 277; Lünenbürger, a.a.O., 87), was bei Verträgen, die der behördlichen Genehmigung bedürfen, die Regel ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1960, a.a.O., 389, Gursky, a.a.O., Vorbem. zu §§ 182 ff. Rn. 54; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 134 Rn. 11a und § 275 Rn. 36; Stelkens/Stelkens, a.a.O., § 35 Rn. 141). Mit der Erteilung der Genehmigung wird sie wirksam, wobei im Falle einer Abweichung zwischen dem vereinbarten und dem genehmigten Entgelt letzteres an die Stelle des ersteren tritt (§ 29 Abs. 2 TKG). Das verdeutlicht, dass das Gesetz mit dem Verbot des § 29 Abs. 1 TKG nicht bezweckt, die Entgeltvereinbarung über das zur Gewährleistung der Kontrolltätigkeit der Regulierungsbehörde erforderliche Maß hinaus in ihrer Wirksamkeit zu beeinträchtigen.
Das Genehmigungserfordernis gemäß § 39 1. Alternative TKG gebietet demnach nicht, die Wirkung der Entgeltgenehmigung auf die Zukunft zu beschränken, sondern legt im Gegenteil deren Rückwirkung nahe. Darüber hinaus stände der Ausschluss der Rückwirkung – wie bereits erwähnt – zu dem der Vorschrift zugrunde liegenden Prinzip der Entgeltlichkeit des Netzzugangs in Widerspruch. Denn wenn sich die Wirkung einer Entgeltgenehmigung auf Entgelte für nach Genehmigungserteilung erbrachte Leistungen beschränkte, hätte das Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen, das vor Ergehen der Genehmigung vertraglich vereinbarte Leistungen erbracht hat, insoweit keinen Entgeltanspruch. Dass dies entgegen der Grundannahme des § 39 1. Alternative TKG, dass der Netzzugang entgeltlich gewährt wird, mit der Einführung des Genehmigungserfordernisses beabsichtigt wäre, kann nach dem Gesagten nicht angenommen werden. Auch das dem Genehmigungserfordernis gleichfalls zugrunde liegende Regulierungsziel der Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs lässt ein solches Ergebnis nicht zu. Dieses Ziel rechtfertigt im Rahmen der asymmetrischen Regulierung vielfältige Beschränkungen der Begründung und Gestaltung zivilrechtlicher Austauschverhältnisse im Bereich der Telekommunikation. Die Bestimmungen über die Preisregulierung enthalten solche Einschränkungen. Ist das Ziel der Entgeltregulierung erreicht, steht also fest, dass die Entgelte nicht wettbewerbswidrig sind, sind Einschränkungen der bürgerlich-rechtlichen Grundsätze über Austauschverhältnisse aus Gründen der Entgeltregulierung nicht mehr gerechtfertigt. Die Regulierung ist gerade darauf gerichtet, Wettbewerb sicherzustellen und zu fördern. Ein funktionsfähiger Wettbewerb zeichnet sich auch durch die Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Grundsätze aus. Zu diesen Grundsätzen gehört bei gegenseitigen Verträgen die synallagmatische Verknüpfung der beiderseitigen Leistungspflichten. Hat die Klägerin aufgrund eines Vertrages mit einem Wettbewerber die ihr obliegende Leistung bereits erbracht und ist die Entgeltgenehmigung erteilt, ist mit Blick auf das Regulierungsziel der Sicherung und Förderung funktionsfähigen und chancengleichen Wettbewerbs den bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen uneingeschränkt Geltung zu verschaffen. Daraus folgt auch, dass die Klägerin für in der Vergangenheit von ihr erbrachte vertraglich vereinbarte Leistungen das genehmigte Entgelt nachträglich beanspruchen kann. Es ist mit Blick auf das Regulierungsziel der Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs nicht gerechtfertigt, durch die Versagung einer Rückwirkung den vertraglichen Anspruch des marktbeherrschenden Unternehmens und damit die Vertragsfreiheit sowie die Freiheit unternehmerischen Handelns in größerem Umfang einzuschränken, als dies durch die Genehmigungspflicht und das Verbot des § 29 Abs. 1 TKG bereits geschehen ist.
Gegen die Annahme der Rückwirkung einer Genehmigung im Sinne von § 39 1. Alternative TKG kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, die Rückwirkung mindere den Anreiz für den Marktbeherrscher, rechtzeitig einen genehmigungsfähigen Antrag auf Entgeltgenehmigung zu stellen. Mit dieser Erwägung ließe sich der Ausschluss der Rückwirkung allenfalls dann rechtfertigen, wenn Anhaltspunkte für die Absicht des Gesetzgebers bestünden, Versäumnisse des marktbeherrschenden Unternehmens bei der Stellung des Entgeltgenehmigungsantrags mit dem (teilweisen) Verlust seines Entgeltanspruchs zu verknüpfen. Solche Anhaltspunkte bestehen indes nicht. Davon abgesehen träte der Verlust des Entgeltanspruchs nicht erst bei einer Verzögerung des Entgeltgenehmigungsantrags, sondern – ohne ausreichende Rechtfertigung – bereits bei jedem vorab gewährten Netzzugang ein.
Die Beklagte wendet gegen die Annahme einer Rückwirkung ferner ein, diese entfalte wettbewerbswidrige Wirkungen, weil im Fall des Bestehens einer Rückwirkung der Wettbewerber bis zur Bestandskraft der Entgeltgenehmigung nicht sicher sei, in welcher Höhe er Entgelte für die davor erlangten Leistungen zu entrichten habe. Aus Sicht der Beklagten läuft dies dem Ziel der Wettbewerbsförderung insbesondere deshalb zuwider, weil der Wettbewerber bis zur Bestandskraft der Entgeltgenehmigung bei der Kalkulation seiner Endkundenpreise nur die Wahl habe, sich entweder an dem vereinbarten und möglicherweise zu hohen Entgelt zu orientieren oder von einem geringeren Entgelt auszugehen und sich damit dem Risiko auszusetzen, dass letztlich das höhere vereinbarte Entgelt zu leisten ist. Diese Erwägung steht der Annahme einer Rückwirkung nicht entgegen. Zwar trifft es zu, dass der Wettbewerber der Klägerin bis zur Erteilung der Entgeltgenehmigung keine Gewissheit über die Höhe des von ihm zu zahlenden Entgelts hat, und selbst nach diesem Zeitpunkt ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass die Klägerin durch Klage vor dem Verwaltungsgericht die Genehmigung eines höheren als des von der Regulierungsbehörde gebilligten Entgelts erreicht. Richtig ist auch, dass die Ungewissheit über das zu zahlende Entgelt den vom Gesetz bezweckten Marktzutritt des Wettbewerbers nicht fördert, sondern im Gegenteil spürbar behindern kann. Doch nimmt das Gesetz dem Wettbewerber die Verantwortung für die Höhe des Netzzugangsentgelts nicht insgesamt ab, sondern zwingt ihn – wie bereits mehrfach erwähnt – dazu, den Netzzugang und dessen Bedingungen durch Vertrag mit der Klägerin zu regeln, bevor das vereinbarte Entgelt der Regulierungsbehörde zur Prüfung vorgelegt wird. Auch das von der Regulierungsbehörde gemäß § 6 der Netzzugangsverordnung zu entwickelnde so genannte Grundangebot beruht, wie der Senat in seinem Urteil vom 16. Juli 2003 (a.a.O.) näher dargelegt hat, auf Bedingungen, die zuvor einzelvertraglich vereinbart wurden. Folgt aber nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Entgeltgenehmigung im Grundsatz dem Abschluss des Vertrages über den Netzzugang nach, so unterliegt es zunächst der Beurteilung durch den Wettbewerber selbst, ob und inwieweit die Bedingungen des Vertrages – und damit auch die Höhe des Entgelts – für ihn tragbar sind. Dass bis zur Erteilung der Entgeltgenehmigung (und u.U. sogar über diesen Zeitpunkt hinaus) Ungewissheit über den Inhalt der Genehmigung besteht, liegt in der Natur des Genehmigungsverfahrens. Es spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber die Absicht hatte, den Wettbewerbern, die nicht selten von der Entgeltregulierung durch die Genehmigung eines niedrigeren als des vereinbarten Entgelts begünstigt werden, die mit dem zugehörigen Verfahren zwangsläufig verbundenen Unwägbarkeiten und Risiken abzunehmen. Erst recht ist nicht anzunehmen, dass er dies um den Preis eines teilweisen Verlustes des Entgeltanspruchs des den Netzzugang gewährenden Unternehmens tun wollte. Erlangt der Wettbewerber Leistungen, ohne dass er mangels einer Entgeltgenehmigung (zunächst) ein Entgelt zu entrichten hat, finanziert das die Leistungen gewährende Unternehmen diese vor. Dies erweist sich als wirtschaftlicher Vorteil für die Wettbewerber. Sind die Entgelte genehmigt, ist davon auszugehen, dass sie den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung und den Maßstäben des § 24 Abs. 2 TKG entsprechen. Der Wettbewerber hat im Fall einer Rückwirkung der Genehmigung für die von dem marktbeherrschenden Unternehmen vorfinanzierten Leistungen also ein wettbewerbsgerechtes Entgelt zu leisten. Dem Wettbewerber ist zuzumuten, bei Vertragsschluss das von ihm mit dem marktbeherrschenden Anbieter vereinbarte Entgelt an den Maßstäben des § 24 TKG zu messen und zu beurteilen, ob er dieses der Kalkulation seiner Endkundenpreise zugrunde legt. Gelangt er dabei zu der Erkenntnis, dass das vereinbarte Entgelt zu hoch ausgefallen ist und dass deshalb zu erwarten ist, dass es im Rahmen der Genehmigung korrigiert wird, kann er dem bei der Festlegung seiner Endkundenpreise Rechnung tragen. Es unterfällt seiner unternehmerischen Disposition, mit Blick auf die Möglichkeit, dass entgegen seiner Einschätzung die beantragten höheren Entgelte genehmigt werden, Rückstellungen zu bilden oder davon abzusehen. Dies ist ihm auch unter Berücksichtigung des Umstandes zuzumuten, dass eine Fehleinschätzung hinsichtlich der Höhe des genehmigten Entgelts und eine darauf beruhende unzutreffende Kalkulation der Endkundenpreise im Nachhinein nicht mehr korrigierbar ist. Das Regulierungsziel der Sicherstellung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs verlangt nicht, dass der Wettbewerber in dem von der streitigen Vertragsklausel geregelten Zeitraum zwischen dem Vertragsschluss und der Erteilung der Entgeltgenehmigung zuverlässig beurteilen kann, wie hoch das Entgelt ist, das er für zuvor erlangte Leistungen zu entrichten hat. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass sich zumindest im Regelfall das Risiko des Wettbewerbers darauf beschränkt, dass er von einem höheren vereinbarten Entgelt ausgeht als sodann genehmigt wird.
Entgegen der in dem angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung läuft die Annahme einer Rückwirkung nicht der im Telekommunikationsgesetz getroffenen Unterscheidung zwischen der ex-nunc- und der ex-post-Entgeltregulierung zuwider. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Regulierungsinstrumenten besteht darin, dass bei der Vorabgenehmigung die Entgelte im Sinne einer präventiven Kontrolle erst erhoben werden dürfen, wenn sie genehmigt sind, während die Entgelte bei einer ausschließlich nachträglichen Überprüfung nur einer repressiven Kontrolle unterfallen. Dieser Unterschied bleibt im Fall der Rückwirkung der Vorabgenehmigung gewahrt. Die betroffenen Entgelte dürfen erst ab Genehmigungserteilung verlangt werden (§ 29 Abs. 1 TKG). Dies schließt es nicht aus, dass der die Entgelterhebung begründende Tatbestand in dem Zeitraum zwischen Vertragsschluss und Entgeltgenehmigung liegt. Dadurch wird der präventive Charakter der Vorabgenehmigung nicht berührt.
Nach dem Gesagten streiten Sinn und Zweck der Entgeltgenehmigung im Sinne von § 39 1. Alternative TKG dafür, dass die Klägerin für die von ihr vor Erteilung der Entgeltgenehmigung erbrachten vertraglich vereinbarten Leistungen nach Ergehen der Genehmigung das genehmigte Entgelt verlangen darf. Da nach § 29 Abs. 1 TKG nur genehmigte Entgelte verwendet werden dürfen, muss die Genehmigung Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses entfalten. Die Annahme einer Rückwirkung entspricht der Rechtsfolge aus § 184 Abs. 1 BGB und damit dem Regelfall der Wirkung einer behördlichen Genehmigung eines Rechtsgeschäfts (vgl. Gursky, a.a.O. Vorbem. zu § 184 ff. Rn. 62 m.w.N.; Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage, § 35 Rn. 141).
dd) Die Gesetzgebungsgeschichte steht dem bisherigen Auslegungsergebnis nicht entgegen.
Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 39 TKG stellt die Vorschrift klar, dass für die von der Bestimmung erfassten Entgelte die die Regulierung von Entgelten betreffenden Vorschriften einschlägig sind (vgl. BTDrucks 13/3609 S. 47). Dem ist nicht zu entnehmen, dass die Entgeltgenehmigung keine Rückwirkung entfaltet. Dies gilt gleichermaßen für die Begründung der von dem Ausschuss für Post und Telekommunikation beschlossenen Änderung des ursprünglichen Entwurfs von § 39 TKG (vgl. BTDrucks 13/4864 ≪neu≫ S. 79). Aus der Begründung des Entwurfs zu § 29 TKG ergibt sich ebenfalls nicht, dass der Gesetzgeber eine Rückwirkung ausschließen wollte (vgl. BTDrucks 13/3609 S. 44 f. zu § 28 des Entwurfs).
ee) Die Annahme, dass der Entgeltgenehmigung im Sinne von § 39 1. Alternative TKG Rückwirkung zukommt, ist auch verfassungsrechtlich geboten. Eine ausschließlich für die Zukunft Wirkung entfaltende Entgeltgenehmigung wäre mit der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Klägerin, der Grundrechtsfähigkeit zukommt (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 189), unvereinbar.
(1) Die gesetzliche Pflicht zur Entgeltgenehmigung greift in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit ein. Regelungen, die auf Einnahmen, welche durch eine berufliche Existenz erzielt werden können, und damit auch auf die Existenzerhaltung von nicht unerheblichem Einfluss sind, bewirken einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung. Deshalb führt die Pflicht zur Genehmigung von Entgelten und das damit einhergehende Verbot, ungenehmigte Entgelte zu verlangen, zu einem Eingriff in das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. Urteil vom 25. Juni 2003, a.a.O., 738 m.w.N.).
(2) Der Grundrechtseingriff ist nur gerechtfertigt, wenn die Genehmigung auf der Grundlage des § 39 1. Alternative TKG auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkt.
Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die auch materiell verfassungsgemäß ist. Beschränkungen der Berufsausübung sind mit der Verfassung materiell vereinbar, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind und dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügen. Eingriffe in das Grundrecht dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern, und Eingriffszweck sowie Eingriffsintensität müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1996 – 1 BvR 744/88 u.a. – BVerfGE 94, 372 ≪390≫; Beschluss vom 15. Dezember 1999 – 1 BvR 1904/95 u.a. – BVerfGE 101, 331 ≪347≫). Die Pflicht zur Genehmigung von Entgelten für die Gewährung des besonderen Netzzugangs verfolgt den Zweck, im Zusammenhang mit der Zugangsgewährung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb zu sichern und zu fördern. Diese Zielsetzung gehört zu den Gemeinwohlbelangen, die geeignet sind, eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit zu legitimieren (vgl. Urteil vom 25. Juni 2003, a.a.O., 738). Dies gilt auch für das Verbot, ungenehmigte Entgelte zu erheben.
Gemessen an dem Zweck der Genehmigungspflicht und dem Verbot des § 29 Abs. 1 TKG erwiese sich eine ausschließlich in die Zukunft gerichtete Entgeltgenehmigung zur Zweckerreichung als nicht erforderlich und damit als unverhältnismäßig. In der Genehmigung wird festgestellt, dass sich die genehmigten Entgelte an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung und den Maßstäben des § 24 Abs. 2 TKG ausrichten. Damit ist dem aufgezeigten Zweck, der den Grundrechtseingriff rechtfertigt, Genüge getan. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist kein Grund ersichtlich, hinsichtlich der Genehmigung zu differenzieren zwischen Entgelten für Leistungen, die vor Genehmigung und solchen, die danach erbracht wurden. In der Genehmigung wird zum Ausdruck gebracht, dass das Entgelt auf jeden Fall nicht zu beanstanden ist. Dem wird in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise nur durch eine Rückwirkung der Genehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses Rechnung getragen.
ff) Das europäische Gemeinschaftsrecht verlangt nicht, dass die Wirkung der Genehmigung auf die Zukunft beschränkt wird.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Richtlinien, die gemäß Art. 26 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste – Rahmenrichtlinie – (ABl EG Nr. L 108 S. 33) mit Wirkung vom 25. Juli 2003 aufgehoben sind, insbesondere nicht aus der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision – ONP) – ONP-Rahmenrichtlinie – (ABl EG Nr. L 192 S. 1) und aus der Richtlinie 97/33 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP) – Zusammenschaltungsrichtlinie – (ABl EG Nr. L 199 S. 32).
Nach Art. 3 Abs. 1 3. Spiegelstrich der ONP-Rahmenrichtlinie müssen bei der Gewährung des Netzzugangs die Gebote des gleichen Zugangs und der Diskriminierungsfreiheit gewahrt sein. Die Richtlinie sieht keine Genehmigungspflicht für Entgelte vor und verhält sich deshalb auch nicht zu der Frage der Rückwirkung einer solchen Genehmigung. Die Zusammenschaltungsrichtlinie regelt Einzelheiten der Zusammenschaltung, als deren Unterfall sie den Netzzugang ansieht (vgl. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie). Nach Art. 7 Abs. 2 der Zusammenschaltungsrichtlinie unterliegen die Zusammenschaltungsentgelte der Kontrolle durch die nationale Regulierungsbehörde. Eine Genehmigungspflicht ist insoweit nicht vorgesehen. Deshalb wird die hier in Rede stehende Frage einer Rückwirkung nicht angesprochen. Nach Art. 6 Buchst. a der Zusammenschaltungsrichtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass bei der Zusammenschaltung der Grundsatz der Nichtdiskriminierung eingehalten wird. Eine nach nationalem Recht vorgesehene Rückwirkung der Entgeltgenehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses verstößt nicht gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und des gleichen Zugangs im Sinne der ONP-Rahmenrichtlinie und der Zusammenschaltungsrichtlinie. Sie hat zur Folge, dass der Wettbewerber für vertraglich vereinbarte und erbrachte Leistungen dem Netzbetreiber nachträglich ein von der nationalen Regulierungsbehörde genehmigtes Entgelt zu entrichten hat. Der ONP-Rahmenrichtlinie und der Zusammenschaltungsrichtlinie ist nicht zu entnehmen, dass dies gemeinschaftsrechtlich missbilligt wird. Dagegen spricht bereits, dass die Zusammenschaltungsrichtlinie davon ausgeht, dass der Netzbetreiber seine Leistungen entgeltlich erbringt (vgl. insbesondere Art. 7 der Richtlinie).
Das seit dem 25. Juli 2003 anzuwendende und von den nationalen Gerichten trotz der noch nicht erfolgten Umsetzung in nationales Recht zu beachtende Gemeinschaftsrecht (vgl. Beschluss vom 30. April 2003 – BVerwG 6 C 6.02 – Buchholz 442.066 § 43 TKG Nr. 2) gebietet nicht, dass die Genehmigung auf die Zukunft beschränkt ist. Der Rahmenrichtlinie ist dafür nichts zu entnehmen. Artikel 13 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung – Zugangsrichtlinie – (ABl EG Nr. L 108 S. 7) sieht eine Preiskontrolle durch die nationale Regulierungsbehörde vor. Die Bestimmung verhält sich nicht zu der Frage, ob eine Entgeltgenehmigung Rückwirkung entfaltet oder nicht.
Aus der Verordnung 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss (ABl EG Nr. L 336 S. 4) ergibt sich ebenfalls keine Beschränkung der Genehmigungswirkung auf die Zukunft. Die Verordnung findet Anwendung auf den entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen und den dazugehörenden Einrichtungen gemeldeter Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht (Art. 1 Abs. 2 der Verordnung). Sie beschränkt sich auf Anschlüsse in Gestalt von Doppelader-Metallleitungen (Art. 2 Buchst. c der Verordnung). Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung müssen die betroffenen Netzbetreiber den Begünstigten den entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen und zu zugehörigen Einrichtungen unter transparenten, fairen und nichtdiskriminierenden Bedingungen gewähren. Art. 4 Abs. 3 der Verordnung ist u.a. das Gebot zu entnehmen, den Netzzugang diskriminierungsfrei und fair zu gewähren. Genauso wenig, wie die nach nationalem Recht vorgesehene Rückwirkung der Entgeltgenehmigung das Diskriminierungsverbot der ONP-Rahmenrichtlinie und der Zusammenschaltungsrichtlinie verletzt, kommt ein Verstoß gegen das in der Verordnung 2887/2000 enthaltene Verbot der Diskriminierung in Betracht. Nichts anderes gilt für das Gebot fairen Wettbewerbs. Mithin steht europäisches Gemeinschaftsrecht der Annahme einer Rückwirkung auch insoweit nicht entgegen, als sie sich auf Entgelte für die Gewährung des Zugangs zu Anschlüssen in Gestalt von Doppelader-Metallleitungen bezieht.
Zu der Feststellung, dass Gemeinschaftsrecht hier nicht verletzt ist, sieht sich der Senat ohne Anrufung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 234 EGV im Stande, weil das vorstehend dargelegte Verständnis des Gemeinschaftsrechts offenkundig ist und keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – Rs. 283/81 – EuGHE 1982, 3415 ≪3430≫).
2. Soweit die Nachzahlungsklausel Entgelte für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung in Gestalt von Doppelader-Metallleitungen betrifft, kann die Beanstandung auch nicht auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2887/2000 gestützt werden.
Nach dieser Bestimmung kann die nationale Regulierungsbehörde in gerechtfertigten Fällen von sich aus tätig werden, um u.a. Nichtdiskriminierung und fairen Wettbewerb sicherzustellen. Die Annahme einer Rückwirkung der Entgeltgenehmigung verletzt – wie dargestellt – nicht die Gebote der Diskriminierungsfreiheit und des fairen Wettbewerbs. Deshalb kann auch nicht angenommen werden, dass die die Rückwirkung der Genehmigung vertraglich umsetzende Nachzahlungsklausel gegen diese Gebote verstößt. Da die materiellen Voraussetzungen eines Einschreitens der nationalen Regulierungsbehörde nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2887/2000 nicht vorliegen, kommt es nicht darauf an, ob die Bestimmung auch deshalb keine Anwendung findet, weil sie von § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG verdrängt wird. Das wäre der Fall, wenn § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG auch hinsichtlich des Zugangs zu Teilnehmeranschlüssen und zur Endleitung in Gestalt von Doppelader-Metallleitungen als die zur Durchsetzung von Nichtdiskriminierung und fairen Wettbewerb im Vergleich zu Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2887/2000 “eingehendere” Vorschrift ist. Nach Art. 1 Abs. 4 der Verordnung 2887/2000 gehen nationale Bestimmungen, die diese Voraussetzung erfüllen, der Verordnung vor.
B. Die Klage ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Beanstandung derjenigen Klausel in Verträgen über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung richtet, nach der die Leistungspflicht der Klägerin erst mit der Erteilung der Entgeltgenehmigung entsteht. Die Beanstandung erweist sich als rechtmäßig, so dass die Revision der Klägerin keinen Erfolg hat.
1. Die Voraussetzungen einer Beanstandung nach § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG liegen vor. Die beanstandete Klausel verstößt gegen § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG, und die darüber hinausgehenden Voraussetzungen für den Erlass eines Beanstandungsbescheids nach § 33 Abs. 1 Satz 2 TKG sind ebenfalls gegeben.
a) Die Verknüpfung des Entstehens der Leistungspflicht der Klägerin mit der Erteilung der Entgeltgenehmigung stellt eine ungerechtfertigte Beschränkung des Anspruchs auf diskriminierungsfreien Zugang zu Leistungen der Klägerin im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG dar.
aa) Die Verträge über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung, in denen sich die beanstandete Klausel befindet, beziehen sich auf Leistungen, die die Wettbewerber der Klägerin von dieser nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG grundsätzlich beanspruchen können.
Die Klägerin verfügte in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt auf den in Betracht kommenden Märkten über eine marktbeherrschende Stellung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG in Verbindung mit § 19 GWB. Davon geht das angefochtene Urteil aus, ohne dass dies von den Beteiligten in Zweifel gezogen wird. Die Beurteilung steht im Einklang mit den nach der Rechtsprechung des Senats für die Feststellung einer Marktbeherrschung zugrunde zu legenden Maßstäben (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O, 170 ff.). Für eine fehlerhafte Anwendung dieser Kriterien ist nichts ersichtlich. Dies gilt auch insoweit, als eine Marktbeherrschung auf dem sachlich relevanten Markt bestehen muss. In diesem Zusammenhang kommt es entweder auf den Endkundenmarkt für Teilnehmeranschlussleitungen und Endleitungen oder sowohl auf diesen Markt als auch auf einen entsprechenden Vorleistungsmarkt an (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2003 – BVerwG 6 C 20.02 – Umdruck S. 10 f.). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob nur auf den Endkundenmarkt oder auf beide Märkte abzustellen ist. Dass die Klägerin auf beiden Märkten über einen vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrollierten, überragenden Verhaltensspielraum verfügt, ist nicht zweifelhaft.
Die hier in Rede stehenden Verträge beziehen sich auch auf “wesentliche Leistungen” der Klägerin im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der besondere Netzzugang im Sinne von § 35 TKG einen herausragend wichtigen Anwendungsfall der “wesentlichen Leistungen” darstellt, der regelmäßig ihr Hauptanwendungsfall sein wird und der mit den Mitteln der Missbrauchsaufsicht durchsetzbar ist (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 174 ff.). Die übrigen Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG liegen ebenfalls vor.
bb) Die in Rede stehende Klausel beschränkt den Anspruch der Wettbewerber auf Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung zu denselben Bedingungen, die sich die Klägerin bei der Nutzung dieser Leistungen selbst einräumt.
Die Klausel findet – ähnlich wie die Nachzahlungsklausel – ihren Grund in der Konzeption der Entgeltregulierung und ist deshalb nicht an dem Gebot der Wahrung formaler Gleichheit zu messen. Sie erweist sich aber deshalb als Verstoß gegen den Anspruch auf bedingungsgleichen Zugang, weil sie der Rechtsordnung zuwiderläuft. Die Wettbewerber der Klägerin haben einen Anspruch auf sofortige Realisierung des vertraglich vereinbarten Zugangs zur Teilnahmeanschlussleitung und zur Endleitung. Das Telekommunikationsgesetz lässt es nicht zu, den vertraglich vereinbarten Zugang erst ab Erteilung der Entgeltgenehmigung zu gewähren (vgl. Spoerr, a.a.O., § 29 Rn. 7; Schütz/Müller, MMR 1999, 128, 130; Kleinlein/Enaux, a.a.O., 279; Breyer, a.a.O., 724 f.; Kerkhoff in: Büchner/Ehmer/Geppert/Kerkhoff/Piepenbrock/ Schütz/Schuster, a.a.O., Anhang § 41, § 30 TKV Rn. 22; Posser/Räder, MMR-Beilage 2/99 V (VII); a.A.: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Dezember 2001, a.a.O., 496 ff.; Schuster/Stürmer, a.a.O., § 29 Rn. 21 f.; Hummel, a.a.O., 293 f.).
(1) Dem Anspruch auf unverzüglichen Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung steht nicht etwa entgegen, dass die entsprechenden Vereinbarungen bis zur Entgeltgenehmigung schwebend unwirksam wären. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz, dass die Klägerin sofort nach dem Vertragsschluss ungeachtet der noch offenen Frage nach der Entgeltgenehmigung zur Gewährung des vereinbarten Netzzugangs verpflichtet ist.
Die von der Genehmigungsbedürftigkeit der Entgelte ausgelöste schwebende Unwirksamkeit der Entgeltvereinbarung bis zur Genehmigungserteilung erstreckt sich nicht auf die Vereinbarung über die von der Klägerin zu gewährenden vertraglichen Hauptleistungen. Die Pflicht zur Vorabgenehmigung nach § 39 1. Alternative TKG i.V.m. § 25 Abs. 1 TKG bezieht sich nach dem Wortlaut der Bestimmungen nur auf die Entgeltvereinbarung, nicht auf den gesamten Vertrag. Eine schwebende Unwirksamkeit auch der Vereinbarung über die Hauptleistungspflichten der Klägerin folgt auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 139 BGB. Nach dieser Bestimmung ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn ein Teil des Rechtsgeschäfts nichtig ist und nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. § 139 BGB ist zwar auf schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte entsprechend anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1970 – VII ZR 68/68 – BGHZ 53, 315 ≪318≫). Die Bestimmung führt aber im vorliegenden Zusammenhang, in dem es um die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Verabredung einer bestimmten Vertragsklausel geht, schon deshalb nicht weiter, weil sie auf den hypothetischen Willen der Vertragspartner verweist und damit deren Befugnis unberührt lässt, die Problematik in der einen oder anderen Richtung ausdrücklich zu regeln. Darüber hinaus findet § 139 BGB immer dann keine Anwendung, wenn sich insbesondere aus dem Zweck des die Genehmigung vorsehenden Gesetzes eine abweichende Regelung ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 – IX ZR 117/99 – NJW 2000, 1333 ≪1335≫; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 139 Rn. 18). Das ist hier der Fall.
Die Pflicht zur Vorabgenehmigung und die sie flankierende Verbotsnorm des § 29 Abs. 1 TKG verfolgen – wie aufgezeigt – den Zweck, im Interesse der Förderung und Sicherung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs zu gewährleisten, dass nur Entgelte erhoben werden, die den Maßstäben des § 24 TKG entsprechen und deshalb wettbewerbsgemäß sind. Die bis zur Genehmigungserteilung bestehende schwebende Unwirksamkeit der Entgeltvereinbarung trägt diesem Zweck Rechnung. Eine Übertragung dieser Rechtsfolge auf die Vereinbarung über die Hauptleistungspflichten der Klägerin, wie sie von der Klägerin mit der Verwendung der streitigen Klausel beabsichtigt ist, liefe Sinn und Zweck des Anspruchs auf Gewährung des besonderen Netzzugangs im Sinne von § 35 Abs. 1 TKG und dem auch insoweit zentral bedeutsamen Zweck der Förderung und Sicherung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs zuwider. Während das Telekommunikationsgesetz hinsichtlich der Entgeltvereinbarung gebietet, dass diese erst nach behördlicher Prüfung wirksam wird, widerspräche ein Aufschieben der Wirksamkeit der Vereinbarung über die von der Klägerin zu gewährenden Hauptleistungen dem Telekommunikationsgesetz. Nach der Rechtsprechung des Senats gründet die Regelung des besonderen Netzzugangs in § 35 TKG auf der zentralen Bedeutung des Zugangs zum Telekommunikationsnetz des marktbeherrschenden Netzbetreibers für die Marktzutrittschancen der Wettbewerber (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O, 176 f.). Dies entspricht der Wertung des Gesetzgebers, wie sie in der Gesetzesbegründung ihren Ausdruck gefunden hat. Dort werden die besondere Bedeutung des offenen Netzzugangs und der Regelungen zum Netzzugang und zur Zusammenschaltung für den Erfolg des Wettbewerbs eigens hervorgehoben (vgl. BTDrucks 13/3609, S. 33 ff.). Das europäische Gemeinschaftsrecht misst dem besonderen Netzzugang ebenfalls hervorragende Bedeutung bei (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 177 f.). Der im besonderen Maße der Verwirklichung des Regulierungsziels der Sicherstellung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs dienende Anspruch auf Gewährung des besonderen Netzzugangs würde wesentlich verkürzt, wenn eine entsprechende vertragliche Vereinbarung erst mit der Erteilung der Entgeltgenehmigung wirksam würde. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass § 35 TKG den Anspruch auf Gewährung des besonderen Netzzugangs nicht mit der Leistung eines Entgelts verknüpft. Soweit das Gesetz von der Grundannahme der Entgeltlichkeit der Zugangsgewährung ausgeht, wird dem dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin wegen der Rückwirkung der Entgeltgenehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses für bereits erbrachte Leistungen nachträglich ein Entgelt beanspruchen kann.
(2) Dem vertraglichen Anspruch der Wettbewerber auf sofortigen Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung kann die Klägerin nicht mit Erfolg die Einrede des nichterfüllten Vertrags nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegenhalten.
§ 320 Abs. 1 Satz 1 BGB sieht vor, dass derjenige, der aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern kann, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Diese Bestimmung ist hier aus mehreren Gründen nicht zu Gunsten der Klägerin anwendbar: Zum einen setzt die Einrede des nicht erfüllten Vertrages voraus, dass die Gegenleistung des Schuldners, auf die die Einrede gestützt wird, wirksam und fällig ist (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 320 Rn. 5, Grothe, in: Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 320 Rn. 4; Battes, in: Erman, BGB, 10. Auflage, § 320 Rn. 3). Daran fehlt es hier, weil die Entgeltvereinbarung bis zur Genehmigungserteilung schwebend unwirksam ist. Ein Leistungsverweigerungsrecht auf der Grundlage des § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB stände außerdem auch nicht im Einklang mit dem Verbot des § 29 Abs. 1 TKG. Das Recht zur Verweigerung der Leistung bezweckt über die Sicherung des Anspruchs hinaus, auf den Vertragspartner Druck auszuüben, damit er die ihm obliegende Leistung umgehend erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 – VII ZR 96/81 – NJW 1982, 2494 m.w.N.). Die Ausübung dieses Rechts ginge deshalb auch mit der Forderung einher, ein ungenehmigtes Entgelt zu entrichten. Dies widerspricht § 29 Abs. 1 TKG. Schließlich und vor allem ergibt sich – wie dargelegt – aus § 35 TKG, dass die Klägerin nicht berechtigt ist, ihre Leistungen mit Rücksicht auf die ausstehende Entgeltgenehmigung zurückzuhalten. Sie ist mithin aufgrund dieser Vorschrift bis zur Erteilung der Genehmigung zur Vorleistung verpflichtet.
cc) Die Verweigerung des bedingungsgleichen Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung ist nicht aus besonderen Gründen gerechtfertigt.
Insbesondere ergibt sich eine sachliche Rechtfertigung nicht aus einer Abwägung der Interessen des Wettbewerbers mit denjenigen der Klägerin unter Berücksichtigung des Ziels der Herstellung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 186). Das Interesse der Vertragspartner der Klägerin besteht darin, den vereinbarten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung unverzüglich zu realisieren, um die Leistung der Klägerin für eigene Geschäftsinteressen nutzen zu können. Dieses Interesse ist mit Blick auf die Bedeutung, die der Gesetzgeber dem besonderen Netzzugang beigemessen hat und die diesem für die Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs zukommt, auch seinerseits von hoher Bedeutung. Das Interesse der Klägerin besteht in erster Linie darin, für erbrachte Leistungen Zug um Zug ein Entgelt zu erhalten. Da sie wegen der Rückwirkung der Entgeltgenehmigung auch für Leistungen, die sie bis zur Genehmigungserteilung erbracht hat, nachträglich ein Entgelt erhält, beschränkt sich ihr Interesse im Wesentlichen auf das Bedürfnis, das Risiko auszuschließen, nach Erteilung der Entgeltgenehmigung den Entgeltanspruch nicht mehr realisieren zu können. Diesem Interesse kommt gemessen an dem Ziel der Sicherung und Förderung von Wettbewerb geringeres Gewicht zu als dem Bedürfnis der Wettbewerber nach unverzüglichem Netzzugang. Insoweit ist es auch von Bedeutung, dass die Klägerin bei berechtigten Bonitätsbedenken hinsichtlich eines Wettbewerbers den Netzzugang verweigern darf (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 187). Einem Sicherungsinteresse kann die Klägerin auch dadurch Rechnung tragen, dass sie in dies zwingend erfordernden Fällen eine Sicherheitsleistung fordert.
b) Die Verweigerung bedingungsgleichen Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung stellt eine missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung der Klägerin im Sinne von § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG dar.
Nach § 33 Abs. 2 Satz 3 TKG wird ein Missbrauch vermutet, wenn der marktbeherrschende Anbieter von Telekommunikationsleistungen gegen den Anspruch der Wettbewerber auf bedingungsgleichen Zugang verstößt. Dies ist hier – wie aufgezeigt – der Fall. Die Missbrauchsvermutung ist nicht widerlegt. Davon kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil es bei Bestehen eines funktionsfähigen Wettbewerbs der Regel entspricht, dass der vertraglich vereinbarte Netzzugang unverzüglich gewährt wird. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass bei funktionsfähigem Wettbewerb die Gewährung des Netzzugangs regelmäßig Zug um Zug gegen Entgelt erfolgt. Dies ist im vorliegenden Zusammenhang zu vernachlässigen, weil wegen der marktbeherrschenden Stellung der Klägerin ein funktionsfähiger Wettbewerb nicht besteht und die schwebende Unwirksamkeit der Entgeltvereinbarung Folge der Regulierungskonzeption des Telekommunikationsgesetzes ist.
Soweit der Senat in seinem Urteil vom 25. April 2001 (a.a.O., 189) angenommen hat, das Erfordernis des missbräuchlichen Ausnutzens einer marktbeherrschenden Stellung sei nicht schon dann erfüllt, wenn die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 TKG und der Missbrauchsvermutung des § 33 Abs. 2 Satz 3 TKG gegeben seien, und es komme zusätzlich darauf an, ob der Marktbeherrscher ein Marktergebnis durchsetzen wolle, welches er bei funktionsfähigem Wettbewerb nicht erreichen könnte, hält er daran nicht fest.
c) Die Beklagte hat das ihr bei dem Erlass des angefochtenen Bescheides zustehende Ermessen ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
§ 33 Abs. 2 Satz 2 TKG räumt der Behörde Ermessen ein. Der Verstoß eines marktbeherrschenden Unternehmens gegen § 33 Satz 1 TKG stellt sich mit Blick auf den Schutzzweck des Gesetzes als so gravierend dar, dass er entsprechend den Grundsätzen zu den intendierten Entscheidungen von der Behörde nach dem Willen des Gesetzgebers regelmäßig mit einer Maßnahme nach § 33 Abs. 2 TKG zu beantworten ist (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 193).
d) Die Klägerin wird durch die Beanstandung der in Rede stehenden Klausel nicht in ihren Grundrechten verletzt.
aa) Die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Klägerin ist nicht verletzt.
(1) Die Beanstandung greift in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit ein.
Die Aufbürdung von Belastungen mit dem Ziel, den Adressaten vom Abschluss eines bestimmten ökonomisch relevanten Vertrages abzuhalten oder zum Abschluss bzw. zur Aufrechterhaltung solcher Verträge zu bewegen, ist als Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG verbürgte Berufsausübungsfreiheit anzusehen (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 190, m.w.N.). Daran gemessen stellt es einen Grundrechtseingriff dar, wenn die Klägerin angehalten wird, auf die beanstandete Klausel zu verzichten.
(2) Der Eingriff erweist sich jedoch nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG als gerechtfertigt.
Er dient der Durchsetzung des Anspruchs auf Gewährung des besonderen Netzzugangs und verfolgt damit den Zweck der Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs. Bei § 33 TKG und § 35 Abs. 1 TKG handelt es sich um verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelungen der Berufsausübung (vgl. Urteil vom 25. April 2001, a.a.O., 191; Urteil vom 3. Dezember 2003, a.a.O., Umdruck S. 24). Durch die Verfassung selbst ist das Ziel vorgegeben, nach der Privatisierung des Unternehmens Telekom auch für die Zukunft im Bereich der Telekommunikation flächendeckend für angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu sorgen (Art. 87 f Abs. 1 GG). Art. 87 f Abs. 2 GG sieht ausdrücklich vor, dass diese Dienstleistungen neben dem früheren Staatsunternehmen auch durch andere Anbieter erbracht werden. Die Verfassung postuliert mithin das Ziel der Privatwirtschaftlichkeit im Bereich der Telekommunikation. Dem entsprechen die in § 33 TKG und in § 35 Abs. 1 TKG auch zum Ausdruck kommenden Zielsetzungen, im Wege asymmetrischer Regulierung in einem monopolistisch strukturierten Markt chancengleichen Wettbewerb herzustellen und eine missbräuchliche Ausübung wirtschaftlicher Macht zu verhindern. Diese Zielsetzungen gehören damit ohne weiteres zu den Gemeinwohlbelangen, die geeignet sind, Einschränkungen der Berufsausübung zu rechtfertigen.
Der Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG erweist sich auch als verhältnismäßig. Die Vorleistungspflicht der Klägerin ist zur Zweckerreichung geeignet. Sie ist auch erforderlich. Auszugehen ist insoweit von der Wertung des Gesetzgebers, dass es sich bei dem besonderen Netzzugang stets um eine dem Wettbewerb im besonderen Maße berührende Leistung handelt. Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, wenn im Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 TKG und damit auch des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG eine Leistungspflicht des marktbeherrschenden Unternehmens bereits zu dem Zeitpunkt vorgesehen wird, in dem eine Entgeltgenehmigung noch nicht ergangen ist. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, den Anspruch auf Gewährung besonderen Netzzugangs umfassend zu sichern.
Der Eingriffszweck der Vorleistungspflicht steht auch in einem angemessenen Verhältnis zur Intensität der Beeinträchtigung der Berufsausübung. Der mit der sofortigen Pflicht zur Leistung verfolgte Zweck ist gewichtig. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Zweck der Sicherung und Förderung chancengleichen Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation in dem verfassungsrechtlichen Privatisierungsgebot des Art. 87 f Abs. 2 Satz 1 GG wurzelt und der Anspruch auf Gewährung besonderen Netzzugang der Durchsetzung dieses Gebotes dient. Daran gemessen überschreitet die Vorleistungspflicht nicht die Grenzen der Zumutbarkeit. Die Klägerin hat es in der Hand, die Entgeltgenehmigung umgehend nach Abschluss des Vertrags zu beantragen. Die Regierungsregulierungsbehörde ist verpflichtet, innerhalb von längstens zehn Wochen nach Eingang der Entgeltvorlage über den Antrag zu entscheiden (§ 28 Abs. 2 TKG). Wegen der Rückwirkung der Entgeltgenehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses erlangt die Klägerin für die im Rahmen ihrer Vorleistungspflicht gewährten Leistungen auch ein Entgelt. Eine unangemessene Belastung liegt nicht darin, dass sie dieses Entgelt erst nach der Entgeltgenehmigung erhält. Das darin liegende Risiko, den Entgeltanspruch nicht realisieren zu können, ist auch deshalb hinnehmbar, weil die Klägerin bei berechtigten Bonitätsbedenken hinsichtlich des Wettbewerbers den Netzzugang verweigern darf und sie in einschlägigen Fällen grundsätzlich das Recht hat, Sicherheitsleistung zu verlangen.
bb) Die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) ist ebenfalls nicht verletzt.
Ein Eingriff in den von Art. 14 Abs. 1 GG möglicherweise geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kommt nicht in Betracht, weil die Beanstandung der hier in Rede stehenden Vertragsklausel keinen Eingriff in die Substanz der Sach- und Rechtsgesamtheit des Gewerbebetriebs darstellt (vgl. Urteil vom 25. Juni 2003, a.a.O., 739, m.w.N.). Eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG scheidet auch unter der Voraussetzung aus, dass in der Beanstandung eine Beschränkung der eigentumsrechtlichen Verfügungsfreiheit der Klägerin enthalten sein sollte. Die Klägerin hat das Eigentum an ihrer unter dem Schutz eines staatlichen Monopols und unter Verwendung von öffentlichen Mitteln entstandenen Netzinfrastruktur von vornherein mit den der Herkunft ihres Eigentums entsprechenden gesetzlichen Pflichten belastet erworben. Zu diesen Pflichten gehört auch die Pflicht zur Gewährung des besonderen Netzzugangs unverzüglich nach Abschluss des entsprechenden Vertrages, deren Einhaltung durch díe Missbrauchsaufsicht nach § 33 Abs. 2 TKG gesichert wird. Die hier unterstellten Beschränkungen der Eigentümerrechte der Klägerin lassen sich darüber hinaus mit denselben Erwägungen sachlich rechtfertigen, die auch für den Eingriff in ihre Berufsausübungsfreiheit gelten.
2. Soweit sich die Verträge, in denen die beanstandete Klausel enthalten ist, auf den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung in Gestalt von Doppelader-Metallleitungen beziehen, liegen auch die Voraussetzungen eines Einschreitens der Regulierungsbehörde nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2887/2000 vor.
Wie aufgezeigt stellt die beanstandete Klausel nach nationalem Recht eine missbräuchliche Verletzung des Anspruchs der Wettbewerber der über eine marktbeherrschende Stellung verfügenden Klägerin auf bedingungsgleichen und damit diskriminierungsfreien Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und zur Endleitung dar. In einem solchen Fall handelt es sich stets auch um eine Verletzung des Diskriminierungsverbots im Sinne von Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 2887/2000. Dies ist offenkundig, so dass es einer Anrufung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 234 EGV nicht bedarf. Da die Voraussetzungen eines Einschreitens nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2887/2000 gegeben sind, kommt es nicht darauf an, ob die Bestimmung § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG verdrängt oder ob die zuletzt genannte Vorschrift als “eingehendere” Bestimmung im Sinne von Art. 1 Abs. 4 der Verordnung vorgeht.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO entsprechend und auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Graulich, Vormeier
Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben.
Bardenhewer
Fundstellen
Haufe-Index 1130366 |
BVerwGE 2004, 54 |
CR 2004, 502 |
DVBl. 2004, 828 |
MMR 2004, 398 |
TKMR 2004, 142 |