Entscheidungsstichwort (Thema)
Die in § 15 Abs. 1 BVO BW geregelte Kostendämpfungspauschale ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam
Leitsatz (amtlich)
Die Formulierung "zumutbarer Selbstbehalte" in § 78 Abs. 2 Satz 3 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg genügt nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes. Sie enthält keine ausreichende Verordnungsermächtigung für eine durch Rechtsverordnung zu regelnde besoldungsgruppenabhängige Kostendämpfungspauschale.
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 04.05.2021; Aktenzeichen 2 S 2103/20) |
VG Karlsruhe (Urteil vom 23.06.2020; Aktenzeichen 2 K 8782/18) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. Mai 2021 geändert. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2020 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Tatbestand
Rz. 1
Die Beteiligten streiten über die Kürzung der Beihilfe um eine Kostendämpfungspauschale in den Jahren 2017 und 2018. Der Kläger begehrt zu den ihm in diesen Jahren entstandenen krankheitsbedingten Aufwendungen eine weitere Beihilfe in Höhe von 100 € von dem beklagten Land.
Rz. 2
Er ist Inhaber eines Lehrstuhls an der... Fakultät der Universität... und gehört der Besoldungsgruppe W 3 an. Mit Antrag vom 25. Mai 2018 beantragte er eine Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von insgesamt... für Rechnungen und Rezepte aus den Jahren 2017 und 2018, die in diesen Jahren erbrachte Leistungen für seine Tochter betrafen. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung erkannte mit Bescheid vom 20. Juni 2018 die geltend gemachten Aufwendungen ganz überwiegend als beihilfefähig an und gewährte dem Kläger unter Berücksichtigung des Bemessungssatzes von 80 % eine Beihilfe in Höhe von insgesamt... Dabei kürzte das Landesamt die Beihilfe in Anwendung von § 15 Abs. 1 der Beihilfeverordnung (BVO BW) um eine Kostendämpfungspauschale. Für die Aufwendungen aus dem Jahr 2017 wurden wegen eines bereits erfolgten Abzugs in Höhe von 118,85 € durch vorausgegangene Beihilfebescheide noch 156,15 € und für Aufwendungen aus dem Jahr 2018 275 € abgezogen.
Rz. 3
Auf die nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten antragsgemäß zur Gewährung weiterer Beihilfe für die in den Jahren 2017 und 2018 entstandenen Aufwendungen in Höhe von jeweils 50 €, insgesamt 100 €, verpflichtet.
Rz. 4
Dieses Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Berufung des Beklagten geändert und die Klage im Hauptantrag abgewiesen sowie die Sache hinsichtlich des im Berufungsverfahren aufrechterhaltenen Hilfsantrags, die Rechtswidrigkeit der Besoldung festzustellen, an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Der Gesetzgeber habe die Regelung über die Kostendämpfungspauschale in § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW zulässigerweise selbst ändern dürfen. Diese verstoße nicht gegen den auch im Beihilferecht geltenden Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes. Die Verordnungsregelung finde eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung in § 78 Abs. 2 LBG BW. Sie verstoße auch nicht gegen prozedurale Begründungspflichten, weil solche hinsichtlich einer beihilferechtlichen Kostendämpfungspauschale nicht bestünden. Dass diese für C 4 Professoren nur 225 € betrage, sei im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden.
Rz. 5
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Mit dieser macht er zunächst geltend, dass § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW gegen den Vorbehalt des Gesetzes verstoße. § 78 Abs. 2 Satz 3 LBG BW stelle mit der Formulierung "zumutbarer Selbstbehalte" keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die in der Beihilfeverordnung geregelte Kostendämpfungspauschale dar. Zudem genüge § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW nicht den prozeduralen Begründungspflichten, die auch hinsichtlich einer beihilferechtlichen Kostendämpfungspauschale anwendbar seien. Materiell verletze insbesondere die unterschiedliche Höhe der Kostendämpfungspauschale für die Besoldungsgruppen W 3 einerseits und C 4 andererseits den allgemeinen Gleichheitssatz, weil die hierfür maßgebliche Anknüpfung an das Anfangsgrundgehalt nicht realitätsgerecht sei.
Rz. 6
Das beklagte Land tritt der Revision unter Hinweis darauf entgegen, dass die Erhöhung der Kostendämpfungspauschale um lediglich 50 € wegen Geringfügigkeit nicht dem Vorbehalt des Gesetzes unterliege, dieser jedenfalls deshalb gewahrt sei, weil der Gesetzgeber selbst die Beihilfeverordnung geändert habe und schließlich die Kostendämpfungspauschale in § 78 Abs. 2 LBG BW eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung finde. Prozedurale Begründungspflichten bestünden im Beihilferecht nicht. Auch sei die Bemessung der Kostendämpfungspauschale nach Maßgabe des Anfangsgrundgehalts nicht zu beanstanden.
Entscheidungsgründe
Rz. 7
Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Unrecht entscheidungstragend angenommen, dass die durch Art. 9 Nr. 3 des Haushaltsbegleitgesetzes 2013/2014 vom 18. Dezember 2012 (GBl. S. 677) in § 15 Abs. 1 Satz 5 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO BW) vom 28. Juli 1995 (GBl. S. 561) geregelte Kostendämpfungspauschale mit höherrangigem Recht in Einklang steht. Wegen der Unwirksamkeit der zuletzt genannten Regelung hat der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf weitere Beihilfe in Höhe des ihm vom Verwaltungsgericht zuerkannten Betrages.
Rz. 8
Zwischen den Beteiligten stehen die Beihilfeberechtigung des Klägers, die Notwendigkeit und Angemessenheit der geltend gemachten Aufwendungen sowie der anzuwendende Bemessungssatz von 80 % nicht im Streit. Streitig ist allein, ob der Kläger deshalb weitere Beihilfe in Höhe von 100 € beanspruchen kann, weil die mit Bescheid vom 20. Juni 2018 gewährte Beihilfe nicht in Anwendung der Kostendämpfungspauschale des § 15 Abs. 1 BVO BW über den Betrag von 225 € hinaus gekürzt werden durfte. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVO BW wird die Beihilfe um eine Kostendämpfungspauschale für jedes Kalenderjahr gekürzt, in dem beihilfefähige Aufwendungen in Rechnung gestellt sind. Ihre Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe, nach der die laufenden Bezüge bei Rechnungsstellung bemessen sind (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BVO BW). Nach § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW beträgt die Kostendämpfungspauschale seit 2013 für die Besoldungsgruppe W 3 jährlich 275 €.
Rz. 9
Die mit der vorgenannten Regelung durch den Landesgesetzgeber mittels einer Änderung des Verordnungsrechts geregelte Kostendämpfungspauschale ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Voraussetzungen für eine Änderung einer Rechtsverordnung durch den parlamentarischen Gesetzgeber (1.) liegen nicht vor. Die insoweit allein in Betracht kommende Formulierung "zumutbarer Selbstbehalte" in § 78 Abs. 2 Satz 3 des Landesbeamtengesetzes (LBG BW) vom 9. November 2010 (GBl. S. 793) in der Fassung von Art. 12 des Haushaltsbegleitgesetzes 2013/2014 genügt nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes. Sie enthält keine ausreichende Verordnungsermächtigung für eine durch Rechtsverordnung zu regelnde besoldungsgruppenabhängige Kostendämpfungspauschale (2.). Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung über das etwaige Bestehen prozeduraler Begründungspflichten für die Regelung beihilferechtlicher Kostendämpfungspauschalen (3.).
Rz. 10
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschlüsse vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 ≪234 ff.≫ und vom 27. September 2005 - 2 BvL 11/02, 2 BvL 12/03, 2 BvL 13/02 - BVerfGE 114, 303 ≪311 f.≫) ist der Erlass oder die Änderung einer Rechtsverordnung durch den parlamentarischen Gesetzgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Die so erlassene Norm ist von Anfang an Recht im Range einer Verordnung, die im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung, auf der sie beruht, vom Verordnungsgeber geändert werden kann. Mit dieser Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht ein schon lange bestehendes Bedürfnis der Staatspraxis anerkannt, bei der Änderung komplexer Regelungsgefüge, in denen förmliches Gesetzesrecht und auf ihm beruhendes Verordnungsrecht ineinander verschränkt sind, auch das Verordnungsrecht anzupassen. Die Veränderung eines Regelungsprogramms und erst recht die grundlegende Reform eines ganzen Rechtsgebiets kann danach zwar in vielen detailliert normierten Bereichen sinnvoll nur bewerkstelligt werden, wenn sowohl förmliche Gesetze als auch auf ihnen beruhende Verordnungen in einem einheitlichen Vorgang geändert und aufeinander abgestimmt werden. Im Hinblick auf den Grundsatz der Formenstrenge der Rechtssetzung, wonach dem parlamentarischen Gesetzgeber bei der Rechtssetzung eine freie Formenwahl nicht zusteht, kann die Bestimmung einer vom Parlament erlassenen Norm zur Verordnung jedoch nur hingenommen werden, wenn es sich um eine Anpassung im Rahmen einer Änderung eines Sachbereichs durch den Gesetzgeber handelt, der parlamentarische Gesetzgeber die Vorschriften über das Gesetzgebungsverfahren einhält und er sich in den Grenzen der Ermächtigungsgrundlage hält (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 2 C 31.15 - BVerwGE 157, 54 Rn. 14). Ob die beiden erstgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, kann offenbleiben, weil jedenfalls die dritte Voraussetzung nicht vorliegt.
Rz. 11
2. Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes gilt auch im Beihilferecht und insbesondere für die Regelung einer Kostendämpfungspauschale (a). § 78 Abs. 2 Satz 3 LBG BW stellt mit der Formulierung "zumutbarer Selbstbehalte" keine ausreichende, vor allem hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage für eine durch Rechtsverordnung näher auszugestaltende besoldungsgruppenabhängige Kostendämpfungspauschale dar (b). Dies hat zur Folge, dass die hier streitige Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW unwirksam ist (c).
Rz. 12
a) Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes, der sich aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) ergibt und jedenfalls aufgrund des Homogenitätsgebots (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) auch für die Landesgesetzgebung verbindlich ist, gilt auch für das Beihilferecht (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 28. März 2019 - 5 C 4.18 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 56 Rn. 9 m. w. N. und vom 11. August 2022 - 5 CN 1.21 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 61 Rn. 11). Grund hierfür ist der Zusammenhang der Beihilfe mit der den Beamten bzw. Versorgungsempfängern lebenslang geschuldeten Alimentation, für die das Gesetzlichkeitsprinzip gilt. Besoldung und Versorgung unterliegen einem durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich vorgegebenen Gesetzesvorbehalt (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 ≪299≫; BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2016 - 2 B 5.16 - Buchholz 240 § 53 BBesG Nr. 2 Rn. 13, jeweils m. w. N.). Ausdruck dessen ist, dass Ansprüche auf Besoldung und Versorgung nur nach Maßgabe der Gesetze bestehen (vgl. zur einfach-gesetzlichen Ausprägung des Grundsatzes in Baden-Württemberg § 3 Abs. 1 LBesGBW und § 3 Abs. 1 LBeamtVGBW). Zur Absicherung des im Besoldungs- und Versorgungsrecht geltenden strikten Gesetzesvorbehalts muss sich auch das beihilferechtliche Regelungssystem an diesem Grundsatz messen lassen. Die Leistungen, die der Dienstherr im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit erbringt, sind für den Beamten bzw. Versorgungsempfänger und seine Familie nicht nur deshalb von herausragender Bedeutung, weil sie die Qualität der Versorgung bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit bestimmen, sondern auch, weil sie das Maß der von dem Beihilfeberechtigten erwarteten Beteiligung an den Kosten der medizinischen und pflegerischen Versorgung festlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 ≪105 f.≫). Damit kommt den Beihilfevorschriften eine besondere Bedeutung für die Wahrung eines verfassungsgemäßen Alimentationsniveaus zu (BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 B 92.09 - juris Rn. 7). Sowohl die Bestimmungen über die Besoldungs- und Versorgungsbezüge als auch die Vorschriften über den Schutz bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit haben Rücksicht zu nehmen auf die finanzielle Belastbarkeit des Beamten bzw. Versorgungsempfängers. Dieser darf bei dem gegenwärtig praktizierten Mischsystem aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzenden Beihilfen nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleiben, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 ≪106 f.≫ m. w. N.). Dies gebietet zum einen, dass die tragenden Strukturprinzipien des Beihilfesystems gesetzlich festgelegt werden. Zum anderen muss der Gesetzgeber die Verantwortung für wesentliche Einschränkungen des Beihilfestandards übernehmen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11. August 2022 - 5 CN 1.21 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 61 Rn. 11; Beschlüsse vom 14. Juli 2010 - 2 B 92.09 - juris Rn. 7 und vom 30. März 2016 - 5 B 11.16 - juris Rn. 13). Unter dem letztgenannten Gesichtspunkt hat der parlamentarische (Landes-)Gesetzgeber, der einen bestimmten Beihilfestandard in seinen Willen aufgenommen hat, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und in welchem Maße dieser Standard durch die Exekutive abgesenkt werden darf.
Rz. 13
Vor diesem Hintergrund ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit Langem geklärt, dass der parlamentarische Gesetzgeber die Verantwortung für Beihilfekürzungen in Form von Selbstbeteiligungen übernehmen muss. Er muss insbesondere entscheiden, welchen Rahmen die Eigenbeteiligung der Beamten nicht überschreiten darf und ob sowie gegebenenfalls nach welchen Gesichtspunkten die Kostendämpfungspauschale der Höhe nach gestaffelt werden muss (BVerwG, Urteile vom 17. Juni 2004 - 2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 ≪110≫, vom 20. März 2008 - 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 12 und vom 19. Juli 2012 - 5 C 1.12 - BVerwGE 143, 363 Rn. 13; Beschlüsse vom 14. Juli 2010 - 2 B 92.09 - ZBR 2011, 200 und vom 30. März 2016 - 5 B 11.16 - juris Rn. 13). Wegen des Zusammenhangs der Beihilfe mit dem Anspruch auf amtsangemessene Alimentation, für den ein strikter Gesetzesvorbehalt gilt, muss der Gesetzgeber selbst die Verantwortung dafür übernehmen, bis zu welcher Höhe er den Alimentationsanspruch durch beihilferechtliche Selbstbehalte als nicht verletzt ansieht. Es bleibt seinem Gestaltungsspielraum überlassen, ob er insoweit absolute Beträge oder prozentuale Werte vorgibt.
Rz. 14
Soweit in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteile vom 20. März 2008 - 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 11, vom 19. Juli 2012 - 5 C 1.12 - BVerwGE 143, 363 Rn. 13 und Beschluss vom 30. März 2016 - 5 B 11.16 - juris Rn. 13) anklingt, der Gesetzesvorbehalt greife für Kostendämpfungspauschalen (nur) bei Überschreiten einer Schwelle der Geringfügigkeit ein, hält der Senat hieran nicht fest. Der Gesetzesvorbehalt soll im Beihilferecht verhindern, dass die Exekutive das durch Besoldungs- und Versorgungsgesetze festgelegte Alimentationsniveau durch Beihilfekürzungen eigenmächtig absenken kann. Eine Kostendämpfungspauschale wirkt sich für diejenigen Beamten, denen im jeweiligen Kalenderjahr beihilfefähige Aufwendungen entstehen, wie eine Besoldungskürzung aus (BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 9) und enthält damit eine Aussage über die Höhe der amtsangemessenen Alimentation. Die Nähe einer Kostendämpfungspauschale zur Alimentation unterstreicht der Umstand, dass diese keinen sachlichen Bezug zu einzelnen Aufwendungen aufweist, was sie von Begrenzungen der Beihilfefähigkeit einzelner Aufwendungen oder aufwendungsbezogener Höchstbeträge oder Selbstbehalte unterscheidet. Ihr schon in der Bezeichnung Kostendämpfungspauschale zum Ausdruck kommender Zweck ist die Einsparung öffentlicher Mittel. Sie berührt daher in besonderer Weise die Amtsangemessenheit der Alimentation. Daher kann auch die Einhaltung des Gesetzesvorbehalts bei der Einführung oder Änderung einer Kostendämpfungspauschale nicht davon abhängen, ob die Kostendämpfungspauschale in voller Höhe oder mit dem jeweiligen Erhöhungsbetrag als nur "geringfügig" anzusehen wäre. Dies gilt umso mehr, als angesichts erfolgreicher Klagen von Beamten auf Feststellung mangelnder Amtsangemessenheit ihrer Alimentation nicht mehr selbstverständlich davon ausgegangen werden kann, die Alimentation übersteige regelmäßig das nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 5 GG gebotene Besoldungsniveau und enthalte insoweit Spielräume für Kürzungen im Beihilfebereich (so noch BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2003 - 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 ≪281≫).
Rz. 15
Will der Landesgesetzgeber - wie hier - der Notwendigkeit einer von ihm zu verantwortenden Entscheidung dadurch Rechnung tragen, dass er die Verwaltung ermächtigt, den Beihilfeausschluss oder die Beihilfebeschränkung durch Landesverordnung zu regeln, ist hierfür erforderlich, dass das Landesgesetz eine gemessen an dem auch von dem Landesgesetzgeber (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 1986 - 2 BvL 7/84 u. a. - BVerfGE 73, 388 ≪400≫ m. w. N.) zu beachtenden Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG hinreichend konkrete Verordnungsermächtigung enthält, die den Leistungsausschluss oder die Leistungsbeschränkung inhaltlich deckt. Nach dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG darf der Gesetzgeber zwar nur dann einen Teil der Gesetzgebungsmacht an die Exekutive übertragen, wenn er die Grenzen dieser Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm so genau umrissen hat, dass schon aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Adressaten gegenüber zulässig sein soll. Der Bestimmtheitsgrundsatz zwingt jedoch nicht dazu, die Ermächtigung in ihrem Wortlaut so genau wie nur irgend möglich zu formulieren und zu fassen. Eine Ermächtigungsnorm hält grundsätzlich auch dann der verfassungsrechtlichen Prüfung am Maßstab des Bestimmtheitsgebots stand, wenn sich die verfassungsrechtlich geforderte Bestimmtheit durch Auslegung nach den allgemeingültigen Auslegungsmethoden ermitteln lässt. Zur Klärung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung können - wie auch sonst bei der Auslegung einer Vorschrift - der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, berücksichtigt sowie die Entstehungsgeschichte der Norm herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 5 C 17.16 - BVerwGE 161, 105 Rn. 17 f. m. w. N.).
Rz. 16
b) Den Anforderungen, die danach an eine gesetzliche Ermächtigung zur Regelung einer besoldungsgruppenabhängigen Kostendämpfungspauschale durch Rechtsverordnung zu stellen sind, genügt § 78 Abs. 2 Satz 3 LBG BW mit der Formulierung "zumutbarer Selbstbehalte" nicht (aa), deren näherer Bedeutungsgehalt auch nicht durch die vom Gesetzgeber selbst getroffene Regelung über die Kostendämpfungspauschale in § 15 Abs. 1 BVO BW erschlossen werden kann (bb).
Rz. 17
aa) Die in § 78 Abs. 2 Satz 3 LBG BW enthaltene Formulierung "zumutbarer Selbstbehalte" gibt weder vor, welchen konkreten Rahmen die Eigenbeteiligung der Beamten nicht überschreiten darf, noch ob sowie gegebenenfalls nach welchen Gesichtspunkten die Kostendämpfungspauschale der Höhe nach gestaffelt werden muss.
Rz. 18
Seinem Wortlaut nach erfasst ein "Selbstbehalt" einen Eigenanteil an Kosten, den der Beihilfeberechtigte selbst tragen muss und der sich sowohl daraus ergeben kann, dass bestimmte Aufwendungen nur hinsichtlich eines Teilbetrages überhaupt erstattungsfähig sind (Frage der Beihilfefähigkeit), als auch, dass von dem (errechneten) Erstattungsbetrag ein bestimmter Eigenanteil abgezogen wird (Frage der Bemessung der Beihilfe). Binnensystematisch ergibt sich hier allerdings eindeutig, dass die "Selbstbehalte" die Bemessung der Beihilfe und damit die Rechtsfolgenseite betreffen. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LBG BW soll die Rechtsverordnung bestimmen, wie die Beihilfe nach Maßgabe der Sätze 3 bis 6 zu bemessen ist, weshalb sich der Satz 3 der Vorschrift auf die Bemessung der Beihilfe bezieht. Diese setzt gedanklich voraus, dass ein zur Beihilfegewährung führender Tatbestand erfüllt und ein Anspruch auf Beihilfegewährung in bestimmter Höhe entstanden ist (BVerwG, Urteil vom 28. März 2019 - 5 C 4.18 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 56 Rn. 14). Hiervon ausgehend hat der Senat in dem genannten Urteil bereits entschieden, dass die in Satz 3 und 4 genannte "Eigenvorsorge" ausschließlich die Rechtsfolgenseite betrifft. Dies gilt auch für die in Satz 3 im selben Zusammenhang erwähnten "Selbstbehalte". Die Gesetzeshistorie stützt dieses Verständnis. Das Landesbeamtengesetz erwähnt "zumutbare Selbstbehalte" erstmals in § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 Halbs. 2 LBG BW in der Fassung des Gesetzes vom 3. Februar 1986 (GBl. S. 21). Die zugehörige Gesetzesbegründung beschreibt sie als "jährlichen Abzugsbetrag von der Beihilfe" (LT-Drs. 9/2434 S. 9). § 101 LBG BW a. F. wurde zum 1. Januar 2011 inhaltlich unverändert in § 78 LBG BW übernommen (LT-Drs. 14/6694 S. 441).
Rz. 19
Das Adjektiv "zumutbar" beschreibt dem Wortlaut nach, dass die finanzielle Belastung für den Beamten tragbar sein muss. Maßstab hierfür ist nach der Gesetzessystematik sowie nach Sinn und Zweck der Regelung der verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Fürsorgeanspruch des Beamten. Der Dienstherr muss danach dafür Sorge tragen, dass der Beamte nicht infolge Krankheit, Geburt, Pflege oder Tod mit Aufwendungen belastet bleibt, die er aus seiner Alimentation und (zumutbarer) Eigenvorsorge nicht tragen kann (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2013 - 5 C 32.12 - BVerwGE 148, 106 Rn. 24 und vom 26. März 2015 - 5 C 9.14 - BVerwGE 151, 386 Rn. 36). Daher sind auch andere Begrenzungen des Beihilfeanspruchs, die sich etwa durch Einschränkungen der Beihilfefähigkeit, von Beihilfeausschlüssen oder den Bemessungssätzen ergeben, in einer Gesamtschau in den Blick zu nehmen. Unter Berücksichtigung derartiger weiterer Einschränkungen überschreiten Selbstbehalte für krankheitsbedingte Aufwendungen die Grenze der Zumutbarkeit, wenn der Anspruch auf amtsangemessene Alimentation nicht mehr gewahrt wird, wohingegen unterhalb dieser Schwelle liegende Selbstbehalte zumutbar sind. Da der Anspruch auf amtsangemessene Alimentation grundsätzlich im Jahreseinkommen seine Bezugsgröße findet, bezieht sich auch die Zumutbarkeit von Selbstbehalten hierauf und nicht - wie der Kläger meint - lediglich auf das im jeweiligen Abzugsmonat erzielte Einkommen. Ferner ist entgegen der Auffassung des Beklagten die Höhe der Selbstbehalte insgesamt maßgeblich und nicht der (niedrigere) Betrag, um den der Selbstbehalt (hier durch die Anhebung der streitigen Kostendämpfungspauschale) erhöht worden ist, da sinnvollerweise nur die Gesamthöhe in die erforderliche Gesamtschau der Begrenzung des Beihilfeanspruchs einfließen kann.
Rz. 20
Ein darüber hinausgehender Bedeutungsinhalt ist dem Merkmal "zumutbar" jedoch nicht zu entnehmen. Insbesondere bildet es keinen durch absolute Beträge oder hinreichend bestimmte relative Werte gekennzeichneten und vom Gesetzgeber verantworteten konkreten Rahmen für noch zulässige Selbstbehalte. Vielmehr enthält das Merkmal letztlich nur den an die Verwaltung gerichteten selbstverständlichen Auftrag, eine rechtmäßige Regelung zu treffen. Der Sache nach bleibt es der Verwaltung überlassen, ohne hinreichend bestimmte gesetzliche Vorgaben durch Rechtsverordnung Selbstbehalte festzulegen, von denen sie annimmt, dass deren Abzug den Anspruch auf amtsangemessene Alimentation noch wahrt.
Rz. 21
Der Begriff der Zumutbarkeit schreibt - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs und des Beklagten - auch nicht notwendig eine Staffelung der Selbstbehalte nach Besoldungsgruppen vor. Die Verordnungsermächtigung erlaubt zwar eine Staffelung, die sich an der durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Besoldungsgruppe gekennzeichneten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beamten ausrichtet. Sie legt eine solche Staffelung aber nicht selbst zwingend fest. Vielmehr ermöglicht sie auch einen für alle Besoldungsgruppen einheitlichen Abzugsbetrag. Ein für untere Besoldungsgruppen zumutbarer Selbstbehalt ist für hohe und höchste Besoldungsgruppen nicht unzumutbar, wenn er für diese in gleicher Höhe erhoben wird. Dementsprechend wurde die Verordnungsermächtigung, die erstmals durch das Gesetz vom 3. Februar 1986 in § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBG BW aufgenommen wurde und unverändert seit 2011 in § 78 Abs. 2 Satz 3 LBG BW geregelt ist, in der Praxis des Landes Baden-Württemberg auch unterschiedlich umgesetzt: Die gesetzliche Regelung fand einen in Art. 2 der Sechsten Verordnung des Finanzministeriums zur Änderung der Beihilfeverordnung vom 16. Februar 1982 (GBl. S. 52) geregelten, nach Besoldungsgruppen gestaffelten Abzugsbetrag vor. Diesen schaffte § 19 Abs. 3 der Beihilfeverordnung vom 12. März 1986 (GBl. S. 67) zum 1. Januar 1988 vollständig ab. Art. 1 Nr. 10 Buchst. c) der Verordnung des Finanzministeriums zur Änderung der Beihilfeverordnung vom 22. Oktober 1990 (GBl. S. 335) führte mit Wirkung vom 1. Januar 1991 wieder eine Kostendämpfungspauschale ein. Der neu eingefügte § 15 Abs. 3 BVO BW legte eine für alle Besoldungsgruppen in gleicher Höhe geltende Kostendämpfungspauschale von 50 DM fest. Hierbei verblieb es über einen Zeitraum von gut dreizehn Jahren. Erst die durch Art. 10 Nr. 4 des Haushaltsstrukturgesetzes 2004 vom 17. Februar 2004 (GBl. S. 66) neu gefasste Regelung des § 15 Abs. 1 BVO BW führte mit Wirkung vom 1. April 2004 wieder eine besoldungsgruppenabhängige Kostendämpfungspauschale ein, die seither zweimal (durch Art. 3 Nr. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 2012 vom 14. Februar 2012 ≪GBl. S. 25≫ und durch Art. 9 Nr. 3 des Haushaltsbegleitgesetzes 2013/2014) angehoben wurde.
Rz. 22
bb) Allein der Umstand, dass der parlamentarische Gesetzgeber die fragliche Änderung der Beihilfeverordnung selbst durch formelles Gesetz erlassen hat, genügt - wie der Verwaltungsgerichtshof insoweit zutreffend entschieden hat - nicht den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts (BVerwG, Urteil vom 28. März 2019 - 5 C 4.18 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 56 Rn. 10). Der Gesetzgeber begibt sich bei der Änderung einer Rechtsverordnung selbst auf die Stufe des Verordnungsgebers und das entstehende Gesamtgebilde ist insgesamt als Verordnungsrecht zu qualifizieren (BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 ≪234 ff.≫). Deshalb ist es hier ohne Belang, dass der Gesetzgeber selbst dreimal, nämlich durch das Haushaltsstrukturgesetz 2004 und die Haushaltsbegleitgesetze 2012 und 2013/2014 die für die Kostendämpfungspauschale maßgeblichen Regelungen in § 15 Abs. 1 BVO BW getroffen hat.
Rz. 23
Der Bedeutungsgehalt "zumutbarer Selbstbehalte" in § 78 Abs. 2 Satz 3 LBG BW erschließt sich auch nicht durch den Rückgriff auf die in § 15 Abs. 1 BVO BW getroffenen Regelungen zur Kostendämpfungspauschale. Dies scheidet grundsätzlich aus, weil auch eine durch formelles Gesetz geänderte Rechtsverordnung einheitlich als Verordnungsrecht zu qualifizieren ist (BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 ≪234 ff.≫) und als rangniedrigere Vorschrift grundsätzlich nicht zur Auslegung des Inhalts einer ranghöheren Vorschrift herangezogen werden kann. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass in der beihilferechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bislang angenommen worden ist, ein Rückgriff auf eine Rechtsverordnung zur Auslegung der Verordnungsermächtigung könne in Betracht kommen, wenn Verordnung und Verordnungsermächtigung vom parlamentarischen Gesetzgeber in einem Rechtsakt ("uno actu") geändert worden seien (BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 17 und Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 B 92.09 - juris Rn. 8). Es erscheint zweifelhaft, ob hieran angesichts dessen festzuhalten ist, dass sich der Gesetzgeber bei der Änderung einer Rechtsverordnung selbst auf die Stufe des Verordnungsgebers begibt und das entstehende Gesamtgebilde einheitlich als Verordnungsrecht zu qualifizieren ist (BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 ≪234 ff.≫). Dieser Einordnung könnte es widersprechen, wenn auf den Inhalt der Verordnung zur Bestimmung des Inhalts der gesetzlichen Verordnungsermächtigung zurückgegriffen würde, weil dann die Verordnung der Sache nach wie ein formelles Gesetz behandelt würde. Dies bedarf hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn ein solcher Fall ("uno actu") liegt hier nicht vor. Zwar haben sowohl Art. 1 Nr. 1 des Haushaltsstrukturgesetzes 2004, Art. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 2012 und Art. 12 des Haushaltsbegleitgesetzes 2013/2014 Änderungen in § 101 LBG BW a. F. und § 78 LBG BW vorgenommen. Diese Änderungen betrafen jedoch nicht das Merkmal der "zumutbaren Selbstbehalte" und damit nicht den hier in Rede stehenden Regelungsgehalt der Verordnungsermächtigung.
Rz. 24
Dieses Merkmal ist auch nicht deshalb im Sinne einer besoldungsgruppenabhängigen Kostendämpfungspauschale zu verstehen, weil der Gesetzgeber bei seiner Einführung in § 101 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 LBG BW durch das Gesetz vom 3. Februar 1986 eine bereits seit 1982 bestehende Regelung in der Beihilfeverordnung über einen nach Besoldungsgruppen gestaffelten Abzugsbetrag vorgefunden hat. Insoweit fehlt es jedenfalls an dem nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen beiden Regelungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 2009 - 2 C 27.08 - juris Rn. 11 und Beschluss vom 16. März 2017 - 5 B 57.15 - juris Rn. 3). Es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesetzgeber seinerzeit die Regelung der Beihilfeverordnung zur Kostendämpfungspauschale zu eigen gemacht hat. Selbst wenn man dies annehmen wollte, fehlte es jedenfalls an einer die in § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW genannten Beträge deckenden Regelung.
Rz. 25
c) Mangels einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die auch nicht nachgeschoben werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2023 - 2 C 18.21 - NVwZ 2023, 1423 Rn. 16), ist die hier streitige Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW über die Kostendämpfungspauschale unwirksam. Soweit der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 2018 hinsichtlich des Abzugs einer Kostendämpfungspauschale in Höhe von 225 € in Bestandskraft erwachsen ist, verbleibt es hierbei. Der darüber hinausgehende Abzug einer Kostendämpfungspauschale ist jedoch nicht gerechtfertigt, weshalb der Kläger Anspruch auf Bewilligung weiterer Beihilfe in Höhe von insgesamt 100 € hat.
Rz. 26
3. Da § 78 Abs. 2 Satz 3 LBG BW mit der Bestimmung "zumutbarer Selbstbehalte" keine ausreichende Verordnungsermächtigung für die Einführung einer Kostendämpfungspauschale mit nach Besoldungsgruppen gestaffelter Höhe darstellt, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Festlegung einer beihilferechtlichen Kostendämpfungspauschale den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts namentlich zum Besoldungsrecht (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 - BVerfGE 155, 1 Rn. 96 ff. m. w. N.; zur Parteienfinanzierung BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2023 - 2 BvF 2/18 - BVerfGE 165, 206 Rn. 128 ff.) entwickelten prozeduralen Begründungspflichten genügen muss. Dagegen mag angeführt werden, dass der Gesetzgeber bei der konkreten Ausgestaltung des im Fürsorgeprinzip verankerten Beihilfesystems keinen Bindungen durch das Alimentationsprinzip unterliegt (BVerwG, Urteile vom 20. März 2008 - 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 23 und vom 13. Dezember 2012 - 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 25 f.). Dessen ungeachtet könnte das ausnahmsweise Bestehen prozeduraler Begründungspflichten für die Regelung beihilferechtlicher Kostendämpfungspauschalen zu erwägen sein, weil diese eine besondere inhaltliche Nähe zu Besoldungsregelungen und damit zur Amtsangemessenheit der Besoldung aufweisen. Sofern solche Begründungspflichten anzunehmen wären, wären sie vom Gesetzgeber, der eine Kostendämpfungspauschale durch Parlamentsgesetz einführt oder ändert oder zum Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung ermächtigt, selbst zu erfüllen, nicht jedoch von der Exekutive, die eine den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügende gesetzliche Ermächtigung im Verordnungswege inhaltlich ausfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2016 - 2 B 5.16 - juris Rn. 14).
Rz. 27
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.
Fundstellen
NVwZ 2024, 8 |
ZBR 2024, 346 |
ZTR 2024, 540 |
DÖV 2024, 886 |
JZ 2024, 428 |
VR 2024, 324 |
DVBl. 2024, 3 |
KommJur 2024, 6 |
RdW 2024, 402 |