Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfreiheit. Katasteramt. Auskunft. Vergewisserungsverfahren. Voreigentümernachweis. Verwaltungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Weder in direkter noch in analoger Anwendung folgt aus § 38 Abs. 1 VermG eine sachliche Kostenfreiheit für das Einholen von Auskünften eines Katasteramtes.
Normenkette
VermG § 38 Abs. 1, §§ 27, 3 Abs. 5; AusglLeistG § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG für das Land Brandenburg (Urteil vom 08.12.2004; Aktenzeichen 3 A 66/02) |
VG Potsdam (Urteil vom 06.12.2001; Aktenzeichen 10 K 6147/97) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 8. Dezember 2004 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Erhebung von Verwaltungsgebühren für eine Auskunft des Katasteramtes.
Die Klägerin – eine juristische Person des Privatrechts – ist von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben mit der Privatisierung land- und forstwirtschaftlicher Flächen betraut. Sie führt das Verfahren nach der Flächenerwerbsverordnung durch, das dem bevorrechtigten Verkauf von Grundstücken an Berechtigte des Ausgleichsleistungsgesetzes dient.
Bei den zu privatisierenden Grundstücken handelt es sich um Flächen, die im Beitrittsgebiet in der Zeit von 1945 bis 1949 auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entschädigungslos enteignet wurden und in Volkseigentum übergingen. Das Eigentum an ihnen erwarb die Klägerin zum 1. Januar 1996 von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben.
Am 1. Juli 1997 bat die Klägerin das Kataster- und Vermessungsamt des Beklagten um die Übersendung von Nachweisen zu den Voreigentümern für insgesamt 113 Flurstücke der Gemarkung W… Der Beklagte kam dem nach und machte mit Kostenbescheid vom 17. September 1997 für seine Tätigkeit Verwaltungsgebühren in Höhe von 4 520 DM geltend.
Der Berechnung wurde die Tarifstelle 2.3.2 der Gebührenordnung für die Kataster- und Vermessungsbehörden im Land Brandenburg (VermGebO) vom 28. Januar 1993, in der maßgebenden Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung vom 10. Mai 1997 zugrunde gelegt. Danach ist für schriftliche Auskünfte in sonstigen Fällen eine Zeitgebühr zu erheben. Je Flurstück ging der Beklagte von einem Arbeitsaufwand von 30 Minuten aus, den er mit dem Halbstundensatz der Tarifstelle 1.2.2 von 40 DM multiplizierte. Die Gebühren wurden sofort fällig gestellt, zur Zahlung eine Frist von 28 Tagen gesetzt.
Am 20. Oktober 1997 legte die Klägerin erfolglos Widerspruch gegen den Bescheid ein.
Ihre auf Aufhebung des Kosten- und des Widerspruchsbescheides gerichtete Klage hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, aus § 6 Abs. 1 Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG) und § 38 Abs. 1 Vermögensgesetz (VermG) ergebe sich, dass die Erteilung von Negativattesten nach § 3 Abs. 5 VermG zu den kostenfreien Verwaltungsverfahren gehöre. Hiervon gehe auch die höchstrichterliche Rechtsprechung aus. Die Einholung von Katasterauskünften sei Bestandteil des Vergewisserungsverfahrens nach § 3 Abs. 5 VermG. Für die Erteilung des Negativattestes genüge es nicht, dass bei den Vermögensämtern kein Restitutionsantrag verzeichnet sei. Vielmehr bestünden diese zusätzlich auf der Vorlage einer lückenlosen Eigentümerrückverfolgung durch die Klägerin. Hierfür seien die Katasterunterlagen unabdingbar. Unabhängig hiervon habe der Beklagte die Höhe der Gebühren fehlerhaft ermittelt. Entgegen seiner Behauptung lege er nicht den tatsächlichen Arbeitsaufwand zugrunde. Er erhebe vielmehr eine pauschale Gebühr je Flurstück.
Dem hat der Beklagte mit der Begründung widersprochen, die Kostenfreiheit des § 38 Abs. 1 VermG beziehe sich nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht auf die katasterrechtlichen Verfahren. Auch sei die Höhe der Gebühren zutreffend festgesetzt worden. Der Zeitaufwand habe bei keinem der Flurstücke mehr als eine halbe Stunde betragen.
Mit Urteil vom 6. Dezember 2001 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin unterliege zwar keiner persönlichen oder sachlichen Gebührenfreiheit. Für die vom Beklagten ausgeführten Amtshandlungen existiere allerdings in der anwendbaren Gebührenordnung kein Tatbestand. Eine besondere Tarifstelle für Eigentümernachweise sehe die Gebührenordnung nicht vor. Deshalb komme ohnehin nur der Auffangtarif der Tarifstelle 2.3.2 in Betracht, wonach für alle sonstigen schriftlichen Auskünfte eine Verwaltungsgebühr zu erheben sei. Trotz des weiten Wortlautes der Tarifstelle fielen einfache schriftliche Auskünfte jedoch nicht hierunter. Dies ergebe sich aus der allgemeinen Bestimmung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg.
Nach vorausgegangenem, für den Beklagten erfolgreichen Zulassungsverfahren hat der Beklagte im nachfolgenden Berufungsverfahren seinen Rechtsstandpunkt vertieft und beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen ausgeführt, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kostenfreiheit der Verfahren nach § 3 Abs. 5 VermG sei auch auf die vorliegende Konstellation anzuwenden.
Mit Urteil vom 8. Dezember 2004 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Gebührenerhebung stehe eine aus dem Bundesrecht folgende Kostenfreiheit entgegen. In entsprechender Anwendung der bundesrechtlichen Regelung des § 38 Abs. 1 VermG sei von der Kostenfreiheit der Auskunft auszugehen, weil die Voreigentümernachweise der Erteilung eines Negativattestes nach § 3 Abs. 5 VermG dienten.
Eine direkte Anwendung des § 38 Abs. 1 VermG scheide aus, da er nur die im Vermögensgesetz selbst vorgesehenen behördlichen Verfahren erfasse. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fielen unter die Kostenfreiheit zwar auch vermögensrechtliche Annexverfahren, wie etwa das Vergewisserungsverfahren nach § 3 Abs. 5 VermG. Der Antrag beim Kataster- und Vermessungsamt stelle allerdings keinen unselbständigen Teil des Vergewisserungsverfahrens dar. Es handele sich vielmehr um ein selbständiges Verfahren einer organisatorisch vom Vermögensamt getrennten Behörde. Dies zeigten auch deutlich die Unterschiede in den anwendbaren verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen und bei den zuständigen Aufsichtsbehörden.
Ausgehend vom Normzweck sei § 38 Abs. 1 VermG aber analog anzuwenden. Das Vermögensgesetz diene dem Ziel, das Spannungsverhältnis zwischen Altberechtigten und jetzigem Verfügungsberechtigten zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Die Vergewisserungspflicht des Verfügungsberechtigten diene dem Schutz des Restitutionsberechtigten, indem sie auf die Sicherung von Restitutionsansprüchen abziele und insofern für den Verfügungsberechtigten fremdnützig sei. Deshalb sei die Kostenfreiheit auf die streitgegenständliche Auskunft auszudehnen. Da der Verfügungsberechtigte mit der Anfrage seiner Vergewisserungspflicht nachkomme, sei eine Kostenpflichtigkeit mit dem Gerechtigkeitsgedanken nicht zu vereinbaren.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision des Beklagten.
Der Beklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 8. Dezember 2004 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 6. Dezember 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Mit seiner Ansicht, dass bei der angefochtenen Gebührenfestsetzung nach dem Gebührengesetz für das Land Brandenburg aus dem Bundesrecht ein Fall der sachlichen Kostenfreiheit folgt, verletzt das Berufungsgericht Bundesrecht (1.).
Es erweist sich im Ergebnis auch nicht aus anderen Gründen als richtig, da sich aus sonstigen bundesrechtlichen Bestimmungen weder eine sachliche Kostenfreiheit noch allgemeine abgabenrechtliche Schranken gegen die Kostenpflichtigkeit der katasterrechtlichen Auskunft ergeben (2.).
Da das Berufungsgericht die materiellen Voraussetzungen der Gebührenfestsetzung nach dem Landesrecht nicht abschließend durchgeprüft hat, ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (3.).
1. Die entscheidungstragende Ansicht des Berufungsgerichts, dass die eine Gebührenpflicht der Klägerin begründenden Vorschriften des Landesrechts in Fällen der vorliegenden Art nicht herangezogen werden können, da sich die Kostenfreiheit aus einer entsprechenden Anwendung des § 38 Abs. 1 VermG ergibt (UA S. 9), entspricht nicht der Rechtslage.
Zwar ist dem rechtlichen Ansatz des Oberverwaltungsgerichts zu folgen, dass die eine Gebührenpflicht der Klägerin begründenden Vorschriften des Landesverwaltungskostenrechts nur herangezogen werden dürfen, wenn bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist. Denn das Landeskostenrecht ist dem Bundeskostenrecht nachgeordnet. Ist die Gebührenpflicht im Bundesrecht abschließend geregelt, so bleibt für die Anwendung landesrechtlicher Gebührenvorschriften kein Raum (vgl. Urteile vom 1. Dezember 1989 – BVerwG 8 C 14.88 – BVerwGE 84, 178 ≪180≫ = Buchholz 310 § 73 VwGO Nr. 31 und vom 23. April 1998 – BVerwG 3 C 56.96 – Buchholz 428 § 38 VermG Nr. 3).
Den Vorrang des Bundesrechts in diesen Fällen hat für den Bereich des brandenburgischen Landesgebührenrechts auch der Gesetzgeber des Landes Brandenburg ausdrücklich durch § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GebGBbg anerkannt, wonach dieses Gesetz nicht gilt, soweit Kosten Gegenstand besonderer Regelung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes sind, worunter nach der für die Auslegung des Landesrechts maßgeblichen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts auch Normen des Bundesrechts fallen.
Frei von Rechtsfehlern hat das Oberverwaltungsgericht eine unmittelbare Anwendung des § 38 Abs. 1 VermG für die Auskünfte der Katasterämter gegenüber der Klägerin verneint. Diese Norm regelt, dass “das Verwaltungsverfahren einschließlich des Widerspruchsverfahrens kostenfrei ist”. Aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung der Norm im Abschnitt VI des Vermögensgesetzes, der sich mit Verfahrensregelungen befasst, folgt, dass unter Verwaltungsverfahren das von den Vermögensämtern auf der Rechtsgrundlage des Vermögensgesetzes betriebene Verwaltungsverfahren zu verstehen ist. Neben dem Restitutionsverfahren im engeren Sinne gehören dazu auch alle im Vermögensgesetz vorgesehenen und seiner Durchführung dienenden “Annex-Verfahren” (vgl. Urteil vom 23. April 1998 – BVerwG 3 C 56.96 – a.a.O.). Dazu zählt auch das Vergewisserungsverfahren gemäß § 3 Abs. 5 VermG. Hintergrund ist dabei, dass die Normen des Vermögensgesetzes das Ziel haben, das Spannungsverhältnis zwischen Alteigentümer und jetzigem Verfügungsberechtigten zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen und deshalb eine ganzheitliche Betrachtung des Restitutionsverfahrens angebracht ist, wobei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf den engen Zusammenhang des Vergewisserungsverfahrens mit dem eigentlichen Restitutionsverfahren abgestellt worden ist (Urteil vom 23. April 1998 – BVerwG 3 C 56.96 – a.a.O.).
Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass das hier zu beurteilende Verwaltungshandeln kein unselbständiger Teil des Vergewisserungsverfahrens nach § 3 Abs. 5 VermG ist. Zu Recht hat es auf die Unterschiede in den verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen abgestellt, wonach die Fachaufsicht über die Landkreise und kreisfreien Städte als Katasterbehörden gemäß § 24 Abs. 1 des Vermessungs- und Liegenschaftsgesetzes Bbg der Minister des Innern führt und die Fachaufsichtsbehörden über die Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen der Zuständigkeiten für Verfahren nach dem Vermögensgesetz das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen und das Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg sind, wie sich aus § 3 der Vermögensgesetzdurchführungsverordnung vom 4. August 1991, GVBl S. 375, ergibt. Die Verwaltungstätigkeit der Katasterbehörden kann damit nicht als ein Verwaltungsverfahren im Sinne der §§ 30 ff. VermG angesehen werden.
Dies bestätigen auch die Gesetzesmaterialien. Nach dem Text der Erläuterungen zum Vermögensgesetz in der Unterrichtung durch die Bundesregierung (BTDrucks 11/7831 S. 16) betrifft § 38 Abs. 1 VermG nicht das Verwaltungshandeln anderer Behörden, zumindest soweit diese außerhalb des Vermögensgesetzes – wie hier – tätig werden.
Entgegen der Auffassung der Revision geht es bei dem in Streit stehenden Verwaltungshandeln um ein selbständiges Verfahren, das außerhalb des Vermögensgesetzes abläuft. Die Klägerin benötigt für ihre eigene Tätigkeit Auskünfte von dem Katasteramt, die sie genauso gut vom Grundbuchamt oder auch von den Vermögensämtern selbst, dann allerdings kostenpflichtig, hätte in Anspruch nehmen können.
Die Auskunft durch das Katasteramt beruht auf einem äußeren Anstoß, nämlich dem Antrag der Klägerin. Er steht in keinem notwendigen Zusammenhang zu einem konkreten vermögensrechtlichen Verwaltungsverfahren. Die begehrte Amtshandlung kann zwar für ein anderes Verwaltungsverfahren dienlich sein. Das verleiht ihr aber nicht den Charakter einer Unselbständigkeit. Denn hierzu sind in erster Linie verfahrensrechtliche Verbindungen zwischen den Tätigkeiten der verschiedenen Behörden, eine Einflussnahmemöglichkeit der federführenden Behörde und eine mangelnde Außenwirkung des Ergebnisses maßgebend (vgl. nur Stelkens/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, Rn. 117 f. zu § 9; auch Urteil vom 7. Februar 1986 – BVerwG 4 C 43.83 – Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 35). Davon ist bei einer Auskunft des Katasteramtes gegenüber der Klägerin aber nicht auszugehen. Diese wird unmittelbar der Klägerin als einer außerhalb der Katasterverwaltung stehenden Stelle erteilt und hat damit Außenwirkung.
Es gibt zudem keinerlei verfahrensrechtliche Verbindung zwischen der Auskunft und dem Vergewisserungsverfahren nach § 3 Abs. 5 VermG. Irgendeinen verwaltungsmäßigen Einfluss hat das Vermögensamt auf das Handeln des hier Auskunft erteilenden Katasteramtes nicht.
Das Oberverwaltungsgericht hat aber zu Unrecht eine analoge Anwendung des § 38 Abs. 1 VermG vorgenommen. Es hat die Voraussetzungen verkannt, unter denen ein Gericht zur analogen Anwendung einer Gesetzesvorschrift berechtigt ist. Eine solche kommt nur dann in Frage, wenn der zur Beurteilung stehende Sachverhalt mit dem vergleichbar ist, den der Gesetzgeber gerade geregelt hat. Dabei genügt es nicht, dass auf der Seite eines der Beteiligten das gleiche Interesse vorliegt, das der Gesetzgeber in einer einen anderen Fall betreffenden Gesetzesvorschrift schützen wollte. Denn bei einer solchen Betrachtungsweise würden die Interessen der anderen Beteiligten in ungebührlicher Weise vernachlässigt werden. Deshalb ist zu prüfen, ob der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der entsprechend anzuwendenden Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Ergebnis gekommen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1988 – IVa ZR 55/87 – BGHZ 105, 140 ≪143≫).
Ein solcher vergleichbarer Sachverhalt, der auf eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzgebers schließen lässt, liegt nicht vor. Das Vermögensgesetz ist nicht von einem allgemeinen Grundsatz der Kostenfreiheit etwaiger Verwaltungsverfahren vorgeprägt. Es gibt im Zusammenhang mit dem Vermögensgesetz verschiedene Rechtsvorschriften, die ausdrücklich die Kostenpflichten der Beteiligten begründen, so z.B. für die Erteilung des Investitionsvorrangbescheids (vgl. etwa Nr. 56 des Sechsten Sächsischen Kostenverzeichnisses vom 24. Oktober 2003, SächsGVBl S. 706) oder einer Grundstücksverkehrsgenehmigung (§ 9 der Grundstücksverkehrsordnung). Das spricht gegen eine Übertragung der für einen oder mehrere bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand. Aus dem systematischen Zusammenhang des Vermögensgesetzes folgt, dass der Gesetzgeber mit Bedacht für jeden einzelnen Regelungsbereich abschließende Entscheidungen zur Kostenpflichtigkeit oder Kostenfreiheit treffen wollte und sich dabei jeweils von der unterschiedlichen Interessenlage der Verfahrensbeteiligten leiten ließ.
Für das vorliegende Verwaltungsverfahren erweisen die Regelungen der Flächenerwerbsverordnung, dass eine allgemeine Kostenfreiheit nicht bezweckt war. Denn neben den Kosten der zivilrechtlichen Abwicklung, die der Erwerber zu tragen hat, kann sogar – im Unterschied zu § 34 Abs. 3 Satz 1 VermG – die Grunderwerbsteuer anfallen (§ 11 FlErwV). Für die Kostenpflichtigkeit spricht dabei entscheidend, dass die Beteiligten des Flächenerwerbsverfahrens nicht die Berechtigten im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG sein müssen und damit nicht das in einen angemessenen Ausgleich zu bringende Spannungsverhältnis zwischen Alteigentümer und jetzigem Verfügungsberechtigten angesprochen ist (vgl. Urteil vom 23. April 1998 – BVerwG 3 C 56.96 – a.a.O.). Die Grundstücksveräußerung an diese Beteiligten ist damit kein Akt einer Wiedergutmachung staatlichen Unrechts. Vielmehr zeigen sich hier deutliche Parallelen zum Investitionsvorranggesetz, das ebenso keine Befreiung von der Kostenpflicht vorsieht.
Wenn aber schon für die Verfahren nach § 3 des Ausgleichsleistungsgesetzes im Allgemeinen kein Grundsatz der Kostenfreiheit aufgestellt ist, gilt dies erst recht für die damit im Zusammenhang stehende selbständige Verwaltungstätigkeit der Katasterämter.
Zu Unrecht geht das Oberverwaltungsgericht von einer Kostenfreiheit aller Verwaltungsmaßnahmen aus, die in einem untrennbaren rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang zum vermögensrechtlichen Verfahren stehen. Mit diesem unbestimmten Merkmal ist eine nicht zu billigende ausufernde Anwendung des § 38 Abs. 1 VermG eröffnet. Bei den hier in Rede stehenden Auskünften und Auszügen aus amtlichen Datensammlungen wird dies besonders deutlich, da nahezu jede Behörde, Bibliothek oder jedes Archiv im Bundesgebiet über Informationen verfügt, die mit vermögensrechtlichen Verfahren in engen Zusammenhang gebracht werden können.
Gegen eine Analogiebildung zu § 38 Abs. 1 VermG spricht auch das bundesstaatliche Kompetenzgefüge. Eine Analogie findet dort ihre Grenze, wo der Gesetzgeber wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz gar keine Befugnis zur Schließung einer Regelungslücke hat. Für eine allgemeine Regelung der persönlichen oder sachlichen Kostenfreiheit, die üblicherweise Teil des materiellen Landeskostenrechts ist, fehlt dem Bund die Gesetzgebungskompetenz. Denn die Gesetzgebungsbefugnis zur Schaffung von Kostenregelungen wird allein als Annex zur Sachkompetenz vermittelt, wobei den Ländern das Kostenrecht selbst zusteht (vgl. Urteil vom 25. August 1999 – BVerwG 8 C 12.98 – BVerwGE 109, 272 ≪278≫ = Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 53; BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 1969 – 2 BvL 25, 26/64 – BVerfGE 26, 281, 297 ff.). Für eine Regelung der Kostenfreiheit als Teil des Katasterrechts mangelt es dem Bund aber von vornherein am materiellen Kompetenztitel für das Katasterrecht. Der vom Oberverwaltungsgericht zu Unrecht bejahte untrennbare Zusammenhang der Auskunft zum Verfahren nach dem Vermögensgesetz, der auf der Praxis der Vermögensämter beruhen soll, ändert an der fehlenden Kompetenz nichts. Denn die Praxis der Vermögensämter hat sich an der vorgegebenen Kompetenzzuordnung des Grundgesetzes zu orientieren.
Gegen einen Analogieschluss spricht schließlich, dass es an der vergleichbaren Interessenlage und damit an dem rechtsähnlichen Tatbestand fehlt. Mit § 38 Abs. 1 VermG verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Wiedergutmachung staatlichen Unrechts zu erleichtern. Deshalb sollen den Beteiligten die Kosten der Verfahren der Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen nicht auferlegt werden. Ein rechtsähnlicher Tatbestand fehlt aber gerade für die Anträge der Klägerin beim Kataster- und Vermessungsamt des Beklagten zum Nachweis der Voreigentümer. Ein entscheidender Unterschied, der mit der Wiedergutmachung staatlichen Unrechts nur am Rande etwas zu tun hat, liegt darin, dass hier kein eigennütziges Privatrechtsubjekt tätig wird, das fremdnützig ein Verwaltungshandeln der Katasterämter veranlasst. Aufgrund ihres öffentlich-rechtlichen Privatisierungsauftrages hat die Klägerin vielmehr die Position des Verfügungsberechtigten inne. Sie ist zur vollständigen Veräußerung der Flächen ermächtigt, für die das Negativattest und die Grundstücksverkehrsgenehmigung Voraussetzungen sind. Damit verfolgt die Klägerin keine vom Staat losgelösten Interessen. Das Eigentum ist der Klägerin im Grunde nur “pro forma” übertragen, damit sie die Privatisierungsverträge abwickeln kann. Das vom 3. Senat angeführte Spannungsverhältnis zwischen Alteigentümer und jetzigem Verfügungsberechtigten, das auszugleichen ist (Urteil vom 23. April 1988 – BVerwG 3 C 56.96 – a.a.O.), besteht mithin nicht. Die von der Klägerin verfolgten fiskalischen Interessen sind in diesem Zusammenhang nicht zu beachten, da sie gegenüber dem Ziel der Wiedergutmachung staatlichen Unrechts bedeutungslos sind.
Es kommt hinzu, dass die Klägerin in den Privatisierungsverfahren nicht ausschließlich die Stellung eines Verfügungsberechtigten genießt. Sie ist vielmehr die “Herrin” des in zivilrechtlicher Handlungsform ablaufenden Verfahrens und begehrt in dieser Form im vorliegenden Fall die Tätigkeit anderer Verwaltungsbehörden. Von daher greift der Schutzzweck des § 38 Abs. 1 VermG von vornherein nicht.
Bei der Tätigkeit des Katasteramtes handelt es sich auch nicht um eine Amtshilfe gegenüber dem Vermögensamt, die gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 VermG unentgeltlich durchzuführen wäre. Nach § 4 Abs. 1 VwVfG leistet jede Behörde anderen Behörden auf Ersuchen ergänzende Hilfe. Allerdings werden vom Begriff der Amtshilfe solche Handlungen ausgenommen, die der ersuchenden Behörde als eigene Aufgabe obliegen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG). Davon ist hier auszugehen. Denn die Aufgabe der Katasterämter erschöpft sich nicht in der Sammlung von Daten über Grundstücke und der Fortführung des Liegenschaftskatasters; vielmehr kann das mit dem Liegenschaftskataster verfolgte Ziel der Übereinstimmung des Grundbuchs mit anderen in öffentlichen Registern gesammelten Daten nur erreicht werden, wenn die im Katasteramt gespeicherten Daten weitergegeben werden. Deshalb macht die wesentliche Funktion des Katasters seine Benutzung durch andere Behörden aus, die im Wege der Einsicht, Auskunft oder Weitergabe von Auszügen geschieht. Die Übermittlung grundstücksbezogener Daten ist damit für das Katasteramt keine fremde Tätigkeit, die außerhalb des üblichen Aufgabenbereichs liegt. Auskünfte der Katasterämter an Vermögensämter stellen somit keine Maßnahmen der Amtshilfe dar (vgl. auch Niebur, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 27 Rn. 8).
2. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts stellt sich nicht deshalb als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil eine sachliche Kostenfreiheit auch nicht aus einer Anwendung des § 38 Abs. 1 VermG über § 6 Abs. 2 des Ausgleichsleistungsgesetzes folgt. Eine vom Berufungsgericht erwogene, aber letztlich nicht entschiedene Anwendung des § 38 Abs. 1 VermG über den Verweis in § 6 Abs. 2 AusglLeistG scheidet aus. Wollte man mit der Klägerin von einem unselbständigen Annex-Verfahren ausgehen, so würde die streitgegenständliche Auskunft einen Teilakt des Verfahrens nach dem Ausgleichsleistungsgesetz bilden, da die Kenntnis über die Voreigentümer für die Anwendung dieses Gesetzes erhebliche Bedeutung besitzt und die Klägerin daher regelmäßig über die Einholung des Negativattestes hinaus auf sie angewiesen ist. Zu Recht hat aber das Oberverwaltungsgericht bei seinen Überlegungen dem § 6 Abs. 2 AusglLeistG keinen Verweis auf § 38 Abs. 1 VermG entnommen, soweit es um ein Flächenerwerbsverfahren nach § 3 AusglLeistG geht. Dies folgt für die gegenwärtige Fassung dieser Norm schon aus dem Wortlaut. Die hier anzuwendende frühere Fassung hatte demgegenüber, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, keinen anderen materiellen Gehalt. Für das hier in Rede stehende Verfahren des Flächenerwerbs nach § 3 AusglLeistG ist von vornherein eine Einschränkung der entsprechenden Geltungsanordnung in § 6 Abs. 2 AusglLeistG angebracht. Denn dieses Verfahren ist der Klägerin als juristischer Person des Privatrechts übertragen und wird vollständig zivilrechtlich abgewickelt (Beschluss vom 15. November 2000 – BVerwG 3 B 10.00 – Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 286). Soweit damit überhaupt eine öffentlich-rechtliche Entscheidung für die Anwendung des § 3 AusglLeistG vorgreiflich ist, ist diese vom zuständigen Vermögensamt bereits getroffen und dem bei der Klägerin stattfindenden Verfahren zugrunde gelegt. Die Erwerbsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 bis 4 AusglLeistG sind von einem vermögensrechtlichen Entschädigungstatbestand unabhängig (BVerfG, Beschluss vom 21. Mai 1996 – 1 BvR 1408/95 – BVerfGE 94, 334 ≪349≫). Wenn aber das Verfahren vor der Klägerin allein privatrechtlicher Art ist, erscheint die Anwendung der Verfahrensregelung des Vermögensgesetzes fern liegend. Im Übrigen spricht auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes gegen eine entsprechende Anwendung des § 38 Abs. 1 VermG über § 6 Abs. 2 AusglLeistG. Die Gesetzesänderung hat nach der Begründung des Gesetzentwurfs nur deklaratorische Bedeutung. Sie soll nur der Klarstellung dienen, dass das Vermögensgesetz für die Durchführung der §§ 3, 3a und 4 Abs. 3 AusglLeistG nicht gilt (BTDrucks 14/1932 S. 17).
Einer Kostenpflichtigkeit der vorliegenden katasterrechtlichen Auskunft steht auch sonstiges Bundesrecht nicht entgegen. Insbesondere bestehen aus dem Abgabenrecht des Bundes keine Bedenken gegen eine Kostenpflicht. Die Vermittlung eines konkreten Vorteils ist keine verfassungsrechtlich gebotene Voraussetzung der Gebührenerhebung (Urteile vom 25. August 1999 – BVerwG 8 C 12.98 – BVerwGE 109, 272 = Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 35 und vom 22. Oktober 1992 – BVerwG 3 C 2.90 – BVerwGE 91, 109 ≪112≫ = Buchholz 442.16 § 29d StVZO Nr. 2). Es genügt für die Rechtfertigung einer Gebühr allein die individuelle Verantwortlichkeit des Gebührenschuldners für die entstandenen Kosten der Verwaltung. Diese Verantwortlichkeit ist bei der Klägerin gegeben. Sie hat beim Beklagten mit ihrem Begehren auf Auskunft eine Verwaltungstätigkeit in Gang gesetzt, die individuell zurechenbare Kosten verursacht hat.
3. Da das Berufungsgericht die gesetzlichen Voraussetzungen des im Landesrecht geregelten Gebührentatbestandes bisher nicht abschließend überprüft hat, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat sich insbesondere nicht mit der irrevisiblen Frage auseinander gesetzt, ob nach der Änderung der Gebührenordnung die Tarifstelle 2.3.2 VermGebO eine von der allgemeinen Gebührenfreiheit des § 7 Abs. 1 Nr. 1 GebGBbg abweichende Regelung für einfache schriftliche Auskünfte trifft und ob es sich bei den der Klägerin erteilten um solche handelt.
Gegebenenfalls wird im Berufungsverfahren zusätzlich zu klären sein, ob der vom Beklagten bisher nicht dargelegte konkret benötigte Zeitaufwand für die Erstellung der Auskünfte im Rahmen der Tarifstelle 2.3.2 VermGebO eine Rolle spielt. Nicht auszuschließen ist dabei, dass die vom Beklagten geübte Pauschalisierung zu rechtfertigen wäre, falls sich im Rahmen einer etwaigen Beweisaufnahme der zu ermittelnde notwendige Zeitaufwand nicht feststellen ließe. Diese Fragen beurteilen sich nach dem irrevisiblen Landesrecht.
Unterschriften
Gödel, Dr. Pagenkopf, Golze, Dr. von Heimburg, Postier
Fundstellen