Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 24.11.2005; Aktenzeichen 12 S 396/05) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 24. November 2005 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob einem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung entgegensteht, dass er im Jahr 2001 eine “Selbsterklärung: ‘Auch ich bin ein PKK'ler’” unterschrieben hat.
Der 1955 geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, reiste 1995 in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde – nach ursprünglicher Ablehnung seines Asylantrages, in dem er angegeben hatte, der Guerilla der PKK Hilfe geleistet zu haben – auf der Grundlage eines entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Urteils 1996 als Asylberechtigter anerkannt. Seit dem 18. Februar 1997 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.
Am 9. Juli 2001 unterzeichnete er unter Angabe seiner Anschrift folgende Erklärung:
“Selbsterklärung: ‘Auch ich bin ein PKK'ler’
Da dem kurdischen Volk selbst das elementare Lebensrecht vorenthalten wurde, blieb ihm keine andere Wahl als der Griff zu den Waffen. Nach über zwanzig Jahren Krieg, wurde von unserer nationalen Führung, Abdullah Öcalan, ein strategischer Wechsel eingeleitet. Seit zwei Jahren kämpft unsere Partei mit ausschließlich politischen Mitteln für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage. Auf der Grundlage dieser neuen Strategie durchlebt die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) eine umfassende Erneuerung. Zu einer Lösung fest entschlossen, hat sie ihre politischen Aktivitäten entgegen aller Widerstände weiterentwickelt, ohne den legalen Rahmen zu verlassen.
Auch wenn in geografischer Hinsicht die kurdische Frage im Mittleren Osten entstanden ist, ist sie aufgrund ihrer historischen, politischen und internationalen Verbindung, dennoch ein Problem Europas, das auf seine Lösung wartet. So spielte Europa bei der Festlegung der Grenzen des Mittleren Ostens eine führende Rolle. Deshalb sieht sich nun Europa mit der Aufgabe konfrontiert, auch bei einer Lösung der dortigen Probleme seine Rolle zu spielen. Genau wie es mit der Entführung unseres Vorsitzenden im Rahmen eines internationalen Komplotts das Fehlen einer Lösungsperspektive zeigte, nutzt Europa auch heute nicht die Gelegenheit, die sich durch die PKK bietet.
Während die Mehrheit der europäischen Mitgliedsstaaten die Einhaltung der Kopenhagener Kriterien zur Vorrausetzung für die Aufnahme der Türkei in die Europäische Union macht, negieren sie gleichzeitig den nationalen und politischen Status der Kurden, die in Europa leben. So beharren insbesondere Deutschland und England gegenüber der PKK, als die legitime politische Vertretung des kurdischen Volkes, auf einer Politik der Verbote. Mit dieser destruktiven Haltung stellt sich Europa in den Kontext der gegen das kurdische Volk geführten Vernichtungs- und Verleugnungspolitik. Wie in der Vergangenheit so auch heute, setzt Europa seine negative Tradition fort. Dies stellt nichts anderes als eine Politik der Doppelmoral dar:
1. Auf dieser Grundlage erkläre ich als Angehöriger des kurdischen Volkes, dass ich die neue Linie der PKK teile, die seit zwei Jahren ihren politischen Kampf auf legaler Grundlage führt. Weiterhin erkläre ich mich der PKK zugehörig.
2. Ich rufe die europäischen Mitgliedsstaaten dazu auf, sich an den Maßstäben messen zu lassen, die sie gegenüber anderen Nicht-Mitgliedsstaaten anlegt. Außerdem rufe ich diese Staaten dazu auf, bezüglich den in Europa lebenden Kurden, den erklärten Kriterien eines Beitrittes zur Europäischen Union selbst gerecht zu werden. Deshalb fordere ich für das kurdische Volk die juristische Anerkennung der Rechte, die auch anderen Völkern zugestanden werden.
3. Weiterhin fordere ich die offizielle Anerkennung der kulturellen und politischen Werte, welche das kurdische Volk in einem großen Kampf geschaffen hat. In diesem Zusammenhang fordere ich die Achtung der nationalen und politischen Identität meines Volkes.
4. Ich unterstütze die Linie des demokratischen Kampfes der PKK, welche auch von ihrem 7. Kongress bestätigt wurde. In Anbetracht der Tatsache, dass die PKK in einem Zeitraum von zwei Jahren keine einzige Aktion unter Anwendung von Gewalt durchgeführt hat, fordere ich die Aufhebung sämtlicher Verbote, die sich gegenüber der PKK in Anwendung befinden.
5. Des Weiteren erkläre ich, dass die einzige Garantie für eine dauerhafte Lösung, die Freiheit unseres nationalen Führers, Abdullah Öcalan, und die Schaffung von Möglichkeiten für sein politisches Wirken sind. Deshalb fordere ich: ‘Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan’.
Hiermit erkläre ich, dass ich das gegen die PKK ausgesprochene Verbot und die strafrechtliche Verfolgung der Mitgliedschaft in der PKK sowie der strafrechtlichen Verfolgung der aktiven Sympathie für die PKK, auf das Schärfste verurteile. Weiterhin erkläre ich, dass ich dieses Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus ergibt.”
Zu den Umständen der Unterzeichnung erklärte der Kläger bei einem Gespräch mit Mitarbeitern des Beklagten, er sei beim Einkaufen von zwei ihm unbekannten Personen angesprochen worden, die ihm gesagt hätten, dass alle Kurden die Erklärung wegen der Menschenrechte unterschreiben sollten; mit der PKK habe dies nichts zu tun. Da er weder lesen noch schreiben könne, habe er nicht verstehen können, was er dort unterschrieben habe. Hätte er gewusst, dass es um die PKK ging, mit der er noch nie etwas zu tun gehabt habe und nichts zu tun haben wolle, hätte er nicht unterschrieben.
Ein gegen den Kläger durch die Staatsanwaltschaft eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz wurde nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt.
Die vom Kläger am 27. Februar 2002 beantragte Einbürgerung lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger habe mit der Unterzeichnung der Erklärung die PKK unterstützt und erfülle den Ausschlussgrund nach § 86 Nr. 2 AuslG (Bescheid vom 29. Oktober 2003). Im vorangegangenen Verwaltungsverfahren waren dem Kläger insbesondere seine Angaben im Asylverfahren vorgehalten worden, nach denen er und seine Familie seit Jahren die PKK unterstützt hätten und er in Deutschland an verschiedenen Demonstrationen und an einem Hungerstreik teilgenommen habe.
Mit der nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 13. April 2004) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er sei zwar Analphabet, verfüge aber über ausreichende mündliche Sprachkenntnisse. Von der Erklärung “Auch ich bin ein PKK'ler”, die er nicht habe lesen können, habe er sich distanziert.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe zwar keinen Anspruch auf Einbürgerung nach § 85 AuslG, da er nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge (§ 86 Nr. 1 AuslG), wozu auch die Fähigkeit zu schriftlichen Äußerungen gehöre. Doch stehe ihm ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung seines Einbürgerungsantrages im Rahmen des § 8 StAG zu, dessen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt seien. Das der Einbürgerungsbehörde eingeräumte Ermessen sei auch nicht von vornherein in der Weise reduziert, dass lediglich die Versagung der Einbürgerung in Betracht käme. Der Analphabetismus des Klägers stehe einer Ermessenseinbürgerung nicht entgegen; ob der Versagungsgrund des § 86 Nr. 2 AuslG vorliege und im Hinblick auf die PKK-Selbsterklärung ein Unterstützen von Bestrebungen im Sinne der Vorschrift anzunehmen sei, könne dahingestellt bleiben, denn es sei nicht auszuschließen, dass er sich glaubhaft von der Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt habe. Der Sachverhalt sei von der Behörde jedenfalls noch nicht ausreichend aufgeklärt worden; insbesondere sei offen, ob die exilpolitischen Tätigkeiten des Klägers “PKK-gesteuert” gewesen seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung des Beklagten im Urteil vom 24. November 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Es könne offen bleiben, ob ein Anspruch auf Einbürgerung bereits daran scheitere, dass der Kläger als Analphabet nicht über die erforderlichen Deutschkenntnisse verfüge, da der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG bejaht werden könne. Die Unterzeichnung der so genannten PKK-Selbsterklärung sei eine Unterstützungshandlung im Sinne der genannten Vorschrift, weil sie für die PKK objektiv vorteilhaft gewesen sei. Unerheblich sei hierbei, ob er sich der Bedeutung der Erklärung bewusst gewesen und durch die Unterschriftensammler hinsichtlich des Inhalts der Erklärung getäuscht worden sei.
§ 11 Satz 1 Nr. 2 StAG verlagere den Sicherheitsschutz weit in Handlungsbereiche vor, die strafrechtlich noch nicht beachtlich seien und für sich betrachtet noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellten. Einbürgerungsschädlich seien damit jedenfalls solche Unterstützungshandlungen, die objektiv strafbar seien. Der Kläger habe auch nicht i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG glaubhaft machen können, sich von der früheren Unterstützung der durch diese Vorschrift inkriminierten Bestrebungen abgewandt zu haben. Seine Erklärungen, vom Inhalt der so genannten PKK-Selbsterklärung und dem Zusammenhang mit der Identitätskampagne der PKK nichts gewusst zu haben, noch nie etwas mit der PKK zu tun gehabt zu haben und sich völlig von dieser Partei zu distanzieren, seien vor dem Hintergrund seiner Angaben im Asylverfahren und im Klageverfahren nicht glaubhaft. Auch eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG komme nicht in Betracht, denn im Regelfall sei eine Versagung der Ermessenseinbürgerung jedenfalls im Falle des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 oder 3 StAG als gesetzlich gewollt anzusehen. Eine atypische Situation, die eine Ausnahme nahelegen könnte, sei nicht gegeben.
Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Einbürgerung, hilfsweise die Zurückweisung der Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil. Er macht geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht nicht überprüft, ob er in der Lage sei, einen deutschsprachigen Text des täglichen Lebens zu lesen und deutsch zu diktieren oder das von Dritten oder mit technischen Hilfsmitteln Geschriebene auf seine Richtigkeit zu überprüfen und somit die schriftliche Äußerung als seine eigene zu tragen. Tatsächlich erfülle er diese Voraussetzungen. Den Anschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 bzw. 2 StAG habe das Berufungsgericht zu Unrecht bejaht.
Der Beklagte und die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht verteidigen das Berufungsgericht.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne einer Zurückverweisung an die Vorinstanz begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage unter Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) entscheidungstragend mit der fehlerhaften Begründung abgewiesen, für die Bewertung der Unterschriftsleistung des Klägers als Anspruchsausschlussgrund i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG sei unerheblich, ob der Kläger sich der Bedeutung der Erklärung bewusst gewesen sei, denn auf die innere Einstellung des Einbürgerungsbewerbers komme es nicht an. Ob einer Einbürgerung des Klägers – sei es nach § 10 oder nach § 8 StAG – nach § 11 Satz 1 Nr. 1 bzw. 2 StAG hindernd entgegensteht, dass er die PKK unterstützt hat und Analphabet ist, kann auf der Grundlage des bisher ermittelten Sachverhalts nicht abschließend beurteilt werden, so dass die Sache zur weiteren Sachverhaltsfeststellung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Im Revisionsverfahren wird vorrangig darum gestritten, ob dem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung der Hinderungsgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entgegensteht; außerdem ist von Bedeutung, ob dem Kläger, der sich selbst als Analphabeten bezeichnet, nicht ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache entgegengehalten werden können.
1. Nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG besteht ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG u.a. dann nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
Zur Handhabung dieser Vorschrift im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der “Selbsterklärung: ‘Auch ich bin ein PKK'ler’” hat der erkennende Senat in seinem gleichzeitig ergehenden – zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehenen – Urteil vom 22. Februar 2007 (betreffend das Verfahren BVerwG 5 C 20.05) folgende Maßstäbe entwickelt:
“Nach dem Sinn und Zweck des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG sollen diejenigen keinen Anspruch auf Einbürgerung haben, bei denen zumindest der begründete Verdacht besteht, dass sie Bestrebungen gegen Schutzgüter unterstützen, die für den deutschen Staat, in den sie eingebürgert werden wollen, wesentlich sind.
Für § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG sind nur die in dieser Bestimmung genannten Schutzgüter von Bedeutung. Einerseits wird nicht bereits jedes unter Strafrechtsschutz stehende Rechtsgut von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG erfasst, andererseits setzt § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG aber auch keine strafgerichtliche Verurteilung voraus. Ob die Verurteilung wegen einer Straftat dem Anspruch auf Einbürgerung entgegensteht, beurteilt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 12a StAG.
§ 11 Satz 1 Nr. 2 StAG schließt einen Anspruch auf Einbürgerung nicht erst dann aus, wenn der Ausländer Handlungen unterstützt hat, die die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen. Für den Anspruchsausschluss nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG genügt es vielmehr, wenn der Ausländer ungeachtet späterer möglicher tatsächlicher Beeinträchtigungen bereits vorgelagert Bestrebungen unterstützt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind. Nach § 92 Abs. 3 Nr. 2 StGB sind im Sinne des Strafgesetzbuches Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Für § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ist nicht erforderlich, dass die Bestrebungen auch objektiv geeignet sind, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Es genügt, wenn der Träger der Bestrebungen mit ihnen das Ziel verfolgt, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen.
Bezogen auf solche Bestrebungen setzt § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG jedenfalls voraus, dass der Ausländer eine solche unterstützt hat. Wenn das Gesetz von Bestrebungen im Plural spricht, bedeutet das nicht, dass nur das Unterstützen von mehr als einer solchen Bestrebung relevant wäre. Vielmehr steht der Plural nur für die Vielzahl möglicher Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland.
Zum Begriff des Unterstützens i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG kann von der Definition in der Rechtsprechung (vgl. VGH München, Urteil vom 27. Mai 2003 – 5 B 01.1805 – juris Rn. 32 zu § 86 Nr. 2 AuslG; VGH Mannheim, Urteil vom 10. November 2005 – 12 S 1696/05 – juris, zu § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG) und Literatur (vgl. Berlit, GK-StAR § 11 Rn. 96) ausgegangen werden, wonach Unterstützen jede Handlung des Ausländers sei, die für Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist. Entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht zu § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG (s. jetzt § 54 Nr. 5 AufenthG) als Unterstützen jede Tätigkeit angesehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeit der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt (Urteil vom 15. März 2005 – BVerwG 1 C 28.03 – BVerwGE 123, 114). Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen solcher Bestrebungen verstanden werden. Bereits aus der Wortbedeutung des Unterstützens ergibt sich, dass nur solche Handlungen ein Unterstützen sind, die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt. Entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. März 2005 (a.a.O. S. 125) zu § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG ausgeführt, dass die eine Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein müsse.
Nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ist ein Anspruch auf Einbürgerung bereits dann ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer solche Bestrebungen unterstützt hat. Zum Ausschluss eines Einbürgerungsanspruchs genügt also der begründete Verdacht einer solchen Unterstützung. Andererseits ist ein Anspruch nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nur dann ausgeschlossen, wenn das Handeln oder der Verdacht sich gerade auf ein Unterstützen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG richtet, also die Tat, deren der Ausländer verdächtig ist, für den Fall, dass sich der Verdacht bestätigt, ein Unterstützen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG darstellt.”
Auch im vorliegenden Verfahren ist unstreitig, dass der Kläger die ihm vorgehaltene Selbsterklärung tatsächlich unterzeichnet hat; auch ihm wurde und wird daher nicht ein Unterstützungsverdacht vorgeworfen, sondern eine Unterstützungshandlung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG. Fraglich ist jedoch, ob die feststehende Unterzeichnung den Verdacht einer Unterstützung von Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG rechtfertigt. In seinem angeführten Urteil vom 22. Februar 2007 hat der erkennende Senat dies bei Zugrundelegung des Wortlauts der von dem Kläger jenes Verfahrens unterzeichneten Erklärung verneint und es als unerheblich angesehen, ob die Beschreibung der “neuen Linie” der PKK in der Rückschau den Tatsachen entsprochen habe oder die Initiatoren der Kampagne mit ihr tatsächlich weitergehende Ziele verfolgt hätten. Denn es seien – auch nach den tatrichterlich festgestellten Begleitumständen der Unterzeichnung – keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger jenes Verfahrens den Wortlaut übersteigende Ziele und Absichten erkennen konnte oder musste bzw. er nach seinem Kenntnis- und Wissensstand Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Erklärung der PKK hegen musste, dass sie ihre Ziele künftig legal und gewaltfrei verfolgen werde. Auch lägen keine Handlungen oder Erklärungen des Klägers in der Vergangenheit vor, die bei der Bestimmung des Bedeutungsgehalts, welcher der Auslegung und Bewertung der Unterzeichnung der Erklärung beizumessen ist, heranzuziehen wären. Insoweit hat der Senat, vom Wortlaut der Erklärung ausgehend, die tatrichterlich festgestellten Begleitumstände der Unterzeichnung sowie den Kenntnis- und Wissensstand des Unterzeichners in eine Gesamtbetrachtung einbezogen.
Was zunächst den Wortlaut der Erklärung betrifft, hat der Senat ausgeführt:
“Die Selbsterklärung des Klägers vom 9. Juli 2001 ist eine politische Meinungsäußerung zugunsten der – damals seit zwei Jahren – ‘neuen Linie’ der PKK im Sinne einer neuen, gewaltfreien Politik, die auf eine friedliche Lösung der kurdischen Frage in der Türkei setzt. Die Überschrift der Selbsterklärung ‘Auch ich bin ein PKK'ler’ ist ebenso wie der Satz unter 1. ‘Weiterhin erkläre ich mich der PKK zugehörig.’, nicht als Erklärung zu verstehen, Mitglied der – weiterhin mit einem Betätigungsverbot belegten – PKK zu sein. Die Selbsterklärung ist keine Mitgliedererhebung, sondern eine politische Sympathiebekundung, mit den in der Selbsterklärung formulierten neuen politischen Zielen und den darin formulierten neuen Wegen ihrer Durchsetzung einverstanden zu sein.
Der erste Absatz der Selbsterklärung enthält keine Anhaltspunkte für Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG. Vielmehr heißt es dort:
‘Seit zwei Jahren kämpft unsere Partei mit ausschließlich politischen Mitteln für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage. Auf der Grundlage dieser neuen Strategie durchlebt die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) eine umfassende Erneuerung. Zu einer Lösung fest entschlossen, hat sie ihre politischen Aktivitäten entgegen aller Widerstände weiterentwickelt, ohne den legalen Rahmen zu verlassen.’
Der zweite und der dritte Absatz weisen ebenfalls nicht auf Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG.
Unter 1. erklärt der Kläger, dass er auf dieser Grundlage (also auf der Grundlage der Absätze 1 bis 3) als Angehöriger des kurdischen Volkes die neue Linie der PKK teile, die seit zwei Jahren ihren politischen Kampf auf legaler Grundlage führe. Dieser Erklärung kann nicht entnommen werden, dass er die Strategie bzw. Linie der PKK, die diese zur Zeit des Betätigungsverbotes 1993 verfolgt hat, früher oder zur Zeit der Unterzeichnung im Jahre 2001 geteilt hat. Da er in der Selbsterklärung 2001 nur erklärt, er teile die neue Linie der PKK, die ihren politischen Kampf nunmehr auf legaler Grundlage weiterführe, kann diese Erklärung nicht als Unterstützen von Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG verstanden werden.
Die Aussagen unter 2. und 3. lassen Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG ebenfalls nicht erkennen.
Unter 4. erklärt der Kläger, wie auch unter 1., dass er die Linie des demokratischen Kampfes der PKK unterstütze, welche auch von ihrem 7. Kongress bestätigt wurde. In Anbetracht der Tatsache, dass die PKK in einem Zeitraum von zwei Jahren keine einzige Aktion unter Anwendung von Gewalt durchgeführt habe, fordere er die Aufhebung sämtlicher Verbote, die sich gegenüber der PKK in Anwendung befinden. Auch dieser Forderung, sämtliche Verbote gegenüber der PKK und damit auch das vereinsrechtliche Verbot in Deutschland aufzuheben, weist, da sie auf der Grundlage gewaltfreier und legaler politischer Aktivitäten der PKK erhoben ist, nicht auf Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG.
Den Ausführungen unter 5. sind Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht zu entnehmen.
Das gilt auch für die Erklärung im letzten Absatz der Selbsterklärung, die den Unterzeichnern der Selbsterklärung und damit auch dem Kläger besonders vorgehalten wird. Sie lautet:
‘Hiermit erkläre ich, dass ich das gegen die PKK ausgesprochene Verbot und die strafrechtliche Verfolgung der Mitgliedschaft in der PKK sowie der strafrechtlichen Verfolgung der aktiven Sympathie für die PKK, auf das Schärfste verurteile. Weiterhin erkläre ich, dass ich dieses Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus ergibt.’
Auch wenn man mit dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 27. März 2003 – 3 StR 377/02 – NJW 2003, 2621 = juris Rn. 29) aus diesem Erklärungsteil schließt, der Erklärende – in jenem Fall allerdings eine über die Hintergründe und Ziele der Kampagne der PKK im Einzelnen informierte Aktivistin – sei bereit, das Verbot zu missachten und ihm zuiderzuhandeln, würde darin zwar ein strafbarer Verstoß gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot liegen. Das hat in Bezug auf den Kläger auch die Staatsanwaltschaft bei der Einstellung des Strafverfahrens zum Ausdruck gebracht. Unterstellt man einen Verstoß gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot, so rechtfertigt dessen Strafbarkeit nicht die Annahme, darin liege eine Unterstützung einer Bestrebung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG. Denn der Kläger hat mit der Unterzeichnung der Selbsterklärung ausschließlich seine politische Meinung zu einer neuen, gewaltfreien Politik zum Ausdruck gebracht. Auch eine allenfalls etwa angekündigte Bereitschaft, das Eintreten für eine solche Politik notfalls entgegen einem fortbestehenden vereinsrechtlichen Betätigungsverbot fortzusetzen, könnte den Tatbestand des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erfüllen. Es ist nämlich weder festgestellt noch geltend gemacht, dass die PKK im Juli 2001 für den Kläger erkennbar die damals proklamierte ‘neue Linie’ der Gewaltfreiheit wieder verlassen oder nur vorgetäuscht hätte.”
In die erforderliche Gesamtbetrachtung hat der erkennende Senat somit insbesondere die dem Unterzeichner erkennbaren Umstände, seine Handlungen oder Erklärungen in der Vergangenheit und seine subjektive Position und Überzeugung einbezogen und ist mit Blick auf den Kläger jenes Verfahrens zu folgendem Ergebnis gelangt:
“In der Gesamtbetrachtung kann die Selbsterklärung des Klägers mithin nur als eine Sympathiebekundung bewertet werden zugunsten einer PKK im Jahre 2001, die nach seiner Überzeugung in Abkehr von ihren früheren Bestrebungen seit zwei Jahren ihre politischen Ziele gewaltfrei und legal verfolgt und erklärt hatte, dies auch in Zukunft weiter tun zu wollen. Wer eine solche Politik öffentlich unterstützt – und nur dies wird dem Kläger letztlich vorgeworfen –, unterstützt damit weder objektiv noch subjektiv Bestrebungen, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 Satz 1 Nr. 2 StAG).
Da der Kläger mit der Selbsterklärung keine gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Bestrebungen unterstützt hat, ist unerheblich, ob sich der Kläger von seiner Unterstützung der PKK im Jahre 2001 später abgewandt und wie sich die PKK später weiter entwickelt hat.”
Daraus folgt für den Fall des Klägers im vorliegenden Verfahren, dass die bloße Unterschriftsleistung unter die ihrem Wortlaut nach auf gewaltfreie und legale Zielsetzungen gerichtete Erklärung für den Tatbestand des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG allein nicht ausreicht, es vielmehr einer wertenden Betrachtung im Lichte der gesamten Begleitumstände einschließlich vergangener Handlungen oder Erklärungen bedarf. Insoweit ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die Unterschriftsleistung im Zusammenhang mit den weiteren aktenkundigen Aktivitäten des Klägers den Tatbestand der Unterstützungsleistung erfüllt. Dafür könnte sprechen, dass er nach seinen Angaben im Asylverfahren und im Einbürgerungsverfahren sowohl in der Türkei wie später in Deutschland Aktivitäten der PKK unterstützt hat. Die Vorinstanz hat diese Umstände – von ihrem Ansatz her folgerichtig – unter dem Aspekt des Glaubhaftmachens einer Abwendung von einer früheren Unterstützung, aber nicht unter dem Aspekt einer Begründung der Unterstützung selbst gewürdigt, so dass der erkennende Senat sich gehindert sieht, darauf im Sinne einer tatrichterlich festgestellten Unterstützung zurückzugreifen. Dies macht es erforderlich, die Sache zur Vornahme entsprechender tatrichterlicher Feststellungen an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Im Hinblick hierauf bedarf keiner Entscheidung, ob die weitere Bewertung der Vorinstanz zutrifft, bei Vorliegen des Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 oder 3 StAG sei – sofern nicht eine atypische Situation vorliege – eine Versagung auch der Ermessenseinbürgerung als gesetzlich gewollt anzusehen.
2. Schließlich kann es sich auf den Erfolg des Einbürgerungsbegehrens des Klägers auswirken, ob mit Blick auf seinen Analphabetismus der Anspruchsausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG (nicht ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache) vorliegt. Auch hier sieht der erkennende Senat sich gehindert, auf der bisher festgestellten Tatsachengrundlage eine abschließende rechtliche Wertung nach Maßgabe der Urteile des Senats vom 20. Oktober 2005 – BVerwG 5 C 8.05 – (BVerwGE 124, 268 ff.) und – BVerwG 5 C 17.05 – (Buchholz 130 § 11 StAG Nr. 2) vorzunehmen. Während das Verwaltungsgericht ohne weitere Differenzierung die Auffassung vertreten hat, zu den erforderlichen ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache gehöre auch die Fähigkeit zu schriftlichen Äußerungen, hat der Verwaltungsgerichtshof – aus seiner rechtlichen Sicht konsequent – die Frage offen gelassen. Der Kläger selbst, der mit Blick auf die PKK-Erklärung seinen Analphabetismus angeführt hat, behauptet in seiner Revisionsbegründung, er sei in der Lage, einen deutschsprachigen Text des täglichen Lebens zu lesen und deutsch zu diktieren oder das von Dritten oder mit technischen Hilfsmitteln Geschriebene auf seine Richtigkeit zu überprüfen und somit die schriftliche Äußerung als seine eigene zu tragen, und erfülle somit die vom erkennenden Senat in den genannten Urteilen aufgestellten rechtlichen Voraussetzungen, was allerdings der nicht näher ausgeführten Feststellung des Berufungsgerichts widerspricht, der Kläger sei Analphabet. Auch dies bedarf – sofern es im Ergebnis darauf ankommt – der tatrichterlichen Überprüfung.
Unterschriften
Hund, Schmidt, Dr. Franke, Dr. Brunn, Prof. Dr. Berlit
Fundstellen