Bundesregierung beschließt neues Staatsangehörigkeitsrecht
Die deutsche Staatsangehörigkeit ist in Art. 116 GG und im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. Zum 1.1.2000 wurde neben dem zuvor allein geltenden Abstammungsprinzip ergänzend das Geburtsortsprinzip eingeführt. Nach Angaben des BMI besitzen ca. 14 % der in Deutschland lebenden Bevölkerung keinen deutschen Pass. Knapp die Hälfte dieser etwa 12 Mio. Menschen leben seit mindestens 10 Jahren in Deutschland.
Die aktuelle Rechtslage bei Einbürgerungen
Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung sind im StAG zusammengefasst. Dazu gehören
- ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache,
- das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes,
- eine ausdrückliche Loyalitätserklärung zum deutschen Staat,
- eine Mindestdauer des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland von 8 Jahren,
- die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse sowie
- die Kenntnis der in Deutschland geltenden wesentlichen Werte und rechtlichen Grundsätze. Diese Kenntnis muss in einem Einbürgerungstest nachgewiesen werden.
Die Einbürgerungsgebühr beträgt aktuell 255 Euro pro Person, für minderjährige Kinder im Rahmen einer Einbürgerung gemeinsam mit ihren Eltern 51 Euro.
Deutliche Verkürzung der Einbürgerungsfristen geplant
Wesentlicher Inhalt des vom BMI erarbeiteten Entwurf eines neuen Staatsangehörigkeitsgesetzes sind Änderungen der in § 10 StAG geregelten Einbürgerungsvoraussetzungen. Dazu gehört insbesondere die Verkürzung der Wartungsfristen. Die Wartefrist soll generell künftig nur noch 5 statt bisher 8 Jahre betragen im Fall besonderer Integrationsleistungen nur noch 3 Jahre, § 10 Abs. 3 StAG-E. Besondere Integrationsleistungen sind gute schulische oder berufliche Leistungen, ein besonderes ehrenamtliches Engagement sowie besonders gute Sprachkenntnisse.
Generelle Ermöglichung von Mehrstaatlichkeit
§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des geltenden StAG postuliert den Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit. Dieser Grundsatz soll entfallen und Mehrstaatlichkeit grundsätzlich zugelassen werden. In diesem Zusammenhang sollen künftig alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern, von denen mindestens ein Elternteil seit mehr als 5 Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt, die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, ohne dabei die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern aufgeben zu müssen.
Fähigkeit zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts
Wer eingebürgert werden will, muss auch künftig Nachweise für seine erfolgreiche Integration und ausreichende Deutschkenntnisse erbringen. Außerdem muss er in der Lage sein, seinen Lebensbedarf zu bestreiten, darf also nicht von staatlichen Sozialleistungen abhängig sein. Ausnahmen sollen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG-E für seit längerem in Deutschland lebende Gastarbeiter oder Vertragsarbeiter der ehemaligen DDR gelten.
Ausschlussgründe für die Einbürgerung
Künftig entfallen soll auch die erst im Jahr 2019 eingeführte Voraussetzung der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse. Dieser Grundsatz führte in der Praxis insbesondere zum Ausschluss von der Einbürgerung im Fall von mehrfach geschlossenen Ehen. Mehrfachehen sollen künftig in einem Katalog der Gründe für einen Ausschluss von der Einbürgerung erfasst werden.
- Durch eine Änderung von § 11 StAG soll die Mehrfachehe künftig ein ausdrücklicher Ausschlussgrund für eine Einbürgerung sein.
- Als weiterer Ausschlussgrund soll die erkennbare Missachtung der Gleichberechtigung von Mann und Frau eingeführt werden.
- Darüber hinaus soll eine Einbürgerung bei antisemitischem, rassistischem, fremdenfeindlichem oder sonstigem menschenverachtenden Verhalten ausgeschlossen werden,
- insbesondere, wenn aus einer solchen Haltung Straftaten begangen wurden.
Nachträglicher Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit
§ 17 StAG-E fasst die Tatbestände zusammen, in denen die deutsche Staatsangehörigkeit nachträglich wieder verloren geht. Dies sind u. a. der ausdrücklich erklärte Verzicht auf die Staatsangehörigkeit, der Eintritt in die Streitkräfte eines ausländischen Staates, die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland.
Kritik nicht nur aus der Opposition
Kritik an dem vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf kommt von verschiedenen Seiten. Teile der Opposition kritisieren sowohl die Verkürzung der Fristen für die Einbürgerung als auch die Ermöglichung der doppelten Staatsbürgerschaft und sehen darin eine „Einbürgerung light“. Aber auch aus der Ampel selbst kommt Kritik. Einige halten das Erfordernis der Fähigkeit zum Bestreiten des eigenen Lebensbedarfs für ungerecht, insbesondere gegenüber Alleinerziehenden und körperlich oder geistig eingeschränkten Personen.
Inkrafttreten der Reform nicht vor Anfang 2024
Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf wird nun im Bundestag beraten werden. Angesichts der noch offenen Kritikpunkte dürften noch Änderungen einfließen. Mit dem Inkrafttreten eines neuen Einbürgerungsrechts ist nicht vor Anfang 2024 zu rechnen.
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