Bundesjustizminister plant Bürokratieentlastungsgesetz
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann will beim Bürokratieabbau Nägel mit Köpfen machen und reale Fortschritte erreichen. Der Staat soll handlungsfähiger, bürgerfreundlicher und wirtschaftsfreundlicher werden.
Vorschläge zur Entbürokratisierung von 57 Verbänden
Das jetzt veröffentlichte Eckpunktepapier beruht auf einer Umfrage bei 57 Verbänden, die diverse Vorschläge für die unterschiedlichsten Lebensbereiche vorgelegt haben. Das Statistische Bundesamt hat die eingereichten Vorschläge quantitativ und qualitativ nach möglichen Entlastungspotenzialen kategorisiert und priorisiert.
Finanzielle Entlastung der Wirtschaft
Der Bundesjustizminister verspricht sich von der Umsetzung der Eckpunkte eine Entlastung der Wirtschaft von Bürokratiekosten in einer Größenordnung von deutlich über 2 Mrd. Euro. Der Bürokratiekostenindex soll auf ein möglichst niedriges Niveau gesenkt werden. Das Eckpunktepapier des BMJ konzentriert sich auf folgende Maßnahmen
Reduzierung von Informationspflichten
Die in den letzten Jahren in den verschiedenen Bereichen wie Energierecht, im Außenwirtschaftsrecht, im Mess- und Eichwesen, im Gewerbe und in der Handwerksordnung sowie in verschiedenen Branchen und berufsspezifischen Verordnungen stark angewachsenen Informations- und Dokumentationspflichten sollen auf ihre Aktualität und Effektivität hin überprüft und gegebenenfalls deutlich geschrumpft werden.
Textform statt Schriftform
Im Hinblick auf die anwachsende Digitalisierung der Kommunikation im privaten und wirtschaftlichen Bereich will das BMJ die gesetzlich geregelten Schriftformerfordernisse u. a im BGB auf den Prüfstand stellen. Soweit sinnvoll sollen die Schriftformerfordernisse abgeschafft und durch die Textform als Regelform ersetzt werden. Dies soll insbesondere für das Vereins-, das Schuldrecht und das Mietrecht gelten. Das Schriftformerfordernis für Mietverträge über Gewerberäume soll gestrichen werden. Die Schriftform soll nur noch als Ersatzform für die elektronische Form beibehalten werden. Die Vorschriften der §§ 126 BGB sollen entsprechend geändert werden.
Digitale Technologien als Hilfstechnologien
Das BMJ will auch in Fällen der Beibehaltung des Schriftformerfordernisses digitale Technologien zur Unterstützung und Erleichterung der Übermittlung von Urkunden einsetzen. Als Beispiel nennt das Ministerium die schriftliche Kündigung eines Mietverhältnisses. Diese soll künftig mit einem Smartphone fotografiert und elektronisch an den Erklärungsempfänger zur Fristwahrung übermittelt werden können. Der Erklärungsempfänger erhält das Recht, die Übermittlung der Originalurkunde nachträglich zu fordern.
Stimmabgabe durch GmbH-Gesellschafter in Textform
Im GmbH-Recht soll im Falle der Beschlussfassung der Gesellschafter außerhalb einer Versammlung eine Abgabe der Stimme in Textform genügen, wenn die übrigen Gesellschafter einverstanden sind. Die Schriftformerfordernisse im Schuldverschreibungsgesetz sowie im Depotgesetz sollen aufgehoben werden.
Spezialregelungen im Arbeitsrecht
Auch Arbeitsverträge sollen nicht mehr zwingend schriftlich geschlossen werden. Das BMJ beabsichtigt eine Regelung im Nachweisgesetz, wonach die bisher bei schriftlichen Arbeitsverträgen bestehende Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen zu erteilen, entfällt, wenn und soweit ein Arbeitsvertrag in einer die Schriftform ersetzenden elektronischen Form geschlossen wurde. Entsprechendes soll bei Änderungen wesentlicher Vertragsbedingungen gelten. Ausgenommen von dieser Regelung sollen wegen sonst möglicherweise entstehender Beweisschwierigkeiten Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige nach § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetzes werden.
Weitere spezifische Änderungen im Arbeitsrecht
Auch Arbeitszeugnisse sollen künftig in elektronischer Form erteilt werden können. Durch Änderungen des Arbeitszeitgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes soll der Arbeitgeber bestehende Aushangpflichten auch in elektronischer Form erfüllen können, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu diesen Informationen haben. AHG Digital HR
Aufbewahrungsfristen
Das BMJ will Aufbewahrungsfristen kürzen. So sollen die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Belege von 10 auf 8 Jahre verkürzt werden. Die Verbände hatten allerdings eine Kürzung auf 5 Jahre gefordert.
Abschaffung von Meldepflichten
Einige Meldepflichten sollen komplett abgeschafft werden, so die Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige.
Änderung von Einzelgesetzen
Das BMJ beabsichtigt eine Änderung diverser betrieblicher Einzelgesetze wie der Lebensmittelinformationsdurchführungsverordnung, wonach schriftliche Aufzeichnungen über in loser Ware enthaltene Allergene vorzuhalten sind. Diese Informationen sollen durch eine Änderung von § 4 Abs. 4 der Lebensmittelinformationsdurchführungsverordnung künftig in digitaler Form erteilt werden können.
Anträge auf Elternteilzeit künftig in Textform
Für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz soll künftig allgemein die Textform statt bisher die Schriftform genügen, d.h. Antragsteller können zwischen analoger und digitaler Antragstellung wählen.
Beschleunigung von Infrastrukturmaßnahmen
Baumaßnahmen an der Schieneninfrastruktur sollen beschleunigt werden. Hierzu soll die artenschutzrechtliche Prüfung im Schienenbereich für besonders relevante Arten fachgerecht standardisiert werden, ohne dabei das Schutzniveau für die betroffenen Arten abzusenken.
Vereinfachung innerdeutscher Seetransporte
Auch an die Küstenschifffahrt hat das BMJ gedacht. Die Genehmigungspflicht für innerdeutsche Transporte in Küstengewässern durch ausländische Seeschiffe soll komplett abgeschafft werden.
Referentenentwurf noch in diesem Jahr geplant
Nach Stellungnahme der Fachressorts will das BMJ noch in diesem Jahr einen Referentenentwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) vorlegen, der dann im 1. Halbjahr 2024 vom Bundestag beschlossen werden könnte.
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