Entscheidungsstichwort (Thema)
Telekommunikation. Teilnehmeranschlussleitung. entbündelter Zugang. Marktbeherrschung. sachlich relevanter Markt. räumlich relevanter Markt. Endkundenmarkt. Vorleistungsmarkt. Handlungsgebot. diskriminierungsfreier Netzzugang. wesentliche Leistung. Telekommunikationsdienstleistung. besonderer Netzzugang. Festnetz. maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt
Leitsatz (amtlich)
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung eines nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG ausgesprochenen Handlungsgebots an den marktbeherrschenden Anbieter ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung.
2. Der für die Feststellung der Marktbeherrschung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG räumlich relevante Markt entspricht grundsätzlich dem Gebiet, auf dem der Wettbewerber tätig werden will.
3. Bei dem Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen als Teil eines Telekommunikationsnetzes für die Öffentlichkeit handelt es sich regelmäßig um eine wesentliche, intern nutzbare Leistung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG.
4. Die Verpflichtung zur Einräumung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu Teilnehmeranschlussleitungen hat das marktbeherrschende Unternehmen … in einer Weise zu erfüllen, die eine vergleichbare unternehmerische Dispositionsfreiheit bei der Ausgestaltung ihrer Telekommunikationsdienstleistungen für Endkunden eröffnet.
5. § 33 Abs. 1 TKG verpflichtet das marktbeherrschende Unternehmen im Grundsatz dazu, entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen seines Festnetzes zu gewähren.
Normenkette
GG Art. 12, 14, 87f Abs. 2, Art. 143b Abs. 2; TKG §§ 1, 2 Abs. 2, § 3 Nrn. 9, 12, 18-19, 21, 24, §§ 24, 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1, §§ 29-31, 33, 35-37, 39, 66, 71, 80-81; GWB §§ 19, 22 a.F., § 32; NZV §§ 1-2; EGVtr Art. 82; Entbündelungs-Verordnung Nr. 288/2000 vom 18. Dezember 2000, ABl EG Nr. L 336 S. 4; ONP-Rahmenrichtlinie 90/387/EWG; Wettbewerbsrichtlinie 96/19/EG
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Entscheidung vom 07.02.2000; Aktenzeichen 13 A 179/99) |
VG Köln (Entscheidung vom 05.11.1998; Aktenzeichen 1 K 5942/97) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, die Deutsche Telekom AG, ist Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen und Betreiberin eines bundesweiten Telekommunikationsnetzes. Die ebenfalls Telekommunikationsdienstleistungen für Endkunden anbietende und dazu eine Telekommunikationsinfrastruktur u.a. für den Sprachtelefondienst vorhaltende Beigeladene erstrebt den Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen der Klägerin im Regierungsbezirk Köln, für den sie über Lizenzen der Klassen 3 und 4 gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 c und 2 TKG verfügt. Auf ihren Wunsch nach Einräumung eines unmittelbaren, von zusätzlichen technischen Einrichtungen der Klägerin unabhängigen Zugriffs auf die Teilnehmeranschlussleitungen am Hauptverteiler (sog. Zugriff auf den „blanken Draht”) stellte die Klägerin zunächst nur die Nutzung dieser Leitungen über einen zwischengeschalteten sog. Multiplexer in Aussicht. Nachdem die Beigeladene die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post um ein Einschreiten gebeten hatte, legte die Klägerin der Beigeladenen einen überarbeiteten, als „Carrier Customer Access” (CCA-Lösung) bezeichneten Vorschlag für die Realisierung des Zugangs zu den Teilnehmeranschlussleitungen vor. Dieser sah unter weitgehendem Verzicht auf Multiplexer die Einräumung definierter Übertragungsleistungen für analoge Telefonanschlussleitungen, ISDN-Basisanschlussleitungen und ISDN-Primär-Multiplex-Anschlussleitungen durch vorgeschaltete Abschlusseinrichtungen vor.
Mit Bescheid vom 28. Mai 1997 beanstandete die Beklagte durch das Bundesministerium für Post und Telekommunikation, dass die Klägerin der Beigeladenen kein der Nachfrage entsprechendes Angebot zum „entbündelten Zugang” zu den Teilnehmeranschlussleitungen unterbreitet habe, und forderte sie auf, dieses missbräuchliche Verhalten innerhalb einer Frist abzustellen. Die Klägerin kam dem nicht nach. Mit Bescheid vom 1. Juli 1997 gab die Beklagte der Klägerin auf, gegenüber der Beigeladenen nunmehr bis zum 14. Juli 1997 ein Angebot auf Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen abzugeben; dieses müsse so beschaffen sein, dass keine nicht nachgefragten Leistungen abgenommen werden müssten, es sei denn, dass dem Entbündelungsgebot im Einzelfall aufgrund nachgewiesener Tatsachen nicht nachgekommen werden könne.
Die auf Aufhebung des Beanstandungsbescheids vom 28. Mai 1997 und des Auflagenbescheids vom 1. Juli 1997 gerichtete Klage hatte weder vor dem Verwaltungsgericht noch vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig. Für die Beurteilung komme es maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Auflagenbescheids vom 1. Juli 1997 an, weil es sich nicht um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung handele. Rechtsgrundlage des Bescheides vom 28. Mai 1997 sei § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG und des Bescheides vom 1. Juli 1997 § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG. Die Bescheide seien formell und materiell rechtmäßig. Die Klägerin habe gegen § 33 Abs. 1 TKG verstoßen und ihre marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt. Die Klägerin sei auf dem bundesweiten Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit marktbeherrschend. Ihre marktbeherrschende Stellung sei im maßgeblichen Prüfungszeitpunkt – und auch gegenwärtig, im Zeitpunkt der berufungsgerichtlichen Entscheidung – nicht erschüttert durch sich den Wettbewerbern eröffnende alternative Techniken zur Erbringung von Sprachtelefonie im Ortsnetz unter Überwindung der „letzten Meile” zwischen Hauptverteiler und Teilnehmeranschlussleitung. Die diskutierten alternativen Techniken befänden sich noch in der Vorbereitungsphase und könnten gegenwärtig nicht Gewinn bringend eingesetzt werden. Die Klägerin habe der Beigeladenen auch nicht diskriminierungsfreien Zugang zu einer von ihr intern genutzten wesentlichen Leistungen zu den Bedingungen ermöglicht, die sie sich selbst bei der Nutzung dieser Leistung für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräume. Bei dem nachgefragten unmittelbaren Zugang zum Medium der Kupfer- bzw. Glasfaserader der Teilnehmeranschlussleitung handele es sich um einen Zugang zu einer von der Klägerin intern genutzten Leistung. Der Begriff der Leistung müsse weit ausgelegt werden und dürfe nicht auf Telekommunikationsdienstleistungen beschränkt werden. Die hier maßgebliche Leistung umfasse keine eventuell am Hauptverteiler installierten übertragungstechnischen Einrichtungen, die eine Modifizierung des Durchsatzes etwa durch Kanalisierung oder Kapazitätsbegrenzung – Definierung der Übertragungsleistung – bewirkten. Die Klägerin verwende intern selbst nur in etwa 10 % der Fälle Teilnehmermultiplexeinrichtungen wegen Mangels an Kupferdoppeladern und bei 2 % der ISDN-Basisanschlüsse Zwischengeneratoren. Der Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen der Klägerin sei für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen unverzichtbar; eine Neuherstellung von Teilnehmeranschlussleitungen sei den Wettbewerbern wegen des – verglichen mit den Kosten der Mitbenutzung – unangemessenen hohen Aufwands unzumutbar und sei gesamtwirtschaftlich auch nicht sinnvoll. Die Verpflichtung der Klägerin, der Beigeladenen ein Angebot zum entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen zu unterbreiten, ergebe sich unmittelbar auch aus § 2 Satz 2 NZV. Diese Verordnung finde hier Anwendung, weil die Beigeladene Nutzerin des Telekommunikationsnetzes der Klägerin sei. Bei dem gewünschten Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen handele es sich um einen besonderen Netzzugang im Sinne von § 35 TKG i.V.m. § 1 Abs. 1 NZV. Die angefochtenen Bescheide beruhten auf verfassungsmäßigen Rechtsgrundlagen; sie verstießen weder gegen Art. 12 Abs. 1 GG noch gegen Art. 14 GG. Auf die von der Klägerin gestellten Beweisanträge komme es nicht an.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge auf Aufhebung der beiden Bescheide weiter und trägt vor: Entscheidungserheblicher Zeitpunkt sei derjenige der letzten mündlichen Verhandlung. Es sei deshalb auch noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen, dass der Beigeladenen nunmehr neue Techniken in Gestalt von Funkanbindung (wireless local loop), Stromnetz (powerline communications) und Breitbandkabel als gleichwertige Alternativen zum Netzzugang zur Verfügung stünden. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für ein missbrauchaufsichtsrechtliches Vorgehen nach § 33 TKG nicht (mehr) vor. Bei dem nachgefragten Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen gehe es nicht um durch sie, die Klägerin, intern genutzte Leistungen. Zumindest seien diese nicht wesentlich im Sinne des § 33 Abs. 1 TKG. Das Merkmal der Wesentlichkeit müsse auf den Umfang und die Bedingungen der Nutzung abstellen. Aus der im amerikanischen Kartellrecht entwickelten und vom Europäischen Gerichtshof aufgegriffenen sog. Essential-Facilities-Doctrine ergäben sich strenge Anforderungen an die „Wesentlichkeit” einer Leistung. Als Auslegungshilfe müsse auch der neue § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB herangezogen werden. Das Berufungsgericht habe auch verkannt, dass von einem Zugang zu Leistungen im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG allenfalls dann gesprochen werden könne, wenn damit nur die Mitbenutzung der Leistung gemeint sei. Sie biete jedenfalls der Beigeladenen keine ungünstigeren Bedingungen an, als es den intern genutzten entspräche. Im Konzerngeschäftsfeld „Telefonnetzkommunikation” verwende sie ebenfalls Vorschalteinrichtungen, wie sie der Beigeladenen angeboten worden seien. Nicht entscheidend sei, ob sie über ungenutzte Teilnehmeranschlussleitungen verfüge. Sie sei im Rahmen laufender Vertragsbeziehungen bereit, der Beigeladenen bei begründeter Anforderung die zusätzlich benötigten Kapazitäten oder andere Abschlusseinrichtungen jeweils zur Verfügung zu stellen. Die angebotenen Bedingungen seien jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Dies müsse aufgrund einer am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu orientierenden Abwägung festgestellt werden. Diese habe das Berufungsgericht aber nur unzureichend vorgenommen. Zu berücksichtigen sei, dass die vollständige Überlassung des sog. blanken Drahts an die Beigeladene für sie selbst und für dritte Wettbewerber mit erheblichen Nachteilen verbunden wäre. Der Netzwettbewerb werde dadurch eingeschränkt. Der Abschluss des nachgefragten Rahmenvertrags mit der Beigeladenen verpflichte sie, die Klägerin, dazu, diesen Übertragungsweg auf Anforderung binnen kurzer Frist zu vorher abstrakt verabredeten Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Dies führe aber dazu, dass sie sich Netzverbesserungen besonders sorgfältig zu überlegen habe, da diese alsbald den Gewinn eines Wettbewerbers vermehren könnten. Auf jeden Fall habe sie ihre marktbeherrschende Stellung nicht missbräuchlich ausgenutzt. Die erforderliche Kausalität zwischen der Marktbeherrschung und dem Verhalten liege nicht vor. Ihr Verhalten erweise sich zumindest im Ergebnis nicht als wettbewerbsschädlich. Im Übrigen dürften die Bescheide auch nicht auf § 2 Satz 2 NZV gestützt werden. Denn der Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung sei kein Fall eines besonderen Netzzugangs im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 TKG. Deshalb sei § 33 TKG auf einen Anspruch nach § 35 Abs. 1 TKG nicht anzuwenden. Dessen ungeachtet sei der Umfang des Entbündelungsgebots gemäß § 2 Satz 2 NZV durch das Berufungsgericht auch in unzutreffender Weise bestimmt worden. Die angefochtenen Bescheide verstießen zudem gegen ihre Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG. Im Übrigen habe das Berufungsgericht gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, weil es ihren Beweisanträgen zu den der Beigeladenen zur Verfügung stehenden technisch und wirtschaftlich realisierbaren Alternativen zu dem begehrten Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen nicht nachgegangen sei. Es bestehe Anlass, den Fall dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, damit dieser Gelegenheit erhalte, zur Essential-Facilities-Doctrine Stellung zu nehmen.
Die Beklagte und die Beigeladene treten der Revision entgegen. Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen ergänzend umfangreich vor.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.
A. Die gegen die Bescheide vom 28. Mai 1997 und vom 1. Juli 1997 gerichteten Anfechtungsklagen sind zulässig.
1. Bei dem auf der Grundlage von § 33 Abs. 2 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 – TKG – (BGBl I 1120) ergangenen Beanstandungsbescheid handelt es sich um eine gesetzlich geregelte Abmahnung des marktbeherrschenden Anbieters. Hiervon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen. Eine solche Abmahnung will dem Adressaten nicht nur die Möglichkeit eröffnen, das missbräuchliche Verhalten aufzugeben, bevor eine bußgeldbewehrte Verfügung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG ergeht (vgl. § 96 Abs. 1 Nr. 7 TKG). Vielmehr stellt sie im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG auch regelnd fest, dass im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung die tatbestandlichen Voraussetzungen eines missbräuchlichen Verhaltens im Sinne von § 33 TKG vorliegen und deshalb ein aufsichtsrechtliches Einschreiten für geboten gehalten wird.
Die für das betroffene marktbeherrschende Unternehmen hierin liegende Beschwer erledigt sich nicht mit dem Erlass des Bescheids nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG. Der eigenständige Regelungsgehalt des Folgebescheids nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG liegt, sofern sich die maßgebliche Sachlage zwischenzeitlich nicht geändert hat, in der das Verwaltungsverfahren abschließenden Entscheidung der Behörde, mit welcher gesetzlich vorgesehenen Maßnahme der beanstandete Missbrauch abgestellt werden soll. Die bereits im Rahmen der Beanstandung nach § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG getroffene Feststellung, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 TKG erfüllt ist, wird danach im Regelfall in dem Auflagenbescheid lediglich deklaratorisch wiederholt.
2. Der Rechtsstreit hinsichtlich des Bescheids vom 1. Juli 1997 ist nicht deshalb erledigt, weil die Klägerin im Herbst 1997 gegenüber der Beigeladenen ein den Bescheiden entsprechendes Angebot für einen Standardvertrag über den Zugang zu Teilnehmeranschlussleitungen abgegeben hat. Nach dessen Ziff. 9 Abs. 1 wird der entbündelte Zugang zu Teilnehmeranschlussleitungen nur vorbehaltlich einer anderen rechtskräftigen Entscheidung des in dieser Sache geführten Rechtsstreits ermöglicht. Dadurch hat sich folglich der Kern des Streits, nämlich die Frage der Verpflichtung zur Abgabe eines nachfragegerechten Angebots, das als Grundlage für künftige konkrete Vereinbarungen über den Zugang zu Teilnehmeranschlussleitungen geeignet ist, gerade nicht erledigt. Hiervon ist das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen.
B. Die Anfechtungsklagen sind unbegründet. Dem Berufungsgericht ist jedenfalls im Ergebnis zu folgen. Die mit den Klagen angefochtenen Bescheide waren in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde formell und materiell rechtmäßig. Die Klägerin hat als marktbeherrschendes Unternehmen der Beigeladenen als ihrer Wettbewerberin den von dieser nachgefragten sog. entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen im Regierungsbezirk Köln zu gewähren. Dies bedeutet, dass sie ihrer Wettbewerberin den Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen unbeschränkt, nämlich unabhängig von den den Datendurchsatz modifizierenden vermittlungs- und übertragungstechnischen Einheiten zu gestatten hat (sog. Zugriff auf den „blanken Draht”). Ihr hiervon abweichendes Angebot der Zugangsgewährung stellt keinen diskriminierungsfreien Zugang zu wesentlichen intern genutzten Leistungen zu Bedingungen dar, die sie sich selbst für die Nutzung dieser Leistungen bei der Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräumt. Die von ihr lediglich angebotene Zugangsgewährung unter Beschränkungen ist vielmehr als missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung zu bewerten. Gründe, die das Verhalten der Klägerin sachlich rechtfertigen könnten, bestehen nicht.
1. Der Beanstandungsbescheid vom 28. Mai 1997 und der Auflagenbescheid vom 1. Juli 1997 sind hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Die Klägerin war als Adressatin der Bescheide ohne weiteres in der Lage zu erkennen, was von ihr verlangt wird.
Die Bezugnahme in beiden Bescheiden auf die an die Klägerin gerichtete Nachfrage der Beigeladenen nach Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen ist zulässig. Denn der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts muss sich nicht unmittelbar und ausschließlich aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt. Die Bezugnahme auf Anträge und Antragsunterlagen ist deshalb regelmäßig unbedenklich zulässig (vgl. Urteil vom 25. März 1988 – BVerwG 4 C 1.85 – NVwZ 1989, 252 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 73). Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Inhalt der Nachfrage der Beigeladenen der Klägerin in den Einzelheiten bekannt war. An diese Tatsachenfeststellung ist der erkennende Senat gebunden, da sie nicht mit Verfahrensrügen angegriffen wird. Es begegnet im Übrigen auch keinen rechtlichen Bedenken, wenn der Auflagenbescheid vom 1. Juli 1997 auf den Beanstandungsbescheid vom 28. Mai 1997 Bezug nimmt und tatsächliche und rechtliche Feststellungen, die dort getroffen sind und an denen unverändert festgehalten wird, nicht wiederholt. Solche Bezugnahmen sind, wenn sie – wie hier – klar und eindeutig sind, schon aus Gründen der Verfahrensökonomie zulässig.
Die in dem Bescheid vom 1. Juli 1997 ausgesprochene Verpflichtung der Klägerin, der Beigeladenen ein ihrer Nachfrage entsprechendes Angebot vorzulegen, ist eindeutig. Verpflichtet die Beklagte den marktbeherrschenden Anbieter durch Bescheid nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG zur Abgabe eines Vertragsangebots, ist sie nicht gehalten, ergänzend die Details des abzugebenden Angebots auszuarbeiten und in den Bescheid aufzunehmen. Vielmehr genügt es, wenn das Angebot – wie geschehen – als der Nachfrage entsprechend qualifiziert wird und wenn des Weiteren die Grenzen und Ausnahmen der Verpflichtung mit hinreichender Deutlichkeit aufgezeigt werden. Der hierfür im Ergebnis maßgebliche Bescheid vom 1. Juli 1997 erlaubt daran keinen Zweifel. Es heißt dort (Seite 5), dass der Anspruch der Beigeladenen „auf den von ihr nachgefragten entbündelten Zugang nur soweit und solange besteht, wie sie diesen für eigene Zwecke benötigt”. Damit wird sowohl die Vorratshaltung von Teilnehmeranschlussleitungen als auch die Nutzung für fremde Zwecke ausgeschlossen. Ferner wird in dem Bescheid klargestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, neue Teilnehmeranschlussleitungen zu verlegen, um die Nachfrage der Beigeladenen zu befriedigen (vgl. Seite 9 des Bescheids vom 28. Mai 1997, auf den der Bescheid vom 1. Juli 1997 Bezug nimmt). Die Klägerin hat danach der Beigeladenen den entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlussleitungen nur zu gewähren, soweit entsprechende Kapazitäten vorhanden sind und sie die Teilnehmeranschlussleitung zum Zeitpunkt der Nachfrage nicht für eigene Zwecke nutzt.
Die Behörde war entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gehalten, in dem Bescheid vom 1. Juli 1997 den Entgeltrahmen für den Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen festzulegen. Das Telekommunikationsgesetz sieht in den §§ 24 ff. ein eigenständiges und formalisiertes Verfahren für die Regulierung von Entgelten vor. Dessen Voraussetzungen verbieten es, die Behörde für verpflichtet zu halten, einen Entgeltrahmen als Teil einer anderen Zwecken dienenden missbrauchsaufsichtsrechtlichen Verfügung festzusetzen. So setzt das Verfahren der Entgeltregulierung regelmäßig einen Antrag voraus (§ 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1 TKG), der den in § 2 der Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung (TEntgV) vom 1. Oktober 1996 (BGBl I 1492) genannten Anforderungen zu genügen hat. Die Regulierungsbehörde kann den Antrag schon dann zurückweisen, wenn die erforderlichen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt werden (vgl. § 2 Abs. 3 TEntgV). Dem entgeltregulierten Unternehmen wird damit eine Vorleistung abverlangt. Diese liegt sowohl im Interesse der Regulierungsbehörde als auch im Interesse des betroffenen Unternehmens. Denn ihm soll soweit wie möglich der Einfluss auf die Entscheidung über die Höhe der genehmigten Entgelte erhalten werden. Dieser in dem Erfordernis einer qualifizierten Antragstellung liegende Schutzgedanke könnte nicht eingelöst werden, wenn die missbrauchsaufsichtsrechtliche Verfügung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG schon Angaben zur Höhe des von dem Wettbewerber zu fordernden Entgelts enthalten müsste. Damit ist nichts dazu gesagt, ob die Regulierungsbehörde ein Entgelt nicht jedenfalls dann im Rahmen des § 33 TKG festlegen dürfte, wenn andernfalls bei der beabsichtigten weiteren Marktöffnung zeitliche Verzögerungen zu befürchten wären. Dies bedarf indes keiner weiteren Betrachtung, da die Behörde vorliegend keinen Anlass zu einem solchen Vorgehen sah.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. August 2000 (Kart 3/00 (V) – Puttgarden II) nichts anderes. Jene Entscheidung hielt einen Bescheid des Bundeskartellamtes für nicht hinreichend bestimmt, weil dieser der verpflichteten Gesellschaft aufgab, die in ihrem Eigentum stehenden see- und landseitigen Infra- und Suprastrukturen des Fährhafens Puttgarden für die Mitnutzung von Wettbewerbern zu öffnen, ohne bereits in dem Bescheid einen Entgelthöchstbetrag im Sinne einer Missbrauchsgrenze festzulegen. Hieraus können Schlüsse für den hier zu entscheidenden Fall nicht gezogen werden. Ein dem Telekommunikationsrecht vergleichbares Entgeltregulierungsverfahren ist dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen fremd, so dass das Oberlandesgericht es schon nicht mit einer vergleichbaren Rechtslage zu tun hatte.
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Bescheide ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also der 1. Juli 1997. Hiervon ist das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts im Zweifel bei Verwaltungsakten ohne Dauerwirkung die Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, während bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung – je nach dem zeitlichen Umfang des Aufhebungsbegehrens – auch spätere Veränderungen der Sachlage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts zu berücksichtigen sind (vgl. Urteile vom 3. November 1987 – BVerwG 9 C 254.86 – BVerwGE 78, 243, 244; vom 28. Januar 1988 – BVerwG 3 C 48.85 – Buchholz 418.712 LMKV Nr. 2; vom 27. April 1990 – BVerwG 8 C 87.88 – Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 218; vom 27. Januar 1993 – BVerwG 11 C 35.92 – BVerwGE 92, 32, 35; Beschluss vom 23. November 1990 – BVerwG 1 B 155.90 – Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47).
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat dies zutreffend erkannt. Beiden Bescheiden fehlt die für einen Dauerverwaltungsakt typische, sich ständig neu aktualisierende Verpflichtung für die Klägerin. Kern des Beanstandungsbescheids vom 28. Mai 1997 ist die Feststellung, dass die Klägerin unter Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung gegenüber der beigeladenen Wettbewerberin kein deren Nachfrage entsprechendes Angebot auf Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung, sondern nur ein solches mit nicht nachgefragten Leistungen abgegeben hatte. Der Auflagenbescheid vom 1. Juli 1997 enthält maßgeblich die Handlungsaufforderung an die Klägerin, umgehend, nämlich innerhalb einer Zwei-Wochenfrist, ein der Nachfrage entsprechendes Angebot abzugeben, sofern ihr ein solches Angebot möglich ist. Er will damit das Verhalten der Klägerin in einer konkreten, für den Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung festgestellten Wettbewerbssituation steuern. Die Klägerin wird also – vorbehaltlich des Nichtvorliegens eines Ausnahmefalls – zu einer einmaligen Handlung, der Abgabe eines nachfragegerechten Angebots auf entbündelten Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen, verpflichtet. Diesem Handlungsgebot kommt eine Dauerwirkung in dem geforderten Sinne nicht zu. Denn nach Abgabe des entsprechenden uneingeschränkten Vertragsangebots, also durch eine einmalige Handlung, wäre die auferlegte Verpflichtung erfüllt; danach hat die Verfügung keinen vollstreckbaren Inhalt mehr. Dass sich aus der Nichterfüllung durch die Klägerin – die ein vorbehaltloses nachfrageorientiertes Vertragsangebot bislang nicht abgegeben hat – auf eine Dauerwirkung nicht schließen lässt, bedarf keiner Ausführung.
b) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt für kartellrechtliche Untersagungsverfügungen, auf die sich die Klägerin beruft (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Mai 1973 – KVR 1/72 – WuW/E 1283, 1286 – Asbach II; vom 3. Juli 1976 – KVR 4/75 – BGHZ 67, 104, 111, 115 – Vitamin B 12; vom 4. Oktober 1983 – KVR 2/82 – BGHZ 88, 273, 278 – Elbe-Wochenblatt II; vom 7. Oktober 1997 – KVR 14/96 – NJW-RR 1998, 764, 766 – TUI) führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei einer Beschwerde, die sich gegen eine kartellrechtliche Verbotsverfügung mit Dauerwirkung richtet, für die Tatsachenfeststellung grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht maßgeblich sei.
Diese Rechtsprechung lässt sich deswegen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, weil der Gesetzgeber in § 33 TKG mit Bedacht der Regulierungsbehörde durch die Möglichkeit, auch ein Handlungsgebot auszusprechen, weitergehende Befugnisse, den Wettbewerb aktiv gestaltend zu fördern, eingeräumt hat, als sie dem Bundeskartellamt nach § 32 GWB (§ 22 Abs. 5 GWB a.F.) zukommen. Diese besonderen Gestaltungsbefugnisse gehen einher mit Vorkehrungen des Telekommunikationsgesetzes, welche die Regulierungsbehörde rechtlich in die Lage setzen, sachkundig und zeitnah auf sich schnell verändernde Sach- und Rechtslagen zu reagieren, und welche der Beschleunigung der Verfahren insgesamt dienen. Hiermit vertrüge sich nicht, wenn bei Handlungsgeboten entgegen den herkömmlichen, für die Anfechtung von Verwaltungsakten geltenden Regeln regelmäßig auf einen Zeitpunkt während des Gerichtsverfahrens für die Prüfung der Sach- und Rechtslage abzustellen wäre.
So entfällt nach § 80 Abs. 1 TKG ein Vorverfahren; nach § 80 Abs. 2 TKG haben Klagen gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde keine aufschiebende Wirkung. Neben anderen Aufgaben und Befugnissen (vgl. §§ 66 ff. TKG) hat die Regulierungsbehörde insbesondere auch die Pflicht zur Aufsicht und zur fortlaufenden Marktbeobachtung (vgl. §§ 71 f., 81 TKG), die ihr einen genauen Überblick über die Wettbewerbssituation und den Stand der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte und damit schnelle Reaktionen erlauben. Diese dienen dem gesetzgeberischen Ziel der Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs, auch in der Fläche, auf den Märkten der Telekommunikation (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG). Mit ihm wird das Telekommunikationsgesetz in besonderer Weise dem verfassungsrechtlichen Auftrag zur beschleunigten materiellen Privatisierung und Liberalisierung gerecht.
Der verfassungsändernde Gesetzgeber des Jahres 1994 legte durch Art. 87 f i.V.m. Art. 143 b Abs. 1 und 2 GG fest (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 30. August 1994, BGBl I 2245), dass Dienstleistungen im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen privater Rechtsform und durch andere private Anbieter erbracht werden. Art. 87 f Abs. 2 Satz 1 GG fordert damit die Erbringung solcher Dienstleistungen unter Wettbewerbsbedingungen (vgl. BTDrucks 12/7269 S. 5 und 9). Art. 143 b Abs. 2 Satz 1 GG gestattet die Übertragung der ehemaligen Monopolrechte des Bundes auf die aus der Deutschen Bundespost POSTDIENST und der Deutschen Bundespost TELEKOM hervorgegangenen Unternehmen, darunter das Netz-, Funkanlagen- und Telefondienstmonopol nach § 1 Abs. 2 und Abs. 4 Fernmeldeanlagengesetz – FAG – (vgl. die Fassung vom 3. Juli 1989, BGBl I 1455) ausdrücklich nur für eine Übergangszeit. Auch dies zeigt, dass die Grundsatzentscheidung des Verfassungsgesetzgebers für eine organisatorische und materielle Privatisierung des Telekommunikationsmarktes auf eine zügige Verwirklichung gerichtet war. Dementsprechend hat der Bundesgesetzgeber die vorgesehene Übergangszeit für den „Sprechtelefondienst” am 31. Dezember 1997 und für die sonstigen Monopole nach § 1 Abs. 1 und 4 FAG a.F. bereits zum 1. August 1996 enden lassen (vgl. § 1 Abs. 1 und Abs. 4 FAG i.d.F. vom 14. September 1994, BGBl I 2363 und § 1 Abs. 4 FAG i.d.F. vom 25. Juli 1996, BGBl I 1148).
Rechte des der Missbrauchsaufsicht nach § 33 TKG unterliegenden Unternehmens auf effektiven Rechtsschutz werden durch die Beurteilung zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung nicht beeinträchtigt. Hätte sich im vorliegenden Fall die Sach- und Rechtslage während des gerichtlichen Verfahrens zugunsten der Klägerin mit der Folge des Wegfalls der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 33 TKG verändert, so stände es der Klägerin frei, den mit der Beigeladenen geschlossenen Vertrag, der mit der vorliegenden Entscheidung des Senats vorbehaltlose Geltung erlangt, zu kündigen. Käme es über die Frage, ob eine Änderung der Sach- oder Rechtslage vorliegt und ob diese die von der Klägerin behaupteten Wirkungen eines Rechtes zur Kündigung hat, mit der Regulierungsbehörde – gegebenenfalls nach Erlass einer neuen auf § 33 TKG gestützten Verfügung – zum Rechtsstreit, so stünde der Klägerin wiederum das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei den Gerichten offen. Dies schützt die Klägerin hinreichend davor, an die missbrauchsaufsichtsrechtliche Gebotsverfügung auch dann noch gebunden zu sein, wenn sich deren Grundlage in Gestalt der Sach- oder Rechtslage geändert hat.
3. Die Voraussetzungen des § 33 TKG für ein missbrauchsaufsichtsrechtliches Einschreiten lagen vor. Die Behörde hat mit Bescheid vom 28. Mai 1997 das Verhalten der Klägerin nach § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG beanstanden und ihr mit Bescheid vom 1. Juli 1997 nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG die Abgabe eines der Nachfrage nach einem grundsätzlich entbündelten Zugang zu Teilnehmeranschlussleitungen entsprechenden Angebots aufgeben dürfen. Denn in der Verweigerung dieser Leistung lag ein Missbrauch von Marktmacht im Sinne des § 33 Abs. 1 TKG. Dem Berufungsgericht ist im Ergebnis zu folgen. Soweit ihm Rechtsfehler unterlaufen sind, wirken sich diese nicht aus (§ 144 Abs. 4 VwGO).
a) Die Klägerin verfügt über eine die angefochtenen Missbrauchsverfügungen rechtfertigende marktbeherrschende Stellung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG i.V.m. § 22 GWB in der 1997 geltenden Fassung vom 20. Februar 1990 (BGBl I 235). § 19 GWB i.d.F. vom 26. August 1998 (vgl. Sechstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 26. August 1998, BGBl I 2521), auf den § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG in seiner derzeitigen Fassung verweist, entspricht § 22 GWB a.F. hinsichtlich der Voraussetzungen der Marktbeherrschung.
Ein Unternehmen ist nach § 22 Abs. 1 GWB a.F. (jetzt § 19 Abs. 2 GWB) marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat. Die Feststellung der Marktbeherrschung bedarf der vorherigen Abgrenzung des relevanten Marktes in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Beziehung. Räumlich relevant ist das Gebiet, in dem die in Rede stehenden Produkte nachgefragt werden, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von anderen Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet (vgl. Monopolkommission, Wettbewerb auf Telekommunikations- und Postmärkten, Sondergutachten ≪29≫ gemäß § 81 Abs. 3 TKG und § 44 PostG, 2000, S. 12; Mestmäcker, Beilage MMR 8/1998, 1, 10, 12). Zur Bestimmung des sachlich relevanten Marktes kommt es nach dem von der ständigen Rechtsprechung zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zugrunde gelegten Bedarfsmarktkonzept (vgl. KG WuW/E OLG 995, 996 „Handpreisauszeichner”; BGH WuW/E 1445, 1447 „Valium”; BGH WuW/E 2150, 2153 „Edelstahlbestecke”; s.a. Ruppelt in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischem Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, § 19 Rz. 9 ff.; Möschel in: Immenga/Mestmäcker GWB, 2. Aufl. 1992, § 22 Rz. 24 ff.) wesentlich auf die funktionelle Austauschbarkeit der Produkte und Dienstleistungen aus Sicht der Nachfrager an. Der sachlich relevante Markt wird somit bestimmt durch sämtliche Produkte oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preislage und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar angesehen werden.
aa) Im vorliegenden Fall ist der relevante Markt räumlich auf den Regierungsbezirk Köln zu beschränken. Das Berufungsgericht hat für seine Entscheidung auf den gesamten nationalen Markt abgestellt. Dies ist im vorliegenden Fall – anders als in dem gleichzeitig entschiedenen Parallelfall BVerwG 6 C 7.00 – unzutreffend, weil die Beigeladene ausdrücklich nur im Regierungsbezirk Köln in Konkurrenz zur Klägerin tritt. Allein für diesen räumlichen Markt verfügt die Beigeladene über die Lizenzen der Klassen 3 und 4 (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 c und 2 TKG), und in ihm ist sie bereits tätig, laut der Monopolkommission (a.a.O. S. 19) als einer der marktaktivsten und seit längerem etablierten Citynetzbetreiber. Beschränkt ein Wettbewerber sein Tätigkeitsfeld von vornherein auf eine Region, kann es nicht auf den gesamten nationalen Markt ankommen.
bb) Als sachlich relevante Märkte kommen hier der derzeit faktisch kombinierte (Endkunden-)Markt von Teilnehmeranschlussleitung und Ortsgesprächen (vgl. Monopolkommission a.a.O. S. 12) und der Markt für den Zugang zu Einrichtungen oder Leistungen, die zur Erbringung von Diensten für Endbenutzer erforderlich sind, in Betracht.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG kommt es auf denjenigen Markt an, auf dem das wegen missbräuchlichen Verhaltens in Anspruch genommene Unternehmen Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet. Hierbei handelt es sich nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 19 TKG um „das gewerbliche Angebot von Telekommunikation einschließlich des Angebots von Übertragungswegen für beliebige natürliche oder juristische Personen und nicht lediglich für die Teilnehmer geschlossener Benutzergruppen”. Diese Definition erfasst sowohl Märkte, auf denen Telekommunikationsdienstleistungen für Endbenutzer erbracht werden, also Endkundenmärkte, wie auch Zugangs- oder Vorleistungsmärkte, nämlich Märkte für den Zugang zu Einrichtungen oder Leistungen, die zur Erbringung von Diensten für Endbenutzer erforderlich sind (vgl. Monopolkommission a.a.O. S. 12; Mitteilung der Europäischen Kommission vom 26. April 2000, Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss: Wettbewerbsorientierte Bereitstellung einer vollständigen Palette von elektronischen Kommunikationsdiensten einschließlich multimedialer Breitband- und schneller Internet-Dienste, KOM ≪2000≫ 237, S. 6 f.; Wendland in: Beck-TKG-Kommentar, 2. Aufl. 2000, vor § 33 Rz. 20 ff.).
Da § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG „Wettbewerber auf diesem Markt” – nämlich auf dem Markt des marktbeherrschenden Anbieters – begünstigt, scheint die Vorschrift in erster Linie den Wettbewerb zwischen dem Marktbeherrscher und einem Wettbewerber auf dem Endkundenmarkt im Auge zu haben; denn auf diesem Markt will der Wettbewerber, soweit er – wie dies meist der Fall sein wird – selbst Leistungen für Endkunden anbietet, mit Hilfe der vom Marktbeherrscher zu gewährenden Leistungen zu dessen Nachteil tätig werden. Andererseits legt eine schutzzweckbezogene Auslegung des § 33 TKG nahe, zumindest auch oder gar allein den Vorleistungsmarkt als sachlich relevanten Markt im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG anzusehen. Das Telekommunikationsgesetz ist mit Blick gerade darauf entstanden, dass die Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen die Existenz eines funktionsfähigen Wettbewerbs grundsätzlich unterstellen und deshalb die Situation im Bereich des traditionell monopolistisch geprägten Telekommunikationsmarktes nicht hinreichend erfassen können. Auf der Grundlage internationaler Erfahrungen ließ sich ermessen, dass sich ein funktionsfähiger Wettbewerb nicht allein durch die Aufhebung der Monopolrechte entwickeln würde (vgl. Begründung zum gemeinsamen Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD und F.D.P. zum TKG, BTDrucks 13/3609, S. 1 f.). Die mit dem Telekommunikationsgesetz angestrebte Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte durch Sicherstellung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs (§§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 TKG) musste deshalb in den Blick nehmen, dass die Klägerin als früheres Staatsmonopolunternehmen mit einer Netzinfrastruktur von Kupferadern und Glasfaserleitungen in den Wettbewerb entlassen wurde, welche ihm bundesweit eine nahezu flächendeckende Versorgung der Haushalte mit Telekommunikationsdienstleistungen ermöglicht. Ihre Wettbewerber, die ohne eine vergleichbare, im Ursprung nicht durch eigene unternehmerische Leistungen erwirtschaftete Infrastruktur starten mussten, können ohne Zugang zu den Netzen der Klägerin Telekommunikationsdienstleistungen für Endkunden nicht in gleicher Weise wie diese anbieten. Soweit hiernach mit § 33 TKG verhindert werden soll, dass das auf dem Vorleistungsmarkt marktbeherrschende Unternehmen seine dortige Marktmacht ungeschmälert auf den nachgelagerten Wettbewerbsmarkt überträgt, würde die Vorschrift die Prüfung erfordern, ob der in Anspruch genommene Anbieter über eine marktbeherrschende Stellung auf dem Vorleistungsmarkt verfügt.
cc) Ob es auf beide in Rede stehende Märkte oder nur auf einen von ihnen ankommt, bedarf letztlich keiner Entscheidung; denn die Klägerin hat sowohl auf dem Vorleistungsmarkt wie auch auf dem Endkundenmarkt eine marktbeherrschende Stellung inne. Dies gilt sowohl für das Bundesgebiet als auch für den Regierungsbezirk Köln, so dass sich der Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Bestimmung des räumlich relevanten Marktes nicht auswirkt (§ 144 Abs. 4 VwGO).
Von einer marktbeherrschenden Stellung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der sich der Senat anschließt, dann auszugehen, wenn ein Unternehmen auf dem relevanten Markt einen vom Wettbewerb nicht mehr hinreichend kontrollierten, überragenden Verhaltensspielraum besitzt (vgl. BGHZ 73, 65, 73 „Erdgas Schwaben”; WuW/E BGH 2150, 2156 „Edelstahlbestecke” = GRUR 1986, 180; WuW/E BGH 2575, 2580 „Kampffmeyer-Plange”; vgl. auch Möschel in: Immenga/Mestmäcker a.a.O. § 22 Rz. 53; Säcker/Callies K&R 1999, 337, 342). Die den Verhaltensspielraum indizierenden Kriterien wie Marktanteile, wettbewerbliche Entwicklung einschließlich Preisentwicklung auf dem Wettbewerbsmarkt und Marktzutrittskosten sind dabei regelmäßig einer Gesamtbewertung zu unterziehen.
Hiernach kann an der Marktbeherrschung der Klägerin auf den hier in Betracht kommenden Märkten kein Zweifel bestehen. Unter den Beteiligten ist dies auch unstreitig. Die Marktanteile der Klägerin auf dem Endkundenmarkt liegen nach übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung bundesweit bei etwa 98 % und im Regierungsbezirk Köln bei etwa 95 % (vgl. auch Monopolkommission, a.a.O., S. 19). Die Klägerin ist zudem Eigentümerin von Teilnehmeranschlussleitungen in mehr als 5000 Ortsnetzen, darunter auch im Regierungsbezirk Köln. Sie nimmt damit auch auf den Vorleistungsmärkten der Teilnehmeranschlussleitungen eine alle Wettbewerber weit überragende Stellung ein. Das Berufungsgericht hat hierzu unwidersprochen ausgeführt, dass die Klägerin in der Lage ist, den auf die Mitbenutzung ihrer Infrastruktur im Ortsbereich angewiesenen Wettbewerbern gegenüber die Konditionen der Mitbenutzung zu bestimmen, und dass die anderen Betreiber eines eigenen Ortsnetzes nach Zahl und Geschäftsvolumen – noch – kein ausreichendes Gegengewicht gegen die Dominanz der Klägerin bei den Marktmechanismen (z.B. Entgeltentwicklung, Inhalt der Dienstleistungsangebote, Dienstleistungspakete, Neuentwicklungen) bilden (vgl. auch Monopolkommission, a.a.O., S. 22 ff.).
b) Bei dem von der Beigeladenen nachgefragten Zugang zum Telekommunikationsnetz der Klägerin handelt es sich um einen Unterfall des besonderen Netzzuganges im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG i.V.m. § 1 Abs. 2 Netzzugangsverordnung (Verordnung über besondere Netzzugänge – NZV – vom 23. Oktober 1996, BGBl I 1568). Angesichts der zentralen Bedeutung dieses Netzzugangs nach § 35 TKG für die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes ist er ohne weiteres als eine vom marktbeherrschenden Anbieter dem Wettbewerber zu gewährende wesentliche Leistung im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG anzusehen. Er kann deshalb auch mit missbrauchsaufsichtsrechtlichen Maßnahmen erzwungen werden, sofern die Voraussetzungen des § 33 TKG im Übrigen vorliegen. Vor allem Entstehungsgeschichte und Gesetzessystematik rechtfertigen den Schluss, dass der besondere Netzzugang als einer der Hauptanwendungsfälle des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG zu betrachten ist.
aa) Der Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen im Netz der Klägerin erfüllt die Kriterien eines besonderen Netzzugangs im Sinne von § 35 Abs. 1 TKG. Dazu im Einzelnen:
(1) Mit ihrer Nachfrage nach Einräumung eines unmittelbaren, von zusätzlichen technischen Einrichtungen der Klägerin unabhängigen Zugriffs auf die Teilnehmeranschlussleitungen am Hauptverteiler will die Beigeladene als Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen von der marktbeherrschenden Klägerin einen besonderen Netzzugang im Sinne von § 35 TKG erreichen. Denn dieser Nachfrage kann nur dadurch entsprochen werden, dass Einrichtungen der Beigeladenen und Endeinrichtungen der Kunden der Beigeladenen mit Teilen des Telekommunikationsnetzes der Klägerin physisch und in der Weise logisch miteinander verbunden werden, dass der Beigeladenen der uneingeschränkte Zugriff zu sämtlichen Funktionalitäten und zur uneingeschränkten Übertragungskapazität der Teilnehmeranschlussleitung ermöglicht wird. Dies erfüllt die Voraussetzungen des § 3 Nr. 9 TKG. Als Netzzugang wird dort die „physische und logische Verbindung von Endeinrichtungen oder sonstigen Einrichtungen mit einem Telekommunikationsnetz oder Teilen desselben sowie die physische und logische Verbindung eines Telekommunikationsnetzes mit einem anderen Telekommunikationsnetz oder Teilen desselben zum Zwecke des Zugriffs auf Funktionen dieses Telekommunikationsnetzes oder auf die darüber erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen” bezeichnet. Die Nutzung einer Teilnehmeranschlussleitung für Telekommunikationsdienstleistungen setzt dabei stets eine auch logische Verbindung im Sinne des Gesetzes voraus. Das Gesetz lässt offen, wer für die physische und/oder die logische Verbindung zu sorgen hat. Es ist deshalb entgegen der Auffassung der Klägerin nicht erforderlich, dass diese selbst neben der physischen auch die logische Verbindung der Einrichtungen mit dem Telekommunikationsnetz oder der beiden Telekommunikationsnetze bereit stellt. Die Meinung der Klägerin, es fehle an einer logischen Verbindung, weil sich ihre Tätigkeit bei dem von der Beigeladenen begehrten Zugang auf ein bloßes „Umstöpseln” von Leitungen beschränke, verfehlt diesen inneren Zusammenhang.
(2) Bei der Teilnehmeranschlussleitung handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin um einen Teil des öffentlichen Telekommunikationsnetzes der Klägerin, zu dem diese schon nach § 35 Abs. 1 TKG Zugang zu gewähren hat. Dies folgt mit hinreichender Deutlichkeit aus der Legaldefinition des (öffentlichen) Telekommunikationsnetzes in § 3 Nr. 12 bzw. § 3 Nr. 21 TKG. Diese nimmt Bezug auf die Gesamtheit der technischen Einrichtungen und nennt dafür neben den Übertragungswegen und den Vermittlungseinrichtungen auch die sonstigen Einrichtungen, die zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Betriebs des Telekommunikationsnetzes unerlässlich sind. Damit wird auch die Teilnehmeranschlussleitung erfasst. Als solche ist im Regelfall dasjenige Teilstück eines Netzes zu verstehen, welches als Leitung vom sog. Hauptverteiler bis zur Telekommunikationsabschlusseinrichtung beim Endkunden reicht. Da der Zugang gerade zu diesem Teilstück erforderlich ist, um dem darüber angeschlossenen Endkunden die entsprechenden Telekommunikationsdienstleistungen anbieten zu können, nötigt der Zweck des Gesetzes, den Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation besonders auch im Hinblick auf die Interessen der Nutzer zu fördern (vgl. §§ 1 und 2 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 TKG), die Teilnehmeranschlussleitung als sonstige Einrichtung i.S.v. § 3 Nr. 12 TKG anzusehen.
bb) Bei einem solchen Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung im Netz der Klägerin handelt es sich regelmäßig um eine wesentliche Leistung im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG. Der im Gesetz nicht näher bestimmte Begriff der Leistung erfasst dabei alle Einrichtungen, die der marktbeherrschende Anbieter intern nutzt oder am Markt anbietet, um Telekommunikationsdienstleistungen zu erbringen, jedenfalls sofern sie isoliert nutzbar sind. Der besondere Netzzugang im Sinne des § 35 Abs. 1 TKG ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 33 TKG auch mit den Mitteln der Missbrauchsaufsicht durchsetzbar, da er einen herausragend wichtigen Anwendungsfall der „wesentlichen Leistung” darstellt. Letzteres folgt insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Netzzugangsregelungen und der gesetzlichen Systematik einschließlich der Funktion der Missbrauchsaufsicht.
(1) Die Regelung des besonderen Netzzugangs in § 35 TKG gründet auf der zentralen Bedeutung des Zugangs zum Telekommunikationsnetz des marktbeherrschenden Netzbetreibers für die Marktzutrittschancen der Wettbewerber. So verweist die Gesetzesbegründung ausdrücklich auf den Umstand, dass allein die Klägerin über flächendeckende Netzinfrastrukturen verfügt, und hebt die besondere Bedeutung des offenen Netzzugangs und der Regelungen zum Netzzugang und zur Zusammenschaltung für den Erfolg des Wettbewerbs eigens hervor (vgl. BTDrucks 13/3609 S. 33, 34, 35). Die zentrale Bedeutung des offenen Netzzugangs wurde auch in den parlamentarischen Beratungen zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes betont (vgl. BT-Plenarprotokoll 13/110 vom 13. Juni 1996, S. 9787, 9789, 9790, 9801).
Das Gesetz knüpft hierbei europarechtlich an sekundäres Gemeinschaftsrecht an, in erster Linie an die sog. ONP (Open Network Provision) – Rahmenrichtlinie (ABl EG Nr. L 192 S. 1), nämlich die Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs. Auf diese nehmen § 33 Abs. 1 Satz 2 und § 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 Satz 3 TKG ausdrücklich Bezug. Das Ziel dieser Richtlinie ist die möglichst uneingeschränkte Nutzung öffentlicher Telekommunikationsnetze durch die rasche Einführung harmonisierter Grundsätze und Bedingungen für den offenen Netzzugang und die darauf aufbauende Verwirklichung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikation. Für dieses stufenweise zu verwirklichende Ziel stellt sie ein Arbeitsprogramm auf, in das sie – neben sonstigen neuen Arten des Netzzugangs – auch bereits den Zugang zu den Anschlussleitungen zwischen Teilnehmer und Vermittlungsstelle des öffentlichen Netzes einbezieht (Art. 4 i.V.m. Anhang 1 Nr. 7). Diese Richtlinie wurde europapolitisch verstärkt durch die Entschließung des Rates vom 22. Juli 1993, in welcher dem offenen Netzzugang eine Schlüsselrolle für die Öffnung des europäischen Telekommunikationsmarktes zuerkannt und die Harmonisierung auf diesem Gebiet als eines der Hauptziele definiert wird (ABl EG Nr. C 213 S. 1, 2, bekräftigt in den Entschließungen des Rates vom 22. Dezember 1994, ABl EG Nr. C 379 S. 4 und vom 18. September 1995, ABl EG Nr. C 258 S. 1). Daneben enthält vor allem die sog. Wettbewerbs-Richtlinie der Kommission vom 13. März 1996 (96/19/EG zur Änderung der Richtlinie 90/388/EWG hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten (ABl EG Nr. L 74 S. 13) ausführliche Bestimmungen zur Zusammenschaltung. Sie betont in ihrer 13. Erwägung die entscheidende Bedeutung des Rechtes neuer Sprachtelefondiensteanbieter, ihre Dienste gegen ein angemessenes Entgelt zur Realisierung von Anrufen mit dem bestehenden öffentlichen Telekommunikationsnetz an den notwendigen Anschaltpunkten zusammenzuschalten. Unter Zusammenschaltung wird dort die physische und logische Verbindung von Telekommunikationseinrichtungen von Organisationen, die Telekommunikationsnetze und/oder Telekommunikationsdienste bereit stellen bzw. erbringen, verstanden (vgl. Art. 1 Abs. 1). Derartige Zusammenschaltungen will die Richtlinie zwar grundsätzlich mit dem Mittel einer Verhandlungspflicht der Parteien erreichen. Sie erkennt aber, dass dies an dem ungleichen Verhandlungsgewicht der neuen Marktteilnehmer im Vergleich zu den Monopolunternehmen scheitern könnte, und gibt den Mitgliedsstaaten deshalb die Sorge dafür auf, solchen Situationen vorzubeugen, die faktisch eine Verlängerung früherer Monopolrechte der marktbeherrschenden Unternehmen erwarten lassen (vgl. 13. Erwägung). Art. 4 a der Richtlinie erlegt den Mitgliedsstaaten ausdrücklich die Regelung von Zusammenschaltungen als eine Form des Netzzugangs (vgl. Art. 1) auf. Kommen kommerzielle Verhandlungen über Zusammenschaltungen in angemessener Zeit zu keinem Ergebnis, so sollen die Mitgliedsstaaten für eine staatliche Entscheidung sorgen, die die betrieblichen und finanziellen Bedingungen und Anforderungen für eine solche Zusammenschaltung festlegt (vgl. Art. 4 a Abs. 3).
(2) Der deutsche Gesetzgeber hatte diese europarechtlichen Vorgaben ersichtlich auch bei der Systematik des Vierten Teils des Telekommunikationsgesetzes im Blick. Darauf, dass die Missbrauchsaufsicht dazu gedacht ist, gerade auch den in § 35 TKG geregelten offenen Netzzugang gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen durchzusetzen, weist bereits die Überschrift dieses Teils hin („Offener Netzzugang und Zusammenschaltungen”). Die Missbrauchsaufsicht greift allerdings nicht in allen Fällen des § 35 TKG ein, weil dessen Voraussetzungen nur teilweise mit denen des § 33 TKG übereinstimmen.
§ 33 TKG regelt das für die Herstellung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs besonders wichtige Verhältnis von marktbeherrschendem Unternehmen und Wettbewerber. Er bestimmt für diesen Fall ausdrücklich eine besondere, an das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen angelehnte, aber über dieses hinausgehende Möglichkeit der Missbrauchsaufsicht. Diese sichert diskriminierungsfreien Zugang zu allen wesentlichen intern genutzten oder am Markt angebotenen Leistungen des marktbeherrschenden Unternehmens. Demgegenüber begünstigt § 35 TKG grundsätzlich alle Nutzer im Verhältnis zum marktbeherrschenden Unternehmen und setzt damit eine Wettbewerbssituation zwischen diesen nicht notwendig voraus; er schließt diese Konstellation aber auch nicht aus. § 35 TKG gewährt enger als § 33 TKG Zugang nur zum Telekommunikationsnetz oder zu Teilen desselben und nicht auch zu anderen wesentlichen Leistungen des marktbeherrschenden Unternehmens, wie dies § 33 TKG vorsieht.
Der Anwendung des missbrauchsaufsichtsrechtlichen Instrumentariums auch in solchen Fällen, in denen schon § 35 TKG dem Wettbewerber Zugang zum Netz des marktbeherrschenden Unternehmens gewährt, stehen die §§ 36 ff. TKG nicht entgegen. Die in § 36 TKG geregelte Pflicht zu Verhandlungen über eine Zusammenschaltung ist schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht vorrangig auf marktbeherrschende Unternehmen und Marktzutritt suchende Wettbewerber zugeschnitten, wenngleich die Verhandlungspflicht gleichermaßen für sie gilt. Denn § 36 TKG sieht für alle Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze, auch soweit sie nicht marktbeherrschend sind, die Pflicht vor, anderen Betreibern auf Nachfrage ein Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben. § 37 TKG ermächtigt im Falle des Scheiterns der in § 36 TKG vorgesehenen Verhandlungen die Regulierungsbehörde, die Zusammenschaltung nach einer – einmalig verlängerbaren – Frist von sechs Wochen anzuordnen. Die Anordnungsbefugnis nach § 37 TKG steht dabei nicht ohne weiteres gleichberechtigt neben der Missbrauchsaufsicht des § 33 TKG, wenn ein monopolartig den Markt beherrschendes Unternehmen beteiligt ist. Liegen gleichzeitig die Voraussetzungen des § 33 und des § 37 TKG vor, so wird die Regulierungsbehörde im Hinblick auf die gesetzgeberische Absicht, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb zu fördern und sicherzustellen, grundsätzlich vorrangig nach § 33 TKG gegen das beteiligte marktbeherrschende Unternehmen einzuschreiten haben.
Dem steht nicht entgegen, dass § 35 TKG anders als § 34 Abs. 3 und § 38 Abs. 2 TKG nicht ausdrücklich auf die Anwendbarkeit des § 33 TKG verweist. Für eine solche Verweisung bestand bei § 35 TKG aus den genannten Gründen kein Bedürfnis, während bei den §§ 34 und 38 TKG insoweit Zweifel möglich gewesen wären.
(3) Auch die Funktion der Missbrauchsaufsicht lässt keinen Zweifel daran zu, dass der besondere Netzzugang im Sinne des § 35 TKG regelmäßig ein Hauptanwendungsfall der „wesentlichen Leistung” im Sinne des § 33 TKG sein wird. Nach §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG soll – wie bereits dargelegt – in Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags aus Art. 87 f GG chancengleicher und funktionsfähiger Wettbewerb gefördert und gesichert werden. Dies zielt auf einen strukturell gesicherten Wettbewerb, der auch dann fortbesteht, wenn die wettbewerbsgestaltende Regulierung künftig zurückgenommen wird (vgl. Monopolkommission a.a.O. S. 40). Die sektorspezifische Marktaufsicht nach dem Telekommunikationsgesetz wird durch das Konzept der asymmetrischen, also vorrangig das Problem der Auflösung des Monopols in den Blick nehmenden Regulierung bestimmt. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Gesetzgeber die Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen allein (vgl. § 2 Abs. 3 TKG) nicht für ausreichend hielt, um auf dem bis 1996 staatsmonopolistisch organisierten Telekommunikationsmarkt funktionsfähigen Wettbewerb herzustellen. Die allgemeine kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht schien ihm ersichtlich allein auf ein prinzipiell funktionierendes Wettbewerbsumfeld zugeschnitten, welches lediglich vor bestimmten Verzerrungen und Verfälschungen zu schützen ist. Demgegenüber war im Wirkungsbereich des ehemaligen Staatsmonopols Wettbewerb erst herzustellen (vgl. BTDrucks 13/3609 S. 1, 33 f.). Der Missbrauchsaufsicht nach § 33 TKG ist bei dieser Ausgangslage eine zentrale Funktion zugewiesen. Sie soll verhindern helfen, dass sich die Klägerin ihren Wettbewerbsvorsprung auf Dauer erhält, indem sie ihre Telekommunikationsdienstleistungen zu günstigeren Bedingungen als ihre Wettbewerber erbringen kann. Unerheblich ist insoweit, ob die Missbrauchsaufsicht vom Gesetzgeber als ein spezieller Fall der im Recht der Vereinigten Staaten von Amerika entwickelten sog. Essential-Facilities-Doctrine konzipiert wurde. Entscheidend ist die konkrete gesetzliche Ausformung der hier maßgebenden Regelungen, die ein Zurückgreifen auf allgemeine zugrunde liegende Grundsätze allenfalls dann erlauben würde, wenn anders die Auslegung nicht zu eindeutigen Ergebnissen führen würde. Dies ist hier offenkundig nicht der Fall.
(4) Aus dem zuvor Gesagten folgt zugleich, dass sich der Begriff der Leistung in § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne von § 3 Nr. 18 TKG reduzieren lässt. Dies ergibt sich außerdem aus dem unterschiedlichen Wortlaut der Begriffe „Leistung” und „Telekommunikationsdienstleistung” und daraus, dass nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung eine Telekommunikationsdienstleistung notwendig an Dritte gerichtet ist („gewerbliches Angebot von Telekommunikation”), während es sich bei einer „Leistung” auch um ein nicht vermarktetes, lediglich intern genutztes Vorprodukt des Unternehmens handeln kann. Auch die systematische Stellung des § 33 TKG im Vierten Teil des Gesetzes, der unter der Überschrift „Offener Netzzugang und Zusammenschaltungen” steht, und der Verweis auf die ONP-Richtlinie vom 28. Juni 1990 (90/387/EWG) ergeben, dass auch der Netzzugang im Sinne einer Vorleistung für ein Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen – und nicht nur diese selbst – eine „Leistung” i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG darstellt. Dementsprechend ist in der Begründung zu § 32 des Entwurfs (dem nunmehrigen § 33 TKG) als Beispiel für eine Leistung die Überlassung von lizenzpflichtigen Übertragungswegen i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG genannt worden (BTDrucks 13/3609 S. 46); darüber hinaus ist an derselben Stelle von „der auf die Förderung eines funktionsfähigen Wettbewerbs und eines diskriminierungsfreien, offenen Netzzugangs gerichteten Zielsetzung dieses Paragraphen” die Rede. Der Gesetzgeber der 6. GWB-Novelle hat hieran angeknüpft. Mit ihr wurde das neue Regelbeispiel des § 19 Abs. 4 Nr. 4 über den Zugang zu Netzen und anderen Infrastruktureinrichtungen in das GWB eingefügt. In ihm sah der Gesetzgeber einen Auffangtatbestand, der im Telekommunikationsrecht dann eingreifen werde, „wenn künftig – wie vorgesehen – die sektorspezifische Regulierung vom Gesetzgeber wieder aufgehoben” werde (BTDrucks 13/9720). Ebenso versteht der das Entbündelungsgebot bei Netzzugängen regelnde § 2 NZV unter dem Netzzugang eine Leistung nach § 33 Abs. 1 TKG (vgl. auch die Begründung zu § 2 des Entwurfs der NZV – BRDrucks 655/96 S. 8).
(5) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verlöre der von der Beigeladenen begehrte Netzzugang nicht schon dann ohne weiteres die Qualität einer wesentlichen Leistung im Sinne des § 33 TKG, wenn der Beigeladenen technisch und wirtschaftlich realisierbare Alternativen zur Verfügung stünden, die es ihr erlaubten, Endkunden auf dem nachgelagerten Markt mit Telekommunikationsdiensten zu versorgen. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidungen die derzeit erörterten alternativen Zugangstechniken wie Funkanbindung (Wireless Local Loop, WLL), Stromnetz (Powerline Communications) und Breitbandkabel auch nach dem Vorbringen der Klägerin noch nicht zur Verfügung standen. Die Verpflichtung des marktbeherrschenden Unternehmens, nach § 35 Abs. 1 TKG Netzzugang zu gewähren, besteht nach Wortlaut und Sinngehalt grundsätzlich unabhängig davon, ob die Telekommunikationsdienstleistungen der Wettbewerber auch über alternative Zugangstechniken angeboten werden können oder ob der Aufbau eigener Netze möglich wäre. Hierin liegt objektiv keine unzumutbare Belastung der Klägerin. Vielmehr handelt es sich um eine der Konsequenzen daraus, dass das bestehende Festnetz der Klägerin noch ganz überwiegend zu Zeiten des früheren Staatsmonopols aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde. Insoweit liegt § 35 TKG auch der Gedanke zugrunde, dass die öffentlich aufgebauten Netzressourcen im Interesse eines offenen Telekommunikationsmarktes den Interessen aller Nutzer zugute kommen sollen. Der Gesetzgeber hat damit dem überkommenen Festnetz auf absehbare Zeit eine Sonderstellung gegenüber anderen Netzen und Teile des Netzes substituierenden Techniken eingeräumt. Es liegt in erster Linie bei ihm, darauf zu reagieren, wenn mit anderen Techniken ökonomisch und technisch gleichwertige Alternativen vorhanden sind und die Investitionen der Klägerin in das Festnetz nicht mehr durch Entgelte nach § 39 i.V.m. §§ 24, 25 Abs. 1 und 3, §§ 27, 28, 29, 30 Abs. 1 und 3 bis 6 und § 31 TKG entsprechend ausgeglichen werden können.
Auf die Verfahrensrügen der Klägerin zur Nichtberücksichtigung der alternativen Zugangstechniken durch das Berufungsgericht kommt es deshalb nicht an.
c) Die weiteren Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 TKG für ein missbrauchsaufsichtsrechtliches Einschreiten lagen vor.
aa) § 33 Abs. 1 TKG verpflichtet das marktbeherrschende Unternehmen dazu, Wettbewerber, die Netzzugangsleistungen nachfragen, nicht schlechter zu behandeln, als eigene (nachgelagerte) Dienstleistungsbereiche oder als eigene Tochterunternehmen. Die interne Behandlung hat also der externen zu entsprechen (vgl. BTDrucks 13/3609 S. 46). Die Vorschrift untersagt dem Marktbeherrscher ausdrücklich, den Wettbewerbern ungünstigere Bedingungen als sich selbst, insbesondere durch Auferlegung von Beschränkungen, einzuräumen. Auch insoweit steht die gesetzliche Regelung ganz im Zeichen des Ziels, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb sicherzustellen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG).
Die Klägerin hat der Beigeladenen den begehrten Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen zu ungünstigeren Bedingungen angeboten, als sie ihr intern selbst zur Verfügung stehen. Ihr Angebot eröffnet der Beigeladenen keinen diskriminierungsfreien Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen. Dies ergibt ein Vergleich der hiernach bestehenden unterschiedlichen unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten der Klägerin und der Beigeladenen. Die uneingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zu der vollen Kapazität der Teilnehmeranschlussleitungen, die der Klägerin als Eigentümerin der zu Zeiten des Staatsmonopols aufgebauten Ortsnetze zustehen, erlauben es ihr jederzeit, für die Endkunden neue Telekommunikationsdienstleistungen zu konzipieren und anzubieten, die das Informationsdurchsatzvermögen der Leitungen voll oder vermindert nutzen, ohne dass sich die Klägerin zuvor mit Dritten über das zur Verfügung stehende Durchsatzvermögen abstimmen müsste. Dies ermöglicht ihr, solche unternehmerischen Dispositionen weitgehend unabhängig von etwaigen Wettbewerbern zu treffen, und führt im Ergebnis zu einem auf dem überkommenen Monopol beruhenden Wettbewerbsvorsprung. § 33 Abs. 1 TKG sucht chancengleichen Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt durch Neutralisierung eines solchen Vorsprungs zu erreichen. Der ihm zu entnehmenden Verpflichtung, den Wettbewerbern diskriminierungsfreien Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen einzuräumen, ist folglich nur dann genügt, wenn diesen eine vergleichbare unternehmerische Dispositionsfreiheit bei der Ausgestaltung ihrer Telekommunikationsdienstleistungen eröffnet ist. Diese ist durch das an den Einsatz zusätzlicher Übertragungstechnik gekoppelte Angebot der Klägerin nicht gewährleistet. Es würde den Wettbewerber auf die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen beschränken, die mit der vorgeschalteten Übertragungstechnik der Klägerin und der dadurch möglichen Leistungsqualität kompatibel sind. Einer Begrenzung der Dienstleistungsangebote durch das eingeräumte Informationsdurchsatzvermögen könnte zwar dadurch vorgebeugt werden, dass sich die Klägerin – wozu sie sich bereit zeigt – von vornherein verpflichtete, auf Anforderung die dem Wettbewerber zugängliche Leitungskapazität zu erweitern. Doch blieben die Wettbewerber auch unter dieser Voraussetzung an die von der Klägerin verwendeten Techniken gebunden und wären an der Entwicklung und dem Einsatz eigener, innovativer Techniken und an hiermit verbundenen neuen Leistungsangeboten gehindert. Hinzu kommt, dass die Klägerin durch das den Wettbewerbern auferlegte Abstimmungserfordernis, das für sie selbst als Eigentümerin des Netzes nicht bestünde, auch Hinweise auf das zu erwartende Marktverhalten ihrer Wettbewerber erhielte und ihr eigenes Verhalten darauf einstellen könnte. Das Berufungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass auf diese Weise der Wettbewerb zu Lasten der Wettbewerber eingegrenzt und für die Klägerin überschaubar bliebe. Die Beigeladene erhält deshalb eine der Klägerin vergleichbare unternehmerische Dispositionsfreiheit grundsätzlich nur durch den Zugriff auf die volle, nicht durch vorgeschaltete Einrichtungen begrenzte oder kanalisierte Informationsdurchsatzkapazität der Teilnehmeranschlussleitung, soweit der Endkunde ihre Leistungen in Anspruch nehmen will.
Auf die Behauptung der Klägerin, sie stelle ihrem eigenen internen Geschäftsfeld „Telefonnetzkommunikation” die Teilnehmeranschlussleitungen nur so zur Verfügung, wie sie es der Beigeladenen angeboten habe, nämlich mit am Hauptverteiler installierten Vorschalteinrichtungen zur Modifizierung des Datendurchsatzes – also nur „gebündelt” –, kommt es demnach nicht an. Für die Anwendung des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG ist allein entscheidend, ob die wesentliche Leistung als technisch und ökonomisch funktionell eigenständige und abgrenzbare Leistung intern nutzbar und bewertbar ist. Das trifft nach den vorangegangenen Ausführungen für den „entbündelten” Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen zu. Unerheblich ist demgegenüber, ob ein Geschäftsfeld der Klägerin intern solche Leistungen mit anderen zusammenfasst und einem anderen Geschäftsfeld buchungstechnisch nur als Paket zur Verfügung stellt. Es widerspräche dem Regelungsziel des Telekommunikationsgesetzes, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb zu ermöglichen, wenn es die Klägerin in der Hand hätte, durch eine derartige Zusammenfassung intern genutzter Leistungen die Wettbewerber an eine Technik der Klägerin zu binden, die mit dem begehrten besonderen Netzzugang nicht technisch und ökonomisch notwendig verbunden ist. Deshalb ist ihr auch nicht darin zu folgen, dass sich die kleinste „entbündelt” anzubietende Leistungseinheit schon danach zu bestimmen habe, in welcher Beziehung die Hauptleistung zu den behaupteten zusätzlichen Leistungen stehe und ob ein Sachzusammenhang dergestalt vorhanden sei, dass technische oder wirtschaftliche Gründe für die Zusammenfassung der betreffenden Leistungen zu einem einheitlichen Angebot sprächen.
Der Verpflichtung aus § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG entspricht diejenige des § 2 NZV zur vollständigen Entbündelung des Netzzugangs, dessen Voraussetzungen ebenfalls vorliegen. Nach dieser Regelung muss der Betreiber eines Telekommunikationsnetzes nach § 35 Abs. 1 TKG Leistungen gemäß § 33 Abs. 1 TKG einschließlich der jeweils erforderlichen übertragungs-, vermittlungs- und betriebstechnischen Schnittstellen in einer Weise anbieten, dass keine Leistungen abgenommen werden müssen, die nicht nachgefragt werden. Er hat hierbei entbündelten Zugang zu allen Teilen seines Telekommunikationsnetzes einschließlich des entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlussleitungen zu gewähren, sofern es im Einzelfall keine sachlich rechtfertigenden Gründe gibt, die zur Verweigerung berechtigen. § 2 NZV beinhaltet ausweislich seiner Begründung (BRDrucks 655/96, S. 8) keine eigene Anspruchsgrundlage oder gesetzliche Verpflichtung. Der Verordnungsgeber wollte aber mit ihm die sich „aus § 33 Abs. 1 TKG ergebende Verpflichtung zur Entbündelung” konkretisieren (a.a.O.).
Fehl geht nach alledem auch die Auffassung der Klägerin, dass § 33 Abs. 1 TKG nur eine Verpflichtung zu entnehmen sei, den Wettbewerbern eine Mitbenutzung der maßgeblichen Leistung zu gewähren. Maßgebliche Leistung ist hier der Zugang zu den der Klägerin gehörenden Teilnehmeranschlussleitungen, soweit sie nicht von ihr selbst für eigene Dienstleistungen genutzt werden. Dass die einzelnen Teilnehmeranschlussleitungen den Wettbewerbern nicht mit ihrer vollen Kapazität zur Nutzung überlassen werden dürfen, lässt sich aus dem in § 33 Abs. 1 TKG verwendeten Begriff der „Leistung” nicht herleiten. Im Gegenteil verlangt – wie dargelegt – der Grundsatz der diskriminierungsfreien Leistungsgewährung, dass die Leitungen den Wettbewerbern grundsätzlich ohne kapazitätsbegrenzende technische Einrichtungen und damit „entbündelt” für ihre Dienste zur Verfügung stehen.
bb) Die in der Verweigerung eines nachfragegerechten „entbündelten” Angebots liegende Einräumung ungünstigerer Bedingungen beim Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen wird von der Klägerin nicht im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 und 2 TKG sachlich gerechtfertigt.
Eine Gruppe denkbarer Rechtfertigungsgründe ergibt sich aus der ONP-Richtlinie vom 28. Juni 1990 (90/387/EWG), auf die § 33 Abs. 1 Satz 2 TKG für die Frage möglicher Rechtfertigung beispielhaft verweist. Nach dieser Richtlinie kann der Zugang zu Telekommunikationsnetzen ausnahmsweise beschränkt werden aus Gründen, die auf grundlegenden Anforderungen beruhen und die in Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht stehen. Als solche grundlegenden Anforderungen nennt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie: Sicherheit des Netzbetriebs, Aufrechterhaltung der Netzintegrität, Interoperabilität der Dienste, wo dies begründet ist, Datenschutz, wo dies angebracht ist. Offenkundig folgt für die Klägerin hieraus keine allgemeine Rechtfertigung, ein nachfragegerechtes Angebot auf „entbündelten” Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen zu verweigern. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene für die Gewährleistung dieser Anforderungen nicht in gleicher Weise einstehen könnte wie die Klägerin.
Daneben sind weitere Rechtfertigungsgründe denkbar, hier aber zugunsten der Klägerin nicht ersichtlich. So entfällt nach dem Inhalt der angefochtenen Bescheide eine Pflicht zur Zugangsgewährung von vornherein insoweit, als die Klägerin über begehrte Teilnehmeranschlussleitungen nicht verfügt. Im Übrigen kann sich eine sachliche Rechtfertigung für die vollständige Leistungsverweigerung erst aus einer Abwägung der Interessen der Beteiligten, hier der Klägerin und der Beigeladenen, unter Berücksichtigung der Ziele des Telekommunikationsgesetzes, nämlich der Herstellung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs ergeben (vgl. zu eingeschränkt vergleichbaren Rechtfertigungsklauseln im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen BGHZ, 38, 90, 102 – Treuhandbüro; BGHZ 130, 390, 399 – Stadtgas; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, Rz. 544; Bechtold, GWB, Kommentar, 2. Aufl. 1999, § 19 Rz. 65; § 20 Rz. 42; Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 1999, § 23 Rz. 40 unter Hinweis auf: Bericht des Wirtschaftsausschusses BTDrucks 8/3690 S. 25 = WuW 1980, 370; vgl. auch Piepenbrock, a.a.O., § 33 Rz. 51 ff.). Das Berufungsgericht hat zutreffend die Eigentümer- und Geschäftsinteressen des marktbeherrschenden Unternehmens den Geschäftsinteressen der Wettbewerberin gegenübergestellt und sodann diese Interessen im Hinblick auf den Schutzzweck, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb entstehen zu lassen, gewichtet und gegeneinander abgewogen. Es konnte hierbei frei von Rechtsfehlern davon ausgehen, dass der von der Klägerin angebotene Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen gekoppelt mit Vorschalteinrichtungen, die den Informationsdurchsatz steuern, nicht von schutzwürdigen Eigentümer- oder Geschäftsinteressen gedeckt, dass allein das Interesse der Beigeladenen an Unabhängigkeit von der Technik und dem Angebotsspektrum der Klägerin schutzwürdig sei und die Befreiung der Wettbewerber vom Nachweis eines konkreten Bedarfs an der vollen Kapazität sich aus dem Gesetzesziel der Förderung des Wettbewerbs rechtfertige.
Die Verpflichtung zur Gewährung eines entbündelten Netzzugangs kann von der Klägerin auch nicht aus sonstigen, lediglich Einzelfälle betreffenden Gründen insgesamt in Frage gestellt werden. Die Klägerin lässt unberücksichtigt, dass ihr mit dem Gebot zur Abgabe eines der Nachfrage entsprechenden Angebots lediglich der Abschluss eines Rahmenvertrages aufgegeben ist. In diesem ist sinnvollerweise zu regeln, dass die Klägerin in konkreten Einzelfällen die Überlassung einer Teilnehmeranschlussleitung oder ihrer vollen Kapazität aus Gründen sachlicher Rechtfertigung verweigern darf. Ebenso ist es selbstverständlich, dass ein solcher Vertrag vorsieht, dass die Klägerin die Teilnehmeranschlussleitung oder einen Teil ihrer Kapazität im Einzelfall aus sachlichen Gründen von dem Wettbewerber wieder zurückfordern kann. Als sachliche Gründe der Zugangsverweigerung oder Rückholmöglichkeit kommen beispielsweise in Betracht: die Selbstnutzung der Teilnehmeranschlussleitung durch die Klägerin; die Nutzung durch dritte Wettbewerber; Kapazitätsengpässe: mehrere Endkunden müssen über eine Teilnehmeranschlussleitung von unterschiedlichen Anbietern mit Telekommunikationsdienstleistungen versorgt werden; Bonitätsbedenken hinsichtlich des Wettbewerbers; technische Gegebenheiten. Die Gründe für solche einzelnen Fälle der sachlichen Rechtfertigung hat die Klägerin allerdings jeweils konkret nachzuweisen (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 3 TKG und § 2 Satz 3 NZV).
In Übereinstimmung mit dieser Rechtslage hat die Klägerin in Ziff. 3.2 des (unter dem Vorbehalt des Ausgangs dieses Rechtsstreits stehenden) Standardvertrages über den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung mit der Beigeladenen vom 19. Dezember 1997 und in Anlage 5 zu diesem Vertrag Regelungen über die Verweigerung, Einschränkung und Kündigung des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung getroffen. Die Klägerin gewährt der Beigeladenen danach den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung nur so lange und so weit, als sie diese nicht selbst nutzen möchte. Der eigene Bedarf der Klägerin hat nach dem genannten Standardvertrag stets Vorrang vor dem Bedarf der Beigeladenen. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Gewährung entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlussleitungen hindert die Klägerin somit nicht daran, ihre Teilnehmeranschlussleitungen für eigene betriebliche Zwecke zu nutzen.
Der Einwand der Klägerin, das Berufungsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass die hinsichtlich der Kapazitäten uneingeschränkte Überlassung der Teilnehmeranschlussleitungen an die Beigeladene den Netzwettbewerb einschränke, für dritte Wettbewerber zu Nachteilen führe und einen marktschließenden Effekt habe, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. § 35 TKG lässt erkennen, dass der Gesetzgeber den Aufbau paralleler Netze durch Wettbewerber nicht als vordringlich oder gar geboten ansieht. Auch der weitere Einwand der Klägerin, dass sie sich Netzverbesserungen künftig sorgfältig überlegen müsse, wenn damit der Gewinn der Wettbewerber gesteigert würde, ist nicht tragfähig. Wenn sich die Wettbewerber gezwungen sähen, wegen unzureichender Qualität des vorhandenen Netzes eigene Netzanschlussleitungen zu installieren, wäre dies lediglich ein Zeichen von Netzwettbewerb, den das Telekommunikationsgesetz nicht verhindern will.
d) Die Klägerin hat ihre marktbeherrschende Stellung im Sinne von § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG auch missbräuchlich ausgenutzt.
Die Klägerin rügt insoweit allerdings zu Recht, dass das zusätzliche Erfordernis des Ausnutzens einer marktbeherrschenden Stellung nicht schon dann erfüllt ist, wenn die Voraussetzungen der Missbrauchsvermutung des § 33 Abs. 2 Satz 3 TKG und des § 33 Abs. 1 TKG gegeben sind. Dies hat das Berufungsgericht übersehen. Die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung in einem monopolisierten Markt setzt vielmehr ergänzend voraus, dass der Marktbeherrscher ein Marktergebnis durchsetzen will, welches er bei funktionsfähigem Wettbewerb nicht erreichen könnte (vgl. von Gamm, KartellR, 2. Aufl. 1990, § 22 Rz. 32 m.w.N. Möschel in: Immenga/Mestmäcker a.a.O., § 22 Rz. 116). Dies zugrunde gelegt, wirkt sich der Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht aus (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin will ihre Teilnehmeranschlussleitung nur in Form eines Kopplungsgeschäfts mit einer die Durchsatzkapazität beschränkenden Vorschalteinrichtung vermieten. Könnte sie dies durchsetzen, würde ihre Monopolstellung zu Lasten der Beigeladenen verfestigt. Denn die Beigeladene müsste jede neue, über die Teilnehmeranschlussleitung anzubietende Dienstleistung im Hinblick auf die Kompatibilität mit der Vorschalteinrichtung mit der Klägerin absprechen und wäre an der Verwendung eigener, ihr Leistungsangebot erweiternder Techniken gehindert. Ihre Chancen, einen Wettbewerbsvorsprung vor der Klägerin zu erreichen, würden sich dadurch deutlich verringern.
4. Die Klägerin wird durch die angegriffenen Bescheide nicht in ihren Grundrechten verletzt.
a) Von der Grundrechtsfähigkeit der Klägerin kann wegen ihrer ausschließlich privatwirtschaftslichen Tätigkeit und Aufgabenstellung (Art. 87 f Abs. 2 GG) ausgegangen werden. Unerheblich ist insoweit, dass die Klägerin aus dem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen Deutsche Bundespost bzw. dem öffentlich-rechtlichen Teilsondervermögen Deutsche Bundespost TELEKOM hervorgegangen ist und bis heute trotz der Veräußerung von Aktien an private Investoren mehrheitlich im Eigentum der Beklagten steht.
b) Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG ist nicht verletzt.
aa) Allerdings folgt aus der Verpflichtung der Klägerin, zur Abgabe eines nachfragegerechten Angebots ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Die allgemeine Vertragsfreiheit und die Freiheit zu wirtschaftlicher beziehungsweise unternehmerischer Betätigung wird zwar in erster Linie vom Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG umfasst (vgl. BVerfGE 77, 370, 378; 89, 48, 61; 95, 267, 303 f.; 97, 169, 176). Einschränkungen der Befugnis oder rechtlichen Möglichkeit, sich rechtsgeschäftlich zu betätigen oder ein Unternehmen nach eigenen Vorstellungen zu führen, berühren aber den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG, wenn sie sich unmittelbar auf die Berufsausübung beziehen oder aber zumindest eine objektiv berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerfGE 97, 228, 254; stRspr). Da Art. 12 Abs. 1 GG auf möglichst unreglementierte berufliche Betätigung abzielt, stellt jede Regelung einen Eingriff in dieses Grundrecht dar, die bewirkt, dass eine berufliche Tätigkeit nicht in der gewünschten Weise ausgeübt werden kann (BVerfGE 75, 284, 292; 82, 209, 223). Infolgedessen ist auch die Aufbürdung von Belastungen mit dem Ziel, die Normadressaten vom Abschluss bestimmter ökonomisch relevanter Verträge abzuhalten oder zum Abschluss beziehungsweise zur Aufrechterhaltung solcher Verträge zu bewegen, als Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit anzusehen (vgl. BVerfGE 81, 156, 188 f.; 99, 202, 211; vgl. ferner BVerfG, Kammer-Beschluss vom 9. Oktober 2000 – 1 BvR 1627/95 – WuW/E DE-R 557, 558).
Dies ist auch hinsichtlich des durch den Auflagenbescheid vom 1. Juli 1997 ausgesprochenen Handlungsgebotes anzunehmen. Der Bescheid gibt der Klägerin auf, der Beigeladenen ein deren Nachfrage entsprechendes Angebot auf entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung zu unterbreiten. Damit wird – in den in den Gründen des Bescheides aufgezeigten Grenzen – die Vertragsabschlussfreiheit der Klägerin beschränkt (vgl. § 145 BGB). Die Klägerin wird so an einer unternehmerischen Strategie gehindert, nach der sie stets – über eine den Informationsdurchsatz beeinflussende Vorschalteinrichtung – einen (technischen) Überblick über die von den Wettbewerbern den Endkunden über die Teilnehmeranschlussleitungen angebotenen Dienste behielte und ggf. mit vergleichbaren Angeboten schneller auf den Markt kommen könnte.
bb) Der Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist indes verfassungskonform.
Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (vgl. etwa BVerfGE 85, 248, 256 f.; stRspr). Ein solches Gesetz muss formell verfassungsgemäß erlassen sein. Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit sind mit der Verfassung materiell nur vereinbar, wenn sie auf sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beruhen und die berufliche Betätigung nicht unverhältnismäßig einschränken (vgl. BVerfGE 94, 372, 389 f.; 95, 173, 183; 97, 228, 255; 98, 265, 298; 99, 202, 211; stRspr).
Vorliegend handelt es sich bei § 33 TKG (ebenso bei § 35 Abs. 1 TKG i.V.m. § 2 NZV) um verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelungen der Berufsausübung. Durch die Verfassung selbst ist das Ziel vorgegeben, die aus der Deutschen Bundespost hervorgegangenen Unternehmen Postdienst und Telekom zu privatisieren (Art. 143 b GG) und gleichwohl auch für die Zukunft im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend für angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu sorgen (Art. 87 f Abs. 1 GG). Diese Dienstleistungen sollen, so sieht es Art. 87 f Abs. 2 GG ausdrücklich vor, neben den früheren Staatsunternehmen auch durch andere private Anbieter erbracht werden. Dem entspricht die Zielsetzung des Telekommunikationsgesetzes, in einem monopolistisch strukturierten Markt, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb herzustellen und eine missbräuchliche Ausübung wirtschaftlicher Machtstellungen zu verhindern. Das Telekommunikationsgesetz verfolgt damit auch die in der Zuständigkeitsregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 16 GG zum Ausdruck kommende Entscheidung des Verfassungsgebers für die Verhütung des Missbrauchs wirtschaftlicher Machtstellungen. Die Zielsetzung des Gesetzes gehört damit ohne weiteres zu den Belangen des Allgemeinwohls, die geeignet sind, Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen. Dadurch, dass der Netzzugang nur in Fällen zu gewähren ist, in denen keine sachliche Rechtfertigung für eine Verweigerung besteht, wird auch dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Rechnung getragen (vgl. zu den ebenfalls die Berufsausübung betreffenden Regelungen der § 26 Abs. 2, § 37 a Abs. 2 und § 38 Abs. 1 Nr. 4 GWB: BVerfG, Kammer-Beschluss vom 9. Oktober 2000 – 1 BvR 1627/95 – WuW/E DE-R 557, 558 f.).
cc) Die berufliche Betätigung der Klägerin wird auch sonst nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Die Klägerin sieht zu Unrecht einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der ihr auferlegten Verpflichtung, der Beigeladenen die volle auf der Teilnehmeranschlussleitung physikalisch mögliche Übertragungskapazität zu deren eigener Nutzung zur Verfügung zu stellen, obwohl diese von der Beigeladenen für die Versorgung desjenigen Endkunden, in dessen Räumen die Teilnehmeranschlussleitung ende, nicht benötigt werde; ihr werde dadurch die Wertschöpfung der Teilnehmeranschlussleitung in Form der Untervermietung oder Weiterverpachtung entzogen.
Diese Zugangsgewährungspflicht nach § 33 Abs. 1 TKG ist indessen ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Schaffung von Wettbewerb auf der Ortsnetzebene, die auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist. Gerade die Übertragung der vollen Nutzungskapazität in den Fällen, in denen sie von der Klägerin nicht benötigt wird, gestattet es, den Wettbewerbern eigenständig Telekommunikationsdienstleistungen unter Verwendung neuer Techniken, insbesondere im Bereich der breitbandigen Nutzung, anzubieten, ohne die Klägerin bereits im Vorfeld in solche Pläne einbinden zu müssen, um dann von Fall zu Fall die benötigten Durchsatzkapazitäten zu erhalten. Auf diese Weise wird ein Leistungs- und Innovationswettbewerb im Ortsnetz ermöglicht. Ein milderes Mittel, um den Wettbewerb mit gleicher Wirksamkeit zu fördern, steht nicht zur Verfügung. Daneben bleiben Beschränkungen, die Verweigerung des Zugangs zu den Teilnehmeranschlussleitungen oder Rückholmöglichkeiten aus den bereits genannten sachlichen Gründen, wie beispielsweise wegen vorliegender Kapazitätsengpässe, Nutzung für eigene Zwecke, Bonitätsbedenken bezüglich des Wettbewerbers oder wegen ähnlicher Umstände gerechtfertigt und schützen die Klägerin vor übermäßigen Belastungen.
c) Aus entsprechenden Gründen kommt auch eine Verletzung von Eigentumsrechten der Klägerin nicht in Betracht, sofern neben der Beschränkung ihrer Berufsfreiheit zugleich ein Eingriff in ihr Grundrecht aus Art. 14 GG in Gestalt einer Beschränkung ihrer eigentumsrechtlichen Verfügungsfreiheit anzunehmen sein sollte. Die Netzinfrastruktur der Klägerin ist unter dem Schutz eines staatlichen Monopols und unter Verwendung von öffentlichen Mitteln entstanden und weist daher einen intensiven sozialen Bezug auf (Art. 14 Abs. 2 GG), dem der Gesetzgeber mit der Regelung über die Missbrauchsaufsicht (§ 33 TKG) und über den Netzzugang (§ 35 TKG) in angemessener Weise Rechnung getragen hat. Die Klägerin hat das Eigentum an ihren öffentlichen Telekommunikationsnetzen frühestens mit ihrem (ersten) Börsengang im November 1996 und der Aufhebung ihrer ausschließlichen Rechte aus § 1 Abs. 2 und Abs. 4 FAG erlangt. Grundrechtlich geschützte vermögenswerte Positionen an ihren öffentlichen Telekommunikationsnetzen hat sie daher von vornherein nur mit den der Herkunft ihres Eigentums entsprechenden Pflichten aus den §§ 33, 35 TKG belastet erworben.
5. Die Beklagte hat das Ermessen, das ihr bei dem Erlass der Bescheide vom 28. Mai 1997 und vom 1. Juli 1997 zustand, ordnungsgemäß ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
Auf Einzelheiten kommt es hier nicht an. Denn § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG räumt der Behörde zwar ein Entschließungs- und Auswahlermessen ein. Indessen stellt sich der Verstoß eines marktbeherrschenden Unternehmens nach § 33 Abs. 1 TKG als im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes, der Sicherstellung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs, als so gravierend dar – wie auch der vorliegende Fall besonders deutlich macht –, dass er entsprechend den Grundsätzen zu den intendierten Entscheidungen von der Behörde nach dem Willen des Gesetzgebers regelmäßig mit einer Maßnahme nach § 33 Abs. 2 TKG zu beantworten ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 40 Rz. 45 f.).
6. Die von der Klägerin gewünschte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof kommt nicht in Betracht. Der von ihr angenommene Verstoß von § 33 und § 35 TKG i.V.m. § 2 NZV in der hier vorgenommenen Auslegung gegen Art. 82 EG, der grundsätzlich die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben verbietet, liegt von vornherein fern. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass die Verweigerung des entbündelten Zugangs zu Teilnehmeranschlussleitungen, die die Entwicklung des Wettbewerbs auf bestehenden Märkten behindert, den Tatbestand nach Art. 82 EG erfüllen können. Hiervon geht auch die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung vom 23. September 2000 aus (vgl. 2000/C 272/10, ABl EG Nr. C 272 S. 55, 58 f. ≪4.1≫).
Die gegenteilige Ansicht der Klägerin, die aus Art. 82 EG ihre Berechtigung zur Verweigerung des entbündelten Zugangs entnehmen möchte, entbehrt der Grundlage. Insbesondere kann sie sich zur Begründung nicht auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes in Sachen Bronner (vgl. EuGH, Urteil vom 26. November 1998 – C-7/97 – EuGHE I 1998, 7791 = WuW/E Eu-R 130, 72) und P. Magill (EuGH, Urteil vom 6. April 1995 – C-241/91 P und C-242/91 – EuGHE I 1995, 808 ff.) stützen. Ihnen können abweichende Maßstäbe für den hier zu entscheidenden Fall nicht entnommen werden. Denn keine der Entscheidungen befasst sich mit dem durch sekundäres Gemeinschaftsrecht in weitem Umfang europarechtlich geprägten Bereich der Telekommunikation. Charakteristisch für diesen Bereich ist die Existenz ehemaliger Staatsmonopole und die hieraus folgende Notwendigkeit, einen chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb erstmals herzustellen; infolgedessen können diejenigen Maßstäbe – einschließlich denkbarer Auswirkungen der sog. Essential-Facilities-Doctrine –, die nach Art. 82 EG an die Verhinderung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung allgemein anzulegen sind, nicht unverändert auf die Telekommunikationsmärkte übertragen werden. Die Mitgliedsstaaten dürfen daher zur Durchsetzung des Wettbewerbs in diesem Bereich Anforderungen stellen, die über die üblichen Erfordernisse hinausgehen (vgl. Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich vom 22. August 1998, ABl EG Nr. C 265 S. 4 ≪Nr. 13 ff.≫). Dementsprechend war auch die Gemeinschaft selbst nicht etwa durch Art. 82 EG gehindert, die jüngst in Kraft getretene – im vorliegenden Fall noch nicht, da nicht rückwirkend anzuwendende – Verordnung (EG) Nr. 288/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss (ABl EG Nr. L 336 S. 4) zu erlassen. Die Verordnung enthält die Pflicht eines gemeldeten Betreibers, also eines Betreibers mit beträchtlicher Marktmacht, „ab dem 31.12.2000 angemessenen Anträgen … auf entbündelten Zugang zu ihren (scil.: Metallleitungs-)Teilnehmeranschlüssen und zu zugehörigen Einrichtungen unter … nichtdiskriminierenden Bedingungen” stattzugeben (Art. 3 Abs. 2). Die Verordnung regelt zudem ausdrücklich, dass sie weitergehenden nationalen Regelungen – wie dies beim deutschen Recht im Hinblick auf Glasfaserleitungen anzunehmen ist – nicht entgegensteht (Art. 1, 2 a).
C. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Bardenhewer, Eckertz-Höfer, Büge, Graulich
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 25.04.2001 durch Klebba Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 640396 |
BVerwGE, 160 |
EWiR 2002, 35 |
JA 2002, 373 |
ZUM-RD 2002, 378 |
MMR 2001, 681 |