Entscheidungsstichwort (Thema)
Städtebaulicher Vertrag. Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans. Anspruch auf Durchführung eines Verfahrens auf Änderung. Änderung eines Bebauungsplans. Kosten für die Änderung. Abwälzbarkeit der Kosten. Angemessenheit. Kausalität. Verwaltungskosten. Verweisung. Personalkosten. Sachkosten. Nichtigkeit. Teilnichtigkeit. Gesamtnichtigkeit. Zinsen. Prozesszinsen. Rechtshängigkeit. Mahnbescheid
Leitsatz (amtlich)
In einem städtebaulichen Vertrag nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB darf vereinbart werden, dass der Vertragspartner auch die verwaltungsinternen Kosten (Personal- und Sachkosten) zu tragen hat, die der städtebaulichen Planung einer Gemeinde zurechenbar sind. Ausgenommen hiervon sind Kosten für Aufgaben, die die Gemeinde nicht durch Dritte erledigen lassen dürfte, sondern durch eigenes Personal wahrnehmen muss.
Normenkette
BauGB 1998 § 2 Abs. 3-4, §§ 4b, 11; BauGB 2004 § 1 Abs. 3 S. 2, Abs. 8, §§ 4b, 11; BGB § 291; GVG § 17b Abs. 1 S. 2; VwVfG § 59; ZPO §§ 261, 696
Verfahrensgang
VG Hannover (Urteil vom 28.09.2004; Aktenzeichen 4 A 458/04) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 28. September 2004 geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2 615,46 € nebst Zinsen im Umfang von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 20. Oktober 2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt ein Siebtel, der Beklagte sechs Siebtel der Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin – eine Gemeinde – macht gegen den Beklagten einen vertraglichen Zahlungsanspruch geltend.
Mit Schreiben vom 28. April und 8. Mai 1999 wandte sich der Beklagte in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer Immobiliengesellschaft mit dem Antrag an die Klägerin, den Bebauungsplan Nr. 9 “Nordost – Hinter dem Amtsgarten” Ortschaft Hoheneggelsen zu dem Zweck zu ändern, ein Doppelhaus nachträglich zu legalisieren, das im Rohbau bereits fertig gestellt war und die im Plan festgesetzten Baugrenzen überschritt. Nachdem der Verwaltungsausschuss der Klägerin am 15. Juni 1999 einen Aufstellungsbeschluss gefasst hatte, schlossen die Beteiligten am 19. Juli 1999 eine Vereinbarung, in deren Ziffer 2 sich die Klägerin verpflichtete, für den Bereich der beiden Doppelhausgrundstücke, die der Ehefrau des Beklagten und einem Herrn B… gehören, sowie zwei weiterer, im Eigentum der Immobiliengesellschaft stehender Grundstücke ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans durchzuführen. Im Gegenzug verpflichtete sich der Beklagte in Ziffer 3, “alle Kosten, inklusive der Verwaltungskosten, die der Gemeinde S… im Rahmen der Aufstellung und Durchführung des Verfahrens zur 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 9 … entstehen, zu übernehmen”, und zwar “unabhängig vom Ausgang dieses Änderungsverfahrens”. Der Beklagte sagte ferner zu, vorab einen Vorschuss von 2 000 DM zu zahlen.
Nach Abschluss des Verfahrens, das mit der vom Beklagten angestrebten Planänderung endete, errechnete die Klägerin die ihr entstandenen Kosten mit 7 968,64 DM. Diese setzen sich zusammen aus Kosten für den Einsatz eigenen Personals in Höhe von 1 596,25 DM, sachlichen Verwaltungskosten in Höhe von 796,60 DM, Honorarkosten für ein Ingenieurbüro in Höhe von 5 533,20 DM und Kosten für die Anfertigung von Lichtpausen in Höhe von 42,59 DM. Nach Abzug des vom Beklagten im August 1999 geleisteten Vorschusses verblieb eine Restforderung über 5 968,64 DM (= 3 051,72 €), die die Klägerin mit Schreiben vom 17. Januar 2003 erfolglos gegenüber dem Beklagten geltend machte.
Am 24. Juli 2003 erwirkte die Klägerin einen Mahnbescheid und erhob am 20. Oktober 2003 beim Amtsgericht Zahlungsklage, nachdem der Beklagte gegen den Mahnbescheid rechtzeitig Widerspruch eingelegt hatte. Mit Beschluss vom 30. Dezember 2003 verwies das Amtsgericht den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Verwaltungsgericht. Dort verteidigte sich der Beklagte gegen die klägerische Forderung mit der Begründung, dass die Vereinbarung, auf die die Klägerin ihren Anspruch stütze, wegen eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB nichtig sei. Sie sei unangemessen, weil sie – erstens – nicht mit den von der Planänderung begünstigten Grundeigentümern, sondern mit ihm, dem Beklagten, geschlossen worden sei, obwohl er durch die Planänderung keinen Vorteil erfahren habe, und weil sie ihn – zweitens – zur Übernahme aller Kosten und damit in unbeschränkter Höhe verpflichte. Soweit es um die behördeninternen Personal- und Sachkosten gehe, verstoße die Vereinbarung auch gegen den Kausalitätsgrundsatz, da die Kosten vom Gemeindehaushalt getragen worden und daher “sowieso” angefallen seien. Dieser Verstoß führe zur Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 28. September 2004 verurteilt, an die Klägerin 3 051,72 € zuzüglich Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe gegen den Beklagten aus Ziffer 3 der Vereinbarung vom 19. Juli 1999 einen Anspruch auf Zahlung in der geltend gemachten Höhe. Bei der Vereinbarung handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag in der Form eines städtebaulichen Vertrages gemäß § 11 BauGB. Zwar sei § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB nicht einschlägig, weil als Folge der städtebaulichen Maßnahme, der Änderung des Bebauungsplans, keine Kosten entstünden. Da die Aufzählung der Vertragstypen in § 11 Abs. 1 Satz 2 BauGB aber nicht abschließend sei, ändere dies nichts an der Einstufung als städtebaulicher Vertrag und damit an den Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit solcher Verträge zu stellen seien.
Die Vereinbarung verstoße nicht gegen das Angemessenheitsgebot in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Die Leistung der Klägerin, die Durchführung eines Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans, und die Gegenleistung, die Übernahme der dabei anfallenden Kosten, stünden bei wirtschaftlicher Betrachtung in einem ausgewogenen Verhältnis. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass die Vereinbarung erst auf Initiative des Beklagten zustande gekommen sei. Unerheblich sei, dass der Beklagte nicht Eigentümer der im Plangebiet liegenden Grundstücke sei. Ob und welche Vorteile er sich von der Durchführung des Planänderungsverfahrens versprochen habe oder verspreche, berühre bereits deshalb nicht die Angemessenheit der Gegenleistung, weil die Änderung des Bebauungsplans nicht Vertragsgegenstand sei.
Eine Verletzung des Angemessenheitsgebots ergebe sich auch dann nicht, wenn verlangt werde, dass die Änderung des Bebauungsplans im Interesse des Beklagten liegen müsse. Interesse an der vereinbarten behördlichen Leistung könne auch jemand haben, der weder Bauherr noch Grundstückseigentümer sei wie z.B. ein Bauträger, der sich ohne Planänderung gegenüber dem Bauherren schadensersatzpflichtig machen würde. Da der Beklagte von sich aus an die Klägerin herangetreten sei und ein Interesse an der Durchführung eines Planänderungsverfahrens bekundet habe, stelle es keinen Verstoß gegen § 11 Abs. 2 BauGB dar, wenn die Klägerin dies nicht weiter überprüfe.
Die Vereinbarung erweise sich auch nicht deshalb als unangemessen, weil sich der Beklagte zur Übernahme “aller” Kosten verpflichtet habe. Was darunter zu verstehen sei, sei in Ziffer 3 der Vereinbarung im Einzelnen bezeichnet. Dass davon über die geltend gemachten Verwaltungs- und Planungskosten hinaus weitere Kosten erfasst sein sollten, sei nicht erkennbar.
Ebenso wenig verletze die Vereinbarung den Kausalitätsgrundsatz. Ursächlich sei eine Leistung, wenn sie für einen bestimmten Zweck vereinbart sei und in einem sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehe. Dies sei hier der Fall. Auch die persönlichen und sachlichen Kosten der Klägerin stünden in einem Kausalzusammenhang mit der Durchführung des Planänderungsverfahrens. Hinsichtlich der Personalkosten fehle es an der erforderlichen Kausalität nicht deshalb, weil diese durch den Gemeindehaushalt finanziert seien. Die Klägerin hätte die Arbeitskraft, die ihr Personal auf das Bebauungsplanverfahren verwandt habe, zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil anderweitig nutzen können. Gesetzliche Hindernisse, sich den mittlerweile kostenmäßig exakt bezifferbaren Personalaufwand erstatten zu lassen, seien nicht ersichtlich, zumal es sich um eine vertragliche Regelung handele.
Der Beklagte hat am 21. Dezember 2004 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision mit dem Ziel der Klagabweisung eingelegt. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und betont, an der Durchführung des Planänderungsverfahrens und dessen Ergebnis kein wirtschaftliches oder persönliches Interesse gehabt zu haben. Namentlich sei er nicht als Bauträger aufgetreten.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren. Er hält es für unzulässig, im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages die Erstattung persönlicher Verwaltungskosten zu vereinbaren; denn diese Kosten fielen ohnehin an. Die Kausalität könne sich, sofern nicht gesetzlich ausdrücklich anderes angeordnet sei, nur nach kameralistischen Kriterien richten, die dem Rechnungswesen der öffentlichen Finanzwirtschaft immanent seien. Im Übrigen erscheine nicht ausgeschlossen, dass der Vertrag wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 3 BauGB 1998 nach § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Sprungrevision des Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist teilweise begründet. Das erstinstanzliche Urteil steht nicht in jeder Hinsicht mit Bundesrecht im Einklang.
1. Das Verwaltungsgericht hat die zwischen den Beteiligten geschlossene Vereinbarung vom 19. Juli 1999, aus deren Ziffer 3 die Klägerin ihren Zahlungsanspruch herleitet, zutreffend als städtebaulichen Vertrag im Sinne des § 11 BauGB gewertet. Zweifelhaft ist allerdings, ob es sich – wie das Gericht meint – bei der Vereinbarung um einen Vertrag handelt, der keinem der in § 11 Abs. 1 Satz 2 BauGB beispielhaft (“insbesondere”) aufgeführten Vertragstypen entspricht, oder um einen Vertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB, wonach Gegenstand eines städtebaulichen Vertrags die Übernahme von Kosten und sonstigen Aufwendungen sein kann, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind. Die Subsumtion der umstrittenen Vereinbarung unter diese Bestimmung scheitert nicht daran, dass es den Vertragsparteien nicht darum ging, durch die Änderung des Bebauungsplans einem beabsichtigten Vorhaben den planungsrechtlichen Weg zu ebnen, sondern um die Legalisierung eines bereits verwirklichten Vorhabens. Die in der Vorschrift erfolgte zukunftsgerichtete Bezugnahme auf ein geplantes Vorhaben trägt dem Regelfall Rechnung, der, entsprechend dem Sinn der städtebaulichen Verträge, zu einer deutlich stärkeren Zusammenarbeit von Gemeinden und privaten Investoren und dadurch zu einer zügigen und für beide Vertragspartner vorteilhaften Ausweisung von Bauland beizutragen (BTDrucks 13/6392 S. 38), durch einen zeitlichen Vorlauf des Vertragsschlusses vor der Baumaßnahme gekennzeichnet ist. Sie soll aber nicht die Anwendbarkeit der Norm in einem – vom Gesetzgeber nicht in den Blick genommenen – Ausnahmefall wie dem vorliegenden ausschließen, in dem der Vertrag der Baumaßnahme nachfolgt.
Die Vorinstanz hält § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB für nicht einschlägig, weil die Kosten, deren Erstattung die Klägerin verlangt, keine Kosten seien, die als Folge der Änderung des Bebauungsplans entstanden sind. Das ist für sich betrachtet richtig, greift allerdings zu kurz, weil zu den Kosten im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB auch Aufwendungen für Maßnahmen gehören, die Voraussetzung für die Realisierung des Vorhabens sind. Im Schrifttum sind denn auch Kosten für Planungsleistungen, die erforderlich sind, um ein Vorhaben genehmigen zu können, als Gegenstand einer Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB anerkannt (vgl. statt aller: Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, Städtebauliche Verträge – ein Handbuch, 2. Aufl., S. 139 f., 151 f.). Freilich darf nicht übersehen werden, dass § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB eine gesetzliche Ausprägung des seit langem in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gebilligten Folgekostenvertrages ist, bei dem es um Aufwendungen geht, die den Gemeinden als Folge neuer Ansiedlungen für Anlagen oder Einrichtungen des Gemeinbedarfs entstehen (grundlegend BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1973 – BVerwG 4 C 22.72 – BVerwGE 42, 331 ≪336≫). Die Genese der Vorschrift könnte mithin dafür sprechen, ihren Anwendungsbereich auf die Kosten von städtebaulichen Maßnahmen für die infrastrukturelle Versorgung zu beschränken und das Begriffspaar “Voraussetzung oder Folge” in dem Sinne zeitlich zu verstehen, dass die Infrastrukturmaßnahmen den eigentlichen Baumaßnahmen vorausgehen oder nachfolgen können. Andererseits enthielt § 6 Abs. 3 BauGB-MaßnahmenG 1993 die Möglichkeit, sich durch Vertrag zu verpflichten, Kosten und sonstige Aufwendungen zu übernehmen, die der Gemeinde für städtebauliche Planungen entstehen. Es spricht wenig dafür, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit, im lediglich knapper formulierten Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauBG ausschließen wollte. All dies kann jedoch offen bleiben, weil – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – die Wirksamkeit der Vereinbarung nicht von der Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB abhängt.
2. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Vereinbarung nicht nach § 1 Abs. 1 NVwVfG, § 59 Satz 1 VwVfG und § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 3 und 4 BauGB 1998 (= § 1 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 8 BauGB 2004) nichtig ist, wonach ein Anspruch auf die Aufstellung oder Änderung von Bauleitplänen nicht durch Vertrag begründet werden kann. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings kann sich der Senat zur Begründung nicht darauf zurückziehen, das Verwaltungsgericht habe im Wege der Vertragsauslegung mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass die Klägerin dem Beklagten keinen Anspruch auf die 3. Änderung ihres Bebauungsplans Nr. 9 eingeräumt hat (UA S. 5). Wegen der Verpflichtung der Klägerin in Ziffer 2 der Vereinbarung, ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans durchzuführen, steht die in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutierte Frage im Raum, ob und inwieweit sich aus § 2 Abs. 3 BauGB 1998 auch das Verbot ableiten lässt, einen Anspruch auf bloße Verfahrensdurchführung durch Vertrag zu begründen (vgl. zu den unterschiedlichen Standpunkten: VGH Mannheim, Urteil vom 15. Dezember 1994 – VGH 5 S 870/93 – juris; Grziwotz, Baulanderschließung, S. 186 ff.; Neuhausen in: Brügelmann, BauGB, Band 2, Stand Februar 2005, § 11, Rn. 23; Kahl, DÖV 2000, 793 ≪798≫).
Für die Antwort können die Erwägungen fruchtbar gemacht werden, die für die Ablehnung des Anspruchs auf Aufstellung eines Bebauungsplans maßgebend sind. Eine Gemeinde darf sich durch ihr nach außen handelndes Organ der Gemeindeverwaltung nicht auf einen Bebauungsplan mit einem bestimmten Inhalt festlegen, weil sie dadurch der kommunalrechtlich zuständigen, aus demokratischen Wahlen hervorgegangenen Vertretungskörperschaft das Recht beschnitte, frei und unvoreingenommen darüber zu entscheiden, welche städtebauliche Entwicklung und Ordnung (§ 1 Abs. 3 BauGB) im Gemeindegebiet verwirklicht werden soll. Auch würde vereitelt, dass nach Ablauf des formalisierten Verfahrens mit Bürgerbeteiligung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange die für und gegen die Planung sprechenden Belange von dem dafür zuständigen Organ nach § 1 Abs. 6 BauGB 1998/§ 1 Abs. 7 BauGB 2004 gewichtet und abgewogen werden. Ein der Einleitung des Planverfahrens vorgegebener, mehr oder weniger festgelegter und in dieser Festlegung von einem Begünstigten erzwingbarer Planinhalt würde sich innerhalb des Planverfahrens nahezu zwangsläufig als eine zu missbilligende Verkürzung der gebotenen Abwägung darstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 1980 – BVerwG 4 C 40.77 – Buchholz 406.11 § 2 BBauG Nr. 19; Urteil vom 29. Mai 1981 – BVerwG 4 C 72.78 – DÖV 1981, 878).
Vor diesem Hintergrund darf eine Gemeinde keine Ansprüche auf Einleitung und Durchführung eines Bauleitplanverfahrens begründen, mit denen die im Verlauf des Verfahrens zu beteiligenden Gemeindegremien in ihren Entscheidungen gebunden werden. Ferner müssen auch die Entscheidungsträger in der Gemeindeverwaltung darin frei bleiben, die Arbeit an einem Bebauungsplanentwurf abzubrechen, wenn sie dies aus sachlichen Gründen für geboten oder vertretbar halten. Aufgrund dieser Beschränkungen darf sich die Gemeinde letztlich nicht zu mehr verpflichten, als über die Einleitung und Fortsetzung eines Bebauungsplanverfahrens nach ihren städtebaulichen Vorstellungen (§ 1 Abs. 3 BauGB) zu entscheiden.
Das vorinstanzliche Urteil enthält keine Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Vereinbarung dem Beklagten Ansprüche vermitteln sollte. Gleichwohl bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache.
Die im Anschluss an den Aufstellungsbeschluss getroffene Vereinbarung ist auslegungsbedürftig. Bei ihr kann es sich um ein so genanntes “hinkendes Austauschverhältnis” handeln, d.h. um eine Vereinbarung, in der der Leistung der Klägerin, der Durchführung eines Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans, kein Rechtsanspruch des Beklagten gegenüberstehen sollte (vgl. zum “hinkenden Austauschvertrag” BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000 – BVerwG 4 C 4.99 – BVerwGE 111, 162 ≪164, 165≫). Denkbar ist allerdings auch, dass die Klägerin dem Beklagten einen Anspruch auf Durchführung eines Planänderungsverfahrens bis zur abschließenden Entscheidung im Gemeinderat eingeräumt hat. Schließlich ist möglich, dass der Beklagte nur das Betreiben des Verfahrens bis zu einem eventuellen Hinderungsgrund für dessen Fortsetzung sollte verlangen können. Da das Verwaltungsgericht nicht geklärt hat, wie die Vereinbarung zu verstehen ist, ist der Senat zu einer eigenen Interpretation berechtigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1989 – BVerwG 8 C 17.87 – BVerwGE 84, 157 ≪162≫).
Die Reichweite der von der Klägerin in Ziffer 2 der Vereinbarung eingegangenen Verpflichtung zur Durchführung eines Planänderungsverfahrens erschließt sich durch die Regelung in Ziffer 3, nach der die Kosten des Änderungsverfahrens unabhängig von dessen Ausgang vom Beklagten übernommen werden. Die Zusammenschau beider Klauseln ergibt mit hinreichender Deutlichkeit, dass sich die Klägerin das Ergebnis des durch den Aufstellungsbeschluss ihres Verwaltungsausschusses eingeleiteten Planänderungsverfahrens offen gehalten und künftige Entscheidungen der zuständigen Gemeindegremien und der Gemeindeverwaltung nicht präjudiziert hat. Sie hat dem Beklagten keinen Anspruch auf Durchführung des Verfahrens bis zu einem Beschluss des Gemeinderats über die Planänderung eingeräumt, sondern sich vorbehalten, das Verfahren in jedem Stadium abzubrechen. Wenn die Vereinbarung dem Beklagten überhaupt einen Anspruch vermittelte, dann war dieser allenfalls darauf gerichtet, dass die Klägerin das begonnene Änderungsverfahren nicht willkürlich einstellt. Das ist mit § 2 Abs. 3 und 4 BauGB 1998 vereinbar.
3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Vereinbarung nicht an § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB scheitern lassen, der anordnet, dass die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein müssen. Das Gebot der Angemessenheit verlangt, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung des Vertragspartners der Behörde nicht außer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert der von der Behörde zu erbringenden Leistung stehen darf und dass auch sonst keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Gegenleistung eine unzumutbare Belastung bedeutet (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1973 – BVerwG 4 C 22.72 – BVerwGE 42, 331 ≪345≫).
a) Der Beklagte wird durch die vertragliche Zahlungspflicht nicht deshalb unzumutbar belastet, weil er, wie er behauptet, an dem Abschluss der Vereinbarung kein eigenes Interesse gehabt hat. Für die Angemessenheit seiner Zahlungsverpflichtung ist entscheidend, dass die Vereinbarung nach den bindenden Feststellungen im angefochtenen Urteil auf seine Initiative zustande gekommen ist (UA S. 5). Auf seine Motive und seine rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Dritten (Grundeigentümer, Bauunternehmer, Architekt etc.) kommt es nicht an. Sie mussten deshalb weder von der Klägerin noch von der Vorinstanz ermittelt werden.
b) Die Vereinbarung ist auch nicht deshalb unangemessen, weil der Beklagte nach Ziffer 3 der Vereinbarung “alle” Kosten tragen muss, die im Rahmen des Planänderungsverfahrens entstanden sind. Die Klausel erlegt dem Beklagten keine schrankenlose Verpflichtung auf, sondern nach der den Senat bindenden Auslegung, die sie durch die Vorinstanz erfahren hat, nur die Übernahme der anfallenden Verwaltungs- und Planungskosten (UA S. 6).
4. Dem Verwaltungsgericht ist darin beizupflichten, dass die Vereinbarung nicht gegen den Kausalitätsgrundsatz verstößt. Sämtliche Kosten, deren Erstattung die Klägerin verlangt, sind durch die Änderung des Bebauungsplans veranlasst. Dies gilt nicht nur für das Honorar für das beauftragte Planungsbüro und die Ausgaben für die Anfertigung von Lichtpausen, sondern auch für die verwaltungsinternen Kosten der Klägerin. Die Ursächlichkeit zwischen der Planänderung und den geltend gemachten eigenen Personal- und Sachkosten entfällt nicht deshalb, weil diese Kosten vom Gemeindehaushalt getragen werden und unabhängig von dem Planänderungsverfahren “sowieso” entstanden sind (vgl. Stich in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 11, Rn. 37; Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, a.a.O. ≪157≫; a.A. Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ders., BauGB, § 11, Rn. 159; Quaas in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 11, Rn. 29, 44; Oerder, BauR 1998, 22 ≪26≫; Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 ≪1082≫; Bick, DVBl 2001, 154 ≪158≫). Gemeinden leisten sich Personal und Sachmittel nicht um ihrer selbst willen, sondern finanzieren sie zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Dienstleistungsapparats. Diesen Apparat hat der Beklagte in dem Umfang in Anspruch genommen, in dem sich die Bediensteten der Klägerin der Planänderung gewidmet und dafür Sachmittel aufgewandt haben. Da die Bediensteten ansonsten andere Dienstleistungen für die Klägerin erbracht und die sachlichen Mittel anders eingesetzt hätten, sind die Verwaltungskosten, deren Erstattung die Klägerin verlangt, durch das vom Beklagten initiierte Planänderungsverfahren verursacht worden (vgl. auch OVG Hamburg, Urteil vom 29. Mai 1986 – OVG Bf II 6/86 – DÖV 1987, 257 ≪259≫).
Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB in der Formulierung des Vertreters des Bundesinteresses “kameralistisch” verstanden wissen will und eine vertragliche Abwälzung der persönlichen und sachlichen Verwaltungskosten von vornherein für unzulässig hält. Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich nicht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 22. November 1968 – BVerwG 4 C 82.67 – (BVerwGE 31, 90 ≪94≫) einwenden, dass es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung zugunsten der Übertragbarkeit dieser Kosten fehlt. Mit dieser Begründung hatte der Senat seinerzeit die Kosten für die verwaltungsmäßigen und technischen Arbeiten der Gemeinde für eine Erschließungsanlage aus dem Aufwand herausgenommen, der nach § 128 Abs. 1 BBauG (jetzt § 128 Abs. 1 BauGB) beitragsfähig ist, nachdem er zuvor eingeräumt hatte, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift (Kosten “für” die Herstellung der Erschließungsanlage) an sich Arbeitsleistungen der Gemeinde zum Erschließungsaufwand gerechnet werden könnten. Die Erwägungen des Senats zu § 128 Abs. 1 BBauG sind auf den städtebaulichen Vertrag nicht übertragbar. Zum einen macht es im Hinblick auf die Reichweite des Vorbehalts des Gesetzes einen Unterschied, ob es – wie im damals entschiedenen Fall – um die Frage geht, welche Belastung einem Bürger einseitig durch einen Verwaltungsakt auferlegt werden darf, oder – wie hier – um die Frage, welche Verpflichtung ein Vertragspartner in einem Vertrag eingehen darf, den abzuschließen eine freiwillige Entscheidung ist. Zum anderen sind die Umstände, aus denen im Urteil vom 22. November 1968 die Erforderlichkeit einer ausdrücklichen Ermächtigung abgeleitet worden ist, mit den hier maßgeblichen nicht vergleichbar. Die Autoren des § 128 Abs. 1 BBauG sahen sich bei der Formulierung der Vorschrift mit der Rechtsprechung des Preußischen OVG konfrontiert, das die Erstattungsfähigkeit der verwaltungsinternen Kosten (nur) insoweit anzuerkennen bereit war, als die Gemeinde Personal für die Herstellung einer Erschließungsanlage besonders eingestellt hatte. Angesichts dessen lag es nahe, vom Gesetzgeber ein klares Bekenntnis für die Beitragsfähigkeit der Verwaltungskosten zu fordern. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des Senats zu sehen, der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass zum Erschließungsaufwand nur solche Kosten gehören sollen, die der Gemeinde durch Herstellung einer Erschließungsanlage zusätzlich entstehen. Eine entsprechende Aussage lässt sich für städtebauliche Verträge nicht treffen. Die Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, deren Mitglieder in der Frage, ob die verwaltungseigenen Personal- und Sachkosten vertraglich übernommen werden können, uneins waren, hat dem Gesetzgeber in ihrem Bericht vom 28. Oktober 1995 empfohlen, sich in dieser Frage nicht festzulegen, sondern deren Klärung ggf. der Rechtsprechung zu überlassen (Kommissionsbericht S. 98, Rn. 147). Dem ist der Gesetzgeber gefolgt. Er hat weder im Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB – anders als in § 164a Abs. 2 Nr. 2 2. Halbsatz BauGB, der bestimmt, dass zu den Kosten der Ordnungsmaßnahmen nach § 147 nicht die persönlichen oder sachlichen Kosten der Gemeindeverwaltung gehören – noch in den Materialien (BTDrucks 13/6392 zu § 11, S. 50) Position bezogen.
5. Die Ermächtigung, über die gemeindlichen Personal- und Sachkosten vertraglich zu disponieren, reicht allerdings weniger weit, als das Verwaltungsgericht angenommen hat. Insoweit verletzt sein Urteil Bundesrecht. Unabhängig davon, ob es sich bei der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung um einen städtebaulichen Vertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB oder um einen Vertragstyp eigener Art handelt, durfte die Klägerin dem Beklagten nicht alle Verwaltungskosten aufbürden, die aus Anlass der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 9 angefallen sind. Verwaltungskosten sind nur für solche von der Gemeinde selbst durchgeführte Maßnahmen des Bauleitplanverfahrens abwälzbar, die auch auf private Dritte hätten übertragen werden können. Die Aufwendungen für derartige Leistungen eines Dritten können Gegenstand einer vertraglichen Kostenübernahme sein, weil es keinen Grund dafür gibt, Gemeinden, die ein Bebauungsplanverfahren mit eigenem Personal und eigenen Sachmitteln betreiben, finanziell schlechter zu stellen, als sie stünden, wenn sie sich zur Erfüllung der Aufgabe Dritter bedienten. Die Kosten auch für solche Aufgaben überzuwälzen, die sie nicht durch Dritte erledigen lassen dürfen, sondern durch ihre eigenen Bediensteten erfüllen lassen müssen, ist den Gemeinden dagegen verwehrt. Insoweit ist dem Gesetz eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die gesetzliche Aufgabenzuweisung die Anlastung der mit der Wahrnehmung der Aufgaben zusammenhängenden Kosten einschließt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1991 – BVerwG 8 C 61.90 – BVerwGE 89, 7 ≪11≫), nicht zu entnehmen.
Gemäß § 4b BauGB kann die Gemeinde insbesondere zur Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten nach den §§ 2a bis 4a BauGB einem Dritten übertragen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 2. und 3. Halbsatz BauGB kann Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages u.a. die Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen sowie erforderlichenfalls des Umweltberichts sein; die Verantwortung der Gemeinde für das gesetzlich vorgesehene Aufstellungsverfahren bleibt unberührt. Diesen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass die Gemeinden nicht das gesamte Verfahren “privatisieren” dürfen. So können zwar die Erstellung der Planentwürfe sowie die technische Vorbereitung von Verfahrensschritten nach den §§ 3 und 4 BauGB auf den Vertragspartner übertragen werden, nicht aber die förmlichen Beschlüsse (Aufstellungsbeschluss, Auslegungsbeschluss und Beschluss des Bebauungsplans) und die Verkündung des Bebauungsplans (Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt, a.a.O. ≪79 f.≫). Mit seinen Regelungen zieht der Gesetzgeber die Grenze, jenseits derer die eigenständige planerische Gestaltungsbefugnis betroffen ist, die einer Übertragung auf andere verschlossen ist.
Ist Maßstab für die Beurteilung der Abwälzbarkeit von Personal- und Sachkosten der Gemeinde, ob es sich um Kosten für Leistungen handelt, die auf der Grundlage entsprechender Vereinbarungen auch von Dritten erbracht werden können, die also nach außen vergeben werden dürfen, kann die Klägerin von den in der Aufstellung vom 17. Januar 2003 enthaltenen, noch offenen Kosten, die weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten sind, einen Betrag in Höhe von 2 615,46 € vom Beklagten verlangen, der Restbetrag in Höhe von 436,26 € verbleibt bei ihr.
6. Soweit Ziffer 3 der Vereinbarung vom 19. Juli 1999 den Beklagten zur Übernahme auch der nicht abwälzbaren Verwaltungskosten verpflichtet, ist die Vertragsklausel nichtig. Dies führt nicht gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 59 Abs. 3 VwVfG zur Gesamtnichtigkeit der Klausel oder gar des gesamten Vertrages. Nach § 59 Abs. 3 VwVfG ist für den Fall, dass die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrages betrifft, dieser im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Dabei ist entsprechend § 139 BGB auf den mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien abzustellen (BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2001 – BVerwG 4 B 24.01 – Buchholz 406.11 § 58 BauGB Nr. 1). Für diesen kommt es nicht darauf an, ob die Parteien den Vertrag ohne den nichtigen Teil tatsächlich gewollt haben, sondern darauf, ob eine objektive Bewertung ergibt, dass sie den Vertrag auch ohne den nichtigen Teil vernünftigerweise abgeschlossen hätten (Mayer-Maly/Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 1, 4. Aufl., § 139, Rn. 28). Ausgehend davon hätte der Beklagte die Vereinbarung auch ohne den nichtigen Teil geschlossen, da sie für ihn günstiger gewesen wäre. Für die Klägerin stellt sich der Vertrag ohne den nichtigen Teil ungünstiger dar, weil die Gegenleistung geringer ausfällt. Ob sie dennoch vernünftigerweise die Vereinbarung eingegangen wäre, ist offen, braucht aber nicht geklärt zu werden. Selbst wenn sie in dem Bewusstsein, einen Teil der Verwaltungskosten selbst tragen zu müssen, von dem Vertragsschluss Abstand genommen hätte, kann der Beklagte aus diesem Umstand nichts für sich herleiten. Eine Partei kann sich nach Treu und Glauben nicht unter Berufung auf § 59 Abs. 3 VwVfG von ihren Vertragspflichten befreien, wenn lediglich eine einzelne abtrennbare Regelung unwirksam ist, die – wie hier – ausschließlich den Partner begünstigt und dieser trotz des Fortfalls jener Regelung am Vertrag festhalten will (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1997 – IX ZR 133/96 – MDR 1997, 466 ≪467≫ zu § 139 BGB).
7. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Zinsanspruchs ist § 291 Satz 1 BGB, der im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2001 – BVerwG 4 C 2.00 – BVerwGE 115, 274 ≪293≫). Hiernach hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtshängigkeit des Rechtsstreits nach § 261 ZPO auf den Tag der Zustellung der Klageschrift an den Beklagten, den 20. Oktober 2003, datiert, und der Klägerin ab diesem Tag Zinsen zugebilligt. Dabei hat es die Regelung in § 187 Abs. 1 BGB übersehen, nach der, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis maßgebend ist, bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet wird, in welchen das Ereignis fällt.
Der Fehler, der dem Verwaltungsgericht unterlaufen ist, führt freilich nicht dazu, dass der Klägerin Zinsen erst ab dem 21. Oktober 2003 zuzusprechen sind; denn es trifft nicht zu, dass der Rechtsstreit am 20. Oktober 2003 rechtshängig geworden ist. Das Verwaltungsgericht hat außer Acht gelassen, dass dem Verfahren vor der Prozessabteilung des Amtsgerichts ein Mahnverfahren vorausgegangen ist. Nach § 696
Abs. 3 ZPO gilt die Streitsache als mit Zustellung des Mahnbescheids, die hier am 16. August 2003 erfolgt ist, rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird. Die Voraussetzung für die in der Vorschrift angeordnete Fiktion der Rückwirkung des Rechtshängigkeitsbeginns, die alsbaldige Abgabe von der Mahnabteilung an die Prozessabteilung entsprechend § 696 Abs. 1 ZPO, lag hier vor. Dabei kann offen bleiben, ob der Begriff “alsbald” bei einem rein zeitlichen Verständnis noch erfüllt ist, wenn zwischen der Einlegung des Widerspruchs und der Abgabe – wie hier – ein Zeitraum von einem Monat liegt. Entscheidend ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1987 – VIII ZR 4/87 – BGHZ 103, 20 ≪28 f.≫), dass die Klägerin alles ihr Zumutbare für eine alsbaldige Abgabe getan hat. Sie hatte den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens – zulässigerweise (§ 696 Abs. 1 Satz 2 ZPO) – bereits in ihren Antrag auf Erlass des Mahnbescheides aufgenommen. Mehr musste sie nicht tun. Namentlich brauchte sie nach Erhebung des Widerspruchs keine Gerichtsgebühren zu entrichten, um der Abgabe der Sache nach § 65 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. den Weg zu bereiten; denn in Niedersachsen sind Gemeinden, soweit die Angelegenheit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmen betrifft, nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GGebBefrG von der Zahlung der Gebühren befreit, welche die ordentlichen Gerichte in Zivilsachen erheben. Zwischen der Einlegung des Widerspruchs am 26. August 2003 und dem Eingang der Sache beim Prozessgericht am 23. September 2003 ist allein aus gerichtsinternen Gründen ein Monat vergangen. Vor einer von ihm nicht zu vertretenden Verzögerung der Sachbehandlung will § 696 Abs. 3 ZPO den Gläubiger schützen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1987, a.a.O. ≪28≫).
Die Verweisung des Rechtsstreits vom Amtsgericht an das Verwaltungsgericht wirkt sich auf die Frage, wann der Anspruch der Klägerin auf Prozesszinsen entstanden ist, nicht aus. Nach § 17b Abs. 1 Satz 2 GVG bleiben im Falle der Verweisung die Wirkungen der Rechtshängigkeit bestehen.
Obwohl der Rechtsstreit als seit dem 16. August 2003 rechtshängig gilt, muss es bei dem vorinstanzlichen Ausspruch bleiben, dass der Beklagte Zinsen ab dem 20. Oktober 2003 beanspruchen kann. Der Beklagte ist durch die fehlerhafte Bestimmung des Zeitpunkts des Eintritts der Rechtshängigkeit nicht beschwert, und die Klägerin hat das Urteil, das insoweit zu ihren Ungunsten ausgefallen ist, nicht angefochten.
Die Höhe des Zinsanspruchs folgt aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Unterschriften
Dr. Paetow, Halama, Gatz, Dr. Jannasch, Dr. Philipp
Fundstellen
BVerwGE 2006, 385 |
BauR 2006, 649 |
DNotZ 2006, 905 |
NuR 2006, 501 |
VR 2006, 144 |
DVBl. 2006, 455 |
GK/BW 2006, 231 |
Städtetag 2006, 42 |
UPR 2006, 156 |
BBB 2006, 55 |
BRS-ID 2006, 3 |
FSt 2006, 458 |
FuBW 2006, 839 |
FuHe 2006, 726 |
FuNds 2007, 13 |
IWR 2006, 77 |