Entscheidungsstichwort (Thema)
Teltow-Seehof. Großparzellierung. Zwangsverkauf. gesetzliche Vermutung. Widerlegung durch Beweis des Gegenteils. verfolgungsbedingter Vermögensverlust. Abschluss des Rechtsgeschäfts auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus
Leitsatz (amtlich)
Die gesetzliche Vermutung in § 1 Abs. 6 VermG i.V.m. Art. 3 REAO ist durch den Beweis des Gegenteils nur dann widerlegt, wenn die Hilfstatsachen des Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO zur Überzeugung des Gerichts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt sind. Es genügt nicht, dass die Überzeugung des Richters von der Wahrheit einer vermuteten Tatsache nach der Art eines prima facie-Beweises erschüttert wird.
Bei Prüfung der Widerlegungsmöglichkeit des Art. 3 Abs. 3 Buchst. a REAO (Abschluss des Rechtsgeschäfts auch ohne Herrschaft des Nationalsozialismus) sind auch möglicherweise Ereignisse zu berücksichtigen, die sich in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 14. September 1935 zugetragen haben.
Schon die Mitursächlichkeit der Herrschaft des Nationalsozialismus schließt es aus, dass die gesetzliche Vermutung widerlegt ist.
Normenkette
VermG § 1 Abs. 6; REAO Art. 3 Abs. 2-3; VwGO § 144 Abs. 6
Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 02.10.2002; Aktenzeichen 1 K 585/97) |
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 2. Oktober 2002 und teilweiser Aufhebung des Bescheides des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises Potsdam-Mittelmark vom 29. März 1996 und des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 19. August 1996 verpflichtet, das Grundstück Gemarkung Teltow, Flur 4, Flurstück 97 an die Kläger zurückzuübertragen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft und begehren die Rückübertragung eines 3 089 m(2) großen unbebauten, in Teltow-Seehof gelegenen Grundstücks (Gemarkung Teltow, …) nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen. Der 1950 verstorbene Vater der Beigeladenen, die dessen Rechtsnachfolgerin ist, erwarb Anfang 1936 das Grundstück im Zuge der Parzellierung des ehemaligen, insgesamt ca. 84 ha umfassenden Gutes Seehof. Das streitbefangene Grundstück gehörte ursprünglich zu diesem ungeteilten Gelände, das südlich des Teltowkanals in der Nähe der Stadtgrenze zu Berlin liegt. Das Gut war im Jahre 1872 von den Brüdern Albert und Max Sabersky erworben worden. Max Sabersky, ein Großhandelskaufmann, ließ in der Folgezeit im Bereich zwischen der jetzigen Lichterfelder Allee und dem damals noch existierenden Teltower See – im so genannten Nordteil des Grundstücks – eine Villensiedlung anlegen. Amtliche Karten aus den Jahren 1890 und 1907 weisen im Nordteil des Grundstücks bereits vorhandenen Baubestand aus und im weitgehend unbebauten Südteil – südlich der Lichterfelder Allee – ein sich rechtwinklig kreuzendes Wegenetz. Eine im Jahre 1915 vom Königlichen Katasteramt ausgefertigte Handzeichnung und der Übersichtsplan der Stadtgemeinde Teltow von 1927 zeigen im Nordteil ca. 100 parzellierte Baugrundstücke unter teilweiser Angabe der jeweiligen Grundstücksinhaber. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vorgeschichte der Parzellierung bezüglich dieses Südteils und des am 13. Oktober 1933 mit dem Kaufmann G.… geschlossenen notariell beurkundeten Parzellierungsvertrages und dessen Abwicklungsmodalitäten wird auf die Tatbestände der Senatsurteile vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 8 C 14.98 – (BVerwGE 108, 157 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 167 ≪Teltow-Seehof I≫) und vom 24. Februar 1999 – BVerwG 8 C 5.98 – (BVerwGE 108, 301 = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 1 ≪Teltow-Seehof II≫) Bezug genommen. Die Bauparzellen wurden zwischen 1934 und 1940 auf der Grundlage eines Musterkaufvertrages zu unterschiedlichen Preisen verkauft.
Im August 1939 emigrierten die letzten Mitglieder der Erbengemeinschaft nach Max Sabersky; lediglich Ernst Sabersky blieb in Deutschland, wo er 1950 verstarb.
Hinsichtlich des hier streitigen Grundstücks unterbreitete der Vater der Beigeladenen den Mitgliedern der Erbengemeinschaft ein am 16. September 1935 notariell beurkundetes Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über den Erwerb des Flurstücks zu einem Kaufpreis in Höhe von 7 722,50 RM (= 2,50 RM/m(2)). Auf den vereinbarten Kaufpreis zahlte der Käufer zunächst 230 RM in bar und überwies in den folgenden Monaten bis zum 5. Januar 1936 weitere 1 344,50 RM. Mit der offenbar am 8. oder 9. Januar 1936 erfolgten Annahme des Angebotes durch den Bevollmächtigten der Erbengemeinschaft, den Kaufmann B.…, kam der Vertrag zustande. Der bis zum 30. Januar 1939 zinslos gestundete Restbetrag von 6 178 RM war in monatlichen Raten von wenigstens 50 RM zu tilgen. Die Restkaufgeldforderung wurde an den Kaufmann Arthur Sonnenthal, den Ehemann der Miterbin Sophie Sonnenthal, abgetreten. Nachdem der Erwerber 2 575 RM und damit ca. 1/3 des Gesamtpreises gezahlt hatte, erfolgte unter dem 9. Oktober 1936 die Eigentumsumschreibung aufgrund der Auflassung vom 17. September 1936. Am 24. Oktober 1936 wurde zur Sicherung der noch ausstehenden Forderung von 5 147,50 RM zugunsten des Arthur Sonnenthal eine Restkaufgeldhypothek in entsprechender Höhe brieflos bestellt, die am 5. Oktober 1938 vollständig gelöscht worden ist. Zuvor hatte der Kaufmann B. in einer löschungsfähigen Quittung vom 8. September 1938 mit notariell beglaubigter Unterschrift im Namen von Arthur Sonnenthal erklärt, “wegen des vollen Kapitals von dem Grundstückseigentümer” befriedigt worden zu sein.
Mit Schreiben vom 22. August 1938 erklärte die Reichs-Kredit-Gesellschaft Arthur Sonnenthal u.a.:
“Hierdurch teilen wir Ihnen höflich mit, dass die Zollfahndungsstelle Berlin mit Schreiben vom 13. August 1938 eine Sicherungsanordnung über ihr bei uns geführten Konto und Depot erlassen hat mit der Maßgabe, dass über Ihr Guthaben bei uns bzw. Ihre bei uns ruhenden Effekten nur mit Genehmigung der Devisenstelle Berlin, Abteilung S, verfügt werden darf. Dies gilt auch für alle künftig eingehenden Beträge.”
Bei diesem bei der Reichs-Kredit-Gesellschaft geführten Konto handelt es sich ausweislich eines Schreibens des Rechtsanwalts R.… vom 20. Mai 1942 um dasjenige Konto, auf das “die eingehenden Beträge des Grundbesitzes und der Restkaufgelder” stets eingezahlt wurden.
Nach 1945 hat sich der Parzellierer G.… verschiedentlich gegenüber Dienststellen zum damaligen Parzellierungsvertrag und zum Schicksal der Familie Sabersky geäußert, so z.B. gegenüber dem US-amerikanischen Generalkonsulat in Berlin. Diesem teilte er mit Schreiben vom 8. Dezember 1980 auf eine Anfrage bezüglich des Gutes Teltow-Seehof u.a. mit:
“Da seinerzeit fast alle Angehörigen der Familie Sabersky-Sonnenthal beabsichtigten, aus Deutschland auszuwandern, hat sich die Erbengemeinschaft Max und Albert Sabersky'sche Erben als Eigentümer des Gutes entschlossen, das Gut zu verkaufen, und zwar durch Parzellierung. Es trifft zu, dass diese Erbengemeinschaft, vertreten durch den Kaufmann Georg B. …, am 13. Oktober 1933 mit mir persönlich einen Kaufvertrag abgeschlossen hat …”.
Der zwischenzeitlich verstorbene G.… gab bei seiner Befragung durch das beklagte Amt am 13. April 1992 (vgl. Bl. 234 f. der Beiakte 35) u.a. auf die erste gestellte Frage: (“Wie kam es zu dem geschäftlichen Kontakt zwischen Ihnen und den Sabersky-Erben?”) die Antwort:
“Ich war damals Parteigenosse und wurde natürlich gefragt, wieso ich das Gelände für Juden verkaufen wollte. Ich konnte aber den Gauleiter überzeugen, dass nichts dagegen sprach, dass ich die Geschäfte machte; warum sollten sie jemand anderem überlassen werden. Ich hatte gute Kontakte sowohl zu dem Bürgermeister von Teltow, Herrn Pilling, der auch Parteigenosse war, als auch zur Parteispitze, bis hin zu Herrn Goebbels.”
In einem Schreiben des Bevollmächtigten B. vom 22. Dezember 1947 an die Landesregierung Brandenburg heißt es u.a.:
“In Seehof bei Teltow besaßen die Max und Albert Sabersky'schen Erben seit 1870 einen größeren Grundbesitz. Durch Maßnahmen der Naziregierung gegen jüdische Mitbürger wurden sie gezwungen diesen Grundbesitz weit unter dem wirklichen Wert zu verkaufen… Ich bitte Sie daher, dass Grundstück in Ihre Verwaltung zu nehmen, damit die weiteren Ansprüche der Eheleute an diesem Grundstück gesichert sind …”.
Ab 1949 waren die mit dem Verkauf des Gutes Seehof verbundenen Forderungs-, Hypotheken- und Transferierungsverluste sowie die Veräußerung der in Berlin (West) gelegenen Flächen der Erbengemeinschaft Gegenstand mehrerer Wiedergutmachungsverfahren. Bezüglich der mit der Parzellierung des Gutes Seehof eingetretenen Vermögensverluste begehrten fünf Mitglieder der Erbengemeinschaft unmittelbar von G.… u.a. Zahlung des ihnen aufgrund einer erzwungenen Vertragsänderung vom November 1938 vorenthaltenen Kaufpreisanteils. Das Kammergericht gab diesem Antrag mit Beschluss vom 20. Mai 1958 statt. Hinsichtlich der übrigen vom Parzellierungsvertrag betroffenen Rechtsgeschäfte war seinerzeit kein Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung geltend gemacht worden. Auch die durch den Kaufmann B.… als Bevollmächtigten der Erbengemeinschaft mit Schreiben vom 29. Januar 1950 gegenüber der damaligen Landesregierung Brandenburg erhobene “Wiedergutmachungsforderung … aus dem Grundbesitz in Seehof bei Teltow und aus Forderung gegen die Stadtgemeinde Teltow” hatte weder das streitgegenständliche noch die anderen vom Parzellierungsvertrag erfassten Grundstücke zum Gegenstand.
Im rückerstattungsrechtlichen Verfahren 5 WGA 327/50 hat der zwischenzeitlich verstorbene Bevollmächtigte B. in einem Schreiben an das Wiedergutmachungsamt Berlin vom 5. April 1950 u.a. ausgeführt:
“Wie bereits unter 5 WGA 326/50 aufgegeben, haben diese Sabersky'schen Erben der damaligen Not gehorchend den Teltower Teil ihres Gutes Seehof bei Teltow parzelliert. Die Parzellierung wurde dem Herrn G.… durch notariellen Vertrag vom 13. Oktober 1933 übertragen”.
Arthur Sonnenthal führte in einem Lebenslauf, der einem Entschädigungsantrag vom 17. Mai 1951 (Entschädigungsverfahrenregister Nr. 70269) beigefügt war, u.a. aus:
“Nach Machtübernahme seitens Adolf Hitler wurden die Schwierigkeiten geregelter Geschäftsführung als Juden unerträglich! Boykott jüdischer Bankiers an der Börse, Sonderverordnungen, die gegen die der Firma angeschlossene Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebes erlassen wurden, machte die Aufteilung des landwirtschaftlichen Betriebes zur Notwendigkeit, d.h. Aufteilung des Gutes in Baugelände. Zu diesem Zwecke wurden nationalsozialistische Agenten mit der Aufteilung beauftragt, die dann zu dem entsprechend großem Gewinn berechtigt waren.”
Bereits vor dem Tod ihres Vaters hatte die Beigeladene, die inzwischen dessen alleinige Rechtsnachfolgerin ist, die DDR verlassen. Auch ihre Mutter, die damalige Miterbin, verzog später ins Bundesgebiet. Daraufhin wurde das streitgegenständliche Grundstück im Dezember 1963 gemäß § 6 der Verordnung der DDR vom 17. Juli 1952 unter vorläufige staatliche Verwaltung gestellt. Nach den Angaben der Beigeladenen im Lastenausgleichsverfahren war der Einheitswert für das Grundstück zum 14. Januar 1938 auf 17 000 Mark festgestellt worden.
1991 beantragten die Kläger als Rechtsnachfolger der seinerzeitigen Erbengemeinschaft die Rückübertragung des Eigentums an den vom Parzellierungsvertrag betroffenen Flächen des ehemaligen Guts Seehof. Mit Bescheid vom 29. März 1996, der auch das streitbefangene Grundstück betraf, lehnte der Beklagte weitere Rückübertragungen ab, weil die für einen verfolgungsbedingten Vermögensverlust streitende gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG widerlegt sei.
Die nach erfolglosem Vorverfahren von den Klägern erhobenen Klagen gegen diesen “Globalbescheid” hat das Verwaltungsgericht in Verfahren für die betroffenen ca. 900 Grundstücke getrennt, die Klage hinsichtlich des streitgegenständlichen Grundstücks mit Urteil vom 15. Dezember 1997 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Weder bestehe ein Rückübertragungsanspruch zugunsten der Kläger, noch könne ihre Berechtigung nach § 2 Abs. 1 VermG festgestellt werden. Denn die zugunsten der Kläger eingreifende gesetzliche Vermutung eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes sei jedenfalls für Rechtsgeschäfte bis November 1938 widerlegt worden. Die Erbengemeinschaft habe – wie u.a. verschiedene Vergleichsverkaufsfälle zeigten – angemessene Kaufpreise erzielt und über diese auch frei verfügen können; dabei sei es ausreichend, wenn der Veräußerer wenigstens zeitweilig die Wahl zwischen mehreren Verwendungsmöglichkeiten gehabt habe. Die Zahlungen der Käufer seien letztlich in den Rechtskreis der Erbengemeinschaft gelangt.
Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 24. Februar 1999 – BVerwG 8 C 15.98 –, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, das verwaltungsgerichtliche Urteil aufgehoben und die Streitsache zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Nach Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht haben die Kläger ihren bisherigen Vortrag umfangreich ergänzt und weitergehend vertieft. Sie haben mehrere Parteigutachten zu dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten, das sich mit der Frage der Angemessenheit des erzielten Kaufpreises befasst, sowie zum Honorar des Parzellierers und zu den Konditionen des Aufschließungs- und Parzellierungsvertrages eingereicht. Darüber hinaus haben sie Gutachten zu den historischen Hindergründen des Geschehens insbesondere bezüglich des Verfolgungsschicksals der ursprünglichen Mitglieder der Erbengemeinschaft und über die Person des Parzellierers G.… vorgelegt.
Sie haben u.a. Parteigutachten des Zentrums für Antisemitismusforschung vom 31. März 2000 und 26. Oktober 2001 vorgelegt. Danach konnte Dr. Max Mainzer nicht wie sein Onkel Dr. Fritz Sabersky einen Anwaltsberuf nach dem 7. April 1933 wieder ausüben, sondern er musste seinen Lebensunterhalt in einer Kohlenhandlung verdienen, bis er 1938 emigrierte.
Das Parteigutachten vom 26. Oktober 2001 (S. 3 Anm. 3) bemerkt zum Ausscheiden des Kommerzienrats Dr. Paul Mamroth aus seinen Ämtern, dass die Häufung seines Ausscheidens aus verschiedenen Institutionen in den Monaten Mai bis Juni/Juli 1933 einen eindeutigen Hinweis auf den verfolgungsbedingten Rückzug aus seinen Ämtern darstelle. Er schied nämlich im Mai aus der Verwaltung der Osram-Gesellschaft aus. Wenig später legte er sein Amt im Repräsentantenausschuss des Automobilclubs von Deutschland nieder, gab am 3. Juni 1933 den Vorsitz im Aufsichtsrat der Schlesischen Elektrizitäts- und Gasaktiengesellschaft und am 29. Juni 1933 seine ehrenamtliche Tätigkeit in der Zulassungsstelle der Berliner Börse auf und schied am 4. Juli 1933 aus dem Aufsichtsrat der Lufthansa AG aus.
Die Kläger haben weiterhin die Rückübertragung des streitbefangenen Grundstücks unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 29. März 1996 sowie des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides beantragt.
Der Beklagte hat demgegenüber beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat an seiner bisherigen Ansicht festgehalten, dass die gesetzliche Vermutung eines Zwangsverkaufs widerlegt sei, da die Erbengemeinschaft einen angemessenen Kaufpreis erhalten und über diesen habe frei verfügen können. Die einzelnen Verkäufe wären auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden. Aus den weiteren beklagtenseits vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus Kaufverträgen, die seiner Ansicht nach vergleichsweise heranzuziehen seien, ergebe sich die Angemessenheit der Kaufpreise.
Die Beigeladene ist der Klage ebenfalls entgegengetreten, hat aber keinen Antrag gestellt.
Das Verwaltungsgericht hat u.a. Beweis über die Tatsache erhoben, welcher Kaufpreis zum jeweils maßgeblichen Verkaufszeitpunkt von jemanden zu erzielen gewesen wäre, wenn das jeweilige Grundstück keinen durch die Nationalsozialisten Verfolgten gehört hätte, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Mit Urteil vom 2. Oktober 2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage erneut abgewiesen. Den Klägern stehe weder ein Rückübertragungsanspruch zu noch könne deren Berechtigung festgestellt werden. Die gesetzliche Vermutung einer verfolgungsbedingten ungerechtfertigten Entziehung sei widerlegt worden, da nunmehr bewiesen sei, dass der Kaufvertrag seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre, die frühere Erbengemeinschaft auch einen angemessenen Kaufpreis erhalten habe und über diesen habe frei verfügen können. Zudem seien “andere Tatsachen” zum Nachweis einer ungerechtfertigten Entziehung nicht dargelegt worden. Auf der Grundlage einer gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände sei davon auszugehen, dass sich der Veräußerer beim Verkauf von “neutralen, mit der objektiven Verfolgungssituation in keinem Zusammenhang stehenden Motiven” habe leiten lassen. Der relevante Verkauf vom 8. Januar 1936 sei nach der Überzeugung der Kammer seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne den von Gesetzes wegen ab dem 15. September 1935 grundsätzlich unterstellten Verfolgungsdruck abgeschlossen worden. Dieser Stichtag sei maßgeblich gewesen für den Beginn der offiziellen Diskriminierung der Juden (S. 38 UA). Die Parzellierung habe auch bereits vor diesem Stichtag begonnen und die Verkäufe seien danach zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen erfolgt, so dass eine Mitursächlichkeit ausscheide.
Hinzukomme, dass die Erbengemeinschaft mit dem Abschluss des verfolgungsneutralen Parzellierungsvertrages vom 13. Oktober 1933 bereits deutlich vor dem Stichtag des 15. September 1935 rechtlich gebunden gewesen und diese Bindung daher nicht verfolgungsbedingt gewesen sein könne. Aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten folge zudem die Angemessenheit des erzielten Kaufpreises. Für die freie Verfügbarkeit über den erzielten Kaufpreis spreche insbesondere, dass ein verfolgungsfrei bestellter Bevollmächtigter über den vollen Kaufpreis habe verfügen können. Der Bevollmächtigte habe schon seit Jahren das persönliche Vertrauen der Erbengemeinschaft genossen und sei somit verfolgungsfrei bestellt gewesen. Im Übrigen habe der Beklagte auch die Annahme der Verfolgungsbedingtheit hinreichend erschüttert, was zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung ausreiche.
Gegen das Urteil haben die Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie rügen die Verletzung formellen und materiellen Rechts, vertiefen und ergänzen ihr bisheriges Vorbringen und gehen davon aus, dass die gesetzliche Vermutung für die Verfolgungsbedingheit des Verkaufes endgültig nicht widerlegt worden sei.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 2. Oktober 2002 den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 29. März 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 1996 zu verpflichten, an die Kläger das Grundstück, Gemarkung Teltow, … zurückzuübertragen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und meint, die gesetzliche Vermutung sei widerlegt worden. Dem Gesetzgeber sei bekannt gewesen, dass in der NS-Zeit nicht jeder Vermögensübergang verfolgungsbedingt war. Es habe durchaus den “freilich nicht typischen Fall” gegeben, dass eine Person, obwohl sie zu dem von § 1 Abs. 6 VermG angesprochenen Kreis gehörte, in ihrer Verfügungsfreiheit unbeeinträchtigt geblieben sei. Für diesen atypischen Fall habe der Gesetzgeber die Widerlegung der Verfolgungsvermutung vorgesehen. Im vorliegenden Fall sei aber der Umstand atypisch, dass die Rechtsvorgänger der Kläger, “obwohl nach ihrem Bildungsstand durchaus mit der Situation der Juden in der Zeit nach der NS-Machtergreifung vertraut, im Jahre 1933 nicht etwa eine schnellstmögliche, im Zweifel weniger gewinnbringende Veräußerung des Grundvermögens anstrebten, um zu retten, was noch zu retten und mitzunehmen war, sondern ihre Lage so einschätzen, dass sie es sich erlauben konnten, nunmehr, nachdem sich der durch die Weltwirtschaftskrise zusammengebrochene Grundstücksmarkt halbwegs erholt hatte, den Gewinn durch Parzellierung und Verkauf zu optimieren … und sich dafür einen Zeitraum von fünf Jahren zu setzen”.
Zudem ergebe sich ein die Verfolgungsvermutung widerlegender Sachverhalt daraus, dass die Erben, obwohl durch sachverständige Anwälte beraten, nach dem 8. Mai 1945 keinen Anlass sahen, umgehend die erfolgten Grundstücksgeschäfte anzufechten, die parzellierten Flächen zurückzufordern bzw. Wiedergutmachungsverfahren anzumelden oder den Kaufmann B. die Vollmacht zu entziehen. Stattdessen hätten die Erben diesen aufgrund seiner alten Vollmacht weiter wirken lassen und auch ihm gegenüber keine Forderungen erhoben. Im Verhältnis zu den Schicksalen anderer jüdischer Mitbürger im Raum Berlin habe die Erbengemeinschaft Sabersky eine Sonderstellung eingenommen. Da die Verfolgungsvermutung widerlegt sei, müssten die Kläger grundsätzlich die Beweislast tragen und seien beweisfällig geblieben.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der Kläger ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht.
Zum einen hat das Verwaltungsgericht das in § 1 Abs. 6 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 3 und 2 REAO enthaltene normative System von gesetzlicher Vermutung und Widerlegung insgesamt verkannt (hierzu unter 1).
Zum anderen hat das Verwaltungsgericht dadurch Bundesrecht verletzt, dass es sich bei der Prüfung der Ursächlichkeit der Herrschaft des Nationalsozialismus für den Abschluss des konkreten Kaufvertrages auf Ereignisse nach dem 14. September 1935 beschränkt hat (hierzu unter 2).
Weiterhin hat das Verwaltungsgericht den Inhalt des gesetzlichen Widerlegungstatbestandes in Art. 3 Abs. 3 Buchst. a REAO (“Abschluss des Rechtsgeschäfts auch ohne Herrschaft des Nationalsozialismus”) verkannt (hierzu unter 3).
Da das verwaltungsgerichtliche Urteil auf diesen Bundesrechtsverstößen beruht und Einzelumstände aus den Verwaltungsvorgängen und Gerichtsakten zu entnehmen sind, aus denen sich ergibt, dass die Mitursächlichkeit des Nationalsozialismus für den Abschluss des vorliegenden Rechtsgeschäfts nicht widerlegt ist und auch nicht widerlegungsfähig ist, kann der Senat in der vorliegenden Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO selbst entscheiden (hierzu unter 4).
1. Das Verwaltungsgericht hat das in § 1 Abs. 6 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO enthaltene normative Gefüge von gesetzlicher Vermutung und Widerlegung insgesamt verkannt. Nach § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG wird zugunsten des Berechtigten ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust vermutet, wenn die Veräußerung eines Vermögensgegenstandes in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 durch jemanden erfolgt ist, der zu einem von den Nationalsozialisten kollektiv verfolgten Personenkreis gehörte, wie das hier ohne jeden Zweifel der Fall ist. Das vom Gesetzgeber gewählte System von gesetzlicher Vermutung und ihrer Widerlegung hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seine Ursache darin, dass im Herrschaftsbereich der sowjetischen Besatzungsmacht die gebotene Wiedergutmachung des während der NS-Zeit verübten Unrechts nicht stattgefunden hat und daher erst mit jahrzehntelanger Verzögerung gewährt werden kann. Der Gesetzgeber hat mit der Verweisung auf die Anordnung der alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 eine Beweisregel übernommen, die in den seinerzeitigen westlichen Besatzungszonen galt (Beschluss vom 8. Dezember 1994 – BVerwG 7 B 180.94 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 34; Urteil vom 30. April 2003 – BVerwG 8 C 9.02 – Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 18).
Damit wird der Beweisnot der seinerzeit Verfolgten und deren Rechtsnachfolger Rechnung getragen. Der Beweis für die Kausalität zwischen Verfolgung und Vermögensverlust ist dadurch erleichtert worden, dass die Verfolgungsbedingtheit des Rechtsgeschäfts gesetzlich vermutet wird und diese Vermutung nur durch den Nachweis der in Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO bestimmten Tatsachen widerlegt werden kann. Das schließt auch die Zulassung eines direkten Gegenbeweises aus, mit dem im Einzelfall ausgeschlossen werden könnte, dass der Verfolgungsdruck für die Veräußerung mit ursächlich gewesen ist (vgl. Urteil vom 30. April 2003 – BVerwG 8 C 9.02 – a.a.O. unter Hinweis auf die Urteile vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 8 C 14.98 – BVerwGE 108, 157 ff. und vom 24. Februar 1999 – BVerwG 8 C 15.98 – BVerwGE 108, 301).
Die gesetzliche Vermutung ist nur dann widerlegt, wenn die in Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO aufgeführten Hilfstatsachen zur Überzeugung des Gerichts und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt sind. Es reicht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts damit nicht aus, dass nur die Überzeugung des Richters von der Wahrheit einer vermuteten Tatsache nach der Art eines prima-facie-Beweises erschüttert wird, mithin nur ein anderer Hergang des Geschehens plausibel dargetan wird. Denn mit einem solchen anderen Hergang rechnet die gesetzliche Vermutung von vornherein.
Das System von gesetzlicher Vermutung und beschränkter Widerlegung in Art. 3 REAO ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung gebieten gerade eine Reduzierung der Beweisstärke zugunsten der während der NS-Herrschaft Verfolgten. Wenn der Gesetzgeber den vollen Beweis des Gegenteils verlangt, so stellt er damit nur den beweismäßigen Standard zur Wiedergutmachung von verfolgungsbedingtem Unrecht aus der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 wieder her, der bereits früher in den westlichen Besatzungszonen mit der Rückerstattungsgesetzgebung eingeführt worden ist. Es soll die Wiedergutmachungslücke, die die DDR hinterlassen hat, weil sie sich für die Wiedergutmachung von NS-Unrecht nicht zuständig fühlte, durch Schaffung von günstigen Beweisregeln für die politisch und rassisch Verfolgten und ihre Rechtsnachfolger geschlossen werden. Denn es ist ein Anliegen der Bundesrepublik Deutschland von herausragender Bedeutung, nationalsozialistisches Unrecht, insbesondere an den Juden, wieder gutzumachen (BVerfG, Beschluss vom 3. März 1995 – 1 BvR 236/95 – VIZ 1995, 343).
Das vorliegende System von gesetzlicher Vermutung und Widerlegung entspricht im Übrigen auch den allgemeinen beweisrechtlichen Grundsätzen, die in § 292 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 VwG0 ihren Ausdruck finden. Diese hat das Verwaltungsgericht ebenso verkannt.
Bei widerleglichen gesetzlichen Vermutungen – wie hier – bleibt nämlich dem vermutungsbelasteten Gegner nur der Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache offen. Eine vermutete Tatsache bedarf keines Beweises. Steht eine bestimmte Voraussetzung, eine Ausgangstatsache, gegebenenfalls eine Hilfstatsache fest, so wirkt die Vermutung bezüglich der vermuteten Tatsache als eine Beweislastregel (vgl. Leipold in Stein/Jonas Kommentar zur Zivilprozessordnung 21. Auflage, Band 3 1997 Rn. 7/8 zu § 292 ZPO). Steht damit die Vermutungsbasis fest, bleibt für eine richterliche Beweiswürdigung insoweit kein Raum (vgl. BGH, MDR 1958, 114 = LM Nr. 2 zu § 28 BEG 1956; Leipold in Stein/Jonas, a.a.O., Rn. 14 zu § 292).
Bei den widerleglichen Vermutungen ist dem Gegner der Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache eröffnet. Es muss der volle Beweis des Nichtvorliegens der vermuteten Tatsache geführt werden. Dieser Beweis ist nicht ein Gegenbeweis, sondern selbst der Hauptbeweis, mithin der Beweis für die Wahrheit einer Behauptung während es der Gegenbeweis einer nicht beweisbelasteten Partei ermöglicht, die Überzeugung des Richters von der Wahrheit einer beweisbedürftigen Tatsache zu erschüttern (vgl. BGH, MDR 1978, 914; BGH, MDR 1983, 830).
Für die Widerlegung der Vermutung durch die Führung des Beweises des Gegenteils genügt es nicht, dass ein anderer möglicher Hergang des Geschehens dargetan wird. Es ist vielmehr der volle Beweis des Gegenteils zu führen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 24. August 1990 – BVerwG 8 C 65.89 – BVerwGE 85, 314 ≪321 ≫; BGH, NJW 1980, 1047 ≪1048≫; sowie schon RGZ 92, 68 ≪70 f.≫).
Die Notwendigkeit eines Beweises des Gegenteils bzw. hier des Beweises der in Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO bestimmten Hilfstatsachen hat aber das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall verkannt und sich mit einer bloßen Erschütterung der gesetzlichen Vermutung begnügt. Dies wird aus seinen Darlegungen auf S. 37, 46, 50, 93 und 94 des Urteils deutlich. Wie ein roter Faden zieht sich die Verkennung des Widerlegungserfordernisses durch die gesamte Entscheidung.
Auf Seite 37 UA weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass die Vermutung den Berechtigten nicht allgemein davon befreie, das Vorliegen des Entziehungstatbestandes zu beweisen, vielmehr müsse der Berechtigte das Vorliegen einer Entziehung gleichwohl beweisen, wenn dem Verpflichteten die Entkräftung der Vermutung gelänge.
Auf Seite 46 UA spricht das Verwaltungsgericht u.a. davon, der Verfolgungsdruck spiegele sich im Inhalt des Parzellierungsvertrags nicht hinreichend wider und die Mitursächlichkeit folge nicht aus dem sinngemäßen klägerischen Vortrag. Mit diesen Wendungen wird erneut verkannt, dass der Vermutungsbelastete den Beweis des Gegenteils zu erbringen hat.
Auf Seite 50 UA verkennt das Verwaltungsgericht mit der Wendung: “Demnach hätten die Kläger unter diesen Umständen substantiiert unter Benennung konkreter Fälle vortragen müssen, dass die Provision … unangemessen hoch festgesetzt wurde …” ebenfalls die Bedeutung des Vermutungs-/Widerlegungssystems. Angesichts der gesetzlichen Vermutung obliegt den Klägern nicht eine Vortrags- und Beweispflicht für die Frage der Verfolgungsbedingtheit der Vermögensentziehung in der fraglichen NS-Zeit.
Mit den Formulierungen auf Seite 93 UA: (“Eine generelle und vom Einzelfall Iosgelöste Verfügungsbeschränkung in diesem Sinne zu einem früheren Zeitpunkt kann entgegen der Ansicht der Kläger nicht festgestellt werden”) und Seite 94: (“wenn diese Annahme ausreichend erschüttert wird”), verkennt das Verwaltungsgericht wiederum die Bedeutung einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung durch den Beweis des Gegenteils.
2. Das Verwaltungsgericht hat zum anderen dadurch Bundesrecht verletzt, dass es sich bei der Prüfung der Ursächlichkeit der Herrschaft des Nationalsozialismus für den Abschluss des konkreten Kaufvertrages auf Ereignisse nach dem 14. September 1935 beschränkt hat. Auch für die Zeit vom 30. Januar 1933 an vermutet Art. 3 Abs. 1 und 2 REAO einen verfolgungsbedingten Vermögensverlust. Nur sind an die Widerlegung der Vermutung für Rechtsgeschäfte, die bis zum 14. September 1935 abgeschlossen worden sind, weniger strenge Anforderungen zu stellen. Diese Rechtslage trägt der geschichtlichen Tatsache Rechnung, dass die Judenverfolgung bereits unmittelbar nach der “Machtergreifung” durch die Nationalsozialisten in massivem Umfang einsetzte und sich seit diesem Zeitpunkt stetig zu Lasten der jüdischen Mitbürger verschärft hat.
Diesen Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht fehlerhaft gewürdigt, indem es ausgeführt hat, dass der Stichtag des 15. September 1935 maßgeblich gewesen sei “für den Beginn der offiziellen Diskriminierung der Juden aus Gründen der Rasse” (S. 38 f. UA). Bei der Prüfung der Ursächlichkeit der Herrschaft des Nationalsozialismus hätte vielmehr der gesamte Verfolgungszeitraum in den Blick genommen werden müssen, so dass hier, wie bereits im ersten Revisionsurteil ausgeführt, u.a. auch die Regelungen des Parzellierungsvertrages daraufhin hätten überprüft werden müssen, ob sie Folge des Verfolgungsdrucks waren.
Damit hat das Verwaltungsgericht zugleich gegen das Bindungsgebot des § 144 Abs. 6 VwG0 verstoßen. Das gilt auch für seine falsche Annahme, der Senat habe rechtskräftig festgestellt, der Parzellierungsvertrag sei frei von Verfolgungsdruck geschlossen worden. Der Senat hat nämlich in seinem Urteil vom 16. Dezember 1998 – BVerwG 8 C 14.98 – (BVerwGE 108, 157 ≪168 f.≫) nur darauf hingewiesen, dass das Verwaltungsgericht frei von Rechtsfehlern in dem Abschluss des Parzellierungsvertrages und in der darin liegenden Beauftragung des Parzellierers G.… keine Auswirkungen des nationalsozialistischen Verfolgungsdrucks hat erkennen können. Die aufgrund der damaligen Tatsachenlage vom Verwaltungsgericht gezogene Schlussfolgerung und die darin liegende Beweiswürdigung des Tatrichters ist vom Senat damals nicht beanstandet worden, da in dieser Schlussfolgerung keine Verletzung allgemein verbindlicher Beweiswürdigungsgrundsätze gesehen worden ist. Die damalige Revision hatte nicht dargelegt, dass dem Verwaltungsgericht ein Verstoß gegen die Beweiswürdigungsgrundsätze unterlaufen war. Keineswegs hat der Senat damit eine “rechtskräftige Feststellung” vorgenommen, dass der Parzellierungsvertrag ohne Verfolgungsdruck geschlossen worden sei, wie das nunmehr das Verwaltungsgericht (S. 49 f. UA) angenommen hat.
3. Schließlich hat das Verwaltungsgericht den Inhalt der Widerlegungsmöglichkeit in Art. 3 Abs. 3 Buchst. a REAO (“Abschluss des Rechtsgeschäfts auch ohne Herrschaft des Nationalsozialismus”) verkannt. Es hat dem in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Gesichtspunkt der Mitursächlichkeit der Herrschaft des Nationalsozialismus beim Abschluss des Rechtsgeschäfts keine Bedeutung beigemessen. Die gesetzliche Vermutung der verfolgungsbedingten Entziehung (des Zwangsverkaufs) kann mit dem Beweis der hypothetischen Tatsache widerlegt werden, “dass das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre”. Der Senat hat in Anknüpfung an die Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte (vgl. Urteil vom 24. Januar 2002 – BVerwG 8 C 12.01 – BVerwGE 115, 360 ≪366≫ = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 14) näher dargelegt, wann ein Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre. Der Rückgriff auf die alte rückerstattungsrechtliche Rechtsprechung ist bei der Auslegung des § 1 Abs. 6 VermG geboten (vgl. Urteil vom 22. Februar 2002 – BVerwG 7 C 12.00 – BVerwGE 114, 68), da eine solche Auslegung gerade zur Schließung der auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bestehenden Wiedergutmachungslücke beiträgt.
Ein Rechtsgeschäft wäre seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus zustande gekommen, wenn der Vertragsschluss von nationalsozialistischem Verfolgungsdruck unbeeinflusst war und auf anderen Ursachen beruhte (vgl. Säcker, VermG, 1995, Rn. 180 zu § 1 VermG). Die nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen müssen beim Vorliegen dieser hypothetischen Tatsache hinweggedacht werden können, ohne dass der konkrete Erfolg des Vertragsschlusses entfiele (Säcker, a.a.O., Rn. 180 zu § 1 VermG). Damit muss der Ursachenzusammenhang mit Sicherheit ausgeschlossen sein. Eine bloße Wahrscheinlichkeit genügt nicht (vgl. ORG Herford, RzW 1962, 161; ORG Nürnberg, RzW 1957, 99; Schwarz, in: Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Bundesrepublik Deutschland, Band I S. 163). Solche Fälle fehlenden Ursachenzusammenhangs sind etwa bei Veräußerung von Vermögenswerten im Rahmen regulärer Geschäftstätigkeit, zum Zwecke der Sanierung eines Unternehmens oder anlässlich üblicher Nachlassauseinandersetzungen (vgl. Säcker, a.a.O., Rn. 180 zu § 1 VermG; CoRA, RzW 1954, 195; Rädler/Raupach/Bezzenberger, Rn. 142/30 zu § 1 VermG; Schwarz, in: Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 164; Wasmuth, Rechtshandbuch Vermögen und Invest. in der ehem. DDR, Kommentar) oder bei Feilbieten einer Ware vor dem 30. Januar 1933, sowie bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten/Überschuldung ohne Zusammenhang mit der NS-Herrschaft (vgl. Urteil vom 24. Januar 2002 – BVerwG 8 C 12.01 – a.a.O. unter Hinweis u.a. auf Götze, Die Rückerstattung in Westdeutschland und Berlin 1950, S. 164 f.) bejaht worden.
Hingegen reicht jeder adäquat kausale Verursachungsbeitrag, der auf einem Verfolgungsmotiv beruht, aus, um die Annahme auszuschließen, das Rechtsgeschäft wäre auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden (Säcker, a.a.O., Rn. 180; Rädler/Raupach/Bezzenberger, a.a.O., Rn. 142/30). Dabei belegt bereits der Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 REAO, dass die Widerlegung durch Beweis, dass das Rechtsgeschäft auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre, schon bei Mitursächlichkeit der Herrschaft des Nationalsozialismus ausgeschlossen ist (vgl. Urteil vom 24. Januar 2002 – BVerwG 8 C 12.01 – BVerwGE 115, 360 ≪366≫ = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 14 – unter Hinweis auf ORG Nürnberg, Urteil vom 23. Januar 1956 – ORG/III/493 – RzW 1956, 194 zur gleich lautenden Vorschrift des § 4 Abs. 1a REG für die US-amerikanische Zone). Es ist insoweit zumindest eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit erforderlich, die nach der Lebenserfahrung der Gewissheit so gut wie gleich kommt, damit eine Mitursächlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. auch ORG Herford, Urteil vom 31. Oktober 1961 – ORG II/638 – RzW 1962, 161; Urteil vom 24. Januar 2002 – BVerwG 8 C 12.01 – a.a.O.).
Diese Rechtsprechung zur Mitursächlichkeit der Herrschaft des Nationalsozialismus hat das Verwaltungsgericht außer Acht gelassen und damit den Inhalt des gesetzlichen Widerlegungsfalles – das Rechtsgeschäft wäre auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden – verkannt.
Auf S. 47 UA verneint das Verwaltungsgericht ausdrücklich die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung und befürwortet auf S. 39 f. UA unter Hinweis auf ein Urteil des OLG Köln (vom 28. Januar 1953, RzW 1953, 109) eine einschränkende Auslegung der Ursächlichkeit. In der weiteren Begründung wird dann mehr oder weniger formelhaft eine Mitursächlichkeit erwähnt, ohne deren Voraussetzungen im Sinne der Senatsrechtsprechung zu prüfen. Hätte das Verwaltungsgericht hier richtig subsumiert, so hätte es den verschiedenen Äußerungen des Parzellierers G.…, des Kaufmanns B.…, dem selbst verfassten Lebenslauf von Arthur Sonnenthal und den objektiven Zeitumständen, die auch in den vorgelegten Parteigutachten des Zentrums für Antisemitismusforschung niedergelegt sind, Bedeutung beimessen müssen. Denn alle diese Schriftstücke konnten belegen, dass der Verkauf mit der politischen und wirtschaftlichen Bedrängung der Juden in der maßgeblichen Verfolgungszeit, die am 30. Januar 1933 begann (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 18. Juni 1998 – BVerwG 8 B 56.98 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 154), in Zusammenhang stand.
4. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht auch auf den dargelegten Bundesrechtsverstößen. Hätte das Verwaltungsgericht nämlich die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung und damit den Beweis des Gegenteils geprüft, hätte der Beklagte als der Vermutungsbelastete diesen Beweis nicht erfolgreich führen können.
Das Bundesverwaltungsgericht kann in der vorliegenden Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwG0 auch selbst entscheiden. Es ist nämlich der volle Beweis, dass das Rechtsgeschäft auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre, nicht gelungen. Aus den Verwaltungsvorgängen und Gerichtsakten entnimmt der Senat Einzelumstände, die ihm eine Entscheidung in der Sache selbst ermöglichen.
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Mitursächlichkeit des Nationalsozialismus für den Abschluss des vorliegenden Rechtsgeschäfts nicht widerlegt ist und auch nicht widerlegungsfähig ist. Aus der Fülle des Tatsachenmaterials und den verschiedenen Äußerungen der Verfolgten zieht der Senat zunächst den Lebenslauf von Arthur Sonnenthal vom 17. Mai 1951 heran. Er ist im Entschädigungsverfahren zur Kenntnis der zuständigen Behörden gebracht worden und spricht in eindeutiger Sprache für eine Mitursächlichkeit des Nationalsozialismus. Arthur Sonnenthal legt die “unerträglichen” Schwierigkeiten geregelter Geschäftsführung für Juden, den Boykott jüdischer Bankiers an der Börse und das Bestehen von diskriminierenden “Sonderverordnungen” dar, die sich u.a. auf die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebes bezogen. Diese Maßnahmen haben nach seiner Darstellung die erzwungene Aufteilung des landwirtschaftlichen Gutes in Baugelände zur Folge gehabt, wobei “nationalsozialistische Agenten” – offensichtlich der Parzellierer G.… – mit der Aufteilung beauftragt wurden, “die dann zu dem entsprechend großen Gewinn berechtigt waren.”
Auch das Schreiben des früheren Bevollmächtigten der Erbengemeinschaft B. an die Landesregierung Brandenburg vom 22. Dezember 1947 spricht für die Mitursächlichkeit der NS-Herrschaft beim Abschluss des Verkaufsgeschäfts. Darin wird ausgeführt, dass durch Maßnahmen der Naziregierung gegen jüdische Mitbürger die Erben des Gutes Seehof gezwungen gewesen seien, den Grundbesitz weit unter dem wirklichen Wert zu verkaufen. In ähnliche Richtung gehen die Äußerungen dieses Bevollmächtigten in einem an das Wiedergutmachungsamt Berlin gerichteten Schreiben vom 5. April 1950 (“… haben die Saberskyschen Erben der damaligen Not gehorchend den Teltower Teil ihres Gutes Seehof bei Teltow parzelliert”).
Auch aus den verschiedenen Erklärungen des Parzellierers G.…, der als NS-Parteigenosse unter Ausnutzung seiner bestehenden Kontakte zu bedeutenden Funktionsträgern der NS-Bewegung (nach seinen Angaben: zu Goebbels, zum Gauleiter, zum Bruder des SD-Chefs Heydrich) zum eigenen Vorteil maßgeblich zur Arisierung des Grundbesitzes beitrug, geht hervor, dass auf den Angehörigen der Erbengemeinschaft Verfolgungsdruck lastete. So erklärte G.… in einem an das US-amerikanische Generalkonsulat in Berlin gerichteten Schreiben vom 8. Dezember 1980 auf eine Anfrage bezüglich des Gutes Teltow-Seehof u.a.: “Da seinerzeit fast alle Angehörigen der Familie Sabersky-Sonnenthal beabsichtigten, aus Deutschland auszuwandern, hat sich die Erbengemeinschaft … als Eigentümerin des Gutes entschlossen, das Gut zu verkaufen und zwar durch Parzellierung …”. Damit wird die Verfolgungssituation gerade durch einen am damaligen Rechtsgeschäft Beteiligten belegt.
Das für das Bestehen eines Verfolgungsdrucks sprechende Gesamtbild wird durch die nicht angegriffenen Parteigutachten des Zentrums für Antisemitismusforschung, u.a. vom 26. Oktober 2001 bestätigt. Danach musste der Kommerzienrat Dr. Paul Mamroth aus all seinen Ämtern ausscheiden. Die Häufung seines Ausscheidens aus verschiedenen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Institutionen in den Monaten Mai bis Juli 1933 ergibt einen eindeutigen Hinweis auf den verfolgungsbedingten Rückzug.
Der Vortrag des Beklagten auch im Revisionsverfahren ist nicht geeignet, die gesetzliche Verfolgungsvermutung mit dem Mittel eines Beweises des Gegenteils zu widerlegen, da das bloße In-Frage-Stellen einer etwaigen Verfolgung seitens des Beklagten zur Führung des Beweises des Gegenteils und damit zum Ausschluss der Mitursächlichkeit des Nationalsozialismus beim Abschluss des Rechtsgeschäfts nicht ausreicht. Der Vortrag des Beklagten in seiner Revisionserwiderung vermag nicht das Bestehen der Mitursächlichkeit des Nationalsozialismus für den Abschluss des vorliegenden Rechtsgeschäfts zu widerlegen.
Die Überlegungen des Beklagten zum Vorliegen eines “atypischen Falles” und der “Sonderstellung der jüdischen Erbengemeinschaft” im Verhältnis zu den übrigen verfolgten jüdischen Mitbürgern, die letztlich ein verfolgungsneutrales Rechtsgeschäft belegen sollen, lassen sich angesichts der oben wiedergegebenen Verfolgungssituation ernstlich nicht halten. Der Lebenslauf des Arthur Sonnenthal, aber auch die Erklärungen des Parzellierers G.… und des Kaufmanns B.… sprechen eine eindeutige Sprache für den Zusammenhang des Rechtsgeschäfts mit der Herrschaft des Nationalsozialismus. Die Richtigkeit dieser Erklärungen hat der Beklagte nicht zu widerlegen vermocht.
Der Senat stützt sich zudem auf die zeithistorischen Fakten, die das Revisionsgericht seiner Entscheidung zugrunde legen darf (vgl. hierzu Urteil vom 25. März 1971 – BVerwG 8 C 24.70 – Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 45; Urteil vom 22. Februar 2001 – BVerwG 7 C 12.00 – BVerwGE 114, 68). Die zahlreichen auf Verdrängung der jüdischen Mitbürger aus dem beruflichen und gesellschaftlichen Leben gerichteten, bereits 1933 einsetzenden Maßnahmen hat der Senat u.a. in seinem Urteil vom 13. September 2000 – BVerwG 8 C 21.99 – Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 8 (für “jüdische Mischlinge”) zusammengestellt. Zahlreiche weitere berufliche, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Diskriminierungen der jüdischen Mitbürger (ab 30. Januar 1933) ergeben sich aus den in der Literatur aufgelisteten Unrechtsnormen der NS-Zeit (vgl. hierzu nur die Schrift “Das Sonderrecht für die Juden im NS-Staat”, Herausgeber Joseph Walk, Heidelberg/Karlsruhe 1981 S. 1 ff.).
Auf das Eingreifen der weiteren Widerlegungsmöglichkeit in Art. 3 Abs. 2 REAO (“Angemessenheit des Kaufpreises und freie Verfügbarkeit über ihn”) und ebenfalls auf die diesbezüglichen zahlreichen Verfahrensrügen der Kläger kommt es nicht mehr an, da es dem Beklagten bereits nicht gelungen ist, den Beweis des Gegenteils bezüglich der Widerlegungsmöglichkeit in Art. 3 Abs. 3 Buchst. a REAO (“Abschluss des Rechtsgeschäfts auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus”) zu erbringen. Auf die Notwendigkeit einer gesonderten Prüfung gerade dieses Widerlegungstatbestandes hat der Senat im Übrigen in seinem Urteil vom 24. Februar 1999 – BVerwG 8 C 15.98 – (BVerwGE 108, 301, 314 ≪unter Punkt 4d≫) ausdrücklich hingewiesen.
5. Auch die weiteren Anspruchsvoraussetzungen für eine Rückübertragung zugunsten der Kläger liegen vor. In bindender Weise hat der Senat in seinem Urteil vom 24. Februar 1999 – BVerwG 8 C 15.98 – festgestellt, dass die Ausschlusstatbestände des § 4 VermG nicht eingreifen. Die Beigeladene hat das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück nicht im Sinne des § 4 Abs. 2 VermG nach dem 8. Mai 1945 in redlicher Weise erworben. Diese Vorschrift betrifft nach ihrem Schutzzweck nur rechtsgeschäftliche Erwerbsvorgänge, nicht aber den Erwerb – wie vorliegend – im Wege des Erbganges (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 1995 – 1 BvR 236/95 – VIZ 1995, 343; Urteil vom 24. Februar 1999 – BVerwG 8 C 15.98 – BVerwGE 108, 301 ≪315≫). Auch § 3 Abs. 1 Satz 11 VermG steht der Rückübertragung des Grundstücks an die Kläger nicht entgegen, da diese Vorschrift nur Veräußerungen durch Unternehmen, nicht aber den Verkauf durch private Parzellierer erfasst.
Der Beklagte wird bei seiner Rückübertragungsentscheidung § 7a Abs. 2 VermG zu beachten haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Krauß, Golze, Dr. von Heimburg
Fundstellen
Haufe-Index 1097389 |
BVerwGE 2004, 232 |