1 Leitsatz

Die Absicht des Vermieters, die vermietete Wohnung als Schlafstatt für zukünftig zu beschäftigende Au-Pairs zu nutzen, reicht nicht ohne Weiteres als berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses i. S. d. § 573 Abs. 1 BGB aus.

2 Normenkette

§§ 573 Abs. 1, 574, 574a, 556d Abs. 2, 985, 546 Abs. 1 BGB

3 Das Problem

Der Vermieter kann das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Wohnung für sich oder seine Familien- oder Haushaltsangehörigen benötigt. Ob die Unterbringung einer Au-Pair-Kraft eine Kündigung wegen Eigenbedarfs begründen kann, wird von den Gerichten bisher unterschiedlich beurteilt. Nach Auffassung des AG München kann der Wunsch des Vermieters, eine Hilfe zur Kinderbetreuung, z. B. eine Au-Pair-Kraft, in der Nähe seiner Wohnung unterzubringen, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs begründen. Dabei kann der Mieter nach Auffassung des AG München nicht einwenden, der Vermieter müsse die Raumaufteilung seines Hauses entsprechend verändern, um die Hilfskraft unterzubringen und um eine Kündigung zu vermeiden (AG München, Urteil v. 12.1.2021, 473 C 11647/20).

4 Die Entscheidung

Dagegen ist das LG Berlin der Auffassung, dass die Absicht des Vermieters, die vermietete Wohnung als Schlafstatt für eine zukünftige Au-Pair-Kraft zu nutzen, nicht ohne Weiteres einen Kündigungsgrund darstellt. Auch wenn man dies unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bejahen sollte, ist das Mietverhältnis nach Auffassung des LG Berlin jedenfalls fortzusetzen, wenn sich der Mieter mit Erfolg auf den Härtegrund fehlenden Ersatzwohnraums berufen kann und die alternative Unterbringung künftiger Au-Pairs im Haushalt des Vermieters oder in sonstigen Räumen lediglich mit Komfortnachteilen oder einer unerheblichen wirtschaftlichen Mehrbelastung des Vermieters verbunden wäre. Für den Härtegrund "fehlender Ersatzwohnraum" muss der Mieter nach Auffassung des LG Berlin insbesondere in Städten und Gemeinden mit Wohnungsmangel, in denen deshalb eine Mietpreisbremse gilt, lediglich vortragen, dass er aufgrund seiner stark beschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten keinen Ersatzwohnraum mieten könne. Bestreitet der Vermieter dies, muss das Gericht Beweis – in der Regel durch Einholung eines Sachverständigengutachtens – erheben.

5 Entscheidung

LG Berlin, Beschluss v. 23.3.2021, 67 S 11/21

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