1 Leitsatz

Beim Erwerb einer Mietwohnung per Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren hindert die von dem ursprünglichen Vermieter – einem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen – getroffene mietvertragliche Vereinbarung, wonach der Vermieter das Mietverhältnis nur "in besonderen Ausnahmefällen" kündigen darf, nicht die Ausübung des Kündigungsrechts des Erstehers wegen Eigenbedarf.

2 Normenkette

§§ 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 574 Abs. 1 Satz 1 BGB

3 Das Problem

Wird eine Wohnung verkauft und haben der ehemalige Eigentümer und der Mieter eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit des Vermieters (z. B. Ausschluss oder Erschwerung der Kündigung wegen Eigenbedarfs) vereinbart, handelt es sich um keine höchstpersönliche, sondern um eine allgemeine Abrede, die nicht an die Person des Vermieters gebunden ist. Daher wirkt diese Beschränkung auch zulasten des Käufers (§ 566 BGB; so bereits OLG Karlsruhe, RE v. 21.1.1985, 3 RE-Miet 8/84). So beschränkt z. B. eine mietvertragliche Vereinbarung (beispielsweise zwischen einem Wohnungsunternehmen und dem Mieter), wonach der Vermieter das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen, sondern nur dann kündigen kann, wenn "wichtige berechtigte Interessen" vorliegen, die ordentliche Kündigung des Vermieters auf besondere Ausnahmefälle. In diesem Fall müssen für eine Kündigung Gründe vorliegen, die über das normale, für einen Eigenbedarf ausreichende berechtigte Interesse hinausgehen (BGH, Urteil v. 16.10.2013, VIII ZR 57/13). Dies gilt grundsätzlich auch für einen Rechtsnachfolger, z. B. den Käufer einer Wohnung, sofern keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die damaligen Parteien des Mietverhältnisses die Kündigungsbeschränkung konkludent nur für den Zeitraum hätten vereinbaren wollen, in dem die Wohnung im Eigentum des Verkäufers stand.

4 Die Entscheidung

In dem vom AG Frankfurt/M. entschiedenen Fall ging das Eigentum an der Wohnung jedoch nicht durch rechtsgeschäftlichen Erwerb, sondern im Wege der Zwangsversteigerung an den neuen Eigentümer über. In diesem Fall ist der neue Eigentümer nach Auffassung des AG Frankfurt/M. an der Ausübung einer Eigenbedarfskündigung auch dann nicht gehindert, wenn die von dem ursprünglichen Vermieter – einem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen – getroffene mietvertragliche Vereinbarung dem Vermieter eine Kündigung des Mietverhältnisses nur "in besonderen Ausnahmefällen" gestattet, wenn "wichtige berechtigte Interessen" eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen.

5 Entscheidung

AG Frankfurt/M., Urteil v. 25.5.2022, 33 C 2877/21

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