Alexander C. Blankenstein
Die Vorgabe des § 71 Abs. 1 GEG, also die 65 %-EE-Vorgabe, gilt gemäß § 71l Abs. 1 GEG nicht nach Ablauf eines Zeitraums von 5 Jahren seit Inkrafttreten des GEG, sondern erst im Zeitpunkt des Austauschs der Zentralheizung oder der ersten Etagenheizung. Auch für die Etagenheizungen gilt, dass Pflichten nach dem GEG erst mit irreparablem Ausfall entstehen.
Dem GEG ist bezüglich des Zeitpunkts des Heizungsaustauschs nicht eindeutig zu entnehmen, ob es für den Regelungsgehalt von § 71l GEG auf einen Ausfall
- nach Ablauf der Fristen des § 71 Abs. 8 GEG (= Ablauf der kommunalen Wärmeplanung, siehe Kap. B.VI.4.4.9.5.4) ankommt, oder
- ob die Regelung bzw. das Pflichtenprogramm bereits bei einem Heizungsaustausch vor Ablauf dieser Fristen greift und dann die Heizung den Vorgaben des § 71 Abs. 9 GEG genügen muss.
Der Wortlaut des § 71l GEG spricht für letzteres. Im Gesamtzusammenhang dürfte allerdings auf einen Austausch nach Ablauf der Fristen des § 71 Abs. 8 GEG abzustellen sein. Dies ist aber nicht ganz unproblematisch.
Heizungsaustausch am 15.6.2025
Die erste Etagenheizung wird am 15.6.2025 ausgetauscht. Unabhängig von der Gemeindegröße, sind die Fristen des § 71 Abs. 8 GEG noch nicht abgelaufen. Eine Entscheidung über die Ausweisung als Gebiet zum Neu- oder Ausbau eines Wärmenetzes oder als Wasserstoffnetzausbaugebiet auf Grundlage einer kommunalen Wärmeplanung wurde noch nicht getroffen.
Stellt man auf einen Heizungsaustausch nach Ablauf der in § 71 Abs. 8 GEG geregelten Fristen ab, könnte die Bestimmung des § 71l GEG vorerst ignoriert werden. Es käme dann auf einen weiteren Heizungsaustausch nach Ablauf der Fristen des § 71 Abs. 8 GEG an.
Bei dieser Lesart kann das Problem einer Ungleichbehandlung einzelner Wohnungseigentümer entstehen. Im Fall des Erstaustauschs wäre der Wohnungseigentümer gezwungen, die Vorgaben des § 71 Abs. 9 GEG zu erfüllen. Er müsste also eine Etagenheizung in Betrieb nehmen, die entsprechend des Fristenkatalogs des § 71 Abs. 9 GEG bereits stufenweise erneuerbare Energien bei der Wärmeerzeugung einbindet. Anders bei einem Austausch nach den in § 71 Abs. 8 GEG geregelten Fristen. Bei diesem Austausch gilt die Vorgabe des § 71 Abs. 9 GEG nicht. Der Wohnungseigentümer kann vielmehr eine preisgünstigere Etagenheizung betreiben, bei der die Wärmeerzeugung mittels rein fossiler Brennstoffe erfolgt.
Entscheiden sich nun die Wohnungseigentümer für eine Zentralisierung der Beheizung, wird dem vom ersten Heizungsaustausch betroffenen Eigentümer ein Sonderopfer gegenüber dem vom zweiten Heizungsaustausch betroffenen Wohnungseigentümer abverlangt, ohne dass hierfür in der Sache rechtfertigende Gründe sprechen würden. Dies ist jedenfalls mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich äußerst bedenklich. Dennoch dürfte diese Lesart mit Blick auf die Fristen zur Wärmeplanung maßgeblich sein. Eine entsprechende zeitnahe Klarstellung seitens des Gesetzgebers wäre hier äußerst wünschenswert.