1 Leitsatz
Nach § 12 Abs. 1 AVBWasserV ist für die ordnungsmäßige Errichtung, Erweiterung, Änderung und Unterhaltung der Anlage hinter dem Hausanschluss, mit Ausnahme der Messeinrichtungen des Wasserversorgungsunternehmens, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verantwortlich. Denn der Hausanschluss beginnt nach § 10 AVBWasserV an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes und endet mit der Hauptabsperrvorrichtung.
2 Normenkette
§ 12 Abs. 1 AVBWasserV
3 Das Problem
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verlangt gegenüber B, der die Wohnungseigentumsanlage mit Frischwasser (Trinkwasser) versorgt, die Feststellung, B sei verpflichtet, die schadhaften Frischwasserleitungen im Gebäude bis zu den Messeinrichtungen instand zu halten und instand zu setzen. Das LG weist die Klage ab! Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei für die Erhaltung bereits ab den Schiebern 2 und 3 verantwortlich (diese befinden sich unmittelbar vor dem Gebäude). Ein Schieber sperrt die Wasserversorgung im rechten Teil des Gebäudes, der andere die Versorgung im linken Teil des Gebäudes. In jeder Wohnung des Gebäudes befindet sich eine gesonderte Messeinrichtung (Wasserzähler). Diese Schieber stellen nach LG-Ansicht die Hauptabsperrvorrichtung im Sinne der AVBWasserV dar. Dass sich nach der Hauptabsperrvorrichtung kein Wasserzähler befinde, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Dagegen wendet sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Nach § 12 Abs. 1 AVBWasserV sei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Verantwortlichkeit des Anschlusses im Anschluss an die Schieber 2 und 3 mit Ausnahme der Messeinrichtungen zugewiesen. § 12 Abs. 1 AVBWasserV besage, dass für die ordnungsmäßige Errichtung, Erweiterung, Änderung und Unterhaltung der Anlage hinter dem Hausanschluss, mit Ausnahme der Messeinrichtungen des Wasserversorgungsunternehmens, der Anschlussnehmer (hier also die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) verantwortlich sei. Die Verantwortung der B für die Erhaltung ende somit – abgesehen von den Messeinrichtungen – mit dem Hausanschluss. Der Hausanschluss beginne nach § 10 AVBWasserV an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes und ende mit der Hauptabsperrvorrichtung. "Hauptabsperrvorrichtung" seien die Schieber 2 und 3. Hauptabsperrvorrichtung sei nämlich die erste Armatur auf dem Grundstück, mit der die gesamte Wasserverbrauchsanlage einschließlich Wasserzähleranlage abgestellt werden könne. Ob die Platzierung der Regler vor dem Haus aus heutiger Sicht einen Verstoß gegen die DIN EN 806-1 darstelle, sei unerheblich. Denn die Norm stamme aus dem Jahr 2001, während die Wasserversorgungsanlage unstreitig älter sei. Die DIN als technische Vorschrift wäre aber nach allgemeinen Grundsätzen nur bei der Neuerrichtung der Anlage maßgeblich. Zudem würde selbst ein möglicher DIN-Verstoß nichts am Umstand verändern, dass die Schieber gleichwohl die Hauptabsperrvorrichtung darstellten.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder der Wasserversorger für die Erhaltung von Wasserleitungen zuständig ist. Maßgeblich ist, was man als "Hausanschluss" ansieht. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer fände es gut, wären dies die Messeinrichtungen. LG und OLG meinen aber zu Recht, es sei die "Hauptabsperrvorrichtung" (= die Schieber).
Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?
Die Verwaltungen sollten sich an dieser Entscheidung, die als eine Leitentscheidung verstanden werden kann, orientieren.
6 Entscheidung
OLG Schleswig, Beschluss v. 19.6.2023, 7 U 203/22