Alexander C. Blankenstein
In engen Grenzen ließ die Rechtsprechung nach alter Rechtslage Ausnahmen zu. Die dazu entwickelten Grundsätze gelten auch nach Inkrafttreten des WEMoG.
Einzelfallregelung
Zunächst ist zu beachten, dass beschlussweise nur eine Einzelfallregelung herbeigeführt werden kann und keine abstrakt-generelle Regelung.
Ungültiger Beschluss
"Die Erhaltungsrücklage kann vorübergehend zur Zwischenfinanzierung von Liquiditätsengpässen verwendet werden, wenn eine solche Inanspruchnahme einen Betrag von einem Viertel der Plansumme des aktuellen Jahreswirtschaftsplans nicht übersteigt und eine eiserne Reserve in Höhe von 50.000 EUR jederzeit zwingend erhalten bleibt sowie zudem 50 % des Beirats schriftlich zustimmen."
Begrenzung auf konkrete Wirtschaftsperiode
Unproblematisch war die Regelung über einen Zugriff auf die Erhaltungsrücklage nur dann, wenn sich die Befugnis des Verwalters auf die konkrete Wirtschaftsperiode bezog.
Bestimmtheit des Beschlussgegenstands
Auch die Regelung selbst muss ausreichend bestimmt sein.
Unbestimmter Beschluss
"Dem Verwalter ist es gestattet, bei Liquiditätsengpässen bis zur Höhe von 10.000 EUR kurzfristig auf die Erhaltungsrücklage zurückzugreifen."
Eine derartige Regelung ist zu unbestimmt, weil sie nicht festlegt, welche Beträge als Erhaltungsrücklage notwendig sind und nicht angegriffen werden dürfen. Im Fall einer konkreten Gestattung zur Rücklagenentnahme muss stets geregelt werden, dass in der Erhaltungsrücklage noch eine "eiserne Reserve" verbleibt. Die Höhe einer derartigen "eisernen Reserve" hängt von den Umständen des Einzelfalls ab:
- Zustand der Anlage,
- Alter und
- Reparaturanfälligkeit.
Unproblematisch war nach alter Rechtslage ein Beschluss, der den Verwalter zur Überbrückung eines Liquiditätsengpasses durch einen Rückgriff auf die Erhaltungsrücklage ermächtigt hat, wenn
- maximal Entnahmen bis zur Höhe von 3/12 der Höhe des Gesamtwirtschaftsplans oder
- maximal 10 % des Rücklagenbestands verwendet wurden und
- dies auch nur kurzfristig für eine Dauer von bis zu 2 Monaten.
TOP XX Temporärer Zugriff auf die Erhaltungsrücklage zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen
Für den Fall von Liquiditätsengpässen im Laufe dieser Wirtschaftsperiode (1.1.20__ bis 31.12.20__) wird der Verwalter ermächtigt, der Erhaltungsrücklage maximal einen Betrag zu entnehmen, der ¼ der Wirtschaftsplansumme entspricht. Diese Berechtigung steht unter der Bedingung, dass Erhaltungsmaßnahmen nicht absehbar sind, in der Rücklage ein Mindestbetrag in Höhe von ________ EUR verbleibt und die Entnahme spätestens nach 2 Monaten wieder der Erhaltungsrücklage zugeführt wird. Sollte die Rücklage binnen dieses Zeitraums nicht wieder aufgefüllt werden können, hat der Verwalter unverzüglich eine Eigentümerversammlung zwecks Beschlussfassung über die Erhebung einer Sonderumlage einzuberufen.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: _____
Nein-Stimmen: _____
Enthaltungen: _____
Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:
__________________
Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.
Die Wohnungseigentümer können auch nicht dergestalt über die Mittel der Erhaltungsrücklage verfügen, dass im Fall von Hausgeldausfällen einzelner Wohnungseigentümer ein Beschluss über die Verrechnung der Rückstände mit einem anteiligen Rücklagenguthaben zu fassen war. Da die Erhaltungsrücklage dem Vermögen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugeordnet ist und der einzelne Wohnungseigentümer hieran gerade keinen Anteil hat, wäre ein derartiger Beschluss mangels Beschlusskompetenz nichtig.