Zeitpunkt des Werbungskostenabzugs bei Zahlungen in die Erhaltungsrücklage
Dies hatte der BFH mit Urteil v. 26.1.1988, IX R 119/83, entschieden. In seiner Entscheidung hat der BFH die Auffassung vertreten, dass die Beiträge wie auch die Instandhaltungsrücklage selbst, zu den gemeinschaftlichen Geldern, die der Verwalter zu verwalten hat, gehören und sie Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft sind. Der einzelne Wohnungseigentümer ist in Höhe seiner Zahlungen als Eigentümer am Verwaltungsvermögen beteiligt.
Die Beiträge zur Instandhaltungsrücklage gingen mit ihrer Zahlung von der Rechtszuständigkeit des einzelnen Wohnungseigentümers in die Rechtszuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft über. Aufgrund ihrer Bindung im Verwaltungsvermögen, über das der einzelne Wohnungseigentümer nicht allein verfügen kann, ist zwar der Abfluss der Beträge aus dem frei verfügbaren Vermögen des einzelnen Wohnungseigentümers zu bejahen.
Das rechtfertige jedoch nicht die Anerkennung dieser Beträge als Werbungskosten. Die geleisteten Beiträge zur Instandhaltungsrücklage können beim einzelnen Wohnungseigentümer erst dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Verwalter sie für die Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für andere Maßnahmen, die die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bezwecken oder durch sie veranlasst sind, verausgabt hat.
Praxis der Finanzverwaltung
Es entspricht auch der gängigen Praxis der Finanzverwaltung, dass der Werbungskostenabzug erst dann möglich ist, wenn Erhaltungsmaßnahmen angefallen sind (H 21. 2 EStH).
WEG geändert: Werbungskostenabzug sofort zulässig?
Durch das Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften vom 16.10.2020 (BGBl. 2020 I S. 2178) wurde das WEG aber mit Wirkung zum 1.12.2020 geändert. Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wurde nach § 9a WEG nun die volle Rechtsfähigkeit verliehen. Das bisherige Sondervermögen der "Instandhaltungsrückstellung" heißt nun "Erhaltungsrücklage".
Fraglich ist, ob sich durch die Verleihung der Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft etwas an der bisherigen Auffassung zum Werbungskostenabzug etwas ändern könnte, da nun das Vermögen der Erhaltungsrücklage im Eigentum der "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" als Rechtsträger steht und nicht mehr Bruchteils- oder Gesamthandsvermögen des einzelnen Wohnungseigentümers darstellt. Damit verlassen Zahlungen in die Erhaltungsrücklage das Vermögen des Wohnungseigentümers zu diesem Zeitpunkt bereits endgültig.
Die Folge könnte sein, dass die Zahlungen in die Erhaltungsrücklage bereits mit ihrem Abfluss (§ 11 Abs. 2 EStG) beim Eigentümer als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften zu berücksichtigen sind.
Finanzverwaltung bleibt bei ihrer Auffassung
Die Finanzverwaltung sieht hier keinen Änderungsbedarf (OFD Frankfurt v. 9.11.2022, S 2211 A-00015-0357-St 214). Die Erhaltungsrücklage diene der Instandhaltung und der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Erhaltungsrücklage sei gemeinschaftliches Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Der einzelne Wohnungseigentümer sei in Höhe seiner Zahlungen als Eigentümer am Verwaltungsvermögen beteiligt. Somit könnten die geleisteten Beiträge zur Erhaltungsrücklage beim einzelnen Wohnungseigentümer weiterhin erst dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Verwalter sie für die Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für andere Maßnahmen, die die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bezwecken oder durch sie veranlasst sind, verausgabt hat.
FG Nürnberg verneint den Sofortabzug
Das FG Nürnberg hat sich im Urteil v. 2.3.2024, 1 K 866/23, mit derselben Frage befasst und kommt zu dem Ergebnis, dass nach aktuellem Rechtsstand die Zahlungen erst dann als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn sie der Verwalter verausgabt hat.
Dass die Beiträge zur Erhaltungsrücklage mit der Zahlung aus dem frei verfügbaren Vermögen abgeflossen sind, ändere daran nichts. Die Änderungen des WEG und die damit einhergehende Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft führe zu keiner Änderung der ertragsteuerlichen Behandlung der Instandhaltungsrücklage. Die bisherige Rechtsprechung des BFH sei weiterhin anzuwenden.
FG Nürnberg wendet bisherige BFH-Rechtsprechung an
Nach der Rechtsprechung des BFH sind, wenn der Eigentümer einer Eigentumswohnung diese zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nutzt, die von ihm in eine Instandhaltungsrücklage eingezahlten Beträge erst mit deren Verbrauch durch die Eigentümergemeinschaft als Werbungskosten abziehbar.
Mit der Zuführung zur Instandhaltungsrücklage durch Zahlung an den Verwalter steht diese der (teil-)rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft zu; der einzelne Wohnungseigentümer kann nicht mehr frei über sie verfügen. Diese grundlegende steuerliche Beurteilung habe der BFH – nach Ergehen der BGH-Entscheidung zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft – bestätigt (vgl. BFH, Beschluss v. 21.10.2005, IX B 144/05).
Danach ist die Frage, zu welchem Zeitpunkt die zur Instandhaltungsrücklage geleisteten Beiträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, unabhängig davon zu beurteilen, wie die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer zur Eigentümergemeinschaft zivilrechtlich einzustufen sind. Dies folge schon daraus, dass erst im Zeitpunkt der Verausgabung von Rücklagebeträgen beurteilt werden könne, ob diese für Erhaltungsaufwendungen verwendet worden sind und mithin zu sofort abziehbaren Werbungskosten führen oder ob diese als Herstellungskosten nachträgliche Herstellungskosten zu beurteilen sind.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Das FG Nürnberg hat die Revision zugelassen (Az beim BFH IX R 19/24). Hier ist nun folgende Rechtsfrage offen:
Stellen Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage (vormals Instandhaltungsrücklage) nach der Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom 16.10.2020 (BGBl. 2020 I, S. 2187) mit einhergehender Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits in diesem Zeitpunkt des Abflusses (§ 11 Abs. 2 EStG) ertragsteuerlich sofort abzugsfähige Werbungskosten bei einer vermieteten Wohnung dar, unabhängig von der späteren Mittelverwendung und deren steuerlicher Einordnung.
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