Problemüberblick
Im Fall geht es um die Schnittstelle zwischen Wohnungseigentums- und öffentlichem Recht. Nach dem Sachverhalt gab es für die Errichtung einer Dachterrasse keine Baugenehmigung. Dies ist ein schriftlicher Bescheid (= Verwaltungsakt) der zuständigen Baubehörde, dass dem Bauvorhaben nach öffentlichem Recht keine Hindernisse entgegenstehen. Der Bescheid kann vor den entsprechenden Maßnahmen eingeholt werden, aber auch nachträglich. Um eine solche Genehmigung (= nachträgliche Zustimmung) geht es im Fall.
Ermessensreduktion auf null
Beschlüsse müssen den Vereinbarungen und Beschlüssen der Wohnungseigentümer und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen. Die Entscheidung, ob und – wenn ja – welche Maßnahmen wie durch wen wann durchzuführen sind, ist von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich nach ihrem Ermessen zu treffen, wobei sie grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum haben, in welchen Schritten sie eine gebotene Erhaltung des Gemeinschaftseigentums durchführen. Das Gericht hat zu überprüfen, ob die Wohnungseigentümer den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten haben oder nicht.
Ist die zweckbestimmungswidrige Nutzung des Sondereigentums ausgeschlossen oder wesentlich gefährdet, kommt es zu einer Ermessensreduzierung auf null; hier besteht eine Pflicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Trägerin des Verwaltungsmonopols (§ 18 Abs. 1 WEG) zum unverzüglichen Handeln. So liegt es nach Ansicht des AG, wenn es für einen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums noch keine Baugenehmigung gibt und eine Unterlassungsverfügung der zuständigen Baubehörde droht.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Eine Verwaltung muss sich bei Übernahme einer Wohnungseigentumsanlage und danach mit allen rechtlichen Grundlagen vertraut machen. Dazu gehört auch eine Kenntnis der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung, der Beschlüsse der Wohnungseigentümer, sämtlicher Verträge der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und der öffentlich-rechtlichen Grundlagen. Eine Verwaltung muss mithin wissen, ob es für das Gebäude, wie es steht und liegt, eine Baugenehmigung gibt. Fehlt es hieran, muss die Verwaltung die Wohnungseigentümer namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer informieren und gemeinsam mit den Wohnungseigentümern die entsprechenden Schritte einleiten, einen bauordnungsmäßigen Zustand herzustellen. Hierzu gehört, wie die Entscheidung klärt, der Antrag, nachträglich eine Baugenehmigung einzuholen.