Rz. 525

Der Bauträger kann eine Abnahme grundsätzlich erst dann verlangen, wenn das gesamte, dem einzelnen Erwerber geschuldete Werk abnahmereif und i. S. v. § 640 Abs. 1 BGB vollständig fertiggestellt (das ist nicht mit der Fertigstellung i. S. d. MaBV zu verwechseln) ist.[1] Abnahmereife setzt ein vollständiges, von unwesentlichen Mängeln abgesehen mangelfreies Werk voraus. Ein Werk ist in abnahmefähigem (abnahmereifem) Zustand, wenn eine aus Sicht der Vertragspartner grundsätzlich vollständige Leistung vorliegt, die bei natürlicher Betrachtung als Erfüllung angesehen werden kann.[2] Unerhebliche Mängel berechtigen den Erwerber also nicht zu einer Abnahmeverweigerung. Wenn hingegen wesentliche Mängel vorliegen, kann der Erwerber die Abnahme ablehnen, § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB. Übertragen auf den Bauträgerkauf heißt das, dass der Bauträger von dem einzelnen Erwerber eine Abnahme erst dann verlangen kann, wenn das Sondereigentum und das gemeinschaftliche Eigentum im Wesentlichen vertragsgemäß fertiggestellt sind. Diese Frage ist nach der Rechtsprechung anhand einer Interessenabwägung zu bestimmen. Was wesentlich ist, muss nämlich anhand des konkreten Mangels, der Auswirkungen, den Interessen der Beteiligten und den Umständen des Einzelfalls ermittelt werden.[3]

 

Rz. 526

Für die Zumutbarkeit wird in der Regel auf die Gebrauchstauglichkeit des Werks im Rahmen seiner Zweckbestimmung abgestellt. Wesentliche Mängel liegen dabei vor, wenn die Funktionsfähigkeit der Eigentumswohnung beeinträchtigt ist. Mängel, die die Funktionsfähigkeit hingegen nicht beeinträchtigen, sind regelmäßig nicht wesentlich und stellen die Abnahmefähigkeit der im Übrigen fertiggestellten Leistungen nicht infrage. Für die Abgrenzung von wesentlichen und unwesentlichen Mängeln kann etwa von folgenden Prüfsteinen ausgegangen werden[4]:

Eine Vielzahl von unwesentlichen Mängeln kann im Einzelfall einem wesentlichen Mangel gleichstehen. Behauptet der Auftraggeber, dass ihm ein Abnahmeverweigerungsrecht im Sinne von § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund eines oder mehrerer Mängel zusteht, hat der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast, dass der oder die Mängel unwesentlich sind. Wird ein Werk abgenommen, obwohl es noch wesentliche Mängel aufweist, ist die Abnahme dennoch wirksam. Der Auftraggeber verliert sogar seine Rechte aus den §§ 633, 634 BGB, wenn er das hergestellte Werk trotz Kenntnis von dessen Mangelhaftigkeit vorbehaltlos abnimmt.

[1] Müller/Hügel, Beck'sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht O. II Anm. 3.
[3] BGH v. 30.4.1992, VII ZR 185/90, NJW 1992 S. 2481.
[4] OLG München v. 15.1.2008, 13 U 4378/07, BauR 2008 S. 1163.

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