Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmer. Beamte, die im Dienst eines inländischen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn stehen. Universitätsprofessor. Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung

 

Normenkette

EuGH-VerfO Art. 104; EG Art. 39

 

Beteiligte

Marhold

Franz Marhold

Land Baden-Württemberg

 

Tenor

Artikel 39 EG steht einer nationalen Regelung entgegen, nach der ein Beamter, der vor dem 31. März des folgenden Jahres aus dem öffentlichen Dienst ausscheidet und in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu einem anderen Mitgliedstaat tritt, keinen Anspruch auf eine jährliche Sonderzuwendung hat, während dieser Anspruch einem Beamten zusteht, der ein neues öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis im Inland eingeht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-178/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Beschluss vom 28. Januar 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 15. April 2004, in dem Verfahren

Franz Marhold

gegen

Land Baden-Württemberg

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues und E. Levits (Berichterstatter),

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: R. Grass,

nach Unterrichtung des vorlegenden Gerichts über die Absicht des Gerichtshofes, gemäß Artikel 104 § 3 seiner Verfahrensordnung durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

nachdem den in Artikel 23 der Satzung des Gerichtshofes bezeichneten Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung hierzu gegeben worden ist,

nach Anhörung der Generalanwältin

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 39 EG.

2

Das Ersuchen wurde im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Marhold, einem österreichischen Staatsangehörigen, und dem Land Baden-Württemberg wegen einer ihm von diesem Bundesland gewährten Sonderzuwendung gemäß § 1 des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung (SZuwG) vom 23. Mai 1975 (BGBl. 1975 I S. 1173, 1238) gestellt, die zurückgefordert wird, weil Herr Marhold seine Stelle im öffentlichen Dienst des Landes Baden-Württemberg zugunsten einer Stelle im österreichischen öffentlichen Dienst aufgegeben hat.

Nationale Rechtsvorschriften

3

Nach § 1 SZuwG erhalten Bundesbeamte und Beamte der Länder eine jährliche Sonderzuwendung.

4

§ 3 SZuwG regelt die Voraussetzungen für die Gewährung der Zuwendung:

„(1) Voraussetzung für den Anspruch ist, dass die Berechtigten

1. m 1. Dezember in einem der in § 1 … bezeichneten Rechtsverhältnisse stehen,

3.

mindestens bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres im Dienst dieses Dienstherrn verbleiben, es sei denn, dass sie ein früheres Ausscheiden nicht selbst zu vertreten haben.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 3 gelten auch als erfüllt, wenn

1.

ein Berechtigter vor dem 31. März des folgenden Jahres in den Dienst eines anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn übertritt,

(6) Ist die Zuwendung gezahlt worden, obwohl sie nach Absatz 1 Nr. 3 nicht zustand, so ist sie in voller Höhe zurückzuzahlen.”

5

Nach dem Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) vom 23. Mai 1975 (BGBl. 1975 I S. 1173 in der im BGBl. 1997 I S. 1066 veröffentlichten Fassung) ist die Sonderzuwendung Bestandteil der Besoldung. Ihre Rückforderung ist in § 12 Absatz 2 BBesG geregelt. Nach dieser Bestimmung stützt sich die Rückforderung auf § 3 Absatz 6 SZuwG, wenn die Voraussetzungen von § 3 Absatz 1 Nr. 3 nicht erfüllt waren.

6

In § 29 BBesG (in der im BGBl. I 2002 S. 3020 veröffentlichten Fassung) heißt es:

„(1) Öffentlich-rechtliche Dienstherren im Sinne dieses Gesetzes sind das Reich, der Bund, die Länder, die Gemeinden (Gemeindeverbände) und andere Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihrer Verbände.

(2) Der Tätigkeit im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn stehen gleich:

1.

für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union die ausgeübte gleichartige Tätigkeit im öffentlichen Dienst einer Einrichtung der Europäischen Union oder im öffentlichen Dienst eines Mitgliedstaates der Europäischen Union …

…”

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

7

Herr Marhold war seit 1990 als Professor an der Universität Konstanz Beamter des Landes Baden-Württemberg. Zum 1. Oktober 1996 wurde er als Professor an der Universität Graz österreichischer Beamter. Die ministerielle Entscheidung über seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zum Land Baden-Württemberg wurde ihm am 2. Dezember 1996 zugestellt.

8

Nach dem SZuwG erhielt Herr Marhold vom Land Baden-Württemberg im Februar 1997 eine anteilige Sonderzuwendung (das so genannte 13. Monatsgehalt) für 1996 in Höhe von 7 422,33 DM. Im August 1997 forderte das Land die Zuwendung unter Berufung auf § 3 Absatz 6 SZuwG mit der Begründung zurück, dass Herr Marhold nicht bis 31. März 1997 Landesbeamter geblieben sei und sein neuer Dienstherr nicht zum deutschen öffentlichen Dienst gehöre.

9

Herr Marhold erho...

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