Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Missbräuchliche Klauseln. Ausschluss von Vertragsklauseln, die auf bindenden nationalen Rechtsvorschriften beruhen, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie. Ausnahme von der Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel. Kreditvertrag in Fremdwährung. Behaupteter Verstoß gegen die einem Gewerbetreibenden obliegende Informationspflicht. Vorrangige Prüfung anhand von Art. 1 Abs. 2 durch das nationale Gericht

 

Normenkette

Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; Richtlinie 93/13/EWG Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 2

 

Beteiligte

Credit Europe Ipotecar IFN und Credit Europe Bank

XU

YV

ZW

AU

BZ

CA

DB

EC

SC Credit Europe Ipotecar IFN SA

Credit Europe Bank NV

 

Tenor

Art. 1 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind dahin auszulegen, dass ein Gericht eines Mitgliedstaats, wenn es mit einem Rechtsstreit über eine angeblich missbräuchliche Vertragsklausel befasst ist, die auf einer abdingbaren nationalen Rechtsvorschrift beruht, verpflichtet ist, vorrangig das Eingreifen des in Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausschlusses von deren Anwendungsbereich und nicht das Eingreifen der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehenen Ausnahme von der Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu prüfen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunalul Galaţi (Landgericht Galaţi, Rumänien) mit Entscheidung vom 27. Februar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Mai 2019, in dem Verfahren

XU,

YV,

ZW,

AU,

BZ,

CA,

DB,

EC

gegen

SC Credit Europe Ipotecar IFN SA,

Credit Europe Bank NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader und des Richters N. Jääskinen (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der rumänischen Regierung, zunächst vertreten durch R. I. Haţieganu, A. Rotăreanu und C.-R. Canţăr, dann durch E. Gane, R. I. Haţieganu und A. Rotăreanu als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Ruiz García und C. Gheorghiu als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen XU, YV, ZW, AU, BZ, CA, DB und EC auf der einen und der SC Credit Europe Ipotecar IFN SA (im Folgenden: Credit Europe Ipotecar) und der Credit Europe Bank NV auf der anderen Seite wegen der angeblichen Missbräuchlichkeit einer Klausel eines Kreditvertrags in Fremdwährung, die bestimmt, dass der Darlehensbetrag in dieser Währung zurückzuzahlen ist, und den Kreditnehmern das Währungsrisiko auferlegt.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 lautet:

„Bei Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt die Klauseln für Verbraucherverträge festgelegt werden, wird davon ausgegangen, dass sie keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Daher sind Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Grundsätzen oder Bestimmungen internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft Vertragsparteien sind, nicht dieser Richtlinie zu unterwerfen; der Begriff ‚bindende Rechtsvorschriften’ in Artikel 1 Absatz 2 umfasst auch Regeln, die nach dem Gesetz zwischen den Vertragsparteien gelten, wenn nichts anderes vereinbart wurde.”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie sieht vor:

„Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Bestimmungen oder Grundsätzen internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft – insbesondere im Verkehrsbereich – Vertragsparteien sind, unterliegen nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie.”

Rz. 5

Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.”

Rumänisches Recht

Rz. 6

Art. 1578 des Cod Civil (Zivilgesetzbuch) in der zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens geltenden Fassung (im Folgenden: Zivilgesetzbuch) sah vor:

„Die Verpflichtung aus einem Gelddarlehen ist stets auf den im Vertrag angegebenen bezifferten Betrag beschränkt.

Steigt oder fällt der Preis der Währungen vor Ablauf der Zahlungsfrist, hat der Schuldne...

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