Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorläufiger Rechtsschutz. Antrag auf einstweilige Anordnungen. Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Erhaltung der wildlebenden Vogelarten
Normenkette
Richtlinie 92/43/EWG; Richtlinie 2009/147/EG
Beteiligte
Kommission/ Polen (Forêt de Białowieża) |
Tenor
1. Die Republik Polen hat umgehend und bis zur Verkündung des Urteils in der Rechtssache C-441/17
- die Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung in den Lebensräumen 91D 0 – Moorwälder – und 91E0 – Auenwälder mit Weiden, Pappeln, Erlen und Eschen –, in den über hundert Jahre alten Waldbeständen im Lebensraum 9170 – subkontinentaler Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald – sowie in den Lebensräumen des Weißrückenspechts(Dendrocopos leucotos), des Dreizehenspechts(Picoides tridactylus), des Sperlingskauzes(Glaucidium passerinum), des Raufußkauzes(Aegolius funereus), des Wespenbussards(Pernis apivorus), des Zwergschnäppers(Ficedula parva),des Halsbandschnäppers(Ficedula albicollis)und der Hohltaube(Colomba oenas)sowie in den Lebensräumen der xylobionten Käfer Scharlachroter Plattkäfer(Cucujus cinnaberinus),Boros schneideri, Rothalsiger Düsterkäfer(Phryganophilus ruficollis), Drachenkäfer(Pytho kolwensis), Ungleicher Furchenwalzkäfer(Rhysodes sulcatus)und Goldstreifiger Prachtkäfer(Buprestis splendens)einzustellen und
- die Beseitigung von über hundert Jahre alten toten Fichten sowie das Fällen von Bäumen im Rahmen der Ausweitung der Holzgewinnung im Gebiet PLC200004 Puszcza Białowieska (Polen) zu beenden.
Diese Maßnahmen folgen aus der Entscheidung des Ministers für Umwelt der Republik Polen vom 25. März 2016 und aus Art. 1 Nrn. 2 und 3 der Entscheidung Nr. 51 des Generaldirektors der Lasy Panstwowe (Staatsforste, Polen) vom 17. Februar 2017.
2. Die Republik Polen darf die in vorstehender Nr. 1 genannten Maßnahmen ausnahmsweise fortführen, wenn diese unbedingt erforderlich sind und soweit sie angemessen sind, um unmittelbar und sofort die öffentliche Sicherheit von Personen zu gewährleisten, und zwar unter der Voraussetzung, dass andere, weniger einschneidende Maßnahmen aus objektiven Gründen nicht möglich sind.
Folglich dürfen die genannten Maßnahmen nur insoweit fortgesetzt werden, als sie das einzige Mittel darstellen, um die öffentliche Sicherheit von Personen in unmittelbarer Umgebung der Verkehrswege oder sonstiger bedeutsamer Infrastrukturen zu wahren, wenn es aus objektiven Gründen nicht möglich ist, diese Sicherheit durch Erlass anderer, weniger einschneidender Maßnahmen wie einer angemessenen Warnung vor den Gefahren oder eines vorübergehenden Verbots – gegebenenfalls unter Androhung geeigneter Sanktionen – des Zugangs der Öffentlichkeit zu dieser unmittelbaren Umgebung zu wahren.
3. Die Republik Polen hat der Europäischen Kommission spätestens 15 Tage nach Bekanntgabe des vorliegenden Beschlusses – unter genauer, begründeter Angabe der Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung, die sie in Anbetracht ihrer Notwendigkeit für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit im Einklang mit den Rn. 81 und 82 des vorliegenden Beschlusses fortzuführen gedenkt – sämtliche Maßnahmen mitzuteilen, die sie ergriffen hat, um diesem Beschluss in vollem Umfang nachzukommen.
4. Die Entscheidung über den ergänzenden Antrag der Europäischen Kommission bleibt vorbehalten.
5. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend einen Antrag auf einstweilige Anordnungen gemäß Art. 279 AEUV und Art. 160 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, eingereicht am 20. Juli 2017,
Europäische Kommission, vertreten durch C. Hermes, H. Krämer, K. Herrmann und E. Kružíková als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Republik Polen, vertreten durch den Minister für Umwelt J. Szyszko sowie durch B. Majczyna und D. Krawczyk als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano (Berichterstatter), der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten T. von Danwitz, J. L. da Cruz Vilaça, A. Rosas, C. G. Fernlund und C. Vajda, der Richter E. Juhász und A. Arabadjiev, der Richterin C. Toader, des Richters D. Šváby, der Richterinnen M. Berger und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,
nach Anhörung des Generalanwalts M. Wathelet
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ersucht die Europäische Kommission den Gerichtshof, anzuordnen, dass die Republik Polen bis zum Erlass des Urteils zur Hauptsache, ausgenommen den Fall einer Bedrohung für die öffentliche Sicherheit, die Maßnahmen der aktiven Waldbewirtschaftung in den Lebensräumen 91D 0 – Moorwälder – und 91E0 – Auenwälder mit Weiden, Pappeln, Erlen und Eschen –, in den über hundert Jahre alten Waldbeständen im Lebensraum 9170 – subkontinentaler Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald – sowie in den Lebensräumen des Weißrückenspechts (Dendrocopos leucotos), des Dreizehenspechts (Picoide...