Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Unlautere Geschäftspraktiken. Nationale Regelung, die die Werbung mit Bezug auf Eingriffe der ästhetischen Chirurgie oder der nicht chirurgischen ästhetischen Medizin untersagt
Normenkette
Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; Richtlinie 2005/29/EG
Beteiligte
Tenor
Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die die öffentliche Gesundheit sowie die Würde und die Integrität der Berufe des Facharztes für ästhetische Chirurgie und des Facharztes für ästhetische Medizin schützt, indem sie es natürlichen und juristischen Personen untersagt, Werbung mit Bezug auf Eingriffe der ästhetischen Chirurgie oder der nicht chirurgischen ästhetischen Medizin zu verbreiten, nicht entgegensteht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Nederlandstalige rechtbank van eerste aanleg te Brussel, strafzaken (Niederländischsprachiges Gericht erster Instanz in Strafsachen Brüssel, Belgien) mit Entscheidung vom 26. Mai 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juni 2016, in dem Strafverfahren gegen
Wamo BVBA,
Luc Cecile Jozef Van Mol
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richter J. Malenovský, M. Safjan, D. Šváby und M. Vilaras,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen die Wamo BVBA und Herrn Luc Cecile Jozef Van Mol, denen vorgeworfen wird, gegen eine nationale Regelung verstoßen zu haben, die es natürlichen und juristischen Personen untersagt, Werbung mit Bezug auf Eingriffe der ästhetischen Chirurgie oder der nicht chirurgischen ästhetischen Medizin zu verbreiten.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/29 heißt es:
„Diese Richtlinie berührt nicht individuelle Klagen von Personen, die durch eine unlautere Geschäftspraxis geschädigt wurden. Sie berührt ferner nicht die gemeinschaftlichen und nationalen Vorschriften in den Bereichen … Sicherheit und Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit Produkten … Die Mitgliedstaaten können somit unabhängig davon, wo der Gewerbetreibende niedergelassen ist, unter Berufung auf den Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Verbraucher in ihrem Hoheitsgebiet für Geschäftspraktiken Beschränkungen aufrechterhalten oder einführen oder diese Praktiken verbieten, beispielsweise im Zusammenhang mit Spirituosen, Tabakwaren und Arzneimitteln. …”
Rz. 4
Art. 2 „Definitionen”) dieser Richtlinie bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
…
c) ‚Produkt’ jede Ware oder Dienstleistung, einschließlich Immobilien, Rechte und Verpflichtungen;
d) ‚Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern’ (nachstehend auch ‚Geschäftspraktiken’ genannt) jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt;
…”
Rz. 5
In Art. 3 dieser Richtlinie heißt es:
„(1) Diese Richtlinie gilt für unlautere Geschäftspraktiken im Sinne des Artikels 5 zwischen Unternehmen und Verbrauchern vor, während und nach Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts.
…
(3) Diese Richtlinie lässt die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft oder der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt.
…
(8) Diese Richtlinie lässt alle Niederlassungs- oder Genehmigungsbedingungen, berufsständischen Verhaltenskodizes oder andere spezifische ...