Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Umfang der Kontrolle einer Handlung der Europäischen Union durch ein nationales Gericht. Übermittlung aller zweckdienlichen Informationen an die Mitgliedstaaten spätestens zehn Arbeitstage vor der Sitzung des Beratenden Ausschusses. Begriff ‚zweckdienliche Informationen’. Wesentliche Formvorschrift. Ausweitung des eingeführten Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in China auf aus Malaysia versandte Einfuhren. Gültigkeit
Normenkette
AEUV Art. 267; Durchführungsverordnung (EU) Nr. 723/2011; EGV 1225/2009 Art. 15 Abs. 2
Beteiligte
Tenor
1. Art. 267 AEUV ist dahin auszulegen, dass ein Rechtsunterworfener, wenn er die Gültigkeit eines Sekundärrechtsakts der Union bestreiten will, vor einem nationalen Gericht Rügen geltend machen kann, die im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV vorgebracht werden können, einschließlich solcher Rügen, mit denen die Nichtbeachtung der Voraussetzungen für den Erlass eines solchen Rechtsakts beanstandet wird.
2. Art. 267 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht befugt ist, sich vor einer eventuellen Anrufung des Gerichtshofs an die Organe der Europäischen Union zu wenden, die am Erlass eines Sekundärrechtsakts der Union beteiligt waren, dessen Gültigkeit vor ihm angefochten wird, um von diesen Informationen und genaue Anhaltspunkte zu erhalten, die es für unerlässlich erachtet, damit alle seine Zweifel an der Gültigkeit des betreffenden Unionsrechtsakts ausgeräumt werden und vermieden wird, dass es den Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Gültigkeit dieses Rechtsakts ersuchen muss.
3. Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 723/2011 des Rates vom 18. Juli 2011 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus Malaysia versandte Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht, ist ungültig, weil sie unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern erlassen worden ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 10. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 17. November 2017, in dem Verfahren
Eurobolt BV,
Beteiligter:
Staatssecretaris van Financiën,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richterin K. Jürimäe sowie der Richter D. Šváby, S. Rodin (Berichterstatter) und N. Piçarra,
Generalanwalt: G. Hogan,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Eurobolt BV, vertreten durch C. van Oosten,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und A. M. de Ree als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. De Luca und P. Gentili, avvocati dello Stato,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch H. Marcos Fraile und B. Driessen als Bevollmächtigte im Beistand von N. Tuominen, avocat,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Ronkes Agerbeek, H. Krämer, N. Kuplewatzky und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Februar 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 343, S. 51, mit Berichtigung in ABl. 2010, L 7, S. 22, im Folgenden: Grundverordnung) und von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) sowie die Gültigkeit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 723/2011 des Rates vom 18. Juli 2011 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus Malaysia versandte Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht (ABl. 2011, L 194, S. 6).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Verfahrens, das die Eurobolt BV gegen die Erhebung von Antidumpingzöllen wegen der Einfuhr von Verbindungselementen aus Eisen oder Stahl in die Europäische Union angestrengt hat.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Zur Zeit des Sachverhalts, der dem Ausgangsrechtsstreit zugrund...